18,19.17. Hombnrft. Wegen formaler Beleidigung des DirektorsVolk Genosse Kappus 10 M. Geldstrafe.„ Braunschweig. Der Steinhaner B e l h m a n n ausVelpke wegen Gotteslästerung 8 Monate Gefängniß.„ Kiel. Zv M. Geldstrafe Genosse Klüß wegen Beleidi-gung eines Buchdruckcreibesitzers in Itzehoe.Eiseiiach. Von der Slnklage der PfarrerbeleidiguugGenosse P ä tz o l d freigesprochen.Hanau. Gleichfalls freigesprochen Genosse Hüter vonder Anklage des Vergehens gegen das Vereinsgesetz.Reichenbach. Genosse Feldmann in Langenbielauwegen Beleidigung des Grünberger Landraths 300 M.Geldstrafe.Stuttgart. Wegen Religionsschmahung Genosse Tauscher8 Monate Gefängniß. Der Slntrag lautete auf 2 Monate.Mühlhansen i. Th. Genosse A e u st e r g e r l i n g wegenUebertretung einer Polizeiverordnung 10 M. Geldstrafe.Im Strafmandat war eine Strafe von 30 M. festgesetzt.Rotenberg. Vier Genossen von der Anklage der Heber-tretung der Sabbathordnung freigesprochen. Das Straf-niandat lautete auf je 5 M. Geldstrafe.Halle. 80 M. Geldstrafe Genosse Schneckenburgerwegen Beleidigung eines Polizeibeamten.Bremen. Von der Zinklage der Beleidigung des preußischenKriegsministers Genosse Rhein freigesprochen.Rostock. Sieben Arbeiter wegen groben Unfug, Ver-breitung von Boykottaufforderungen, je 30 M. Geldstrafe.Kiel, yn der Berufungsinstanz Genosse K a tz k e ausStollberg von der Anklage des Vergehens gegen das Preß-gesetz freigesprochen. Das Urtheil erster Instanz lauteteauf 20 M. Geldstrafe.Halle. Von gleichem Glück in gleicher Instanz war Ge-nosse Schneckenburger begünstigt. 14 Tage Ge-fängnißstrafe wurden damit ausgetilgt.Halberstadt. Genosse Hurlemann wegen Beleidigungeines Gutsbesitzers zwei Monate Gefängniß.Crivitz. Zwölf Mitglieder des Arbeiter-Bildungsvereinsin Klinken(Mecklenburg) wegen„VerÜbung groben Unfugs"je 8 M. Geldstrafe.„ Dortmund. Wegen Beleidigung von Polizeibeamten inzwei Fällen Genosse Block 200 M. Geldstrafe. In einemdritten Fall erfolgte Freisprechung.Jnsgesammt wurde erkannt aus 3151 M. Geld3 Jahre 6 Monate 4 Wochen Gefängnißstrafe.Der Parteivorstand.23.25.26.27.30.31.undLolmles.Die Polizei gegen die Nrbeiter-Bildtlttgsschnle. Derneue Polizeipräsident, Herr von Windheim, scheint die Pflegekünstlerisch-dramatischer Bestrebungen seitens der BerlinerArbeiterschaft für ebenso unnütz und verwerflich zu halten, wiesein gottseliger Vorgänger, Herr von Richthofen. Letzterer wußtedie Thätigkeit der„Freien Volksbühne" durch einen alten ver-moderten Zensurparagraphcn vor der Hand lahm zu legen; Herrvon Windheim hat das Sommerfest der Arbeiter-Bildungsfchule durch eine Verfügung zu treffen versucht.Bekanntlich veranstaltet die Arbeiter-Bildungsschule nächstenSonnabend einSommerfest, das, entsprechend den Tendenzender Schule sich durch werthvolle lünstlerische Darbietungen von Ver«anstaltungen ähnlicher Art vortheilhaft unterscheiden soll. Sosollte die Aufführung einer dramatischen Szene„Die Erstürmungdes Schlosses bei Schorndorf, eine Episode aus der Zeit desBauernkrieges" von Franz Stahl, die Haupt-Programnmummerdes Abends bilden. Die 120 Mitwirkenden bewegen sich bereitsvon Beginn des Festes an in den farbenreichen mittelalterlichenBauern- und Ritterkostümen unter den Anwesenden, sodaß dadurch dem Fest