Nr. 34443.Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
IN DER
CKNITZ
In die Löcknitz geht heute die Fahrt. In das herrliche Wiesen-| tal der Rüdersdorfer Forst. Der Dämerigsee macht ein trübes Gesicht. Seine Wellen sind kurz und aufgeregt. Die vielen Untiefen lassen sie nicht ausschwingen. Die ersten Nachmittagsstunden des letzten Wochentages sahen einen unerfreulichen Himmel. Es regnete oder drohte zu regnen. Das rechte Better, um zahllose Großstädter daran zu hindern, hinaus zu wandern in die waldund wiesenreiche Umgebung Berlins . So sehr es zu begrüßen ist, daß der Steinstadtmensch die hohen Mauern und die benzindufterfüllten Straßen mit dem Grün des Waldes vertauscht, so froh ist doch wieder der einzelne, wenn er ungehindert von der allzu großen Menge diese Landschaft durchwandern fann. Gerade die Lödniz ist aber das Ziel zahlloser Ausflügler und so schien solch ein Regennach. mittag gerade recht, um die Löcknig ohne Sonntagsgäste genießen
zu können.
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Die alte Löcknih.
Der" Pilot" liegt reisefertig am Bootssteg. Die Wolken find verschwunden. Herrliches Blau lugt hier und dort, und Sonnenftrahlen fommen zur dampfenden Erde. Wenige Paddelschläge, dann dreht der Bug auf die Straßenbrüde von Erfner zu, dem beliebten Ausflugsort der Berliner . Die Fahrt hat begonnen. Auf der Brücke stehen zwei Lausbuben, die uns eräugen und dann faum erwarten fönnen. Wir ahnen Unheil und geben dem Boot größere Fahrt, um so schnell als möglich die Brücke hinter uns zu friegen. Und richtig. Kaum sind wir in Schußweite", da empfängt uns ein Hagel von fleinen Steinen, der glücklicherweise nur neben uns das Wasser aufspringen läßt, so daß sich ungezählte Kreise bilden. Auf der anderen Seite der Brüde der gleiche Angriff. Diesmal treffen einige Geschosse das Schifflein, ohne jedoch Schaden anzu richten. Ein richtiger Lausbubenstreich. Neben dem Jungen steht cine ältere Frau und freut sich. Sie lacht und schreit hinter uns her: So varridt, immer mit die Hände arbeeten!" Arme Frau, arme Kinder! Wir sind jetzt in dem Kanal, der den Dämerizsee mit dem Flakensee verbindet. Ein Pesthauch liegt über dem Wasser, das von Rußstückchen übersät ist und auf dem die Regenbogenfarben von Del und anderen chemischen Erzeugnissen glänzen. Wir pasfieren die chemische Fabrik von Rüttgers, die Erfner leider in feinen guten Geruch bringt. Motorboote, die zur Löcknig oder auch nach Neu- Zittau laufen wollen, liegen am Ufer. Ein Sterndampfer fommt uns mit kleiner Fahrt entgegen. Zur gleichen Zeit überholt uns ein Motorboot. Das gibt ein angenehmes Geschaufel. Bald öffnet sich der Flafenfee, ein herrlicher Blick! Geradeaus schmiegen sich die Kranichberge an das Ufer, Hell leuchtet der Wald und die beiden Türme, die aus ihm hervor in den Himmel stoßen, schauen so stolz ins Land, das sie auch weithin beherrschen. Und wie die Wolfen wieder jagen. Grau- blau- weiß, das sich in flüs figes Gold auflöst, als die Sonne hinter den westlichen Baum mipfeln niederfinkt. Zwei Fahrtzeichen zur Rechten weisen auf den Eingang in die Lödnitz. Schwere Fischerfähne liegen rechts an ihrer Mündung in den Flakensee. Links hat sich der Wald schamhaft vom Flüßchen auf die Höhen zurückgezogen und überläßt es nassen Wiesen, den Lauf der Löcknig einzuengen. Weiden hängen ihr Geäst in den Fluß. Nackte Wurzeln strecken sich dem Boot entgegen. Das rechte Ufer hat unser liebes Erfner mit Beschlag belegt. Sein Kirchturm und irgendeine Villa heben sich gegen den hellen Himmel des Sommerabends ab. Wie hat sich dieser Ort gedehnt seit dem 13. Jahrhundert und wie klein ist er geblieben,
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Marcia Reale.
Novelle von Andreas Lahko.
