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�ustiztapitulation vor Stahlhelm. Wieder ein skandalöser Prozctz gegen Reichsbannerkameradeu.
Am 18. Oktober 192S wurde in Großenehrich   bei Son­ dershausen   eine Ortsgruppe des Reichsbanners ge- gründet. Selbstverständlich war in dieser schwarzen Ecke Thüringens  ..zufällig" für die Gründungsfeier kein Lokal frei. Der Stahlhelm, dem die Gründung des Reichsbanners natürlich nicht paßte, hatte plötzlich das eine vorhandene Lolal für ein Familienfest belegen müssen, und der Wirt des anderen Lokals fühlte das Bedürfnis, gerade an dem Abend der Gründung einen öffentlichen Ball zu veranstalten. Lediglich die Teilnahme an diesem öffentlichen Fest wurde den Reichsbannerleuten gnädigst gestattet. Es war ferner selbstverständlich in dieser ländlichen Gegend, daß der öffentliche Ball um 1 Uhr beendet sein mußte, daß aber der Stahlhelm die Erlaubnis erhalten hatte, sich bis 2 Uhr nachts zu amüsieren. Von dem öffentlichen Ball heimkehrende Reichsbannerleute stellten diese verschiedenartige Behandlung der verfassungstreuen und der verfaffungsfeindlichen Organisationen fest. Sie waren darüber um so mehr empört, als ihnen vorher gesagt worden war, daß auch der Stahlhelm um 1 Uhr sein Fest beenden müsse. Drei Reichs- bannerleute gingen in das Lokal und wollten die Tanzerlaubnis ein- sehen. Sie kamen aber gar nicht erst dazu. Don den dreien gelangte nur einer in den Dorsaal. Die beiden anderen kamen nur bis zur Tür. Kaum hatten die 69 versammelten Stahlhelmer und Werwölfe sie erblickt, als ein Geschiebe und Geschubse begann und alle drei zur Treppe hinuntergeworfen wurden. Damr wurde die Haustür geschlossen, und die Stahlhelmer setzten sich zur Kaffeetafel. Inzwischen war ihnen aber infolge der an den drei Reichsbanner- leuten begangenen Heldentat der Kamm geschwollen. Als sie hörten, daß sich vor dem Hause noch andere Reichsbannerleute sammelten, machten sie der Bürgermeister und der Gemeinde- diener voran einen Ausfall und schlugen unter dem Rufe Schlagt sie tot!" in brutalster Weise die Reichsbannerleute und sogar deren Frauen nieder. Dabei tat sich ganz besonders der Bürgermeister hervor. Auf den Hilferuf einer Frau sprang der in der Nachbarschaft wohnende Sohn, der schon im Bette ge- legen hatte, herbei und schlug mit einem Stock auf die Stahlhelm- leutei er traf dabei auch den Amtsdiener. Ein Mann des Reichsbanners, dem besonders übel mitgespielt|
war, erstattete eine Strafanzeige gegen die Stahlhelmer. Die Staats- anwaltschaft in Sondershausen   aber legte diese Anzeige ein- fach zu d�n Akten und drehte den Spieß um: Ein Verfahren ivegen Landsriedensbruchs wurde eingeleitet gegen sieben Reichsbannerleute und gegen die Ehefrauen von fünf Reichsbanner- leuten. Die Staatsanwaltschaft suchte sogar schweren Landfriedensbruch zu konstruieren. _ Donnerstag fand die Verhandlung vor dem Großen Schöffengericht Sondershausen   statt. Sie dauerte den ganzen Tag und brachte der Staatsanwaltschaft einen furchtbaren Reinfoll. Ob- gleich sich in der Beweisaufnahme infolge des Eingreifens des Der- teidigers Dr. Kurt Ro s e n f e l d- Berlin   klar herausstellte, daß die Reichsbannerleute die Angegriffenen waren, hielt der Staatsanwalt die Anklage aufrecht und beantragte die Ler- urteilung aller zwölf Angeklagten