Freitag
30. Juli 1926
Unterhaltung und Wissen
Der Vater.
Novelle von Kopernikulus.
Ernteträchtig und satt von Sonne standen die Kornfelder weit und breit und rührten sich nicht. Nur das leichte Laub der weißschlanken Birken, die wie riesige Lilien die breite gut gepflegte Chauffee einfaßten, bewegte sich hie und da wie aus eigener Kraft und der Blick des in freudiger Erregung daherwandernden Mannes freute sich daran.
So schreitet man aus, wenn man nach langer Zeit wieder der Heimat zustrebt und eine freudige Ueberraschung für liebe Menschen im Busen birgt.
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Der junge rüftige Mann er hieß Walter Ebeling dachte beim Anblick der Heimat flüchtig über sein Leben nach. Durch den Krieg hatte sich wie bei so manchem anderen Zeitgenossen auch seine Laufbahn etwas verspätet, so daß er erst jetzt mit zweiunddreißig Jahren sein medizinisches Staatsexamen in der Tasche hatte und sich ,, Arzt" nennen durfte.
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Aber trotzdem waren die Aussichten günstig für die Zukunft. Denn vor kurzem war der alte Landarzt, zu dessen Bezirk auch Walter Ebelings Heimatdorf gehörte, gestorben und da konnte er Walter fig in die Praxis einspringen, hatte auch gleich auf des alten Großknechts Konrad vorsorgliches Anraten hin die nötigen Schritte unternommen und gedachte jetzt persönlich das Weitere zu tun. Die Bauern und Gutsbesitzer rundherum fannte er ja alle genau und wußte sich von ihnen geliebt und geschätzt. Da brauchte er fich feine Sorgen zu machen.
Hatte er die überhaupt je gekannt? Hatte er sich jemals den Kopf zerbrochen, wie die Mutter es auf dem ach so kleinen BauernGrundstück möglich gemacht hatte, daß er das Gymnasium in der Stadt besucht und dann jahrelang an den verschiedensten Universitäten des deutschen Vaterlandes studiert hatte, ohne an Kollegiengeldern, Büchern oder guter Unterkunft und gutem Essen sparen zu müssen? Seine Mutter? Diese zarte fränfliche Frau?
Und doch, der Vater war ja schon gestorben, als Walter Ebeling Paum fünfjährig gewesen. Ueberhaupt hatte er seinen Bater nur in sehr dunkler Erinnerung und feiner angenehmen. Nur zänkischer Auftritte zwischen Vater und Großvater erinnerte sich Walter Ebeling, und der alte ehrpusselige Mann hatte dabei dem Schwiegerjohn manches harte Wort gesagt, dessen Bedeutung dem Enkel erst sehr viel später flar geworden war, ohne daß er sich aber nun hinterher irgendwelche Gedanken darüber gemacht hätte. Der Bater war in der Erinnerung des Heranwachsenden immer mehr und mehr zu einem unwirklichen Schatten verblaßt.
ZYX
Sächsisches Volksopfer.
Beilage des Vorwärts
Sehr inftruffio für die Richter ist Meißners mit großem Selbstbewußtsein hingeworfene Bemerkung, daß ihm, einem Manne, der immer nur mit Großindustriellen verkehrt habe, eine Bordellzeche von 250 Mart natürlich nicht so bedeutend erscheinen müffe, wie etwa einem Beamten mit mittierem Gehalt Daß Meißner an jenem Abend der Bordellwirtin 500 Mart( ür eine Badereise versprochen hat, bezeichnet der Vorsitzende, als unmoralisch und unwirtschaftlich" und außerdem als überflüffig", da" folch eine Frau doch über feste Einnahmen verfüge".( cus dem Verhandlungsbericht gegen Meißner und Löffler).
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Jezt, in Gedanken an jene erste Jugendzeit, mußte der junge Meißner: Immer langt zu, Kinder! Das Volksopfer ist doch für schiffbrüchige Existenzen gesammelt worden!"
Arzt besonders an ein Wort des Alten denken, das ihm früher viel Kopfzerbrechen gemacht hatte. Reingeheiratet hieß das Wort, das der alte Mann dem Schwiegersohn so gern an den Kopf geschleudert hatte. Reingeheiratet! Nein, es war ja zum Lachen, wie diese Kleinbauern ihren noch so geringen Besitz für ein fleines König reich hielten. Reingeheiratet!
