nstbhi holati sanila Ho
Nr. 360+43. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Vor einer Konjunkturwende?
Verfrühter Optimismus.
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Seit Sonntag sind die neuen erhöhten Bölle für Lebensmittel in Kraft getreten. Sie treffen die deutsche Wirt schaft in einem Zustand der Depression. Die Hoffnungen, die man auf eine wesentliche Besserung am Arbeitsmarkt gesetzt hatte, erwiesen sich bisher als trügerisch. Zwar sind die Zahlen der statistisch erfaßten Erwerbslosen seit einiger Zeit im Rüdgang, und neuer. dings fonnte jogar das Berliner Landes- Arbeitsamt feststellen, daß
auch in diesem start industriellen Bezirk die bisher dauernd zunehmende Zahl der Beschäftigungslosen in der legten Woche zum Stillstand gekommen ist. Beringe Anzeichen der Befferung in einigen Verbrauchsindustrien und eine stärkere Zunahme der Produktion und des Absages in der Rohstoffindustrie haben bei vielen Führern der Privatwirtschaft die Meinung hervorgerufen, daß nunmehr der Tiefst and überwunden sei. Was ist daran richtig? Können die Arbeitslosen hoffen, in absehbarer Zeit eine wesentliche Besserung ihrer Lage zu erleben?
Die Besserung in der Rohstoffindustrie.
In der Hauptsache sind es drei Faktoren, die die Lage der Rohstoffindustrie in Deutschland als besser erscheinen lassen. Der Rohlenabsab hat in den letzten Monaten zugenommen. Hand in Hand mit der günstigen Gestaltung im Bergbau geht eine Besse rung des Geschäftsganges bei der deutschen Schwerindustrie. Hier hat die Rohstoffgemeinschaft, das beherrschende Kartell der Schwerindustrie, die Einschränkung ihrer Produktion infolge des wesentlich besseren Eisenabsatzes etwas verringern fönnen. Während bis zum Juni nur 65 Broz. der Produktion geleistet wurden, hat man im Juli die Produktion auf 67% Broz. der Leistungsfähigkeit heraufgefeßt, um fie jezt im Auguft auf 70 Broz. zu steigern. Die Besserung des Absages ist demnach unverkennbar. Eine andere Frage ist jedoch, inwieweit diese günstigeren Abfagverhältnisse auf 3ufallsmomente zurückzuführen sind. Tatsächlich spielt für die Gestaltung des Geschäftsganges in der Montanindustrie der Umstand die entscheidende Rolle, daß feit Monaten der englische Rohlenbergau stilliegt und daß dadurch auch die Eisen- und Stahllieferungen des britischen Reiches an den Weltmarkt ausfallen. Wie sehr die Lage der deutschen Rohstoffindustrien ein Produkt dieser Zufallstonjunktur ist, geht schon Daraus hervor, daß der überwiegende Teil der in den legten Monaten erzielten Mehrleistungen auf den Export nach dem Ausland entfällt. Für die Eisenindustrie kommt allerdings hinzu, daß man für längere Zeit eine wesentliche Entlastung beim Kampf mit der internationalen Konkurrenz von dem Abschluß internationaler Verträge erwartet, die bereits so gut wie fertiggestellt sind und am 12. August unterzeichnet werden sollen. Diese Verträge sehen zwischen den wichtigsten fontinentaleuropäischen Staaten Kartellabreden vor, die eine verlustbringende Konkurrenz auf den fremden Märkten beseitigen. Dieses Moment ist geeignet, auf die Dauer der deutschen Schwerindustrie erhöhte Beschäftigung zu schaffen, bes sonders wenn gleichzeitig die Inlandspreise für Eisen gesenkt und damit den industriellen Vera.beitern neue Anregungen gegeben werden sollen. Wie sich die Verhältnisse tatsächlich entwickeln werden, ist jedoch durchaus noch nicht zu übersehen.
Ein weiteres Zeichen in der Besserung der industriellen Kon junktur sieht man in der 3 unahme der Einfuhr frember Rohstoffe aus dem Ausland. Man schließt daraus, daß die inländischen Vorräte bereits wesentlich zurückgegangen find. Wenn nun die Produzenten daran herangehen, ihre Läger wieder zu er. gänzen, so wird mit Recht daraus geschlossen, daß der Stand der Anfragen und Aufträge eine Belebung der Nachfrage und damit der Produktion in der nächsten Zeit erwarten läßt.
