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Nr. 358 43. Jahrg.

Ausgabe A nr. 184

Bezugspreis.

Wöchentlich 70 Pfennig, monatlich

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8, Reichsmart voraus zahlbar. Unter Kreuzband für Deutschland  , Danzig  , Gaar- und Memelgebiet, Desterreich, Litauen  , Luxemburg 4,50 Reichsmart, für das übrige Ausland 5,50 Reichsmart pro Monat.

Der Borwärts* mit der illuftries. ten Sonntagsbeilage Bolt und Zeit" fowie den Beilagen Unterhaltung und Wissen", Aus der Filmwelt", Frauenstimme", ,, Der Kinder­freund", Jugend- Borwärts" und ,, Blick in die Bücherwelt" erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal.

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Sozialdemokrat Berlin  

Sonntagsausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Sonntag, den 1. August 1926

Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Poincarés Finanzplan angenommen.

Der Tabak soll helfen.

Paris  , 31. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Die Kammer hat am Sonnabend nachmittag mit der Diskussion der Poincaréschen Finanz­vorlage begonnen. Nach längeren Ausführungen des General­berichterstatters ergriff Poincaré   das Wort zu einer Rede, in der er im großen und ganzen, außer den Erklärungen über die Schaffung eines Tabatamtes und die Schaffung der Amortisationskasse durch einen Beschluß der Nationalversammlung, nichts Neues sagte. Er be­tonte, wie bereits in seinen früheren Reden, daß die Politit, die bis­her verfolgt worden sei und die darauf hinausging, mit dem gegen­wärtigen Franken tabula rasa zu machen und auf den Zusammen­bruch des jetzigen Franken neu aufzubauen, nicht die Politik der gegenwärtigen Regierung sein. könne; diese Regierung werde mehr cls die vorhergehende den psychologischen Elementen Rechnung tragen, denn sie habe Vertrauen in das Land und seinen Sanierungs­

millen.

Gedrosselte Finanzdebatte.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr.3. Bostscheckkonto: Berlin   37 536 Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Depofitentaffe Lindenstr. 3.

Justiz.

Die Gerechtigkeit in Magdeburg   und München  . Ein altes römisches Wort verkündet, daß die Gerechtig keit die Grundlage aller Staaten sei. Was besagen will, daß fein Staat bestehen kann, in dem Gewalt statt Recht, Willkür statt Gleichberechtigung herrsche.

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Genosse Vincent Auriol   erklärte, daß er und seine Freunde sich an der Diskussion der Regierungsvorlage nicht weiter be= teiligen, sondern sich darauf beschränken werden, dagegen zu Wir erleben jetzt wieder einmal Beispiele von dem Ringen stimmen, weil die Kammer auf ihre ureigensten Rechte verzichtet des Staates um Gerechtigkeit in seinen Grenzen. Und wir habe. Die Vorlage müsse die Finanzlage Frankreichs   ver= erleben die Revolte der Justiz gegen den Staat selbst, gegen schlechtern. In heftigen Worten kritisierte er vor allem die seine Verwalter, gegen seine Einrichtungen. In Magde­neuen Bestimmungen in der Erbschaftssteuer und wies darburg wie in München  , in der Stadt des Bewers­auf hin, daß man die Steuersätze für die kleinen Erbschaften erhöht, dorff- Prozesses und des Kahr Putsches die Justiz em­die für die großen Erbschaften aber vermindert habe. Was die Wir- pört sich gegen die Grundlage der Staaten, lehnt sich auf gegen fung der neuen Steuervorlagen anbetreffe, so ist Vincent Auriol   das Rechtsbewußtsein des Volkes und bemüht sich dadurch, das überzeugt, daß speziell die Erhöhung der indirekten Steuern alte römische Wort Lügen zu strafen. eine starke Preisteuerung nach sich ziehen werde. Wenn Sie, Herr Ministerpräsident, so schloß er, die Steuern erhöhen, werden Sie selbstverständlich bald Forderungen nach Lohn- und Gehaltserhöhun­gen zu erwarten haben, und wenn Sie diese verweigern, werden Unruhen ausbrechen.

Die ganze Linke bereitete dem sozialistischen   Redner, als er die Tribüne verließ, eine begeisterte Ovation. Poincaré   perlangte unter Stellung der Vertrauensfrage, daß die Generaldebatte ge­schlossen und zur Einzelberatung übergegangen werde. Mit 380 gegen 150 Stimmen wurde so beschlossen.