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Was der Bater darauf zu antworten hatte, das hatte der fleine Walter allerdings nie erfahren. Denn jedesmal wenn der Streit zwischen den Männern bis zu diesem Buntte gediehen war, zog die meinende Mutter auch schon den neugierigen Knaben aus dem Bimmer.
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Bergangene Zeiten! Walter Ebeling ließ, fröhlich pfeifend, den Spazierstock um die Hand wirbeln und schritt rüstig aus. Es waren dech gut zehn Kilometer von der fleinen Bahnstation bis zu seinem Heimatdorfe und bei dieser Hize! Wie eine fleine Erlösung legrüßte er es daher, als er jetzt durch das große Kirchdorf wanderte, das etwa auf der Mitte seines Weges lag, seinen alten Pfarrer besuchen zu können. Dem guten Manne, der ihm die ersten lateinischen Bofabeln eingepauft, mußte er zu allererst von dem bestandenen Eramen Mitteilung machen. Und dabei konnte er sich gleich allerlei gute Binke betreffs seiner Niederlassung als Arzt geben lassen.
Der Pastor war nicht zu Hause. Aber seine Haushälterin, der Walter Ebeling ja auch tein Unbekannter war, führte den Besuch ins Amtszimmer und meinte freundlich, daß der Herr Pfarrer in Bälde heimkommen müsse, da er nur seinen üblichen Seelsorger. spaziergang in die Umgegend gemacht habe, und so saß der junge Arzt mit einmal in einem ihm wohlbekannten Raum.
Hier hatte ihm der damals im beste Mannesalter stehende Pastor den ersten lateinischen Unterricht gegeben. Hier hatte er ihm trattiert: Aqua das Wasser, sum ich bin usw.
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Ha! und dort lagen ja auch die dicken Kirchenbücher, die dem Knaben immer so geheimnisvoll erschienen waren und die in ihrer
nicht mehr lebte; was hätte der erst für eine Freude an einem Entel gehabt, der sich„ Herr Doktor" nennen lassen durfte! Aber der alte Mann war nun auch schon fast zwanzig Jahre tot.
Geräusche schreckten den Grübelnden aus seinen Gedanken. Der Pfarrer war heimgekommen.
Die Begrüßung war äußerst herzlich und der alte Herr ehrlich erfreut über das fo glatt bestandene Examen seines ehemaligen 3öglings. Dann aber wurde der Ausdruck seines Gesichtes seltsam verfonnen und ernst und er sagte mit einer gewissen Feierlichkeit: Sie müßten sich beeilen, nach Hause zu kommen, lieber Walter. Ich tomme soeben von dort."
Ist Mutter frank?" unterbrach ihn der junge Arzt von einer jähen Ahnung beklommen.
" Nein," sagte der Pastor, Ihrer Frau Mutter geht es nicht schlechter als sonst. Ihr fehlt nichts Besonderes. Aber wenn Sie den alten Konrad noch einmal sprechen wollen, müßten Sie sich beeilen." Der Doktor Ebeling griff unwillkürlich nach seinem Hute. „ Aber selbstverständlich," murmelte er. Der Pastor sagte schnell:
" Dann begleite ich Sie noch ein Stückchen, damit Sie keine 3eit verlieren. Der Kreisarzt hat ihn aufgegeben."
Da waren sie auch schon draußen und schritten die helle Chauffee, deren Birkenstämme nur wenig Schatten gaben, dahin. „ Haben Sie Ihr Examen daheim schon mitgeteilt?" fragte Pastor Bornemann im Gehen.
,, Nein," war die zerstreute Antwort.
( Schluß folgt.)
Die Zukunft der Wolkenkrazer.
In der Park Avenue von New York ist soeben ein neuer Typ von Wolkenkratzern errichtet worden, der für die Zukunft entschei dende Aenderungen der Wohnhäuser Ameritas bedeutet. Dies ist ein richtiger Wohnberg" in dem zugleich ein Hotel untergebracht ist. aus wirtschaftlichen Gründen müssen die Wolkenkrazer immer höher gebaut werden, und es wird bald zum Lurus gehören, niedriger zu wohnen als 60 Stockwerke. Die Entwicklung New Yorks drängt mit abfoluter Notwendigkeit in die Lüfte. Zugleich mit dieser neuen Entwicklung der Wohnhäuser muß eine Neuentwicklung des Verkehrs einhergehen. Es ist darum vorgesehen, die Wohnhäuser oder Wohnberge", wie sie besser bezeichnet werden, an zahlreichen Stellen durch Brücken und Bürgersteige miteinander zu verbinden, so daß eine Art von hängenden Straßen entstehen wird, die einen Teil des Fußverkehrs in die Lüfte verlegt.
