sind, trifft ab» die Arbeiter selbst, wenn es wahr ist, daß, wieder„Konfektionär" berichtet, von 13000 Textilarbeitern desGeraer Bezirks nur 300 der Organisation angehören.AnS Bremen wird uns unterm 4. August geschrieben: Das! iewerkschastsfest. das voriges Jahr sehr unter der Ungunst der�Zitierung zu leiden hatte, findet heute, trotz dräuender Wolken.die sich jedoch auf geringfügige Ergüsse beschränken und die Sonnenicht ganz vom Himmel verlreiben, unter riesiger Betheiligungstatt. Es ist ein wahres Volksfest. An dem Zug der Gewerkschaften betheiligten sich etwa 8000 Arbeiter— Frauen war dieBctheiligung von der hohen Obrigkeit verboten, vermuthlich weildas schwache Geschlecht für unsere„ewige" Staats- und Gesell-schaftsordnung zu stark ist— und auf dem Festplatz sind ungeheureMenschenmasfen versammelt. Die ganze Umgegend ist vertreten.Besondere Aufmerksamkeit zogen unter der Masse der prangendenGewerkschaftssahnen zwei alte Fahnen auf sich; die eine zer-setzt, fast in Lumpen— diese, die Fahne des Zigarrenarbeirer-Bundes von 1643, die andere, die Fahne des Delmenhorster All-gemeinen deutschen Arbeitervereins aus dem Jahre 1372— siewar unter dem Sozialistengesetz 10 Jahre lang begrabe», bis sieihre Auferstehung feierte. Die Festrede hatte Genosse Lieb-k n e ch t übernommen, der morgen auch in Vegesack sprechenwird. Abends kam ein heftiger Regen, der jedoch die Festfreudenicht mehr stören konnte.Der Diamantschleifer-Ttreik in Hanau ist bis auf dieFirma Karl Heiliger, deren Inhaber gleich nach Beginnder Lohnbewegung verreiste, aber wahrscheinlich bewilligen wird,und bis auf die Firma W i n k l e r, wo die Arbeiter passivblieben, siegreich verlaufen.Der Stuttgarter Bierbranerverein hat, wie man unsschreibt, eine Statistik aufgenommen, aus der zu ersehen ist, daßbeinahe sämmtliche Bierbrauer Stuttgarts orgamsirt sind. Infolgedessen sind auch die Arbeitsverhältnisse besser, als es sonst derFall wäre.Wiener Malerstrei?. 420 Gehilfen haben die Forderungenbewilligt erhalten. 370 stehen noch im Streik. Die Sache derArbeiter steht somit günstig, trotzdem ein beträchtlicher Theilüberhaupt nicht an dem Ausstand betheiligt ist, sondern zu denalten Bedingungen weiter schanzt.Zur Beendigung des Streiks in PrzemySl ist nach-zutragen, daß den Bauarbeitern, um deren Ausstand essich handelte, der Zehnstundentag und 20 pCt. Lohnerhöhung be-willigt wurden. Der Sieg ist um so bedeutungsvoller, als diePolizei aufs schofelste Partei für die Unternehmer nahm. Sieverhaftete unter allerlei nichtigen Vorwänden ganze Schaarengerade der intelligentesten Arbeiter. Die Streikenden ließen sichdadurch nicht einschüchtern und so blieb den Unternehmern nichtsübrig, als nachzugeben. In den nächsten Tagen werden nun dieBäcker und Müller nach ordnungsmäßiger Kündigung inden Ausstand ftreten. Ihnen wollen die Ziegelei- Arbeiter,Tischler, Schuhmacher und Metallarbeiter folgen.GevichksDer Polizeiwachtmeister mit dem Rohrstocke. DerMißhandlung eines dreijährigen Knaben wurde der PolizeiWachtmeister Erich beschuldigt, welcher sich vor der 130. Ab-theilung des Amtsgericht I zu verantworten hatte. Der An-geklagte ist auf dem Polizeibureau in der Tilsiterstr., Ecke der Zorn-dorserstraße beschäftigt und hat hänfig seinen Verdruß darüber,wenn die auf dem Hofe spielenden Kinder zu viel