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Im Anschluß an seine Rede äußerte Poincaré   Journalisten gegenüber, die ihn über seine Absicht der Gründung einer Amor­fisationskasse befragten, daß diese Kasse nur zur Tilgung der Nationalbonds und kurzfristigen Schahscheine dienen solle und unter allen Umständen jeglicher Einmischung des Parlaments entzogen werden müsse, wenn sie lebensfähig sein und bleiben solle. Die Statuten der Kasse müßten deshalb in einem eigenen

Die Erklärungen, die Poincaré   abgab, lassen die Privati­fierung des Tabakmonopols als beschlossene Sache erscheinen. Poin­ caré   wird sich dabei auf den von unserem Genossen Be douce vor längerer Zeit eingebrachten Gesezentwurf stützen. Das Kapital der neuen Tabafgesellschaft soll aus Mobilien und Immobilien der gegenwärtigen staatlichen Tabatmanufakturen bestehen. Die neue Gesellschaft wird 5prozentige Obligationen in Höhe von 30 Milliarden Franken ausgeben, 10 Milliarden davon sollen den Trägern der kurz­ftiftigen Schatzscheine und Nationalbonds, 15 Milliarden den In­habern sonstiger turzfristiger Staatspapiere und den Inhabern 3prozentiger Renten, endlich 5 Proz. anderen Zeichnern gegen bar vorbehalten werden. 1 Milliarde wird für die ersten Bedürfnisse der neuen Gesellschaft abgeschrieben. 4 Milliarden sollen dem Staats­Schatz zur Tilgung der Vorschüsse der Bank von Frankreich und der Nationalbonds überwiesen werden. Die Gewinne der neuen Gesell- Berfassungsartikel festgelegt werden. Poincaré   fügte hinzu, fbaft zu 25 Broz. den Inhabern der Obligationen, zu 55 Proz. dem Staatsbudget zufließen. Der Rest wird zur Verbesserung der Einrichtungen für wohltätige Zwecke zugunsten des Personals, für den Zinsendienst der Obligationen und ihre Tilgung in 30 Jahren verwandt werden. Die Verfaufsbedingungen( Preise) werden dem Verwaltungsrat der neuen Gesellschaft durch Defret verzinst werden. Das gegenwärtige für das Personal der staat­lichen Tabatmanufatturen vorgeschriebene Statut wird auf

rechterhalten.

Der Fall Kölling.

Noch keine Entscheidung des Justizministeriums. Das preußische Justizminifterium hat am Sonnabend in mehrstündiger Sizung über den Fall Kölling beraten. Eine Entschließung ist nicht erfolgt.

Am Montag sollen die Beratungen in Gegenwart des nach Berlin   berufenen Landgerichtspräsidenten von Magde­ burg   fortgesetzt werden. Der preußische Justiz minister will seine Entschließungen von dem Ergebnis dieser Be­ratungen abhängig machen.

Das preußische Justizministerium berät über einen sehr flaren Fall sehr lange.

Der Untersuchungsrichter Kölling weigert sich, mit Beamten zusammenzuarbeiten, auf deren Bestimmung die Zentralbehörde Einfluß hat. Er will also ungeheuerliche Anmaßung und ungeheuerliche Dummheit zugleich den Zusammenhang der Verwaltungsbehörden zerreißen.

Der Untersuchungsrichter Kölling hat sich unter Miß­brauch der Amtsgewalt in die Agenden des Innenministeriums eingemischt.

Der Untersuchungsrichter Kölling hat in voller Offen­heit die schwersten Anklagen gegen den Innenminister und feine Beamten gerichtet.

Der Untersuchungsrichter Kölling hat einen Angriff gegen die Staatsautorität und das Ansehen der höchsten Be­hörden gerichtet.

Genügt das dem Justizministerium nicht? Oder berät es, ob der Richter Kölling sich nicht nur disziplinarischer Verstöße, sondern strafbarer Handlungen schuldig gemacht habe?

Kölling schweigt.