wegen Landfriedensbruchs, teil- weise sogar wegen Rädolsführerschast. Nach dem Wunsche des Staats- anwalts hätten die angeklagten Reichsbannerleute Strafen von 6 bis 12 Monaten, die Ehefrauen von je 3 Monaten Gefäng- ni« erhalten sollen. Der Verteidiger Dr. Rosenfeld forderte dem- gegenüber die Freisprechung sämtlicher Angeklagten von der An- klage des Landsriedensbruchs. Mit Recht tonnte er die Sinnlosigkeit der Anklage feststellen, die davon ausging, daß drei Reichsbanner- leute sich oerabredet haben sollen, 69 Stahlhelmer und Werwölfe zu überfallen! Er geißelte das Verhalten der Staatsanwaltschaft, welche die Anzeige der Reichsbannerleute überhaupt nicht bearbeitet und infolgedessen nicht die wahrhaft Schuldigen, sondern die Unschuldigen auf die Anklagebank gebracht hatte. Das Schöffengericht Sondere- hausen konnte sich diesen Ausführungen und den Feststellungen der Beweisaufnahme nicht ganz entziehen und sprach sämtliche Angeklagte von der Anklage des Landfriedens- bruchs frei. Es verurteilte allerdings wegen Körperoer- l e tz u n g zwei Reichsbannerleute zu drei Monaten Gefängnis und vier andere zu 199 resp. 59 M. Geldstrafe. Wird die Staatsanwaltschaft Sondershausen   jetzt wenigstens auf Grund der in der Verhandlung festgestellten Roheitsdelikte der Stahl- helmer und Werwölfe gegen diese vorgehen? Oder wird die Thürin- ger Justiz vor dem Stahlhelm kapitulieren?
Schafft Arbeit! Berechtigte Ungeduld der Arbeitslosen. Die Beratungen der Arbeitsbeschaffungskonferenz, die am Donnerstag im Reichsarbeitsministerium zusammentrat, wer- den erst am Sonnabend zu Ende geführt werden können. Ueber das Ergebnis des bisherigen Verlaufs schweigt sich das Reichsarbeits- Ministerium einstweilen aus. Hoffentlich gilt von den nun schon seit Wochen gepflogenen Der- Handlungen zur Durchführung des Arbeitsbeschaffungsprogramms das Sprichwort: Was lange währt, wird endlich gut. Lange, viel zu lange schon dauern die Beratungen. Das Arbeitsbeschasfungs- Programm des Reichstags ist'chon vor vier Wochen aufgestellt wor- den. Nun ist bald ein Monat vorüber, ohne daß man praktisch viel weiter gekommen rst. Die Arbeitslosen warten und warten. Sie wollen endlich Taten sehen. Je länger es dauert, desto mehr schrumpfen die zu Anfang sehr hoffnungsfreudig ausposaunten Wir. kungsmöglichkeiten des Programms zusammen. Erst hieß es, min- bestens 599 999 Arbeiter bekämen durch das Programm Beschöfti- gung. dann sprach man von 399 999 und noch weniger. Der Wein wird immer mehr verwässert. Unter diesen Umständen Ist die Unge- duld der Oessentlichkeit. die endlich gern klar sehen möchte, nur zu begreiflich. Wo bleiben Städtebau und Hcimstättcngesetz? Von allen Seiten kommt jetzt der Ruf nach baldiger Fertig- stellung des großen einheitlichen Bauprozramms für die nächsten drei Jahre, das vom Reichsarbeitsminister in Aussicht gestellt worden ist. Das Programm muß bis zur Jahreswende unter Dach und Fach sein, da sonst die nächstjährige Lausaison ver- pfuscht sein wird. Um keine Verzögerungen eintreten zu lassen, ist ein besonderer Reichstagsausschuß gebildet worden, der zusammen mit der Regierung das Bauprogramm vorbereiten soll. Dieser Ausschuß ist für die Parteien, die nicht in der Reichs- regierung sind, von besonderer Bedeutung, weil sie hier auf die Pläne der Regierung beim