Skandalund Lärm machen. Mit Schelten und Untersagen, sich ruhigerzu verhalten, erreicht er nicht seinen Zweck, weshalb er lieber persön-lich die Kinder vom Hof jagt. Daß bei diesem Fortjagenvon den Kindern erst recht viel Halloh gemacht wird, istallbekannt; um dem aber mehr vorzubeugen, pflegt der Wacht-meister Erich sich eines Rohrstockes zu bedienen. Letzteren wandte.er aber recht unpassend au, als er am 23. Mai. d. I. eine großeKinderschaar, die ihn bei der Arbeit störte, etwas plötzlich aufdie Straße hinaustrieb. Hierbei überrannten sich die Kinderrmd der dreijährige Sohn eines Hausbewohners kam zuFalle. Hilflos lag der Kleine auf dem Hausflure und aufdiesen schlug der Angeklagte, welcher die Kinder biszur Straße verfolgen wollte, mit dem Röhrst ocke ein.Unter großem Geschrei wurde der Mißhandelte zur Mutter ge-bracht, welche sofort einen Arzt zu Rathe zog. Dieser stellte einAttest darüber aus, daß eine Gesäßhälfte stark geschwollen sei,was nach Angabe des Kindes sehr wohl von starken Schlägenherrühren könne. Die Benutzung des Rohrstockes bestritt derAngeklagte und berief sich auf seinen Entlastungszeugen, denTelegraphisten Durst, welcher auf das bestimmteste bekundete, daßer beim Wachtmeister, als er über den Hof ging, keinen Stockgesehen hatte. Dieses konnte ihm nach der Aussage der Kinderwohl entgangen sein, da verschiedene übereinstimmend bezeugten,daßider Angeklagte den Stock unter dem Rocke versteckt getragen hätte.Un> kernen Zweifel offen zu lassen, vernahm der Gerichtshof einengroßen Zeugenapparat von Kindern, welche in ihrer Naivetät ausdas glaubhafteste ihre Aussagen versicherten. Auf grund dieserüberführenden Beweisaufnahme erklärte der Gerichtshof, daßdem kleinen Knaben eine zu empfindliche Züchtigung beigebrachtsei. Soweit durfte sich der Angeklagte nicht hinreißen lassen,um mit einem Rohrstocke, der als ein gefährliches Werkzeug an-zusehen sei, auf den am Boden Liegenden einzuschlagen. Fürdiese grobe Ausschreitung wurde nach dem Antrage des Staats-anwalts auf eine Geldstrafe von 30 M. oder 5 Tagen Ge-sängniß erkannt, indem dabei mildernd berücksichtigt wurde, daßder Beamte durch den Lärm der Kinder zuerst gereizt(!) undseinen Vorhaltungen nicht Folge geleistet wurde und er sichaußerdem die ungefährlichste Stelle zum Schlage gewählt hatte.Eine Erinnernng an den Bierkoykott beschäftigte gesterndie Fericnstraskammer deS Landgerichts II. Am 2. Septembervorigen Jahres hatte sich aus dem Bahnhofe in Velten einesehr große Menschenmenge angesammelt, verschiedene Vereinewaren da zusammengetroffen und allein in dem Wartestialwaren über 60 Personen. Es wäre alles ganz gut abgegangen,wenn nicht ein Gast an den Wirth die harmlose Frage gerichtethätte, was er für Bier schenkte. Der Wirth antwortete ebensoharmlos, es sei Oranienburger; aber der anwesende Bier-kntscher Barbuschke von der Schultheiß- Brauerei fühltesich durch die Frage so in seiner Bierehre gekränkt,daß er sofort mit Schimpfworten wie„Lump",„Plunder" unddergleichen um sich warf. Seine Braut betheiligte sich daran,indem sie einen Herrn, der sich das verbat,„bucklicher Hund"schimpfte, und es entwickelte sich eine kleine Schlägerei, bei derBarbuschke eine Kopfwunde davontrug.Auf die Anzeige des Barbuschke wurden in Spandau vierPersonen angeklagt, aber alle freigesprochen bis auf