der originelle Charakter eines„altdeutschen Bauernfestcs" verliehen wird. Nach ein-getretener Dunkelheit beginnt dann die Darstellung der überauswirkungsvoll bearbeiteten dramatischen Szene, welche in treff-licher Weise die unter den, Drucke feudaler Tyrannei schmachten-den Bauern zu einem Zeitpunkt darstellt, wo sie endlicheinmal zum Selbstbewußtsein erwachen und ihrem brutalenZwingherrn trotzig die Stirn bieten. Herr von Windheim hataus—„sicherheitspolizeilichen Gründen" dieAufführung dieser Szene untersagt. Selbstverständlich hatder Vorstand der Arbeiter-Bildungsschule sofort Beschwerde eiirgereicht, da er absolut nicht einzusehen vermag, in wie weit dieVorführung eines h i st o r i s ch e n Aktes die öffentliche Sicher-heit gefährden kann. Um so weniger ist eine derartige Annahmeferechtfertigt, als noch nie bei keinem der schon von 30 000 Per-onen besucht gewesenen Feste der Arbeiter-Bildungsschule irgendeine Unruhe stattgefunden hat. Außerdem ist das verboteneStück ohne die geringste Gefährdung der Oeffentlichkeit vor etwavier Jahren mehrere Male, so bei den Festen der Bild-Hauer, aufgeführt worden. Sollte Herr v. Wiudheimetwa fürchten, daß die allerdings mit Begeisterung an derAufführung'betheiligten Schüler und Schülerinnen es nicht beider Erstürmung von Schorndorf" bewenden lassen und möglicherWeise gleich den Kreuzberg mit Umgebung stürmen!? Oder daßdas nahegelegene zu hurahpatriotischen und militärischen Zweckenbenutzte Tempelhoser Feld Schaden an seiner warmpatriotische»Stimmung erleide?Das„politisch-satyrische Kasperletheater", das ebenfalls zurZensur hat eingereicht �werden müssen, ist„mit Ausnahmeder roth durch st richenen Stellen" frei gegebenworden, das heißt also in arger Verstümmelung.ist bezeichnend, daß in unserm Kulturstaat von der Zensurdie salyrische Behandlung öffentlicher Vorgänge, wie z. B. solche,die sich aus Crispi, aus Stambulow, auf Castan's Panoptikum, auf dieBehandlung Geisteskranker in Mariaberg«. beziehen, verbotenwerden kann, nachdem sie bereits wenn auch in anderer Form, so dochzeitweise in derselben Schärfe, von der gesammten Presse ver-urtheilt worden sind. Ueberdies ist auch dasKasperle-Theater bei demdiesjährigen Sommerfest derBildhauer in der NeuenWelt ohne irgend-welche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aufgeführt worden.Von den weitesten Kreisen der Genossinnen und Genossen fetzenwir aber bestimmt voraus, daß sie es nunmehr gewissermaßenals eine Ehrenpflicht betrachten, das Fest am Sonnabend so zahlreich wie möglich z» besuchen, um zu zeigen, daß an dem Felsder Solidarität der Berliner Arbeiterschaft alle Bestrebungen derGegner elendig Schiffbruch erleiden und nur zur Stärkungdes proletarischen Klassenbewußtseins dienen,Die DemniziationSwnth scheint wieder einmal erheblichzu grassiren. Bekanntlich sind die beiden bulgarischen StudentenS a y n o s f und I v a n o f f wegen Majestätsbeleidignngdennnzirt worden. Es hat in dieser Angelegenheit bekanntlichbereits ein gerichtlicher Termin stattgefunden. Nun ist auf den10. d. M. abermals ein Termin vor der 4. Strafkammer anberaumt worden. Die Vertheidigung ruht in den Händen desRechtsanwalts Sommerfeld, welcher es sich angelegen seinläßt, nachzuweisen, daß die vorliegende