Entstehen des Bauprogramms unmittel- bar einwirken können. Tief bedauerlich bleibt, daß wir nun im nächsten Jahre an die Durchführung eines großen Bauprogramms gehen sollen, ohne daß die beiden für das Bauprogramm wichtigsten Gesetze: Preußisches Städtebaugesetz sowie Bodenreform- und Heim- stättengesetz, geschaffen sind. Ueber das preußische Städtebau- gesetz hat man beinahe zwei Jahre geredet; es ist nun endlich dem Landtag vorgelegt worden. Der Entwurf eines Bodenreformgesetzes oder besser die Ausgestaltung des bereits vorliegenden Entwurf des Ständigen Beirats für Heimstättenwesen wird sehr vorsichtig und behutsam vorbereitet. Die zur Vorbereitung des Entwurfs«ingesetzte Sonderkommission aus Bertretern der Länder und des Reichs be- ginnt im August ihre Arbeiten. Die Hauptaufgabe dieser Kommission besteht, wie man hört, darin, den Entwurf so zu formulieren, daß er eine genügend breite parlamentarische Basis findet. Auf deutsch  : es wird eine gehörige Portion Wasser in den Wein geschüttet werden. Bodenreform und Landesplanung, d. h. Heimstätten- und Städtebaugesetz, müßten im Herbst sofort vom Reichstag und Preußi- ichen Landtag in Angriff genommen werden; denn wenn man ein Bauprogramm auf weite Sicht durchführen will, dann muß man doch wissen, wohin in der Städtebau-, Heimstätten- und Siedlungs- frage die Reise geht. KontroUoffiziere unü Neparationsbeamte. DieDeutsche Zeitung" rasselt mit den Sklavenkctten. DieDeutsche Zeitung" spürt das Bedürfnis, sich um den Staat ein Verdienst zu erwerben. Neues läßt sich zwar im Augenblick nicht finden. So gräbt sie Haarsträubende» aus ihrem Archiv aus. 199 999 Marl   Gehalt! 1999 Mark monatlich für einen Leutnanr!" So lauten die fetten, schwarzen Lettern über die erste Seite des Blattes. Was ist los? Die Gehälter der Kontrolloffiziere feien neu fest- gesetzt. Ein General erhalte im Monat 2789 Mark, jeder Oberst 2999, jeder Leutnant 1999, ein Unteroffizier 469. ein Ge- meiner 369 Mark Monatsgehalt. Dazu teilt dieDeutsche Zeitung" die Gehälter einer anderenPorasitengesellschaft" mit. Es hätten sich nämlich von eigenen Gnaden aus den aus Deutschland  erpreßten Gehältern die Reparationsbeamten folgende Gehälter be- willigt: der Generalagent......... jährlich 109 099 M. der ReichSbankkominissar, ReichSbalmkom« missar und der Kommissar für die verpfändeten Einnahmen.....» jt 89 999 die Treuhänder für die Jndustrieobliga« tivnen und die Eisenbahnobtigationen»»-6 999 die jüns Mitglieder des TranSfer-KomiieeS,» 89 000 Zu diesen Riesensummen gäbe es noch möchtigeAufwands- entschädigungen", von 25 999, von 15 999 M. jährlich! Aber, so schließt dieDeutsche Zeitung": Das deutsche   Volk kann ja bezahlen! DieDeutsche Zeitung" hat mit den Sklavenketten ge- rasselt. Sie hat in edler, patriotischer Deutschheit gesprochen. Der nationale Wille bäume sich auf, das Joch von Versailles   zu zer- brechen. Deutsche  , treibt die Blutsauger aus dem Lande! Nur schade. DieDeutsche Zeitung" hat nur eine Kleinigkeit übersehen. Sie hat von jeher trutzig gegen den Dawes-Plan   ge- schölten. So hat sie ihn nicht oerstanden. Der Dawes-Plan   bestimmt nämlich, was Deutschland   sährlich an Reparattonen zu bezahlen hat. Es gibt keine Sonderleistungen Deutschlands   daneben. Es kann dem deutschen   Volke egal sein, was sür Gehälter die