einen HerrnWinckler, in dem die jetzige Frau Barbuschke einen derSchläger wiedererkennen wollte. Gegen ihn setzte das Schöffen-gericht in Spandau 4 Wochen Gefängniß fest, obgleich er bishernicht bestraft war.In der gestrigen Verhandlung in der Berufungsinstanz wurdeWinkler durch Rechtsanwalt Heine vertreten. Barbuschke und Frauwiederholten zwar ihre Aussagen, dagegen traten verschiedeneZeugen auf, die bekundeten, daß Winkler an dem ganzen Streitnicht betheiligt gewesen war, sondern abseits an der Thüre ge-standen hätte, ja daß die Frau Barbuschke ihren Mann, als dieserauf Winklern zugegangen war, zurückgerufen hatte. Der Staatsanwalt wollte zwar diese Zeugen als„vermuthlich betheiligt"nicht für glaubwürdig halten. Demgegenüber wies der Ver-theidiger darauf hin. daß die Barbuschkes, die den ganzen Streitohne Roth verursacht hätten, doch viel weniger glaubwürdigseien. Auch stellte er fest, daß die Frau Barbuschke bisher immerbehauptet hatte, der Schläger hätte einen Zylinderhut aufgehabt,was sie jetzt als einen Jrrthum erklärte, nachdem ihr nachgewiesenwar, daß der Angeklagte eine andere Kopfbedeckung getragenhatte. Das Gericht schloß sich dem an und hielt den Vorfallnicht für aufgeklärt genug, um den Angeklagten zu vernrtheilen,der demgemäß freigesprochen wurde.Proletarier-Elend. Unter anderen zahlreichen Obdach-losen, die kürzlich ans den Rixdorfer Wiesen von der Polizeiaufgegriffen wurden, befand sich auch der Kutscher Ernst H. ansReu-Strelitz. Wie die anderen, so wurde auch er angewiesen,sich binnen fünf Tagen Arbeit und Obdach zu verschaffen,widrigenfalls er als arbeitsscheu ins Arbeitshans gesteckt würde.H.. ein noch rüstiger Mann in den besten Jahren, wollte demihm drohenden noch größeren Elend der Unfreiheit entgehenund lief daher vom frühen Morgen bis zum späten Abend inBerlin umher, um Arbeit zu finden. Jedoch waren alle seineBemühungen vergeblich, denn wie ihm, erging es ja noch vielenTausenden, die gern jede Arbeit angenommen hätten, um ihrkümmerliches Dasein fristen zu können. Das Ende vom Liedewar, daß H. bald darauf abermals als Obdachloser auf-gegriffen, ins Gefängniß gesteckt und dieser Tage vor dasRixdorfer Schöffengericht gestellt wurde, um sich wegen Nicht-beschaffung eines Unterkommens zu verantworten. Zu seinem Glückvermochte der Angeklagte einige Stellenvermittler als Zeugen zunennen, bei denen er sich vergebens um Arbeit beworben hatte.Der eine dieser Zeugen bekundete, daß er täglich mindestens 60.der andere, daß er täglich mindestens 100—150 Arbeitsuchendeabweisen muffe! Diese Zahlen sprechen ganze Bände von demElend und der Arbeitslosigkeit in und um Berlin und bieten einetreffliche Illustration unserer herrlichen Gesellschaftsordnung, dienatürlich der Erhaltung mit allen nur erdenklichen künstlichenMitteln werth ist. Der Angeklagte wurde freigesprochenund sofort aus freien Fuß gesetzt. Ohne jelze Existenzmittel undohne Aussicht, irgend eine Beschäftigung zu finden— denn dasRecht aus Arbeit existirt ja nicht— wird der Aermste freilichgar bald wieder den Armen der—„Gerechtigkeit"'verfallen sein!Vevpcrtmnlunjorn.Die Kistenmacher Berlins befinden sich im General-streik. In einer öffentlichen Versammlung sämmtlicher in Kisten-fabriken beschäftigten Arbeiter, die am 3. August im Louisen-städtischen Konzerthaus stattfand und