Mit jeder neuen Bucht, die das tiefgezackte Ufer zwischen ihn und seine Baterstadt schob, schwoll die Erbitterung Basqualis gegen seine Landsleute immer mächtiger an, und die Erinnerungen aus der Zeit der Gefangenschaft erstrahlten in immer hellerem Glanze. Gegen Abend schritt er schon so ficher aus, als wäre er mit dem festen Entschluß, ins Tirolische zurückzukehren, von zu Hause aufgebrochen, als wäre er überhaupt nur weg, weil das Heimweh nach seinen Freunden im Norden ihn nicht hatte zur Ruhe kommen lassen. Wie marschiert es sich doch gleich ganz anders, wenn man sich unterwegs zu netten Leuten wußte, ein festes Ziel hatte, das näher kam mit jedem Schritt! Er wurde nicht müde, sich den Augenblick des Wiedersehens auszumalen, das erstaunte ,, Jesus Maria!" der knochigen Bäuerin. Die ganze Nacht war ein einziger schöner Traum vom freudigen Empfang.
Erst an Abend des zweiten Marschtages, als er wieder
stas
Kromines
verglichen mit dem weiter spreeabwärts liegenden Berlin und Köln . Schon 1244 wird Erfner in einer Urfunde genannt. Im Grunde lag es sehr günstig an der alten großen Handelsstraße nach Frankfurt a. d. Oder. Ungezählte Taufende find diesen Weg ge zogen und haben wohl auch später in der Posthalterei am Dämeritsee gerastet, die 1773 erbaut wurde und deren Haupteinnahme sicher aus der Schankerlaubnis floß. Heute haben Eisenbahn und Auto die alten Reisegewohnheiten verändert und wieder zieht der Troß der Reisenden vorüber an Erfner, der Troß der erholungsuchenden Berliner . Wir aber gleiten im Faltboot hinein in die Lödnih, die hinter der Straßenbrücke, die auf dem Wege von Erfner nach Werlsee liegt, einen scharfen Bogen nach rechts macht und nun befreit, völlig losgelöst von Häusern und Zäunen, Bupahjee von ihrem Lauf. Der Bupaßsee ist ein wahres Frosch. ihre zarte Schönheit offenbart. Ein schmaler Damm trennt den paradies. Halb verschlammt liegt er da. In einigen hundert Jahren wird er völlig zugewachsen sein. Die letzten gelben Wolfen spiegeln sich in ihm und es entsteht vor unseren Augen eine geradezu tropish anmutende Sumpflandschaft. Hinter diesem sterbenden See führt ein schnurgerader kanal, dessen Ufer forglich mit Eteinen ausgelegt find, in der Richtung nach dem Werljee. Rechts aber biegt die alte schiffbare Lödnih in vielen Bindungen ab. Spreewaldlandschaft hat uns aufgenommen. Aber nicht flache Wiesen oder Erlen schauen zu uns hinüber, sondern wechselnde Hügel mit Kiefern und freundlichem Buschwert. Wie geheimnisvoll ist jetzt die Fahrt in der Dämmerung, da die Umrisse allenthalben undeutlich werden. Die Löcknig mäandert prächtig, und man muß aufpassen, daß man nicht auf flachen Stellen festfährt. Nur wenige Zelte stehen heute an ihrem Ufer. Die Bewohner grüßen, einige springen ins Wasser und schwimmen zum Boot heran. Alles ist so natürlich, so ungezwungen. Langsam laffen wir das Boot gleiten und geben uns dieser herrlichen Landschaft und ihrer feinen abendlichen Stimmung hin. Wir wissen noch nicht, ob wir in dieser Nacht ruhen werden oder ob wir auf dem Wasser den Morgen erwarten sollen. Sorglos entspannt, ausgeruht, seltsam erfrischt sind wir.
Zum Möllenfee.