Reparationsbeamten und die Kontrolloffiziere beziehen. Oder vielmehr, je höher die Ein- nahmen dieser Herrschaften, um so mehr werden sie in Deutschland  oerzehren. Jedenfalls: sie werden nicht vom deutschen   Volke, sie werden von dem Alliierten Volke bezahlt. Frankreich  , Belgien  , Eng- land, Italien  , sie haben es mit sich selbst auszumachen, wenn auf ihre Kosten Millionen im Ausland verzehrt werden. Die Völkerverhetzung ist ihr also diesmal daneben gelungen. Dennoch erwirbt sich dieDeutsche Zeitung" mit ihrer Blutsauger. tabelle ein Verdienst. Diese Aufstellung erinnert nämlich an andere Aufstellungen. Es gibt auch in Deutschland   Blutsaugergehälter. Die Deutsche Zeitung" kennt, scheint es, alle Geheimnisse. Also teile sie der Oessenttichkett mit, was für Gehälter der Generaldirektor und die Direktoren der Deutschen Reichsbahn   beziehen. Auch wäre zum Vergleich mit den alliierten Kontrolloffizieren sehr erwünscht, zu er- fahren, was für Einnahmen die Kontrollofftziere der deutschen Wirtschaft, die Generaldirektoren, Direktoren, Auf- sichtsratsvorsitzende, Aufsichtsratsmitglieder und Prokuristen beziehen. Aber hübsch genau. Gehalt, Aufwandsentschädigung. Reisespesen. Tantiemen. Alles klar und deutlich nebeneinander geordnet. Dann würden selbst die Leser derDeutschen Zeitung" erfahren, wer das werktätige deutsche   Volk ausbeutet. Aber das wird dieDeutsche Zettung" nicht tun. Denn es ist ja nationale Methode, den Volks- zorn von den eigenen auf die fremden Unterdrücker zu lenken.
Reichsbanner unü Kleintaliber. Besprechung der Bundesleitung. Die Bundesleitung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold hat für Sonntag sämtliche technischen Leiter der Landes- organisationen nach Magdeburg   berufen. Wie wir erfahren, wird sich diese Konferenz hauptsächlich mit der Ausrüstung ihrer Mitglieder durch Kleinkaliberwaffen beschäftigen. Die Besprechung ist hervorgerufen durch die Tatsache, daß die Bewaffnung der rechtsradikalen Verbände mit Klein- taliberwafsen geduldet wird. Was dem einen recht ist, muh dem anderen billig sein.
Haussuchungen bei Stollwerck. Antwort der Preußischen Regierung. Auf die Anfrage der Deutschnationalen im Preußischen Landtag über eine Haussuchung nach Waffen bei der Firma Gebr. Stall- w e r ck in Köln   hat die Regierung jetzt eine Antwort erteitt, nach der am Nächmiktag des 17. Juni ein Kölner   Bürger zu Protokoll gab, daß in die Fabrik der Firma Stollwerck zwei Waggons mit versteckten Waffen befördert worden seien, die gegen Mitternacht wetterverschoben werden sollten. Daraufhin hat ein Kriminal- beamter in Begleitung eines Oberingenieur» der Firma die Eisen- bahnwagen unS Geschäftsautos im Fabrikanwesen einer Unter- suchung unterzogen. Die Anzeige fand allerdings keine B e- ft ä t i g u n g. Der preußische Innenminister betont aber, daß die Kölner   Polizei zu ihren Feststellungen nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts ausdrücklich berechtigt und sogar ver- pflichtet war. die Kriegervereine des Saargebiets. Sic provozieren Umzugsvcrbote. Saarbrücken  , 23. Juli.  (Eigener Drahtbericht.) Die Regierungs- kommission des Saargebiets hat am Freitag eine Verordnung er- lassen, in der unter Bezugnahme auf die Vorkommnisse bei dem Neunkirchener Kreiskrtegerfeft am vergangenen Sonntag für die Zukunft jede öffentliche Demon st ratio» in Form von Umzügen verboten wird. Für diese Be- schränkung seiner politischen Freiheit darf sich das'Saarvolk bei seinen Kriegeroereinen bedanken, die nach der Aenderung der Atmosphäre im Saargebiet in Versolg des französischen   Linkskartells nichts Klügeres zu tun wußten, als w i e Pilze künstlich gezüchtet aus dem Boden zu schießen und mit national! st ischem Radau den Geist der Revanche zu predigen. Als die Arbeiter friedliche Gegendemonstrationen veranlaßten, wurden sie am vergangenen Sonntag in Neunkirchen   von den gleichzeitig tagenden Kreiskrieger- verbänden tätlich angegriffen, woraus sie sich selbstver- ständlich zur Wehr setzten. Was die Kriegervereine dem vielgeprüften deutschen   Saarvolt damit weiterhin eingebrockt haben, zeigt die neueste Bescherung: Die Regierungskommission darf mit einem Schein von Recht, den ihr die deutschen Kriegervereine geliefert haben, die deutsche Bevölkerung wieder politisch knebeln.
200 Spione in polen   verhaftet. Eine große Tpionageorganisation. Warschau  , 23. 3uli.(XEIB.) Die in der gestern gemeldeten Spionageangelegenheit vorgenommenen Verhaftungen erreichen beinahe die Zahl 299. Sehr weit belastendes Material, wie falsche Amlsstempel. Reisepässe, Kopien von wichtigen militärischen Plänen und Abschriften von wlchugen militärischen Geheimdokumenten, sowie große Mengen von Waffen und Explosivstoffen ist den Behörden in die Hände gefallen. Die Behauptung, daß die Spionageorganisationen, die haupt­sächlich in Galizien  , Schlesien   und Kongreßpolen Ihren Silz   haben, für Deutschland   gearbeitet haben, Ist unwahr. Es stellte sich heraus, daß die Beteiligten vorwiegend im Dienste Sowjet- r u ß l a n d» gestanden haben. Sie haben im übrigen auch ihre Auftraggeber betrogen, indem sie zahlreiche Rechnungen über Aus- Wendungen bei Reisen usw die in Wirklichkeit nicht slaklgefunde« hatten, zur Erstattung ihrer angeblichen Unkosten einreichten. Friedrich wieser   gestorben. Der ehemalige Handelsminister Unioersitätsprofessor Friedrich Wieser, einer der hervorragendsten Nationalökonomen der Universität Wien  , ist gestern im Alter von 75 Jahren gestorben...
Die herrlichen Zeiten Mussolinis. Der Faschismus nimmt Zuflucht zumStein der Weisen  ". Bei der Lektüre der faschistischen Presse erhält man den Ein- druck, als ob das Regime Mussolini   alle Probleme gelöst hätte. Zur Ausgleichung der Handelsbilanz benötigt es, wie das faschistische OrganLa B o r s a" in Mailand   zusichert, zumal bei Uebernahme großer Opfer im Import, höchstens zwei oder drei Jahre. Italien  wird, so fügtLa Borsa" hinzu, schwarzes Brot essen; Italien   wird neun, ja sogar zehn Stunden arbetten. Italien   wird auf jeden Luxus und auf alle Bequemlichkeiten des Lebens verzichten.(Man denke dabei daran, daß gerade in diesem Jahre, wie Mussolini   ver- sprach, das.napoleonische Jahr des Faschismus geboren werden soll! In diesem Iabre haben die faschistischen Patrioten, Industrielle, Bankiers und Geschäftsleute, unter Wahrnehmung der Entwertung des französischen   Franken die Bäder und Sommerfrischen Frank- r e i ch s zu Hunderten überschwemmt und Italien   vereinsamt zu- riickgelassen! Anm. d. Red.) Italien   wird auch, so fährt das fa- schistiscke Blatt fort, sein Tabaksmonopol, oergeben, wird