von etwa 600 Personenbesucht war, erstattete Märten namens der TarifkommissionBericht über die von dieser unternommenen Schritte zur Durch«sührung eines geregelten Lohnes und geregelter Arbeitszeit. DieFabrikanten waren ebenfalls zu dieser Versammlung eingeladen,sind aber am Freitag Abend in einer Sitzung übereingekommen,der Versammlung fernzubleiben. Redner war der Meinung, daßdie Fabrikanten alle Ursache hätten und auch in der Lage wären,sich ihren Arbeitern entgegenkommend zu zeigen. So z. B.nannte er die noch als„gut" bekannte Firma Fuhg, Köpenicker-straße IS4, die an einer Kiste, für welche 2 Mann nur 3,20 M.Arbeitslohn erhalten, 6 M. Nelto-Verdienst erzielt. Der Durch-schnittslohn der Kistenmacher, der vor 3 Jahren— wie auseiner damals aufgenommenen Statistik hervorging— kaum17 M. betrug, sei jetzt ein noch weit geringerer.Zur Besserung der miserablen Lohnverhältnisse erschiender Kommission zunächst die Ausmärzung der so-genannten Uebcrstundenarbeit und eine Verkürzung derArbeitszeit als das zweckentsprechendste Mittel. Die Arbeitszeitsoll von 7 Uhr früh bis 6 Uhr abends dauern und Ueberstunden-arbeit mit 50 pCt. Ausschlag bezahlt werden; dies würde vieleFabrikanten abhalten, nach Feierabend arbeiten zu lassen undso hofft man damit mehr Arbeitsgelegenheit zu schaffen und dasHeer der Arbeitslosen zu verringern. Die Ansicht, ob der Zeit-pnnkt für eine Lohnbewegung günstig sei, erlaubte sich derReferent nicht zu äußern, erwartete diese vielmehr aus der Mitteder Versammlung.— Die Diskussionsredner erklärten sich sämmt-lich für den Generalstreik. Miliar g, der Leiter des Ge-werkschaftsbureaus, warf die Frage auf, ob die Versammeltenauch alle Folgen eines solchen Kampfes wohl erwogen hätten;von T s ch e r n i g wurde ihm erwidert, daß die Kistenmacherdurch ihre Opferwilligkeil bei den Streiks anderer Branchen sichwohl ein Recht erworben haben, an die Berliner Arbeiterschaftdas Verlangen zu stellen, sie jetzt in jeder Hinsicht zu unterstützen.Gegen 7 Stimmen fand ein Antrag Annahme:„mit dem heutigenTage in die Tarisbewegung und, um diese mit Erfolg durch-führen zu können, in den Generalstreik einzutreten." Die Ver«sammlung wählte hierauf eine Streikkommission, bestehend ausneun Personen, die ihren Sitz im Restaurant OswaldGrauer, O r a n i e n st r. 121, hat. Wie zum Schluß bekanntgegeben wurde, findet Dienstag, nachmittags 4 Uhr, in demselbenLokale(Alte Jakobstr. 37) eine öffentliche Versammlung derStreikenden statt.Mit dem Aararprogramm befaßte sich eine für dieParteigenossen des Niederbarnim er Kreises einberufenegroße Volksversammlung in Friedrichsberg. Der Sieserent,Reichstags- Abgeordneter Sladthagen, verhält sich gegenAusstellung eines besonderen Agrarprogramms und gegen jedeneinzelnen Punkt des vorgeschlagenen Agrarprogramms durchaus ab-lehnend. Wenn die Mißstimmung in weiten Kreisen derParteigenoffenüber das Programm groß sei, so dürfe man nicht vergessen, daßnicht die Agrarkommission, sondern in erster Linie der Parteitagschuld sei, der ihr eine solche undankbare und unlösbare Aufgabestellte. Die Resolution zur Agrarfrage sei vorschnell gefaßtworden. Diese Stimmung habe sich schon gleich nach demParteitag gezeigt; er(Redner) hätte gewünscht, daß dieAgrarkommission eingesehen hätte. daß ihre Aufgabenicht zu lösen sei. Auf die Stimmen