Zur Lage der Verbrauchsindustrien.
In den verschiedenen Teilen der Konsumindustrie will man neuerdings auch einige Besserungserscheinungen beobachtet haben. Da es eine Produktionsstatistik für Fertigwaren nicht gibt, ist es schwer zu beurteilen, inwieweit die bei den einzelnen Gewerbezweigen verzeichnete Besserung größere Rreise der Industrie erfaßt hat, oder ob es sich auch hier nur um Zufallserscheinungen handelt, die vielleicht nur vorübergehend von Wirksamkeit sind. Aber nimmt man selbst an, daß die Erleichterung am Beldmarkte und die Senkung der langfristigen Zinsfäße auch vielen verarbeitenden Betrieben zu
Unhaltbare Zustände im Eisenbahntarifwefen.
Uns wird geschrieben:
Das Tarifwesen bei der deutschen Reichs bahn ist seit langem schon der Gegenstand heftigster Kritik. Die „ Wirtschaft" behauptet, daß die zu hohen Tarife die Produktion unnötig belasten, weshalb der Reichsverband der Deutschen Industrie in seinem Wirtschaftsprogramm eine erhebliche Ermäßigung der Tarife forderte. Die Klage ist, wie gesagt, alt; fie wurde auch den Dawes- Sachverständigen seinerzeit vorgetragen. Deren Gutachten fonnte sich jedoch nicht dazu entschließen, diese Beschwerden als berechtigt anzuerkennen. Sie glaubten vielmehr, daß eine Er höhung noch möglich sei, eine Annahme, die sich heute kaum mehr vertreten läßt. Die Reichsbahn ist heute der Ansicht, daß die schwache Produktion eine Ermäßigung ausschließe, da sie die ganze Lage vom rein kaufmännischen, nicht vom voltswirtschaftlichen Standpunkte aus betrachtet.
Bei den Gütertarifen ist der jetzige Zustand kein idealer. Das geht schon daraus hervor, daß die Reichsbahn selbst mehr und mehr zu der Einführung von Ausnahme tarifen greifen mußte. Heute umfassen diese Ausnahmetarife 115 Bofitionen; fie liefern Material für mindestens ebenso viele Doftorbiffertationen. Dem Laien gar bleibt der stattliche Band ein Buch mit fieben Siegeln. Diese Ausnahmetarife ermäßigen bie normalen Tarif. fäße um 40 bis 50 Pro3; fie find beispielsweise für Kohlen und Kartoffeln ziemlich gleich, 1,75 Mart für 100 Kilogramm auf 1000 Kilometer. Die einzelnen Positionen im Rahmen eines Artikels aufzuführen, ist natürlich unmöglich. Aber man fann sich aller Büterarten enthalten ist. Es soll durchaus nicht bevorstellen, daß in diefen 115 Ausnahmepofitionen der Großteil stritten werden, daß dabei auf wirtschaftliche und volkswirtschaftliche Bedürfnisse Rücksicht genommen wurde. Das schließt aber nicht aus, daß ein System an fich unhaltbar ist, das so viele Ausnahmen nötig macht, daß eben die normalen und regulären Tariffsätze zu hoch sind.
Bei diesen Ausnahmetarifen hat es aber nicht sein Bewenden. Daneben bestehen besondere Rampftarife, welche neben den Zöllen und den Ein- und Ausfuhrverboten eine große Rolle in den stillen, aber erbitterten Wirtschaftsfämpfen spielen. Ein typisches Beispiel für diese Kampftarife ist das Ringen zwischen den beiden Seehäfen Hamburg und Triest . Es ist den Bemühungen Italiens , das übrigens nicht nur in dieser einen Richtung sehr tätig ist, bereits gelungen, den Berkehr in dem Adriahafen Trieft bereits über den der Vorfriegszeit zu steigern. Um dem zu begegnen, befördert die deutsche Reichsbahn seit dem 1. Dezember v. Is. abden tschechoslowatischen In- und Export zu demselben Tarife von
Die Anzeichen einer Besserung.
