ist, wie die Preisgabe gewiffer weltanschaulicher Doktrinen für die Zentrumspartei ?
Eine Partei, in der nicht mehr die Ueberzeugung lebt, daß die Verwirklichung ihrer Ideale dem Fortschritt von Volk und Staat am Besten dient, ist geliefert. Bei aller Bereitwilligkeit zu Koalitionen wird daher keine Partei sich mehr zumuten, als die Masse ihrer Anhänger an materiellen und idellen Opfern ertragen kann. Gerade die Geschichte des Zentrums liefert dafür den besten Beweis und die jüngsten Parteibeschlüsse zeigen, wie flug auch rechtsgerichtete Bentrumsführer dem Massenwillen von links her nachzugeben wissen. Der in jüngster Zeit vielberufene Genosse Ludwig Frant, der in seiner sozialistischen Glaubensglut, in seiner Synthese von nationalen Wirklichkeiten und internationalen Zielen, in seiner taktischen Beweglichkeit zwischen Großblod und politischem Massenstreif als das Ideal des sozialdemokratischen Volksführers und Staatsmannes in einer Person gelten fann, hat im Jahre 1908 gegenüber den Liberalen die Möglichkeit einer Arbeitsgemeinschaft wie folgt umrissen:
Es werde nicht bloß von den Zeitumständen, sondern auch von dem Berhalten der beteiligten Parteien abhängen, ob ein ähnliches Abkommen wieder möglich sein wird, nicht bloß möglich sein wird für die Führer und die Parteien, sondern und das ist das Entscheidende möglich sein wird gegenüber der Haltung der Massen, der Wähler draußen im Lande...
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Man beachte, was Ludwig Frank , der gewiß kein Massenfnecht war, das Entscheidende" nennt. Man wird in der Parlamentspause Gelegenheit haben, sowohl die Meinung der Wählermassen wie die Haltung der Parteien zu beobachten, und die Zentrumspartei und ihre Führung werden dieser Beobachtung besonders würdig sein.
Die deutsche Ochrana. General - Feldmarschall v. Eichhorn über Nicolai. Der Jung deutsch e" veröffentlicht ein Schreiben des Generalfeldmarschalls v. E ich hor n, das bezeichnend für das ,, Ansehen" ist, das Oberst Nicolai und seine Abteilung III b innerhalb der Generalstabskreise genoß. Das Schriftstück
lautet:
R. 24. VIII. 15.
Vielen Dank für Ihren ausführlichen Brief vom 29. v. M. Ich schrieb an Roehl. Anbei die Antwort. Da kann ich weiter nichts mehr tun. Der arme Rechberg. Ich glaube nicht, daß er irrfinnig ist.
III b. habe ich auf dem Strich. Ich weiß noch einen andern Fall, wo die elende Spionenriecherei Unheil gestiftet hat. Es ist so leicht einen Menschen zu verleumden. Wer einen Feind hat, der mag fich vorsehen. Er wendet sich an III b und III b ist nur zu begierig, alles aufzugreifen. III b wächst fich zu einer ruffifchen Ochrana aus.
Hier ist in der Zwischenzeit allerlei nettes paffiert. Es geht gut vorwärts. Herzlichen Gruß
Ihr
von Eichhorn.
Das ist das Urteil eines Sachverständigen, der Oberst Nicolai aus nächster Nähe beurteilen fonnte. Nicolai übt auch heute noch einen gewissen Einfluß aus. Er steht den Kreisen um Claß und hugenberg nahe. Das macht es verständlich, wenn diese Herren gegen eine Berührung mit den Sicherheitsorganen der Republik so empfindlich sind. Grund genug, sie nicht aus dem Auge zu verlieren!
Reichspräsident und Verfassungsfeier. TU. meldet: Entgegen anderslautenden Meldungen wird Reichs präsident v. Hindenburg seinen Urlaub erst Mitte August an treten und am 11. August an der Verfassungsfeier teil nehmen. Wie wir hören, wird auch Reichskanzler Marg der Feier beiwohnen.
