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Magdeburger Urteile.

Wie sie die Republik schützen.

Wir entnehmen der Magdeburger Boltsstimme" zwei neue Magdeburger Ürteile, die den Geist der Magdeburger Justiz be leuchten:

Das bayerische Justizministerium erklärt.

Strafantrag gegen den Vorwärts". Verschiebung der Verantwortung. München , 31. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Der Staatsrat| auf Grund der Unterredung mit dem damaligen Oberregierungsrat ,, Bor dem erweiterten Schöffengericht hatte sich am Freitag Dr. Schmitt vom Justizministerium hat am Sonnabend als Ant­der Gastwirt und Büchsenmacher Walter Brüggemann wegen Verwort auf die bisherigen Feststellungen gegen den bayerischen Justiz gehens gegen das Republitschußgesetz zu verant- minister folgende Erklärung veröffentlicht: morten. Der Angeflagte betreibt in der Olvenstedter Straße eine Gastwirtschaft und hing dort ein Plakat aus, das folgenden Bers

trug:

Der alten Fahne Schwarz- Weiß- Rot Der flauten sie das Weiße

Und wischten sich den 2.... damit, Drum haben sie Schwarz- Rot- Sch....

Bor Gericht erklärte der Angeklagte, daß er mit dem Plakat lediglich die Absicht verfolgt habe, Nichtangehörige des Stahlhelms, vor allem Republikaner, von dem Besuch seines Lokales abzuhalten. Er will nicht die Farben des Deutschen Reiches, sondern die Farben Schwarz- Rot- Gold gemeint haben. Der Staatsanwalt hält den Angeklagten der Anflage nach für überführt und beantragt gegen ihn an Stelle einer an sich ver­wirften Gefängnisstrafe von einem Monat eine Geldstrafe von 100 m. Das Gericht glaubte, daß der Strafzweck durch eine Geldstrafe nicht zu erreichen sei und verurteilte den Angeklagten zu einem Monat Gefängnis. Die Strafe wurde dem Beschuldigten aber auf die Dauer einer Bewährungsfrist von drei Jahren ausgesetzt und hat er dafür eine Geldbuße von 100 M. zu zahlen.

Der biedere Gastwirt hat in einer Art die Flagge des Deutschen Reiches verhöhnt, wie sie selbst in den Kaschemmen der Völlischen selten vorkommen dürfte. Er zahlt dafür 100 M., damit ist das Bergehen gefühnt, denn ins Gefängnis geht er selbstverständlich nicht. Gegen 3ahlung von 100 m. tann man also das Hoheitszeichen der deutschen Republit verächt

lich machen.

Wegen Beschimpfung der Reichsfarben standen außerdem vor dem erweiterten Schöffengericht der Polizeihaupt­wachtmeister a. D. Otto Reiche und dessen Ehefrau. Der Angeklagte besigt in der Wilhelmstadt, Friesenstraße 52, ein Grundstüd, in dem eine Gastwirtschaft betrieben wird. Diese Gastwirtschaft hat sich die Abteilung Wilhelmstadt des Reichsbanners als Verkehrslokal aus­ersehen. Nach Ablauf des Pachtvertrags mit dem Wirte suchte Reiche einen Bächter, der sich verpflichtet, das Lokal nur Stahlhelmleuten zur Verfügung zu stellen. Der jetzige Bächter schloß einen Bertrag, in dem es heißt, daß das Lokal politischen Parteien nicht zur Ber= fügung gestellt werden darf. Der Pächter ist aber der Meinung, daß dem Reichsbanner gegenüber, das feine politische Partet ist, diese Bestimmung nicht in Frage komme. Im Bereinszimmer des Reichsbanners hängt ein Bild des verstorbenen Reichspräsidenten Ebert , umrahmt mit schwarzrotgoldenem Tuch.

Reiche hat nun den Bächter wiederholt aufgefordert, doch endlich den, Dredlappen" herunterzunehmen. Aehnlich hat sich auch die Ehefrau des Angeklagten ausgedrückt, die noch hinzusezte, daß ihr Mann die Fetzen noch selbst herunterreißen werde.