der Gegnerbrauche man nichts zu geben— anders sei es, wenn dieeigenen Genossen das Programm als für den Bauernfangberechnet hinstellen. Des Redners Ansicht geht nun auch dahin,daß der Entwurf programmwidrig ist und die Bahnender bündlerischen und antisemitischen Agitation wandelt. DiePartei erkenne den Klassenkampf vor allem an, das scheinendie Herren von der Agrarkommission vergessen zu haben. Imhöchsten Grade verwerflich sei es, den Bauern vorzureden, mankönne ihnen in der heutigen Gesellschaftsordnung helfen. Ingleicher Weise wie gegenüber den Handwerkern habe man sichgegenüber den Agrariern zu verhalten. Wie wolle manjetzt den kleinen Grundbesitzern glaubhast machen, daßihnen geholfen werden könne, nachdem man jahrelang auf grundund in Uebereinstinunung mit dem Programm ihnen die Un-Möglichkeit einer Hilfe in der heutigen Gesellschaftsordnung dar-gelegt habe? Der Redner erwähnt, daß nach der Statistik von1832 von rund bV» Millionen landwirthschastlicher Betriebe inDeutschland mehr als 3 Millionen solcher unter 2 HektarenBodenfläche sich befanden. Diese„Bauern" sind Arbeiter wiealle anderen Arbeiter. Sie seien nur scheinbar Eigen-thümer, die das Eigenthum ihrer Gläubiger verwaltenund bearbeiten. Dies solle man diesen„Bauern" nachwie vor klar machen, nicht aber den Klassenkampscharakter ver-wischen. Der größere Theil dieser Kleinbauern fei noch nebenbeiindustriell beschäftigt. GS ermögliche dies dem Fabrikanten, dieLöhne zu drücken, diesen Zustand sollen wir begünstigen? Diekünstliche Erhaltung der Betriebe von 2—5 Hektaren sei ebenfallszu verwerfen. Hier würden die erbärmlichen Löhne an dieArbeiter gezahlt. Die Interessen der letzteren aberallein habe die sozialdemokratische Partei zu vertreten. Die Parteihabe wohl dahin zu streben, daß die Lebenslage der Arbeiter ge-hoben, nicht aber, daß die Eigenthumswuth des einzelnen odereiner bestimmten Unternehmerschicht gestärkt werde. Nach den An-gaben der Berufsgenossenschaften ständen 12 Millionen ländlicherArbeiter den 5 Millionen Industriearbeitern gegenüber, wie könneman da, wo noch Ausnahmegesetze bestehen, mit einem solchenEntwurf kommen, der die Verlängerung der Lohnsklaverei zurFolge haben mußte?Der Vortragende bespricht im weiteren Verlauf seiner Rededie einzelnen Punkte des Entwurfs. Die unter Ziffer 7 ge-nanntm Forderungen gehörten nicht ins Programm; da? Pro«gramm wolle mit Recht die Schulung zwecks Erringung politischerMacht, nicht die zwecks besserer Ausbeutung. Die Frage, obFach schulen zu errichten, ist kein Programm, sondern eine Ver«waltungsfrage. Wollte die Kommission diesen Punkt berühren,so hätte sie eher an den eines organischen Ausbaues unsererSchule denken können. Der unter 10 eingeschobene Absatz würdein letzter Linie auf eine Entlastung der Großgrundbesitzerhinauskommen. Die bei 13 genannten Genossenschaftenseien entschieden zu verwerfen. Man sei zufrieden ge-wesen, daß das Erfurter Programm mit den Genossenschaftenausgeräumt habe. Wie komme die Agrarkommission dazu, ähn-liche Dinge für ein Programm zu empfehlen? Verstaat-lichung der Hypotheken- und Grundschulden laffe er sich nur ge-fallen, meint der Redner ironisch, wenn die Verstaatlichung aufalle Schulden ausgedehnt würde. Man wolle staatliche Hilfe-leistung bei Nothständen; wo bleibe der Schutz der Arbeiter