Wie schwer sind doch alteingewurzelte Meinungen auszurotten, wenn sie unserer Eitelkeit nur ein klein wenig schmeicheln. Unsere Eltern und Großeltern hatten auf der Schule zu lernen:„ Unter den primitiven Völkern gibt es noch Stämme, denen die Unantastbarkeit des Menschenlebens so unbekannt ist, daß sie sogar Menschen fressen." Diese Anschauung hat sich auf uns vererbt, und nicht nur das pharifäische Bürgerherz fühlt sich mit angenehmem Schauder gefißelt bei der Vorstellung, wie fultiviert doch wir Europäer find, weil auf unseren Speisenkarten keine Menschenfleischgerichte notiert stehen. Nur wenige bemerken, daß auch aus den rückständigsten völkerfundlichen Büchern allmählich die Berichte über Menschenfressereien verschwinden, weil sie einfach nicht mehr zu beweisen sind. Stehen doch heute in den ehemaligen Menschenfresserbezirken auf Sumatra vier stöckige Hotels, die den Reisenden mit allem europäischem Komfort empfangen, fahren doch heute in den Teilen Afrikas , die noch vor dreißig Jahren in den Karten als unerforschte Gebiete mit weißer Farbe dargestellt waren, die dunkelhäutigen Eingeborenen in Ford cutos von Tankstelle zu Tankstelle. Selbst die ehemals so gefürchteten Südseeinseln sind heute wegen der milden Sitten ihrer Bewohner ein beliebter Zufluchtsort derjenigen Abendländer geworden, denen es vor der europäischen Moral graut.
Gibt es also keine Menschenfresser mehr, über die wir uns ent rüften und mit hochmütigem Pharifäerstolz die Nase rümpfen
Fönnten?
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Im Gegenteil! Es hat zu feiner Zeit so viel gegeben wie heute, und wir leben mitten unter ihnen, sind selbst in die scheußlichen Greuel hineinverflochten. Die erotischen Völkerschaften, denen unsere Kulturpioniere" mit Bibel, Pulver und Blei das Menschenfreffen abgewöhnt haben, würden entsetzt sein über die ungeheure Zahl von Menschen, die allstündlich im Namen der europäischen Kultur geopfert werden. Von Ausnahmen abgesehen, essen wir allerdings fein Menschenfleisch, aber ist das nicht nur eine Frage des Geschmacks und der Gewöhnung? Das Menschenleben gilt nichts bei uns. Keine Gesellschaftsordnung hat so wenig Mitleid mit dem Menschen gehabt wie die unfrige. Wir bilden berufsmäßig Menschen aus, die ihre Mitmenschen töten müssen, auch wenn die ihnen nichts zuleide getan haben das Militär. Unsere Produktionsmethoden pressen mitleidslos die unerfezbaren Lebenskräfte aus den Arbeitern, überantworten sie ohne Erbarmen einem frühzeitigen und unnatürlichen Tode in folge Entkräftung, Auszehrung, Schwindsucht und vielen anderen Berufstrankheiten, die zu vermeiden wären. Wir erregen fünstlich Hungersnöte durch Zölle, wir überlassen unsere Handels- und Ver kehrssysteme der Profitfucht einzelner besonders habgieriger Menschen und gestatten es demzufolge, daß der Bucherer die Güter lieber umformen läßt, ehe er sie zu erschwinglichem Preise den Bedürftigen abgibt. Wir werden durch gefälschte, gestreckte oder mit unnatür
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Sinowjews Hinauswurf.