Die Angeklagten bestreiten, diese Aeußerungen getan zu haben. Die Zeugen befunden aber unter Eid, daß die Angeklagten die Reichs­flagge als Dredlappen, Fezen, Lappen bezeichnet haben. Der Staatsanwalt beantragte gegen Reiche fechs Wochen, gegen

die Ehefrau Reiche drei Wochen Gefängnis.

Das Ehepaar tam noch billiger davon als ihr gebildeter Ge­finnungsgenosse, sie wurden freigesprochen. Das Gericht nahm zwar an, daß die Reichsfarben beschimpft worden sind, aber es fonnte den Begriff Deffentlichkeit" nicht flären und sprach die Angeklagten frei. Angeklagt waren fie auf Grund des Gesetzes zum Schutze der Republik. Ein glänzender und wahrhaft starter Schutz, den die Republik genießt durch die Justiz!-"

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General Müller

Der Volksopferprozeß. Aussage des Majors Uth. bloßgestellt. Dresden , 31. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Am Sonnabend Dormittag wurde die Berufungsverhandlung im Boltsopfer. prozeß fortgesetzt. Der Zeuge Fabrikdirektor Lehnig erklärte zunächst: Als seinerzeit die Untersuchung der Verfehlungen im Volks­opferprozeß eingeleitet worden sei, wäre bei General Müller ein Brief des Angeklagten Löffler eingegangen, in dem Meißner von Löffler beschuldigt und belastet worden sei. ( Seneral habe im Anschluß hieran zu Lehnig geäußert, Löffler sei für ihn unglaubhaft. Er wolle ihn daher nicht mehr empfan gen und hätte bereits Anweisung gegeben, daß Löffler nicht mehr vorzulassen sei.

Der

Der Angeklagte Löffler erklärte zu dieser Zeugenaussage, er sei auf Grund eines Briefes, den Meißner vorher an den General geschrieben habe, nicht mehr empfangen worden. Lehnig erklärte dann noch auf Anfrage, daß von dem nationalen Klub" in bar 21 000 Mart an das Boltsopfer zurückgezahlt worden seien. Zeuge Redakteur Sydow stellt fest, er sei einmal im Jahre, 1922 oder 1923 ,, mit Meißner zusammengekommen, der bei dieser Gelegenheit verschiedene politische Pläne entwickelt habe. Meißner hätte damals bestimmt damit gerechnet, bald Reichsaußen­minister zu werden. Die Pläne, die er als solcher habe aus­führen wollen, seien als völlig undurchführbar anzusehen gewesen. Sydow will damals an der normalen Verfassung Meißners ge­zweifelt und diese Zweifel einem Dritten gegenüber auch zum Aus­druck gebracht haben.

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Es folgte die Verlesung der früheren Aussage der Prostituierten Grütering, die seinerzeit die Bordellschuld Meißners und Löfflers im Volksopferbureau eintassiert hatte. Meißner sagte hier, das Geld, das er für die Bordellwirtin Pfund bezahlt hätte, habe dem bamals aufgenommenen Darlehen entstammt, das zur Deckung der Unterschlagungen dienen sollte. Jene Bordellwirtin hat damals etwa 500 Mart für einen Badeaufenthalt erhalten. Inzwischen ist Major Uth vom Reichswehrministerium ein­getroffen. Er wird von dem Vorsitzenden gefragt, ob er von seiner vorgesetzten Dienststelle, dem Wehrministerium, eine schriftliche Er­laubnis zur Aussage erhalten habe. Uth erklärt, die Genehmigung sei mündlich erteilt, doch set er nur zu ganz bestimmten Aus­jagen ermächtigt! General Müller feien seinerzeit für einen beftimmten Zwed" der Reichswehr Gelder von einer bestimmten Seite in Aussicht gestellt worden, aber da diese Beträge, als sie be­nutzt werden sollten, noch nicht eingetroffen waren, habe er sich von Fabrikdirektor Lehnig 10 000 Mark als Darlehen aus dem Bolts opfer aushändigen laffen. Das Darlehen sollte nur für vorüber­gehende Zeit, nämlich bis zum Eintreffen des schon erwarteten Geldes, gelten und dann zurückgezahlt werden. Ob General Müller damals dem Angeklagten Löffler als Ueberbringer des Geldes den Berwendungszweck genannt habe, wisse er nicht; es sei möglich, doch tönne er näheres nicht sagen. Der Vorsitzende fragte hierauf