aber bis zum Schluß seine Lira verteidigen. Wie man sieht, begibt sich die Regierung jedes Schlummers und arbeitet für die Lösung der schwerwiegenden Probleme der Stunde. Aber mit dieser Arbeit scheint es nicht so schlimm bestellt zu sein.I m p e r o", das ultrasijchistische Organ, das die ganz besondere Gunst Mussolinis genießt und deshalb als hochofsiziös gilt, obwohl seine beiden Direktoren Earli und Settimelli durch eine Anfrage des faschistischen Abgeordneten Torre an den Minister des Innern auf die Tatsache festgenagelt sind, von Er- Pressungen zu leben, vermittelt uns auf einer ganzen Seite die überraschende und angenehme Mitteilung, daß man aus i t o- lienischen Mineralien Gold gewinnen kann. Man nimmt also jetzt seine Zuflucht zum Stein der Weisen. Es ist jammerschade, daß trotzdem die internationale Finanzwelt ihre Augen immer noch ausschließlich auf die Bank. notenausweis« derBanea d'Italia" gerichtet hält! Tervergängliche Ruhm" Mussolinis. Paris  , 23. Juli.  (Eigener Drahtbericht.) In Bientina  , Pro- oinz Pisa  , ist dem Kaplan B o s ch i, wie derCorriere degli Italiani" berichtet, eine wenig angenehme Geschichte widerfahren. Bosch! hielt in der Kirche eine Predigt über den Ruhm der Hei- l i g e n. den er ewig nannte, im Gegensatz zu dem der M e n- scheu, den er als vergänglich bezeichnete. Diese Worte haben die örtlichen Faschisten in Empörung versetzt, da sie in ihnen eine Anspielung auf Mussolini   erblicken zu müssen glaubten. Der Gendarmerievorsteher des Ortes ermahnte den Kaplan darauf? hin, sich für einige Zeit aus seiner Pfarrei zu entfernen, um die hochgehenden Gemüter der Herren Faschisten zu beruhigen. Der Zwischenfall schien damit erledigt, aber einige Tage später wurde Kaplan Boschi bei der Heimkehr aus der Umgebung, wo er eine Messe gelesen hatte, mitten im Walde gewaltsam aus seinem Wagen und abseits von der Straße gezerrt, wo er derart verprügelt wurde, daß der Arzt seine Heilung erst noch zwanzig Tagen in Aussicht stellen konnte. Gegen die An- greiser ist nirgends Anklage erhoben worden, dagegen kann die Angelegenheit für den verprügelten Priester die Folge haben, daß er endgültig von seiner Pfarrei entfernt und sogar dafür be- straft werden kann, daß er bei seiner Amtsführung zu unvorsichtig und unklug gewesen ist. Es steht fest, daß über dies wie über andere derarttge Vorkommnisse gerade in der genannten Gegend die dortige katholische Presse sich bisher beharrlich a u s g e- schwiegen hat.
Daldwin knapp der Riederlage entronnen. Bei der Beratung des Entwurfes über die Reorganisation des Bergbaues wäre es der Opposition fast geglückt, die Regierung in die Minderheit zu versetzen. Die Konservativen waren so schwach vertreten, daß ein Antrag der Arbeiterpartei, die Vorlage an die Kommisston zurück- zuverweisen, angenommen worden wäre. Nur dadurch, daß der Kriegsminister eine Rede improvisierte, gelang es der Regierung, genügend konservative Abgeordnete aus dem Hause zusammenzu- holen und in der Abstimmung die Mehrheit zu behalten. Reform des Oberhauses. Die große konservative Mehrheit des Unterhauses soll dazu benutzt werden, daß Oberhaus zu reformieren. Die erblichen Sitze sollen abgeschasst, dafür das Vetorecht des Ober- Hauses verstärkt werden. Die Arbeiterpartei ist gegen eine der- artige reaktionäre Reform.