Denunziation auf einenRacheakt zurückzuführen ist; der Anwalt hat zu dem bevorstehenden Termine eine Reihe Entlastungszeugen geladenAuf eine Denunziation ist bekanntlich auch das Strafverfahrengegen den Schneider T ö b s wegen Kuppelei zurückzuführen. Indieser Angelegenheit steht am 13. d. M. ein erneuter Termin an,nachdem die am 27. v. M. in dieser Sache stattgehabte Verhandlung vertagt worden ist.Eine Denunziation liegt ferner auch der gerichtlich geführtenUntersuchung gegen die„Anarchisten" T ö b s und Krebs wegengeplanten Attentates auf den Kaiser zu gründe, wegen deren diebeiden anarchistischen Schneider längere Zeit in Untersuchungs-Haft gehalten wurden. Gewiß zum großen Leidwesenaller Attentats- und Anarchistenriecher hat sich diese gruseligeK r e b Z wurde bereits am 26. v. M. aus der Untersuchungshaftentlassen, nunmehr ist ihm auch der Beschluß der 5. Straf-kammer des Landgerichts I zugestellt worden. Es enthält dieMittheilung, daß das Verfahren sowohl gegen ihn, den SchneiderKrebs, wie auch gegen den Schneider T ö b s wegen desAttentates, daß sie in ihrem schwarzen Herzen geplant habensollen, eingestellt und die Untersuchungshaft in dieser An-gelegenheil gegen beide aufgehoben worden sei, weilnicht nachzuweisen gewesen,„daß die nicht aufgefundenenFlaschen" Sprengstoffe enthalten hätten. Hieraus istersichtlich, daß auch die im Beisein je eines derbeiden im Friedrichshain veranstalseten Nachforschungennach dem angeblich dort vergrabenen Dynamit ergebnißlos ge-blieben sind. Somit war alle Liebesmühe umsonst. Wer wirdnun denunziant werden? Wie wir erfahren, ist Krebs»'eidlichungehalten über die Beschlagnahme seiner homöopathischenApotheke. Er gedenkt, sich schleunigst eine neue zuzulegen undseine bisherige ernstlich zu reklamiren. Hoffentlich wird einesolche jetzt über allen Verdacht erhaben sein.Der Hochverraths-Prozeß, der im vorigen Monat gegenacht Metallarbeiter(Grätz und Genossen) auf grund der vonihnen verbreiteten Londoner Broschüre„Soziale Gespräche zwischenGretchen und Helene" eingeleitet wurde, ist, wie die„Äolks-Ztg."zu melden weiß, infolge Reichsgerichts- Beschlusses wieder ein-zestellt worden; dagegen sollen die Verbreiter, die sich im hiesigen.lnlersuchungsgefängniß befinden, wegen Vergehens gegen ß 130R.-St.-G.-B.(Anreizung verschiedener Bevölkerungsklassen zuGewaltthätigkeiten gegen einander) unter Anklage gestellt werden.TeS Reiches Größe und Herrlichkeit ist bedroht, wenndie Unternehmer Berlins ihren Bedarf an Arbeitskräften anderswoals bei den diversen Kriegervcreinen decken, welche Reservistenmit guter Führung immer auf Lager haben. Ein Zirkular, dasder Vorstand des Vereins ehemaliger Garde-Füsiliere versandthat, drückt diesen wunderbaren Gedanken in der üblichen„krieger-mäßigen", barschen Form aus. Man höre nur, wie die Ge-ellschaftsretter von Kriegervereins Gnaden„Euer Wohlgeborendas heißt, dem Arbeitgeber, dem der Schreibebrief zufällig indie Hände kommt, ihr Verlangen plausibel machen wollen...