Der Reichstagsbgeordnete Levi segt seine Angriffe gegen den Staatsminister der Justiz fort und sucht diese durch Veröffentlichung von Attenauszügen zu begründen. Es ist nicht möglich, auf die Einzelheiten einzugehen, da die Aften dem Femeausschuß vorliegen. Um der Deffentlichkeit aber jetzt schon ein Urteil über das Bor­gehen des Abgeordneten Levi zu ermöglichen, muß ich als Vertreter des seit 15. Juli im Urlaub weilenden Herrn Justizministers folgen= des feststellen:

Der seinerzeit mit der Aufklärung des Falles Hartung betraute Staatsanwalt Krid in Augsburg hatte im März 1921 in München mehrere Tage hindurch Erhebungen gepflogen und in deren Berlauf am 13. März gegen mehrere nach seiner Meinung der Tat verdächtige Personen Haftbefehle erlassen. Er fehrte am 14. März nach Augsburg zurück. Unmittelbar nach seiner Ankunft in Augsburg überbrachte ihm Rechts­anwalt Dr. Gademann von München die Aufforde rung, sofort ins Justizministerium zu kommen und sich zur Reise nach München seines Kraftwagens zu bedienen. Die gleiche Aufforderung überbrachte Dr. Gademann auch dem ersten Staatsanwalt Kraus. Ueber die Frage, wer Dr. Gademann den Auftrag zu dieser Aufforderung erteilt hat, ist Dr. Gademann zeugeneidlich vernommen worden. Seine Aussage ist Herrn Levi bekannt, mir nicht. Ich weiß nur, daß der Auftrag nicht vom Justizministerium ausgegangen ist. Die beiden Staatsanwälte leisteten der Aufforderung Folge.

Vor der Abfahrt erstattete Krick seinem Vorgesetzten Kraus furzen Bericht über das Ergebnis seiner Tätigkeit in München . Dabei stieg schon das Bebenten auf, ob die Erlassung des Haftbefehls mirtlich gerechtfertigt sei. Man gab hier der Meinung Ausdruck, daß sich bei der politisch wechselnden Betätigung des Hartung überhaupt noch nicht zuver­lässig feststellen lasse, ob die Mörder auf der rechten oder auf der linten Seite zu suchen wären. Im Justizmini­fterium wurden die beiden Staatsanwälte anD berregierungs­rat Gürtner als Vertreter des Strafrechtsreferenten verwiesen. Bei dieser Zusammenkunft haben sie lediglich über das Ergebnis des bisherigen Verfahrens Bericht erstattet.

Oberregierungsrat Gürtner hat sich auf die Entgegennahme dieses Berichtes beschränkt und es geflisfentlich vermieden, die Staatsanwälte mit Weisungen oder Richtlinien zu versehen oder sie sonst zu beeinflussen,

wozu er, nach den Gepflogenheiten unseres Ministeriums, ohne porherige Genehmigung des jeweffigen Justizministers auch gar nicht berechtigt gewesen wäre. Nach diesem Vorgang aber ganz unabhängig von ihm hat der erste Staatsanwalt Kraus die vom Staatsanwalt Krid seit 13. März erlassenen, der Polizeidirektion München zum Bollzug übergebenen Haftbefehle zurückgenommen. Diese Amts­handlung ist einzig und allein auf die gegenseitige Aus­Sprache zurückzuführen, die Kraus als verantwortlicher Chef der landgerichtlichen Staatsanwaltschaft in Augsburg mit seinem Untergebenen Krick vor der Abfahrt nach München , also vor feinem Erscheinen im Justizministerium, hatte.