Magdeburg  , 31. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Landgerichtsrat Kölling schweigt vollkommen darüber, ob und wie lange er den durch seinen Brief angekündigten Boykott gegenüber der gesamten preußischen Kriminalpolizei durchzuführen gedenkt. Hier sind alle beteiligten Stellen gespannt, wie Herr Kölling ſelnen Streit wegen eines Konflittes mit den staatlichen Verwaltungsbehörden mit den ihm obliegenden Pflichten eines Untersuchungsrichters in Einklang zu bringen gedenkt. Schließlich sizen Menschen feit Wochen in Haft, unter Anschuldigungen, bei denen es um Kopf und Kragen geht. Wenn schon der Untersuchungsrichter den Industriellen Rudolf Haas noch festhalten zu können glaubt, bleibt rätselhaft, wie er sich ir bezug auf Fischer gegen eine Anflage wegen Freiheitsberaubung gesichert fühlt.

daß er beabsichtige, die Nationalversammlung noch im Monat August nach Versailles   einzuberufen, um die Aufnahme der Statuten der Amortisationskasse in die Verfassung zu beschließen und so die absolute Selbständigkeit der Kasse sicherzustellen.

Die Vorlage angenommen.

Paris  , 31. Juli.  ( WIB.) Die Kammer hat heute abend die Einzelberatung des Finanzgesetzentwurfes beendet und ihn in seiner Gesamtheit mit 295 gegen 188 Stimmen angenommen.

Der Magdeburger   Polizeipräsident Dr. Menzel, der am Sonn­abendvormittag von einer mehrwöchigen Urlaubsreise zurückgekehrt ist, glaubt zuversichtlich, daß Landgerichtsrat Kölling am Montag das Polizei präsidium um zurverfügung stellung von Kriminalbeamten ersuchen wird, ohne sich auf den Kriminalbeamten ersuchen wird, ohne sich auf den Kommissar Tenholt oder einen anderen, von ihm namentlich ge­nannten Beamten zu versteifen. Es sollen dem Untersuchungsrichter in diesem Falle die Beamten genannt werden, die dem Magdeburger Polizeipräsidenten für diesen Zweck besonders geeignet erscheinen. Ob die optimistische Auffassung des Magdeburger Polizeipräsidenten gerechtfertigt ist, bleibt abzuwarten. Eine ganze Woche hindurch ist Herr Kölling fast ausschließlich mit sich selbst und seinem bureau­kratischen Konflikt beschäftigt gewesen. Die Ermittlungen in dem Mordfall Helling sind an dem Punkte stehen geblieben, wo Kommissar Busdorf   seine kurz vor der Vollendung stehende Arbeit abbrechen mußte.

Rote Einigung- gelbe Spaltung.

In Rumänien  .

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In beiden Fällen, die jetzt die Oeffentlichkeit bewegen, handelt es sich um die vorsätzliche Vernichtung von Menschen­leben, um überlegten M or d. Insofern sind die Fälle mitein­ander verwandt. Nur daß es sich in München   um ausge­sprochene politische Morde, in Magdeburg   aller Wahr­scheinlichkeit nach aber nur um einen reinen Raubmord handelt.

In München   waren die Mörder verhaftet, sie wurden aber auf Einwirkung von höchster Stelle" wieder freigelassen.

dessen Besitz die Wertsachen und in dessen Keller die Leiche In Magdeburg   ist ein Mann in Haft genommen, in des Ermordeten gefunden wurden. Aber trotz dieser für jeden Sterblichen sonst niederschmetternden Beweisfunde wird der Verhaftete nur wegen- Scheckfälschung und Betruges pro­effiert, zwei andere aber, die nur von ihm beschuldigt wer­den, figen seit vielen Wochen in Haft wegen vermeintlicher Anstiftung und Mittäterschaft. Jeder Versuch, zu erfahren, auf Grund welcher Verdachtsgründe diese Verhaftung erfolgte und aufrechterhalten wird, ist bisher fruchtlos geblieben. Der Untersuchungsrichter pocht auf die richterliche Unabsetzbarkeit und läßt die Verhafteten weiter im Ungewissen ihrem Schick­fal entgegenharren.

Die öffentliche Meinung empört sich gegen das Magde­ burger   Verfahren. Sogar die Hugenberg- Presse muckte auf. Sie ließ durch ihren auf den Kriegsschauplatz entsandten Sonderberichterstatter Kritik üben an der Leichtgläubigkeit des Magdeburger   Untersuchungsrichters und des ihm bei­gegebenen Kriminalkommissars. Die Landeskriminalpolizei, von der Absonderlichkeit der Untersuchungsführung in Kennt­nis gesetzt, entsendet Berliner   Beamte zur Unterstützung nach Magdeburg  . Der Untersuchungsrichter lehnt sie ab. Er wurschtelt auf eigene Fauft weiter. Das heißt, er kommt nicht vom Fleck. Und die Beschuldigten, die ihre Unschuld be­teuern, fitzen   weiter, ins Endlose.