Durch derartige Anlagen wird dann das ganze Verkehrsbild der Stadt New York nach oben verschoben werden, zumal man an die Anlagen von Terrassen denkt, die unter Umständen sogar einen Verkehr von Automobilen in diesen Höhen zulassen. Im allgemeinen denkt man sich die Entwicklung aber so, daß der Fußverkehr in den Lüften stattfinden dürfte, während der Wagenverkehr auf ebener Erde vor sich gehen muß. Die Baumeister haben bereits für diese neue Bauweise reizvolle Möglichkeiten zur Verschönerung und Ausgestaltung der hängenden Straßen vorgesehen, um diese Straßen vollkommen vom Lärm und Schmuß der Großstadt freizumachen. Echon die Höhe, in der die Straßen sich befinden, gibt ihnen die Möglichkeit, die Luft ganz rein zu halten, da erfahrungsgemäß Staub und Bazillen nicht so hoch geschleudert werden. Um die Wohn- und Lebensmöglichkeiten in diesen Höhen noch zu verbessern, beabsichtigen die Baumeister, hier hängende Gärten einzuführen, die allerdings nicht nach der Art der hängenden Gärten der Semiramis gebaut sein werden, sondern einen ganz neuen Typ darstellen dürften. Dadurch, daß die Wohnungen alle in die Höhe verlegt werden, ist auch ebenso möglich sein, alle Geschäfte auf diesen Höhenstraßen abzuwideln, wie man sie bisher auf der Erde zu erledigen gewohnt ist. Auch Kirchen sollen in diesen Höhen gebaut werden, ebenso wie Theater, Sportpläße usw. usw. Schon jetzt ist eine Anzahl von Wolkenkrazern dazu übergegangen, ihre Dächer zu Berkehrszwecken aller Art, zu Bergnügungen und zu Sportbetätigungen auszunutzen, aber diese Verwendung ist noch ganz vereinzelt, und es ist nicht möglich, eine allgemeine und gleichmäßige Benutzung durchzuführen. Die neue Bauart der Wolkenkraber, wie sie in dem„ Wohnberge" bereits begonnen worden ist, wird aber einen grundsätzlichen Unterschied dadurch bilden, daß die Gebäude eben zusammen die Möglichkeit einer Stadt hoch in den Wolken ergeben werden. Das systematische Zusammenfügen aller diefer Gebäude zu einem einheitlichen neuen Stadt- Typ mit Straßen, Plägen, Gärten ist das Neue und Revolutionäre, das diesem Wolkenkrazertyp anhaftet.
Art ja auch eine ganze Chronik aller umliegenden Güter und Dörfer„ Das ist das Haus am schwarzen Moor." der genügende Verkehr auf diesen Straßen gesichert, denn es wird
enthalten mußten. Mit einer gewissen Scheu griff Walter Ebeling nach dem obersten Buche, legte es auf den großen Schreibtisch des Pfarrers und schlug es auf. Jahrgang auf Jahrgang war da eingetragen. Taufen, Hochzeiten, Begräbnisse.
Und schon hatte der neugierige Forscher auch den Hochzeitstag seiner Eltern gefunden. Er stuzte. Beinlich berührt. Krauste ärgerlich die Stirn. Da mußte doch ein Irrtum vorliegen! Aber dann erwachte der moderne Mensch in ihm und lächelte, überlegen, schmun= zelte sogar von Herzen: warum sollte er nicht fünf Monate nach der Hochzeit seiner Eltern geboren sein!? Ja ja, es war schon so. In diesem Buche war alles in Ordnung: hier ging das Leben seinen glatten Weg und die streng chronologische Reihenfolge der Eintragungen ergab sich ja von selbst. Die Daten stimmten schon.
Aber was ergab sich daraus? Der junge Mann lächelte wiederum. Er stellte sich seine Eltern im Geiste vor. Dann muß die Liebe doch einmal recht heiß gewesen sein, dachte er ein bißchen boshaft. Aber dieser Gedanke ließ ihn gleich den Kopf schütteln. Echnell, schnell mußte der Liebesrausch wieder verflogen sein. Ein glückliches Chepaar waren die Eltern nicht gewesen. Das merkte felbst ein Kind. Und auch nie hatte die Mutter in späteren Jahren erinnerungsvoll des Verstorbenen gedacht, dem Sohne nie vom Vater gesprochen. Und plötzlich viel Walter Ebeling bei seinem Hin- und Hergrübeln ein Wort ein, an das er gerade eben erst gedacht hatte: reingeheiratet!