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Hilfe gekommen ist, so wird die Zukunft am Markt der Berbrauchsindustrie doch in entscheidendem Maße davon abhängen, ob zwischen Rauftraft und Preisen ein besseres Verhältnis Die Preise.
eintritt.
Nach der neuesten Entwicklung des allgemeinen Breisniveaus läßt sich auf diesem Gebiete auch nicht viel erhoffen. Hauptsächlich unter dem Drud der gestiegenen 2ebensmittelpreise und Lebenshaltungskosten um 1,4 Pro3. eingetreten. Seit der höheren Mieten ist im letzten Monat eine Steigerung der März d. 3. beträgt die Berteuerung der Lebenshaltungskosten bereits rund 3 Proz. In dieser Zeit ist aber die Arbeitslosigkeit nur verhältnismäßig zurückgegangen. Noch immer sind viele Hunderttausende von Arbeitswilligen durch Betriebseinschränkungen und Stillegungen ihres Rechtes auf Verdienst ganz oder teilweise beraubt. Diejenigen, die verdienen, sehen aber einen Teil ihrer Kauffraft infolge des gestiegenen Preisniveaus wieder schwinden, eine Belebung der Industrie ist infolgedessen von dieser Seite nicht zu erwarten.
Es kommt hinzu, daß jetzt durch die Einführung erhöhter Zölle auf Brotgetreide, Fleisch, Fette die Aufwärts bewegung der Preise noch fünstlich unterstützt wird. Es tann gar feine Rede davon sein, daß die Basis für eine Gesundung der Wirtschaft durch eine bessere Gestaltung des Verhältnisses zwischen Warenpreisen und Löhnen wieder erreicht worden ift. Von einem allgemeinen Breissturz, der mit der Massenarbeitslosigkeit hätte einhergehen müssen, fann man faum sprechen. Der Niedergang der Preise für Industriestoffe hat sich in den Preisen der Fertigfabritate zwar zu einem fleinen Teil ausgewirkt, auf die Gestaltung der Lebenshaltungskosten jedoch ist er fast ohne jeden Einfluß geblieben. Am Ende einer kapitalistischen Strife pflegt aber in der Regel die Wiederherstellung neuer Nachfrage zu stehen, die dadurch eintritt, daß neue Käuferschichten durch den vorausgegangenen Rüdgang der Breije gewonnen werden. Aus den amtlichen Zahlen über die Preisbewegung ist nicht erkennbar, wo das bei der gegenwärtigen Krise der Fall sein sollte. Im Gegenteil läßt die starke Verteuerung von Lebensmitteln durch die neuen Zölle befürchten, daß die einzelnen Käuferschichten zugewachsene Kauffraft sehr bald wieder verschwindet, so daß eine durch greifende Belebung der Produktion nicht erfolgen tann.
Keine voreiligen Hoffnungen!
Unter diesen Umständen wird man mit Hoffnungen für eine Besserung des industriellen Beschäftigungsgrades noch sehr zurüdhaltend sein müssen. Der Optimismus, der von der Börse ausgeht, ist durchaus nicht ohne weiteres berechtigt, wenn man ihn einer Beurteilung der Gesamtlage unserer Wirtschaft zugrunde legt. Möglich ist es durchaus, daß der Tiefstand der industriellen Beschäftigung überwunden ist. Ob darauf aber ein rascher Aufstieg folgt, ist zum mindestens zweifelhaft. Die Börse nimmt oft auf Monate hinaus die Aussichten einer Besserung der Gesamtlage vorweg. Daß sie dabei auch manchmal daneben haut, ist nur allzu bekannt und hat sich erst neulich wieder gezeigt, als die Kaliindustrie den ganzen Erfolg ihrer Rationalisierung in Forderungen nach einer Preiserhöhung zusammenfaßte.
Notwendigkeit der Arbeitsbeschaffung.