Wegen der Fehler, die er mit Zustimmung des Unter­suchungsrichters begangen, wird der Magdeburger   Kriminal­kommissar beurlaubt und mit einem Disziplinarverfahren.be= dacht. Jede Amtstätigkeit wird ihm untersagt, damit die Untersuchung des Mordfalles, der inzwischen zu einem Fall der Just iz geworden ist, sicher und zuverlässig durchge­führt werden kann.

Der Richter rebelliert. Er verweigert die Zusammen­arbeit mit jedem Berliner   Beamten. Er erhebt gegen die Landeskriminalpolizei und den Minister des Innern die lichkeit, in einem Briefe, der schon in der Hugenberg­Frak- chwersten Anschuldigungen. In der Deffent­Presse gedruckt wurde, bevor er den Empfänger erreichte. Die Justizrevolte ist ausgebrochen. Und die Beschuldigten fizen weiter....

Temesvar  , 31. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Die beiden Frat tionen der Sozialdemokratischen Partei in Siebenbürgen   haben sich wieder zusammengetan. Die Spaltung war vor drei Jahren ent­wieder zusammengetan. Die Spaltung war vor drei Jahren ent­standen. Damals. hatte sich die bedeutendste Organisation, nämlich die von Temesvar  , in zwei Fraktionen gespalten: die eine, unter Führung der Genossen Mayer, Gabriel und Geistringer, hatte sich der Amsterdamer Internationale, die andere, unter Führung des Genossen Koloman Müller, der Wiener Internationale angeschlossen. Bukarest  , 31. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Im Exekutivkomitee der Hakenkreuzlerpartei fam es zu schweren 3erwürfnissen, infolge deren die Jungen" die Partei verlassen haben, um eine eigene reine" Faschistenpartei zu bilden. Die bisherige Hakenkreuzlerpartei, die unter Führung der Alten" bleibt, wird aller Voraussicht nach der Regierungspartei beitreten. Der Führer der Partei, Professor Cuza  , ein wüster Geselle, soll ein Ministerportefeuille erhalten.

Keine Einstellung des Disziplinarverfahrens gegen Bewersdorff und Schulze. Entgegen anderslautenden Nachrichten wird der Tele­graphenunion von zuständiger Stelle mitgeteilt, daß das Disziplinar verfahren gegen Bewersdorff und Schulze nicht eingestellt ist. Das Verfahren schwebt noch und zwar nicht in Magdeburg  , sondern beim zuständigen Disziplinarsenat des Oberlandesgerichtes

Naumburg  .

Ufylrecht. Sowjetrußland hat durch seinen Botschafter in An gora erklären lassen, daß es zwei nach Rußland   geflüchtete angebliche Berschwörer gegen Kemal Pascha nicht ausliefere.

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Um zu der Tragödie der Justiz auch die Posse zu ge= fellen, hat ein theologischer Oberlehrer der den Titel ,, Geist­licher Inspektor" führt und von der deutschnationalen Partei für würdig befunden wurde, für sie Landtagsabgeordneter zu spielen seine Unterschrift unter ein Schreiben gesetzt, das vom Oberstaatsanwalt beim Berliner Landgericht I gegen Minister Severing und gegen den Regierungsdirektor Weiß die Einleitung eines Strafverfahrenswegen Begünstigung der Mörder fordert!

Konrad Meyer  , so heißt der Biedere und sein Name soll der Mitwelt nicht vorenthalten bleiben, wird sich kaum der Illusion hingeben, daß sein Strafantrag" irgendeine andere Folge haben fönnte, als den Mann lächerlich zu machen, der ein solches Schreiben unterschrieb.

Aber der Brief ist nur ein Glied in der Kette von Giftpfeilen, die gegen die Staatsgewalt von der gleichen deutschnationalen Geheimstelle aus geschleudert werden, die einst den Bewersdorff- Prozeß gegen den ersten Reichs präsidenten inszenierte. Statt den Raubmörder von Rott­ mersleben   zu überführen, wird ein Standal gegen Se­