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Gürtner gegen ihre Ueberzeugung die Mörder freiließen, fo machten sie sich selbst des Verbrechens nach§ 346 St.G.B.( Be­günstigung) schuldig. Trotzdem ließ Gürtner die beiden Staatsanwälte eidlich vernehmen und erzielte damit, daß sie eine Aussage gegeben haben, in der sie zwar den Minister zu decken versuchten, soweit das im Rahmen des Möglichen überhaupt lag, die aber gerade in den entscheidenden Punkten völlig versagte.

Die entscheidenden Punkte sind:

1. Wer hat Dr. Gürtner davon in Kenntnis gesetzt, daß Gade­mann zwei Staatsanwälte ins Justizministerium bringen werde? Ist es dem Münchener Justizministerium eine tägliche Erscheinung, daß ein Referendar auf eigene Verantwortung Staatsanwälte aus ihrer Amtsstelle wegholt und dem Justizministerium vorführt? als die Staatsanwälte bei ihm erschienen, über die Sache und den Ist es wahr oder nicht wahr, daß Oberregierungsrat Gürtner, 3wed ihres Kommens bereits völlig informiert war?

Wer hat Herrn Dr. Gürtner davon in Kenntnis gesetzt? Ist es im banerischen Justizministerium üblich, daß zwei Staatsanwälte un­berufen ins Ministerium kommen und ihrem Vorgesetzten Vortrag halten?

Wenn Herr Dr. Gürtner diesen einen Fragenkomplex beant­wortet und sich nicht auf das schlechte Gedächtnis beruft, das in ge­wissen Münchener Kreisen epidemisch und dem auch Dr. Gade­mann partiell ausgesezt ist, so wird die deutsche Deffentlichkeit der Wahrheit nahe kommen.

2. Warum hat Herr Dr. Gürtner, wenn ihm der Staats­anwalt den geradezu erschütternden Sachverhalt mit völlig er­schöpfenden Beweisen vorgetragen hat, nicht getan, was bei dieser Sachlage seine Pflicht war, das Vorgehen des Staatsanwalts zu billigen?

Wodurch erklärt der Justizminister, daß die Staatsanwälte in ihren Entschlüssen, ob der Mörder von rechts oder lints tomme, angeblich schwankend wurden, aber nach der Unterredung mit Gürtner den positiven Willen, nach rechts nichts mehr zu unter­nehmen, dadurch zum Ausdruck brachten, daß sie die Pistolen, die wichtigsten Beweisstücke, der Mördern wieder aushändigen ließen trotz des ausdrücklichen Widerspruches und Protestes des Leiters der Abteilung I der Münchener Polizeidirektion?

Im übrigen regt sich die bayerische Ministerialerklärung über das Vorgehen des Genoffen Levi auf, er habe Atten publiziert, ehe sie dem Ausschuß zur Kenntnis gekommen seien. Der Aus= schuß hat bereits vor kurzer Zeit aus Anlaß eines anderen Falles beschlossen, es solle von dem Atteninhalt öffentlich nur vorgetragen sei. Der gesamte Inhalt der Hartungschen Akten Gebrauch gemacht werden, wenn er bereits im Femeausschuß ist aber dem Femeausschuß bereits am 20. April 1926 vorgetragen worden.( Siehe Bericht des ,, Vorwärts" Nr. 185 und der Frank­ furter Zeitung " Nr. 293.)

Bayerischer Kurier" gegen Münchener Zeitung". München , 31. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Der Bayeris

In dem Fall Mord an Gareis" muß ich es mir ganz persagen, auf einzelne Tatsachen näher einzugehen, da die Untersche Kurier" wendet sich in einem längeren Aufsatz gegen den ergeben, welche Umstände die Wiederaufnahme des Verfahrens und Gürtner in Schuß genommen hat. Gegenüber der Behauptung der fuchung zurzeit noch im Gange ist. Die Nachprüfung der Aften wird Artikel der Münchener Zeitung", der den Justizminister

die Verhaftung des beschuldigten Schweitart veranlaßt haben, und daß die Straffammer die Aufhebung des Haftbefehls wegen Mangels an dringendem Tatverdacht beschlossen hat.