beiNothständen infolge der Krisen? Statt der allgemeinen Phrasen,welche für den letzten Theil des Programms empfohlen werden,hätte man vielleicht einige praktische Vorschläge machen können,so z. B. die Sicherung eines exekutionsfreien Vermögens fürA l l e n. f. w. Nöthig sei aber auch dies keineswegs.Das alte Programm brauche nicht geändert, sondern nurerläutert zu werden. Absolut nöthig für eine wirksame Propa-ganda aus dem Lande sei: Beseitigung der Schranken,welche in der Agitation hindern. Das müßte vorallen Dingen betont werden. Die persönliche Freiheit des Ein-zelnen sollte endlich einmal gesichert werden. Jeder Kreis, jedeProvinz habe ihre besonderen agrarischen Betri ebsverhältnissefür sich allein zu regeln, ins Programm gehöre dasnicht.Der Referent ersucht die Anwesenden, dafür mit ganzer Energieeinzutreten, daß dieses neue Agrarprogramm auf dem Parteitagekeine Annahme findet, sondern e n d g i l t i g begraben wird, daim anderen Falle die Gefahr bestände, daß die ländlichen Kreisedurch dessen Bestehen in der Agitation lahm gelegt würden. Bondem Referenten wird folgende Resolution zur Annahmeempfohlen:Die Versammlung des Kreises Nieder- Barnim beschließt:l. Der Parteivorstand wird ersucht, einen prinzipiellen Gegnerdes Agrarprogramms zum Korreferenten zu ernennen.II. Der Parteitag wird ersucht: 1. das Agrarprogramm inallen seinen Punkten abzulehnen, die Thätigkeit des Agrar-ausschusses für beendigt und die in Frankfurt a. M. gefaßteAgrarresolution(Nr. 113, S. 134/135 des Protokolls) für er-l e d i g t zu erklären. 2. Die auf dem Parteitag 1894 an-genommenen Anträge(Nr. 91, 1, 2, 3 und Nr. 93) betreffendAufhebung aller Ausnahmegesetze gegen ländliche Arbeiter undgegen das Gesinde, strafrechtliche und zivilrechtliche Veranlwort-lichkeit von Beamten und Mitgliedern der bewaffneten Macht fürihre Handlungen und Unterlassungen; Aufhebung der Möglichkeit,dasSchankgcwerbe und damit die ländliche Agitation durch Polizei-stunde und Lustbarkeitsverbote zu beschränken; Einführung undSchutz eines Vereins- und Versammlungsrechtes im Interesseeiner wirksamen Landagitation, zu wiederholen; 4. dafürSorge tragen zu wollen, daß die Diskussion über das Agrar-Programm unmittelbar nach dem Bericht des Parteivorstandesund der Kontrolleure zur Verhandlung gelangt und nicht früh-zeitig abgeschnitten wird.Frau Ihrer- Pankow ist mit der Kritik Stadthagen's ein«verstanden. Sie habe gemeint, daß die Agrarkommission sich vor-wiegend damit beschästigen werde, Material zu sammeln.Der Entwurf trage den Stempel der Unfertigkeit an der Stirne,er schablonisire alles. Das gute im Programmentivurs könnteviel besser zu Anträgen der Fraktion verwendet werden.Die Genossin Ihrer macht den Vorschlag, den Referenten alsKorreferenten dem Parteivorstand zu empfehlen; sie er-sucht, dahingehend zu beschließen. Schneider-Friedrichs-b e r g brachte eine Resolution ein, die in kurzenWorten eine Ablehnung des Entwurf? enthält. Er be»zeichnet den Entwurf als ein todtgeborenes Kind. TapezirerF r e i w a l d hält es für nöthig,. daß gegen das neueProgramm Sturm geläutet wird. Die Verfasser seien lauterTheoretiker und von den Vollmar'schen Ideen befangen. Rhein»Hardt- Weißensee hat die Ansicht, daß der Entwurf aus An-nähme nicht zu rechnen hat. R o h r l a ck- Berlin tadelt die fürdie