Die Partei macht den Leiter der Oppofition auf dem 14. Rongres, Sinowfeff, politisch für die parteizersplitternde Tätigkeit ver. Ausschluß aus dem Politburean. Laschewitsch aus antwortlich, und deshalb hat die Bollfigung Sino wjeff aus der Kandidatenliste gestrichen. dem Politischen Bureau und Lasche witsch aus dem ZentralMostau, 26. Juli. ( Telegraphen- Agentur der Sowjet- Union.) fomitee ausgeschlossen und letzteren von seinem Amte als Stellver Das 3entralfomitee der Kommunistischen Partei der Sowjet- tretenden Vorsitzenden des Kriegsrevolutionären Rates abberufen. union beschäftigte sich in seiner Bolligung am Freitag mit einer Sie hat ihm einen strengen Verweis erteilt und ihm im Falle fortReihe wichtiger Fragen des ftaatlichen und wirtschaftlichen Wieder- gefeßter fraftioneller Tätigkeit den Ausschluß aus der Partei aufbaus und des innerparteilichen Lebens. Nach Anhörung eines angedroht. Die Entschließung stellt fest, daß die Tätigkeit der OppoReferats der 3 cntraltontrollfommission über Fälle von fition bisher bei feiner einzigen Parteiorganisation Anklang gefunden Uebertretungen der Beschlüsse früherer Kongresse betreffs Wahrung habe, doch könnte eine weitere Entwicklung dieser fraktionellen Tätig der Einheit der Partei durch einige führende Parteimitglieder wurde feit die Gefahr einer Spaltung der Partei zeitigen. befchloffen, Sino wjeff von seinem Posten als Mitglied des poli Die Maßregelung Sinowjews und eines kleineren der tischen Bureaus des Zentralfomitees abzuberufen und Lasche- kommunistischen Halbgötter zeigt, in welcher Schärfe der witsch aus der Zahl der Kandidaten des Zentralfomitees a us3u- Kampf um die Macht innerhalb der russischen kommunistischen schließen. An Stelle Sinowjeffs wurde Rudfutak zum Mit- Partei weitergegangen ist. Schon auf dem letzten Parteiglied des Politischen Bureaus gewählt. Gegenwärtig besteht also das fongreß, der um die Jahreswende herum stattgefunden Politische Bureau aus folgenden Mitgliedern: Stalin , Rykoff, Bucha - hatte, waren die Gegensäge zwischen der Linken" Sinomjews rin, Tomski , Kalinin , Molotov, Rudfufak und Trohti. Die Zahl der und der Rechten" der Vorstandsmehrheit schärfer als je Kandidaten des Politischen Bureaus wurde von 5 auf 8 erhöht. gewesen. Damals machte die Opposition von dem bisher noch Nach Entgegennahme einer Mitteilung des Bureaus über die im nie angewandten organisatorischen Rechte Gebrauch, ein Zusammenhang mit den letzten internationalen Ereignissen gefaßten Korreferat verlangen zu dürfen, und zum ersten Male Beschlüsse billigte die Vollversammlung die Tätigkeit des stimmte eine Minderheit von 65 Stimmen gegen die Politischen Bureaus und der Delegation der Kommunistischen Partei Rongreßresolutionen, die man bis dahin immer einstimmig der Sowjetunion im Erefufiofomitee der Kommunistischen Inter - hatte annehmen lassen. Der Kampf hatte vor einem halben nationale. Die Versammlung beschloß, die nächste ordentliche Jahre damit geendet, daß Sokolnikow aus dem PolitParteifonferenz für die erste Hälfte des Otfober ein- bureau gänzlich ausschied, Kamenem zum Stellvertreter degradiert wurde, und von der Opposition einzig Sinowzuberufen. jew im Politbureau blieb. Nun ist auch Sinowjew als Mitglied des Politbureaus gestürzt.
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Die Komintern als illegale Organisation. Geheimversammlungen im Walde.
Mostau, 26. Juli. ( Telegraphen- Agentur der Sowjetunion .) Die vom Erefutivkomitee der Kommunistischen Internationale der Sowjetunion gefaßte Entschließung über Wahrung der Einheit der Partei weist darauf hin, daß die zur Zeit des 14. Rongresses entstandene und von dem Kongreß verurteilte Opposition, obwohl ihr die Möglichkeit blieb, sich in sämtlichen führenden Institutionen zu betätigen, dennoch weiter auf ihren vom Kongreß festgestellten Irrtümern beharrte und in ihrem Kampfe den Boden rechtmäßiger Verteidigung ihrer Ansichten im Rahmen des Parteistatuts verließ. Die Opposition hat in letzter Zeit die Beschlüsse der Führer des Kongresses betreffs Wahrung der Einheit der Partei verletzt und versucht, eine
illegale fraffionelle Organisation
zu schaffen, die im Gegensatz zur Partei stand und gegen deren Ein heit vorging. Dieser Versuch äußerte sich in der Abhaltung un geseglicher Versammlungen, im Druck und Versand zu tendenziösen 3weden gesammelter Geheimdokumente der Partei, in der Entfendung von Agenten zu anderen Partei organisationen zwed's Schaffung ungefeßllcher fraftioneller Gruppen. Festgestellt ist, daß die Fäden dieses fraktionellen Borgehens der Opposition
Lasche.