Der Justizminister hat auf das Gericht keinen Einfluß genommen, das wäre ihm rechtlich und auch tatsächlich nicht möglich gewesen. In jedem Falle weise ich die gegen den Justizminister erhobenen Borwürfe mit Entrüstung zurück. Staatsminister Gürtner hat in seinem hohen Amt, wie vorher in seiner Tätigkeit als Referent, pflichtgemäß staatsdienliche Objektivität beobachtet. Ich protestiere| aber auch vor aller Deffentlichkeit gegen die Art und Weise, wie Herr Levi als Mitglied des Femeausschusses die diesem Ausschuß amtlich übermittelten Aften verwertet zu einer Zeit, wo das Nachprüfungsverfahren des Ausschusses noch gar nicht ab­geschlossen ist, und ohne daß ihm von irgendeiner zuständigen Stelle Halt geboten wird.

Im übrigen darf die Entscheidung dem Femeaussch u B, dem die erwähnten Beugenvernehmungsprotokolle wohl nicht entgehen werden, und dem Gericht überlassen werden, das über den von Staatsminister Gürtner gegen den Vorwärts" wegen Beleidigung gestellten Strafantrag auch zu erkennen haben wird.

In der amtlichen Erklärung des bayerischen Ministeriums wird der Versuch fortgesetzt, den der bayerische Justizminister bereits im Jahre 1924 unternommen hat, die Verantwortung auf die Staatsanwälte abzuschieben. Wenn die Staatsanwälte

nach dem Geldgeber, von dem das Geld in Aussicht gestellt gewesen sei. Major Uth erwiderte: Das tann ich nicht fagen!" Der Beuge gab dann die Erklärung ab: 3m übrigen habe ich die Anweisung, daß ich über den Berwendungszweck des Darlehens keine Aussage machen darf!" Löffler fragte, ob der Zeuge aussagen darf, daß der Verwendungszweck des Darlehens nicht den Zwecken des Boltsopfers entsprochen habe. Major Uth gab hierauf die Erklärung ab: 3ch bin berechtigt zu sagen: Der Verwendungszweck des Darlehens entsprach nicht den Zwecken des Volksopfers." Damit war die Vernehmung des Zeugen Uth

beendet.

Rechtsanwalt Dr. Goede wiederholte seinen Antrag auf Ladung der beiden Aerzte Dr. Schulze- Berlin und Hähnel- Dress den, die den Angeklagten Meißner seinerzeit in Behandlung hatten. Das Gericht verkündete nach einer kurzen Beratung, daß die Ver­handlung nochmals unterbrochen und auf Mittwoch vormittag 9 Uhr vertagt wird. Die beiden Aerzte sollen zu diesem Termin geladen werden.

Münchener Zeitung", daß die beiden Staatsanwälte Krauß und Krid teine Anhaltspunkte dafür gegeben hätten, daß der damalige Oberregierungsrat Gürtner auf sie eingewirkt habe, wird gesagt: ,, Worauf sich das Wissen des genannten Blattes gründet, entzieht sich unserer Kenntnis, da bei den Verhandlungen im Ver­fahren gegen Neunzert und Bally die Deffentlichkeit und die Presse ausgeschlossen wurden, und in dem von Amts wegen der Presse zugeleiteten Berichte ein Hinweis auf die von dem Münchener Blatt erwähnten eidlichen Aussagen nicht vorhanden

mar.

Ebenso entziehen sich unserer Beurteilung die Gründe, die das genannte Blatt bestimmen, zu behaupten, daß nicht nur die wegen der Ermordung Hartungs angeschuldigten Personen( Neunzert und Bally ) in einem ordentlichen Gerichtsverfahren freigesprochen seien, sondern daß es auch in einem Verfahren gegen die anderen Verdächtigen, die man nicht hatte, nach Lage der des nichtschlüssigen Indizienbeweises wahrscheinlich ebenso ergangen wäre.