Stellt man jedoch fest, daß von einer Ueberwindung der Krise noch nicht die Rede sein kann, so muß mit verschärftem Nachdruck gefordert werden, daß die Regierung alles tut, um durch fordert werden, daß die Regierung alles tut, um durch Arbeitsbeschaffung die Notlage der Erwerbslosen zu lindern. Es wird viel zu viel Zeit mit Diskussionen verloren, anstatt daß man schleunigst Taten sehen läßt. Die ganze Entwicklung am Warenmarkt zeigt aber auch, wie notwendig es ist, endlich von einem System der Handelspolitik herunterzukommen, das den Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft und die Belebung des Absages behindert, anstatt sie zu fördern. Was hier in den letzten Jahren an Berfäumniffen und Mißgriffen geleistet worden ist, sollte jetzt endlich gutgemacht werden. Nur so wird man den Grund dazu legen, daß Produktion und Konsum sich wieder zusammenfinden und dadurch die Triebkräfte der Wirtschaft zu neuer Tätigkeit angeregt werden.
und nach Hamburg wie der Tarif von bzw. nach Triest ist; sie verlangt nur, daß ihr von der Tonne 1,5 Goldpfennige bleiben müßten. Auf diesen Betrag wurden noch 5 Broz. für eventuelle Kursdifferenzen gewährt, so daß der Reichsbahn netto 1,42 Gold pfennige blieben. Daraufhin wurde von der Gegenfeite für die wichtigsten Industrieprodukte Norbböhmens: Papier und Papier waren, Eisen und Eisenwaren, Borzellan weitere Tarifermäßigungen gewährt. Eine Anfang Juni in Fiume abgehaltene Konferenz der Ronferenz auf die Seite Italiens trat. Diese Haltung Desterreichs beteiligten Staaten verlief erfolglos, da Defterreich bei dieser wäre nur verständlich, wenn auch nicht entschuldbar, falls von Italien aus ein gewisser Druck ausgeübt wurde. Dieser Druck ist fein politischer und fein fühlbarer; aber er macht sich geltend in anderen erheblichen Tarifermäßigungen, welche österreichische Waren, insbesondere Naturprodukte fast ausschließlich nach Italien lenken, wovon noch die Rede wird sein müssen.
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Die Reichsbahn ist ein faufmännisches Unternehmen mit rein großindustrieller Spige im Berwaltungsrat. Aus der ersteren Tatsache folgt, daß die Ausfälle, welche durch die Ausnahme-, vor allem durch die Kampftarife entstehen, auf andere Weise wieder ausgeglichen werden müssen. Mit anderen Worten: die Allgemeinheit muß die Zeche zahlen, da das entIlgemeinheit muß die Zeche zahlen, da das entstehende Manto die Kampftarife deden nicht die Selbstkosten- durch Hochhaltung der übrigen Tarife ausgeglichen werden muß. Solche Konfurrenzfämpfe auf Rosten der Allgemeinwirtschaft sind allgemein schädlich und verwerflich. Deren baldigste Ausschaltung durch Tariffonferenzen ist notwendig. Die Weltwirtschaftskonferenz arbeitet zu langsam und zu theoretisch. Sodann bedarf das innerEnquetkommission eröffnet sich hier ein dankbares Betätigungsfeld: deutsche Tarifwesen einer schleunigen Nach prüfung; ein vollswirtschaftlichen Bedürfnissen Rechnung tragender Normal tarif mit wenigen Ausnahmen! Heute ist die Anwendung des Normaltarifs Ausnahme, der Ausnahmetarif ist Regel, ein Zustand, der volkswirtschaftlich nicht aufrechtzuerhalten ist.
der
Die Volksfürsorge im ersten Halbjahr 1926. Die Boltsfürsorge, das Versicherungsinstitut der deutschen Arbeitnehmerschaft, hat im ersten Halbjahr 1926 die nachstehenden, recht beachtlichen Erfolge aufzuweisen:
Die Anträge steigerten sich in der Volts- und Lebensversicherung um rund 117 000 und erreichten damit einen Bestand von insgesamt ungefähr 670000 Versicherungen. Die Versicherungssumme nahm um 50 Millionen Reichsmart zu und hat gegenwärtig eine Höhe von rund 220 Millionen Reichsmart. An Sterbegeldern wurden in den ersten sechs Monaten d.
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Dienstag, 3. August 1926
300 000 Reichsmart ausgezahlt; damit sind seit Umstellung auf feste Währung insgesamt 1,5 Millionen Reichsmart den Hinter bliebenen der bei der Boltsfürsorge verstorbenen Versicherten zugute gekommen.
Zur Förderung der Konsumgenossenschaften, des genoffenschaftlichen Kleinwohnngsbaes usw. wurden Darlehen, die mündel lichen Kleinwohnungsbaues usw. wurden Darlehen, die mündelgegeben bzw. fest zugesagt.