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Poincaré für Steuererhöhungen. Umsatzsteuer als neue Finanzquelle. Kleines Er mächtigungsgeseh.-Am Dienstag Regierungserklärung Paris , 26. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Kriegsminister Painlevé erflärte am Sonntag abend beim Verlassen des Rabinettrats, es sei innerhalb der Regierung zu einer völligen Einigung über das Finanzprogramm gekommen. Das Programm werde keinerlei Begeisterung auslösen, aber günstig aufgenommen werden. Diese Wertung entspricht der Beurteilung des Programms und seiner Aufnahme in der Bariſer Presse. Es läßt sich erkennen, daß Poincaré mit feinerlei überraschenden oder tühnen Neuerungen auf den Plan treten wird, sondern sich eher in alten, schon ausgefahrenen Gleisen zu bewegen gedenkt. In erster Linie wird er neue direkte und indirekte Steuern in Höhe von 5 Milliarden vom Parlament verlangen. Den Hauptertrag soll eine Erhöhung der Warenumsatzsteuer abwerfen. Auch Loucheur hat seinerzeit als Finanzminister von dieser primitiven Lösung des Finanzproblems ausgehen wollen, die Finanzkommiffion der Kammer hat aber da mals, erschreckt über die Höhe der geforderten Summe, den Rücktritt des Finanzministers erzwungen. Die Regierung läßt die in der Presse aufgestellten Behauptungen de men tieren, daß sie eine 3wangsanleihe, eine Konsolidierung der schwebenden Schuld und ein Moratorium der kurzfristigen Schatzscheine von der Kammer verlangen werden. Auch die Nachricht, daß die Regierung von der Kammer Bollmachten verlangen werde, wird dementiert.
zum Apparat des Erefufivkomitees der Kommunistischen Internationale lagen, an dessen Spize Sinowjeff steht. In der Entschließung wird besonders die Tatsache der Abhaltung einer unge jeglichen fraktionellen Bersammlung in einem Balde bei Moskau hervorgehoben, die der Mitarbeiter des Zentralkomitees Belenti Poincaré hat am Sonntag von 8 Uhr morgens an mit den zuorganisierte und als Vorsitzender leitete. In dieser Geheim verſtändigen Stellen des Finanzministeriums an der Ausarbeitung des fammlung forderte der Kandidat des Zentralkomitees ajche witsch die Anwesenden auf, sich zum Kampfe gegen die Partei und das von dieser gewählte 3entralfomitee zufammenzuschließen. Die fraktionelle Tätigkeit der Fraktion beschränkt sich nicht auf die Kommunistische Partei der Sowjetunion, sondern es sind Versuche gemacht worden, den Apparat des Exekutiv komitees der Kommunistischen Internationale in den Kampf hineinzuziehen und mit seiner Hilfe die verurteilten Ansichten der Opposition bei den anderen kommunistischen Parteien zu verbreiten, um dadurch den Boden zur
Aufreizung der ausländischen kommunistischen Parteien gegen die Kommuniffifche Partei der Sowjetunion vorzubereiten.