War das die Lösung des Rätsels? Hatte der Bater die Mutter als junges Mädchen verführt? Berführt, um in das fleine Grundftück„ hineinheiraten" zu fönnen? Ein Zug unsäglicher Berachtung umspielte den Mund des jungen Arztes. Konnte man zu solchen Mitteln greifen, um so lächerlich fleine Ziele zu erreichen? Allerdings, wenn er alle dunklen Erinnerungen an den Vater zusammensuchte und zu einem Gesamteindruck vereinigte, folch eine Handlungsweise fonnte dem Vater schon ähnlich sehen. Solch einen Bater hatte er also, er, Walter Ebeling.
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Um so glücklicher war er, daß er selber als Sohn der guten geliebten Mutter um so mehr Freude bereitete. Denn glücklich war sie über ihn; das wußte er. Nur schade, daß der ehrgeizige Großvater
Bon Georg Weerth . ( Gestorben am 30. Juli 1856.) Das ist das Haus am schwarzen Moor, Wer dort im letzten Winter fror, Der friert dort nicht in diesem Jahr Er sant schon längst auf die Totenbahr'. Das ist das Haus am schwarzen Moor, Das Haus, wo der alte Jan erfror. Bur Tür gewandt das weiße Gesicht, Starb er und wußt' es selber nicht.
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Er starb. Da fam, wie ein scheues Reh, Der Tag und hüpfte über den Schnee. „ Guten Morgen, Jan! Guten Morgen, Jan!"- Der Jan keine Antwort geben kann.
Da erhuben die Glocken ihr hell Geläut; Sie sangen und flangen und riefen so weit: Guten Morgen, Jan! Guten Morgen, Jan!"- Der Jan teine Antwort geben fann. Da tamen die Kinder aus der Stadt: " Wir wissen, wie lieb er uns alle hat; Guten Morgen, Jan! Guten Morgen, Jan! Der Jan teine Antwort geben kann. Tag, Glocken und Kinder er nicht verstund. Da nahte die sonnige Mittagstund'. Da nahte ein armes Weib:„ Mein Jan, Willst essen und trinken nicht, alter Mann? Sieh, was ich brachte dir aus der Stadt; Sollst froh nun werden und warm und satt!"- Die Alte jah lange auf ihren Jan, Dann fing sie bitter zu meinen an.
Da weinte sie an dem schwarzen Moor, Am Moor, wo der alte Jan erfror; Da weinte sie ihr brennend Weh Hinunter in den falten Schnee.
Ein geräucherter Schaftäse wird unter dem Namen Ostjepka in der Slowakei erzeugt. Die Schafkäse werden in Stücke geformt, rund um ein Holzkohlenfeuer gelegt und ständig gewendet. So wird der Käse langsam geräuchert und ein pikanter Geschmack erzielt. Nach der„ Ostdeutschen Molkerei und Käserei- Zeitung" ist der so geräucherte Käse jahrelang haltbar! Im ganz harten Zustand kann man den Käse sowohl als Reibkäse, ähnlich dem Parmesan, oder auch unmittelbar zum Essen verwenden. In manchen Gegenden wird der ganz harte Käse im Bratrohr geröstet, wodurch er wieder weich wird, um dann verspeist zu werden.
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Anekdote. Der berühmte englische Chirurg Lord Lister wurde nachts plöglich zu einem reichen Mann gerufen, der ihn mit vielen Seufzern und den Worten empfing: Ach, Herr Doktor, mir geht es schrecklich schlecht, ich glaube, ich sterbe." Lord Lister untersuchte den Kranten und sagte schließlich unbarmherzig: Haben Sie Ihr Testament gemacht?" ,, Nein," jammerte der Krante.„ Sie glauben also wirklich..?" Wie heißt Ihr Notar?"„ Mister Soundso, aber lieber Herr Doktor. unterbricht ihn unerbittlich Lord Lister. Herr Doftor, ich bin doch schließlich noch gar nicht so olt..." " Lassen Sie ihn rufen, gleichfalls Ihren Vater und Ihre beiden Söhne." Also glauben Sie wirklich, daß ich sterben muß?" „ Nein, aber ich will nicht der einzige Dummtopf sein, den Sie heute nacht aus dem Bett gejagt haben,"
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Lassen Sie ihn rufen!"
Aber sagen Sie doch,