So kommen wir ohne jede größere Anstrengung zum Werljee. Der Mond gießt sein Licht breit über ihn aus. Grausilbern glänzen die Wellen. Wie geheimnisvoll ist der Lindwall, die baumbestandene dreiedige Insel in seinem ersten Drittel. Die Lichter der Gasthöfe leuchten zu uns herüber und unsere Bootslaternen grüßen zurück. Ein leiser Windhauch kräufelt die weite Fläche, die in diesem Licht unendlich weit erscheint. Wir sind einsam auf dem Wasser und steuern mit leichten Paddelschlägen Grünheide an, das in der Nordostecke des Sees zu suchen ist. Die Ausfahrt zum Peehsee ist schwer zu erkennen. Fast zufällig finden wir den kleinen Kanal, der den schönen heiteren Werljee mit dem finsterschweren Peeßsee verbindet. Bald haben wir ihn erreicht. Links leuchtet aus dunklem Tann ein weißgestrichene Badeanstalt. Lärm hallt in die Dunkelheit. Rudersleute, die in einem Gasthaus toben. Der Lärm tönt noch als wir auf dem schwarzen Wasser die Landungsbrücken erreichen. Ein Motorboot schaufelt sich an einem langen Steg. Irgendwo muß es weitergehen nach Nordosten. Aber wo? Wir fahren langsam die Stege ab. Sie gehören zu einem Restaurant in Altbuchhorst, das das Ziel der Motorboote ist, die die Ausflügler von Erfner hierher befördern. Wir drehen unser Schifflein und finden im Süden die Straße zum Möllensee. Rechts von der Straßenbrüde ist ein Haus mit dichtbelaubten Bäumen. Zwei
Gebirgspässe ringelte sich gleich einem Märchendrachen vor alle schönen Träume. Hatten Regen, Kälte und Hunger hier unten im Sonnenland selbst so scharfe Krallen, wie sollten die Kräfte eines halb verhungerten Menschen dem wirklichen er Genua erst verlassen durfte, wenn es ihm gelungen war, Winter dort oben standhalten? Pasquali sah ein, daß das Geld für die Bahnfahrt zusammenzusparen. Nun hieß es: Arbeit suchen und geizig sein! Er schwor bei allen Nun hieß Heiligen, sich nicht einen Tropfen zu gönnen, um nur möglichst rasch fort zu fommen! Er brannte ja darauf, seinen lieben Landsleuten durch irgendeinen Schriftkundigen die Nachricht zugehen zu lassen, daß er eine großartige Aufnahme und einen glänzenden Bosten gefunden habe bei den Desterreichern!
Vor allem aber mußte er einen Unterschlupf finden, die nassen Kleider loswerden, hinter irgendwelcher gesegneten Band, die den vermaledeiten Nordwind auffing. Er hatte die Adresse einer Matrosenherberge erfahren, aber dieses Nachtquartier blieb unerreichbar, solange die zwei Lire für Suppe und Schlafstelle nicht erbettelt waren.
Schüchtern blieb er an der Ecke der Via Balbi stehen, musterte
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Sonnabend, 24. Juli 1926
Mädchen fizen darunter und rufen Scherzworte zu den Nachtvögeln im Paddelboot. Mit fröhlichem Gelächter entfliehen sie, als sich das Boot dem Ufer nähert. Nun ist der Möllensee da. Der letzte in der Kette der Löcknigseen, die man noch befahren kann. Hoch ragen die Bäume an seinem Ufer. Mandolinen hallen, Gesang ertönt und plöglich züngelt eine Flamme in den Nachthimmel. Ein großer Holzstoß wird irgendwo am Nordufer vom Feuer gebadet und im Flammenschein tanzen Mädchen und Buben. taktmäßig heben sie die Füße und schwingen sie die Arme. Die Kleider wehen und die Funken sprühen. Am andern Ufer stehen Zelte. Manche sind in die Höhe geklettert. Buntfarbige Lampions senden sanftes Licht und schwanken leise in der Nacht. Pechrabenschwarz sind die Bäume, ist das Wasser. Weithin strahlen unsere kleinen elef trischen Lampen. Zurufe ertönen vom Ufer. Wir sinden eine günstige Stelle und gehen an Land. Das von allem Inhalt befreite Boot gibt ein prächtiges Nachtquartier. Im Schuße von dichtem Laubwerk schlafen wir dem Morgen entgegen. Gegen vier halm, an jeder Grasspize hängt solch ein diamantener Tropfen. Uhr wird es ungemütlich. Tau beginnt zu perlen. An jedem GrasWir springen heraus aus dem Schiff, machen einen Dauerlauf, spazieren der aufgehenden Sonne entgegen und legen uns ins Boot, als die Luft wieder wärmer wird. Wir schlafen fest und sicher. Hoch steht die Sonne am Himmel, als wir ausgeruht und fröhlich erwachen.
Ein herrlicher Sommersonntag ging über das Land. Zu Tausenden und aber Tausenden bevölkerten die Berliner die Ufer und Seen an der Löckniz. Marketender machten gute Geschäfte. Völlig verwandelt schien die Landschaft unter dem Eindruck dieser Völkerwanderung. Und am Abend zog Boot an Boot dicht gedrängt zum heimatlichen Strand.
Das Jubiläum der Anhalter Bahn.