Der erfreuliche Aufstieg des genossenschaftlichen Versicherungsunternehmens wird zahlreiche Arbeitnehmer anfpornen, ihre Versiche rungen bei diesem gemeinnützigen Unternehmen abzuschließen, dessen Geschäftsgewinne der Allgemeinheit wieder zugute fommen. Rat und ausfunft erteilt die örtliche Rechnungsstelle oder der Borstand der Boltsfürsorge, Hamburg 5, An der Alster 58/59.
Aus der Heilmittelindustrie.
Die Heilmittelversorgung deutscher Kranten. tassen ist in der letzten Zeit Gegenstand zahlreicher Angriffe in der Deffentlichkeit gewesen. Die tapitalistische Preffe stellt sich auf den Standpunkt, daß die Kranfenfaffen nicht dazu da sind, ihre Mittel zu Konkurrenzunternehmungen gegen Privat betriebe zu verwenden. Demgegenüber muß daran festgehalten werden, daß die Krankenkassen die größte Leistungsfähig. feit für ihre Mitglieder anstreben müssen. Wenn also zu diesem 3wed auch Unternehmungen gegründet werden, so werden auch da mit die Interessen der Kaffenmitglieder wahrgenommen. Die Heil mittelversorgung deutscher Krankenkassen verfolgt durchaus nicht das Ziel, die private Heilmittelindustrie auszuschalten, sondern sie mill lediglich preisregulierend wirken; sie will der Preisdiktatur für gewisse Heilmittel entgegentreten, und sie fann das nur, wenn sie durch eine eigene Fabritation in der Lage ist, auch ohne die private Heilmittelindustrie eine gewisse Zeit auszukommen. Wenn also das Prinzip, aus dem die Heilmittelversorgung deutscher Krankenkassen begründet ist, vollkommen einwandfrei ist, fo ist doch auf der anderen Seite die Geschäftsführung dieser Gesellschaft, gerade weil es sich um Gelder der Allgemeinheit handelt, sehr scharf unter die kritische Lupe zu nehmen, und es wäre, wie wir hier ja schon betont haben, gerade aus diesem Grunde notwendig, daß die Heilmittelversorgung deutscher Krankenkassen ihre Geschäfts tätigkeit mehr als bisher vor der Deffentlichkeit darlegte. Man begnügt sich jedoch mit diesem Borstoß gegen die Heilmittelversorgung allein nicht, sondern man will sogar in die geplante Neufassung der Reichsversicherungsordnung Bestimmungen hineinbringen, wonach es verboten sein soll, Krankenkassenbeiträge für derartige kaufmännische und genossenschaft. liche Zwecke überhaupt zu verwenden. Warum man denn gerade bei den Krantentaisen stehen bleiben will, warum man nicht auch den Versicherungsanstalten und ähnlichen sozialen Unternehmungen die faufmännische Betätigung verbieten will, dar über schweigen sich die Gegner der kaufmännischen Betätigung der Krankenkassen aus, und sie haben ihren Grund dazu. Denn würde logischerweise das Verbot kaufmännischer Betätigung auch andere Unternehmungen mit fozialem Wirken treffen, dann würde es den Versicherungsanstalten nicht möglich sein, wie sie es vor dem Kriege getan haben, und wie sie es jetzt wieder tun, große Beträge in Form von Hypotheken dem Baumarkt zur Verfügung stellen. Dieser Hinweis allein genügt eigentlich schon, um den Unfinn des Berbotes der kaufmännischen Betätigung von sozialen Anstalten zu zeigen.