Ob angesichts der überaus schweren Belastung in einem anderen Verfahren die richterliche Entscheidung anders gelautet hätte, ist eine Frage, die nicht ohne weiteres in dem einen oder anderen Sinne entschieden werden fann. Darum fönnen wir es nur begrüßen, daß die gesamte bayerische Presse einschließlich der deutschnationalen die Forderung der restlosen Aufklä rung des Tatbestandes erhebt."

Italien und der Anschluß.

Nicht dagegen, wenn es seinen Balkanexport behält. Bajel, 31. Juli. ( WTB.) Der römische Ar- Korrespondent ber Basler Nationalzeitung" schreibt zu den deutsch - italienischen Wirt­schaftsbeziehungen: Italien braucht vor allem Rohstoffe. Es hat weder Kohlen noch Eisen, aber Deutschland hat sie und Frankreich auch. Tritt wirtschaftliche Verständigung zwischen Paris und Berlin ein, so entsteht ein großer deutsch - französischer Roh­stofft rust, und Italien wird vielleicht rascher als man denkt in eine gefährliche und abenteuerliche Expansionspolitik hineingetrieben. Man glaubt hier nicht, daß die neue Regierung Poincaré diese Verständigung hintertreiben könne, man befürchtet vielmehr das Gegenteil. So tommt es, daß man sich Deutschland wieder aufs freundlich ste nähert, daß man noch bestehende Gegensätze aus­zugleichen und gemeinsame Interessen zu fonstruieren wünscht. Der Gegensatz liegt nicht in der Südtirolfrage, die zeitweilig als taktisches Pressionsmittel aufgerollt wird, sondern im An­schluß. Wird Desterreich Deutschland einverleibt, so verliert

Aufklärung des Nauheimer Fememordes. Italien sein wichtigstes Exportgebiet, den Balkan, weil dann die

Geständnis des Chauffeurs Schwing. Darmstadt , 31. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Der im Berdacht des Fememordes stehende und von der Frankfurter Polizei ver­haftete Chauffeur Schwing hat jetzt ein völliges Ge­ständnis über den Fememordversuch an Wagner in Berbindung mit den Rathenau - Mördern Kern und v. Salomon abgelegt. Inwieweit durch den zuständigen Richter des Nauheimer Amtsgerichts eine Verzögerung der Aufklärung der vor mehr als vier Jahren begangenen Straftat verschuldet wurde, wird das zu ständige Justizminifterium festzustellen haben. Die Vorwürfe, die von der Rechtspresse gegen die sozialdemokratische Presse wegen einer voreiligen Veröffentlichung der Nauheimer Fememordaffäre| erhoben werden, sind haltlos, da es sich um einen Mordversuch handelt, der mehr als vier Jahre zurückliegt.

deutsche Industrie überwiegend den nahen Osten überschwemmen würde.

Italien fämpft diesmal mit offenem Bisier: entweder ver­zichtet Deutschland auf den Anschluß in einer restlosen Form oder es hat Italien zum erbittertsten Feinde. Erhält Italien andererseits genügende Garantien in der Anschlußfrage, wird es Deutschland zu Mandaten verhelfen und am Genfer Ratstisch als treuer Bundesgenosse gegen Frankreich an seiner( Deutsch­ lands ) Seite sitzen. In Syrien , Abessynien, Tunis , Tanger und Genf fehrt es sich gegen die lateinische Schwester, gegen den Schwächeren. Das ist Naturgesez, dem die Politik ebenso unterworfen ist, wie den wirtschaftlichen Gesezen. Und deshalb hätte Italien gar nichts gegen den Anschluß einzuwenden, wenn es eine wirkliche Sicherheit gäbe, daß durch ihn die wirtschaftliche Entwidlung nicht gehemmt, die Goldlira nicht illusorisch gemacht würde.