einfachen Arbeiter unverständlichen Ausdrucksformen desneuen Programnis; er wundert sich, daß die längst versprocheneBroschüre betreffend die Gesinde-Ordnung noch nicht erschienen ist.Gleichfalls gegen den Entwurf sprach Sonnenburg.Weißensee, der ans die Berathung des Parteitages in Frank-furt n. M. näher einging. Nachdem noch Kopp- Friedrichsbergseinen ablehnenden Standpunkt begründet hatte, betonte GenosseStadthagen in seinem Schlußwort noch ganz besonders, daßeine baldige Erledigung der Agrarfrage im Interesse der Land-agitation, wie sie der Kreis Niederbarnim betreibt, dringend zuwünschen sei. Von der Benennung seiner Person als Korreferentenbittet er Abstand zu nehmen.— Die Resolution Stadthagenwurde einstimmig angenommen, ebenso der Antrag, denReferenten als Korreferenten in der Agrarfrage in Vorschlag zubringen._Ocpefchen und letzte Mnchvtchten.BreSlan, 5. August.(W. T. B.) Die„Breslauer Zeitung"meldet aus Argenau: Bei dem Brande eines Familienhauses aufdem Vorwerke Kreuzkrug sind in der vergangenen Nacht vierFrauen und ein Kind verbrannt. Vier Personen wurden schwerverletzt und in das Krankenhaus zu Jnowrazlaw geschafft. DenBewohnern ist das Vieh, das Mobiliar und alle Habe ver-brannt. Man vermuthet Brandstiftung.Prag, 5. August.(W. T. B.) Der hier wohnhafte Re-dakteur des Omladinistischen Blattes„Thuma" wurde bei seinerAnkunft in Schlau verhastet, nach Prag eslortirt und dem Stras-geeichte eingeliefert.Gent, 10. August. Gestern hat der internationale Kongreßder Arbeiter der Textilbranche stattgefunden. Deutschland istdurch 10 und England durch 30 Delegirte vertreten. Der Kongreßwird vier Tage dauern. Die Regierung hat einen Beamte» desArbeitsministeriums zum Kongreß entsandt.PariS, 5. August. Aus Carmaux wird gemeldet, daß derAusstand fortdauert und große Dimensionen annimmt. DieGlasarbeiter in Lyon haben sich mit den Ausständigen von Car»maux solidarisch erklärt und die Arbeit eingestellt. Bis jetztist die Ruhe nicht gestört, jedoch befürchtet man ernste Zu-sammenstöße.Paris, 5. August.(W. T. B.) Das Gesammtresultat derGeneralrathswahlen liegt jetzt vor; die Republikaner haben 90 Sitzegewonnen.London, 6. August.(W. T. B.) Da?„Reutersche Bureau"meldet aus Jokohama: Starke Regenfälle gehen andauernd inder ganzen Gegend nieder. Man befürchtet, daß die Reisernleschlecht ausfällt und eine Hungersnoth eintritt. Die durch denRegen hervorgerufenen Neberfluthungen haben großen Schadenan Eigenthnm angerichtet, auch ünd viele Menschen umgekomnien.Tarnopol, 5. August.(B. H.) In Volhynien, sowie inden Grenzorten Russisch-Polens herrscht die asiatische Cholera.Die Seuche breitet sich schnell und in äußerst gefahrdrohenderWeise auS.Teheran, 5. August.(Meldung de?„Reuter'schen Bureaus".)Einer Meldung ans Tabris zufolge demolirte der Pöbel gesternNachmittag das Haus des Kaimakams, welchem die Zustände,welche die Brotkrawalle veranlaßten, zugeschrieben werden. TerKaimakam reichte seine Entlassung ein, worauf die Behörden eineterabsetzung des Brotpreises bis zum nächsten Tage versprachen.ie Ausregung dauert fort. Viele Frauen flüchteten. Das Hansdes. russischen Konsuls ist geschlossen.Verantwortlicher Redakteur: Max Pfund in Halensee. Für den Jnseratentheil verantwortlich: Th. Glocke in Berlin. Druck und Verlag von Max Badina in Berlin. Hierzu 1 Beilage.