Baufen und Trompeten, mit Fahnen und Hurrarufen wurde die Der 24. Juli 1841 war für Berlin ein ereignisreicher Tag. Mit Berlin - Anhalter Eisenbahn eingeweiht und dem Verkehr übergeben. Nach unfäglichen Schwierigkeiten mar die erste preußische Eisenbahn vollendet worden. Sie wurde natürlich vor allem mit Lokomotiven betrieben, die der erste Meister des Eisenbahnbaues, Stephenson in seiner weltberühmten Lokomotivfabrik in New Castle hergestellt hatte. Nicht weniger als 4 schwere zwei Drittel gekuppelte und 11 leichte Lokomotiven hatten den Weg über den Kanal nach Berlin angetreten, um auf der neu zu eröffnenden Strecke ihren Dienst zu tun.
England war damals und noch lange Zeit danach führend im Maschinenbau und vor allem feine Lokomotiven genossen Weltruf. Aengstlich waren die englischen Maschinenbauer aber auch bemüht, ihren Ruf, ihre Vormachtstellung und damit auch ihre Einnahme. quelle zu erhalten. Mit welchen Mitteln man arbeitete, um den Ronkurrenten, den Gegner, unschädlich zu machen, das zeigte sich bei der Eröffnung der ersten preußischen Eisenbahn. Neben Stephenson hatte auch die erst 1837 vor den Mauern Berlins , am Oranienburger Tor gegründete Maschinenfabrik von Borsig eine Lokomotive geliefert, deren Probefahrt unter allgemeiner Spannung erwartet wurde. Auf Rollwagen, die von schweren in Reihen gespannten Pferden gezogen wurden, hatte man die Maschine zum Bahnhof befördert und auf die Schienen gesetzt. Am 24. Juli sollte sie ihre Leistungsfähigkeit beweisen. Der von Borsig gestellte Lokomotivführer Müller hatte die Maschine am Tage zuvor noch in allen ihren Einzelheiten überprüft und alles gut geschmiert. Mit dem Gefühl, seine Pflicht getan zu haben, hatte er am Probetage seine Lokomotive bestiegen und den Kessel geheizt. Das Abfahrtzeichen wurde gegeben, aber die Maschine rückte und rührte sich nicht. Wie angewurzelt ftand sie auf dem Gleise. Schon wurden Stimmen laut, die davon sprachen, daß diese Lokomotive eben nicht weit her" sei, daß es eben nur Berliner Arbeit sei und daß man nur in England Lokomotiven zu bauen verstehe. Der arme Lokomotivführer untersuchte seine Maschine, aber alles schien in Ordnung zu sein. Da entdeckte er plötzlich, daß zwei Schraubenmuttern am 3ylinderdeckel, die er am vergangenen Tage noch festgezogen hatte, lose waren. Im Augen
doch, daß der Feldzug gewonnen war. Die Flamme der Scham verglühte in mollige Wärme, als er in der Handfläche den Einschnitt des runden Geldstückes fühlte. Wie hatte die Adresse der Matrosenkneipe nur gelautet?
Er öffnete die Finger und fühlte einen scharfen Schlag wäre. Zwanzig Centefimi? in der Herzgrube, daß ihm das Geldstück beinahe entglitten wäre. Zwanzig Centesimi?... 3wanzig Centesimi! war das möglich?... Einige Sekunden lang war sein Körper so weich und willenlos, als wären ihm alle Muskeln durchschnitten worden. Eine losgelassene Marionette lehnte er an der Mauer, bis ihm plötzlich der junge Mann wieder einfiel, der Schuft!... Hatte einen feinen Belz, die Brieftasche voll Banknoten, irgendwo in der großen Stadt wartete auf ihn ein warmes Zimmer, ein Bett... und er gab zwanzig Centesimi einem Manne, der in nassen, dünnen Kleidern im Sturm stand, schlimmer dran als das Tier im Walde, das sich unter Baumwurzeln seine Höhle graben konnte.