Die H. Windler Aktiengesellschaft Berlin, die in ihrem Geschäftsbericht diese Forderung stellt, wünscht auch die Ausschaltung der Konkurrenz, die ihr durch die Einrichtung staatlicher und fom. munaler Werkstätten zur Herstellung von Brothefen für Kriegsver legte entstanden ist. Sie macht diese Anstalten, die ungünstige wirtschaftliche Lage des Aerztestandes, die finanziell sehr mißliche Lage der städtischen und staatlichen Krantenanstalten, die Neuanschaffun gen in größerem Maße verhindert, für das schlechte Ergebnis, das fie 1925 erzielt hat( sie schließt bei einem Aktienkapital von 365 000 Mart mit einem Berlust von 29 618 Marf), verantwortlich. Aber woher fommt schließlich die mißliche Lage dieser gemeinnügigen Institute, die die Kunden der pharmazeutisch- orthopädischen Industrie find? Würde sich die genannte Gesellschaft einmal diese Frage auch nur ernsthaft vorlegen, so würde sie feststellen, daß die„ Armut von der Powerteh" tommt und daß der Kranke mit geringem Lohn oder mit geringer Rente sich nicht den Lurus leisten kann, um der Aktio. närsdividende willen mehr für die erwähnten Heilmittel auszu geben als er hat.
Generalversammlung der Hapag. Bekanntlich ist der zwischen der Hapag und dem Harriman- Konzern abgeschlossene Bertrag abgeändert worden. Anzahl Schiffe gekauft. Die Bezahlung erfolgt durch Artien im Die Hapag hat von den Harriman- Linien eine Betrage von 10 Millionen, die durch Generalversammlungsbeschluß vom 25. März 1925 neu geschaffen sind. Weiter erhält die Harri man als Entgelt 6 Mill. Dollar Obligationen. Diese Verträge wurden in der Generalversammlung vom gestrigen Montag bestätigt und aus diesem Anlaß mitgeteilt, daß die Inanspruchna hme der noch aus der Ameritaanleihe ausstehenden 3% Millionen Dollar Obligationen nicht im Interesse Harriman- Bertrages die günstigsten Wirkungen. Harriman werde der Gesellschaft liege. Dagegen erhoffe sie von der Abänderung des jetzt auch durch Aktienbesiz an der Hapag interessiert. Gleichzeitig beschloß die Versammlung die angekündigte Kapitalserhöhung um 19 Millionen Mark, die von den Aktionären bezogen werden können und deren Kursfestlegung darauf schließen läßt, daß auf diesem Wege den Aktionären eine versteckte Dividende zufließen soll. Zum Zwede der Betriebsvereinfachung sind bekanntlich mit dem Norddeutschen Lloyd Verhandlungen im Gange, die nach Mitteilungen in der Generalversammlung günstig fortgehen.
Ein großer Auslandsauftrag für Schwarzkopff. Der amerita. nische Harrimantonzern hat für seine in Tschiaturi( Rußland ) gelegenen Erzbergwerke zwei Drahtseilbahnen in Auftrag ge. geben, deren Ausführung in Konkurrenz mit englischen und franzö fischen Bewerbern deutschen Firmen zugefallen ist. Die Kosten dieser Anlage werden auf 6 Millionen Rubel veranschlagt. Mit dem Bau soll noch in diesem Monat begonnen werden. Die Herstellung der dazu notwendigen Triebwagen wird die Berliner Maschinenfabrik Schwarzkopff ausführen.
Der Streif um Wöllersdorf . Großes Aufsehen erregten seiner zeit die Enthüllungen über die Mißstände bei den Wöllersdorfer Werfen in Wien , die zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen der Wiener Bundesregierung und dem Metallkonzern geführt haben. Durch Vermittlung der Deutschen Bant tamen zwischen den beteiligten Barteien Ausgleid, perhandlungen zustande, die jeßt endgültig abgeschlosser find. Es soll eine ins einzelne gehende Darstellung über den Inhalt des Vergleiches und die Entwidlung der ganzen Angelegenheit veröffentlicht werden. Ueber die 3u funft der Wöllersdorfer Werke, die für die Beschäftigung der Wiener Arbeiterschaft von großer Bedeutung ist, wurde zwischen Regierung und dem Metallumkonzern eine Einigung erzielt.
Kalipreiserhöhung in Frankreich . Die elfäffischen Kaliintereffenten hoben plöglich ihre Preise um 15 Broz. erhöht. Sie sind immerhin bescheidener als ihre deutschen Standesgenossen, die bekanntlich eine Erhöhung der Kalipreise um durchschnittlich 19 Proz. fordern, allerdings ohne bisher damit durchdringen zu können. Dabei fonnten die französischen Interessenten noch für sich geltend machen, daß ihre Preise in Gold infolge des Frankensturzes tatsächlich in letzter Zeit zurückgegangen waren.