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lichen Chemiestoffen versehene Nahrungsmittel vergiftet. Wir dulden eine Gesellschaftsordnung, in der täglich Tausende ausgeplündert und der letzten Lebensmöglichkeit beraubt von ihren Mitmenschen aus Berzweiflung in den Tod gehen. Wir haben sogar noch den mut, in solchen Fällen von einem freiwilligen Tode zu sprechen, obwohl die Aermsten nur in Konsequenz unserer Verhältnisse umkommen, also von der Gesellschaft gemordet werden. Wir dulden es, daß der Reiche seinen zusammengestohlenen Ueberfluß heraus fordernd zur Schau stellt, und daß der Arme, der sich daran vergreift, durch die Strafe auf den Weg kommt, der zum frühen Tode führt. Der topfjagende Battafer auf Sumatra verzehrte seinen Feind, nach. dem er ihn im Kampfe getötet hatte, aber er hätte sich nie der Unmenschlichkeit fchuldig gemacht, einen Hungrigen ungespeist von seiner Hütte gehen zu lassen. Der Begriff des Bettlers war ihm fremd. Bei uns verenden jährlich viele Tausende wie die Tiere, weil unsere Be sitzenden dem hungernden Menschenbruder durch harte Gesetze ver= mehren, seinen Hunger am vorhandenen Ueberfluß zu stillen. Muß man erst noch an unfere Religionskämpfe erinnern, an die Braftifen unserer Rechts- und Unrechtspflege, an die entsetzliche Strafjustiz, an unsere politischen Sitten, die in der letzten Zeit bis zum behördlich vertuschten, nichtsdestoweniger offenen Mord gediehen sind? Sind ihnen nicht unzählbare Menschen zum Opfer gefallen?
Wenn es heute noch Menschenfresser gibt, dann nirgends auf der Welt in solcher Häufung wie in den Ländern mit europäischer Kultur. Wir alle gehören dazu, wir alle sind mitschuldig, solange wir eine Gesellschaftsordnung dulden, der die Gesamtheit aller Menschenleben nichts gilt, die immer nur den einzelnen schüßt, der an ihrer Er haltung interessiert ist. Wir sind Barbaren, tausendmal schlimmer als der dunkelhäutige Menschenfresser, denn wir fügen zu unserer Abgeſtumpftheit noch die ungeheuerliche Lüge, daß diese Gesell schaftsordnung eine„ Kultur" set, obwohl sie nichts anderes ist als die in ein raffiniertes System gebrachte Grausamkeit. Eine unmenschliche Berachtung des Lebenswertes im Mitmenschen! Es wird von der Einsicht und dem Willen der großen Masse des Proletariats abhängen, ob von der Menschheit endlich die Schande des euro. päischen Menschenfressertums genommen wird.
Die Wiener Freie Typographia" ist in der Philharmonie gerade so herzhaft begrüßt worden wie im Reichstag. Die Idee des brüder lichen Besuchs vom Donauftrand her fand den gleichen Widerklang wie der fünstlerische Vortrag der singenden Wiener Frauen und Männer. Man fühlte sich freudig bewegt in dem Gedanken, daß auch in Wien , wie in Berlin , die Schriftfeher in abendlicher Feier stunde einmal fremde Buchstaben mit Noten und Tönen eigener Sehnsucht vertauschen dürfen. Und diese Wiener sind gar nicht so engherzig wie die meisten Berliner Gesangvereine. Sie erweitern ihre Basis durch Angliederung der Frauenstimmen. So ist ihnen das große Gebiet des Oratoriums frei eröffnet. Ein gesunder, träfs tiger Klang ist in diesen 200 Kehlen, und wenn auch die Schulung des einzelnen, wie aus dem scharfen Durchhalten der Soprane etwa hervorgeht, nicht vollendet ist, so tommt der gesamte Singe- Apparat
Finanzprogramms gearbeitet. Am Montag wird ein Ministerrat stattfinden, der das Finanzprogramm endgültig beschließen soll. Am Dienstag vormittag wird ein Ministerrat die Ausarbeitung der Regierungserklärung vornehmen, die am Nachmittag in der Rammer verlesen werden soll. Poincaré will bereits am Dienstag seine Finanzentwürfe in der Kammer einbringen. Ihre endgültige Verabschiedung soll spätestens bis zum 8. Auguft erfolgen.