Torkelnd, vor But noch mehr als vor Müdigkeit, kroch Basquali die Straße weiter, geblendet vom Lichtmeer der Schaufenster, die immer üppiger wurden, je näher er der
unter einer Straßenbrüde auf das harte Geröll sich hinftreden jede vorbeifligende Gestalt und stöberte in seinem Gedächtnis Piazza Deferrari fam. Diamanten warfen ihr Feuer, von
trocknetes Brot, das er sich mit viel Mühe erbettelt hatte, in der ungaftlichen Finsternis gelang es Hunger und Müdigkeit, feine Zuversicht zu zermürben, daß er die Schwierigkeiten zu fehen begann, die sich seinem Unternehmen entgegenstemmten. Er erinnerte sich, davon gehört zu haben, daß die Grenze von Bellsoldaten wimmle und ein Vermögen nötig sei, die Bapiere zu bezahlen, die den Uebertritt ermöglichten. Auch daß er feine einzige gesicherte Einnahme, die winzige Pension, die ihm der Staat für die zwei Finger bezahlte, außerhalb Italiens schwerlich werde beheben können, fiel ihm von ungefähr ein, und er mußte seine ganze Willenstraft aufbieten, sich in fangen Selbstgesprächen zu überzeugen, daß es ein leichtes fein werde, in Genua das Geld zu verdienen, das nötig war, um einen Baß zu kaufen, so nur gelang es, das harte Lager wieder mit molligen Träumen auszupolſtern. Am letzten Tage aber, als hinter der hochschwebenden Säule des Leuchtturmes das Häusermeer von Genua hervorfroch, hatte sich auch der Himmel gegen Basquali verschworen, eisiger Regen mischte sich in den schwarzen Nebel und aufspringende Windstöße preßten die nassen Kleider wie scharfe Klingen in das erschöpfte Fleisch. Die Sohlen brannten auf dem schlechten Pflaster der Borstädte, der Hunger zerfraß den Magen, stieß äßende Blasen in Kehle und Mundhöhle hoch, und der Gedanke an eine Fußwanderung durch verschneite
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nach Sägen, wie er sie von Berufsbettlern gehört hatte. Kriegsinvalide rechte Hand auf dem Monte Grappa", so viel, dachte er, würde genügen. Als Begleitung wollte er Die verstümmelte Rechte vorstrecken- wiederholte die Gebärde probeweise einige Male brachte aber den Mut nicht auf, brachte aber den Mut nicht auf, einen Passanten aufzuhalten. Alle Menschen waren auf der Flucht vor dem falten Sturmwind und huschten so rasch vorbei, daß Pasquali nie Zeit fand, die vorbereiteten Säge auszu sprechen. Endlich erblickte er ein Liebespaar, das unbekümmert um das Unwetter schäfernd heranschlenderte. Mit einem plötzlichen Anlauf schnellte er den Arm vor und stammelte fein Bitte.
Der junge Mann war erbleichend zurückgefahren und wurde verlegen, als er begriff, daß es sich durchaus nicht um einen Ueberfall handelte. Berstreut reichte er das Almosen hin und sah sich erst unwillig nach Basquali um, als er im Weitergehen alle Mühe hatte, die flatternden Zipfel seines Mantels wieder einzufangen.
Der Leinenweber fühlte sich ernstlich versucht, dem Spender eine Entschuldigung nachzurufen. so gedemütigt fühlte er sich vor diesem stummen Vorwurf. Er konnte es in seinen dünnen Lumpen dem Herrn gut nachfühlen, daß es wenig Spaß machte, diesen messerscharfen Nordwest unter den guten, warmen Mantel einzulassen. Aber die Hauptsache war ja
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Fische, Hasen lagen getürmt in einem Kranze von Weinflaschen ein empörender Ueberfluß schien auf die Straße herauszuquellen, als faßten die Häuser nicht länger, was man hinter ihre Mauern häufte.
Pasquali bekam Angst vor sich selbst, so bedrängt fühlte er sich von dem Verlangen, die Scheibe eines Schaufensters vorübereilte, an die Mauer zu kleben mit der Faust. Biermal einzudrücken oder den ersten besten, der mit Paketen beladen noch wählte er sich mit großer Umsicht ein Opfer aus, alle noch wählte er sich mit großer Umsicht ein Opfer aus, alle viermal war er an den Ünrechten gekommen. Als wäre er ein Geist ohne Leib, sahen die Menschen mit verglasten Augen an ihm vorbei, begriffen es wahrscheinlich an der nächsten Ede erst, daß sie eben ein Almosen hätten geben sollen. wußten sie denn alle nicht, was es hieß, fein Dach über dem Kopfe zu haben, in einer stürmischen Winternacht? Seinen Magen hätte er ihnen unter die Rippen hängen mögen, durchflammt von der glühenden Säure, die bis in den Schlund hinauf brannte... Eine Stunde noch, und die Geschäfte würden schließen, die Straßen entvölkert sein. Sollte er mitten in diesem Gewirr von schützenden Mauern, ummimmelt von Menschen, Nahrung und Wärme, erfaufen in seinem Elend, wie ein Schiffbrüchiger mitten im Ozean, auf tausend Seemeilen von jeder Hilfe?.
( Fortset ng folgt.)