Berichtigung. Am Schluß des Artikels in der Sonntagsausgabe über Sacco und Vanzetti muß es selbstverständlich heißen: faschistischen, ruffifch tfche fiftischen und sonstigen orientalischen Greueln"( nicht: russisch- tschechische!).
| doch dem Ausdruck eines Chorsages beherzt und künstlerisch entgegen. Es gelangen in den Jahreszeiten" von Haydn besonders gut die temperamentvollen und pastosen Chöre. Nun ist allerdings der Sommer keine Jahreszeit für die Jahreszeiten". Die erste Hälfte des Werks dauerte 1% Stunden. Wer hält das aus? Nur freundschaftlich- follegiale Gesinnung. Die Hize dehnt bekanntlich die Körper aus. Jetzt wissen wir's, daß sich auch die Noten und Zeitmaße dehnen können. Daß die winterliche Einleitung so zaghaft geriet, und daß die Landsleute so litaneienartig langsam fangen, iſt Schuld des Dirigenten Heinrich Schoof. Einen ordentlichen Zu schuß von Temperament tönnte dieser fachliche Mann vertragen. Mehr als einmal mußte fich das Sinfonie Orchester allein durch gefährliche Rezitativ- Unebenheiten hindurchhelfen. Von den Solisten tonnte nur Clare Mufil mit einer warmen, schönen, wenn auch beim Vokalisieren etwas gepreßten Sopranstimme koloraturDer Gesamteindrud war dennoch gut. Das nächste Mal also: große Striche in das große Werk, oder besser noch: zeigt an fleineren, weniger auf den gleichen Ton der Idylle gestellten Chorstücken, was Ihr könnt. Denn das scheint mir das wichtige: Ihr Frauen und Männer der Typographia"-Wien könnt viel mehr, als Ihr sommerlich verraten habt. Also vor allem: Auf Wiedersehen, auf Wiederhören!
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Ein Deutscher Ehrenberater der chinesischen Reichsmuseen. Eine ungewöhnliche Ehrung ist vor kurzem in China einem Deutschen zuteil geworden. Der Direktor der Staatlichen Gemäldegalerie in Stuttgart , Dr. Otto Fischer, der zurzeit eine einjährige Studienreise durch Japan und China macht, wurde zum Ehrenberater der chinesischen Reichs museen ernannt und ihm das Diplom überreicht, nachdem er vor einer Bersammlung hervorragender Bertreter der chinesischen Wiffenschaft in Pefing einen Vortrag über Denkmalpflege gehalten hatte. Daß diese Ehrung mehr bedeutet als eine Augenblidshöflichkeit, geht daraus hervor, daß Dr. Fischer daraufhin der Zutritt zu den koſtbarsten Sammlungen chinesischer Kunst und Altertümer gestat.et wurde, der heute feinem Europäer oder Amerikaner gewährt wird. Dr. Fischer, aus dessen Feder schon vor dem Kriege ein wichtiges Wert über die Salzburger altdeutsche Malerschule erschienen war, hatte sich besonders durch sein wegweisendes Buch über chinesische Landschaftsmalerei im In- und Ausland einen Namen gemacht.
Altraffische Kunft in Berlin . Für den Herbst d. 3. wird eine Ausstellung von Erzeugnissen älterer ruifischer Kunst in Berlin geplant. Leningrad allein will 150 Stunitgegenstände auf die Ausstellung schicken, die fast alle aus den ältesten russischen Städten Nowgorod , Pskow u. a. stammen.
Von der Heinrich- Herk- Gesellschaft zur Förderung des Funkwesens wurde ein Breisausschreiben für ein selbstgebautes Empfangsgerät zur Bewerbung um die filberne Heinrich- Herz- Medaille erlaffen. Der Termin für die Ein sendung läuft bis 15. August 1926.
Ein internationaler Kongreß weiblicher Akademiker findet vom 27. Juli bis 2. Auguft in Amsterdam statt. 27 Nationen werden auf diesem Kongres ver reten sein. Die den Kongres veranstaltende Organisation ist die International Federation of University Women, die mit einer Teilnehmerinnenzahl von 500 Delegierten aus Amerika , Britisch- Indien, Indonesien , Auſtralien , Neueeland, Südafrika , Aegypten und anderen Ländern rechnet. Amferita haben sich allein 99 Damen angemeldet. Zu der Eröffnungsfeier des Kongresses im Kolonialinstitut wird das Ratsherrenkollegium den Genoffen Wibaut delegieren.
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