„Hierbei sei bemerkt", heißt es nach einer geschäftlichen Einleitung,„daß wir nur diejenigen unserer jungen Kameradenempfehlen werden, welche durch gute Führung dazu B erech tigung geben und welche infolge dessen die Fürsorgeihrer älteren Kameraden insoweit verdienen, daß ihnen dieMöglichkeit an die Hand gegeben wird, auf dem schnellsten Wegeeinem guten und geordneten Geschäftsbetriebe unter-stellt zu werden, damit nicht infolge von Beschäftigungslosigkeit, Un-Zufriedenheit in den jungen Herzen Platz greift und derSinn für Ordnung, Gehorsam und die Liebeu Kaiser und Reich in ihnen gestört und dadurch einea r t e i vergrößert wird, welche des Reiches GrößeündHerrlichkeiAlso wirklich bedroht, sogar„ernstlich"! Dann ist es allerHerrlichkeit ernstlich bedroh t."—Als■■■ v:...........~dings die höchste Zeit, daß der brave Kriegerverein das seinigezur Erhaltung dieser vortrefflicheu Ordnung beiträgt. Ob dieUnternehmer durchweg damit zufrieden sind, daß sie nur Leutebekommen sollen, die sich durch gute Führung das Wohlwollendes Vereinsvorstandes erworben haben, bezweifeln wir. Viel-leicht wird Manchem bei alledem ein tüchtiger Arbeiterlieber sein, als ein solcher, der recht geduldig während seinerMilitärzeit die ihm von den Vorgesetzten gebotenen Liebens-Würdigkeiten entgegennahm. Vom Sozialistenhaß allein kannheutigen Tags euch der giftigste Unternehmer nicht mehr fettwerden.Der bnreankratische Zopf im Reiche deS HerrnStephan wurde der Buchhandlung des„Vorwärts" gesternin prangender Schönheit vorgeführt. Ein Parteigenosse inLuckenwalde bestellte sich auf einem bekanntlich für dreiPfennige zu befördernden„Bücherzettel" verschiedene Drucksachenbei unserer Buchhandlung. Die Postkarte kam auch glücklich undwohlbehalten in Berlin beim Postamt 19 an. Hier aber wollte"esdas Verhängniß, daß ein höherer Beamter das Harmlose Ding mit kritischem Verstände bemusterte und an ihmprüfende» Blickes eine Eigenschaft entdeckte, die es nicht würdigerscheinen ließ, in seiner Dreipsennignatur weiter zu existiren.Sorgfältig wurde die Karte, statt quer über die Straße an ihreAdresse befördert zu werden, bei Seite gelegt und nach einerWeile mit einer Stecknadel an einen Zettel befestigt, der nebenden gedruckten Worten„nachbezeichnete Verstöße der dortigenPostanstalt sind hier wahrgenommen worden" die folgende schrift-iiche Mittheilung enthielt:Die beiliegende Drucksache(Bücherzettel) enthält u n z u �lässige„schriftliche M i t t h e i l u n g e n(....) unddurfte daher nach den Bestinimungen der Postordnung nicht zurAbsenduug gelangen.Postamt 19(Beuthstraße). Knorr.Andas kaiserliche Postamtin Luckenwalde.Mit diesem Zettel zusammen wurde die Karte nach Lucken-walde zurückgeschickt, wo ein Briefträger sie unserem Partei-genossen wieder übergab. Dieser erstaunte erst, lachte dann undsandte das arme Opfer postalisch-kritischen Scharsblicks, diesmalin einem Briefe verpackt, schließlich wiederum an unsere Buch-Handlung.Und was enthielt die Karte außer den„zulässigen", mitDinte geschriebenen Bücherbestellungen für„unzulässige Mittheilungen"? Der Parteigenosse hatte vor seiner gleichfallsimmer noch zulässigen Namensuuterschrift die Worte gesetzt:M. S. D. Gruß(abgekürzt für„Mit s o z i a l d e m o k r a t i-s ch e m G r u ß).Und darum Räuber und Mörder!>Nochmals die sogenannte» Berliner SicherhettSzustände. Die„National- Zeitungg" schreibt:„Die voneinigen Zeitungen am Sonntag Morgen gebrachte Nachrichtvon dem Raubanfall auf eine junge Dame am hellenTage in der Lichtenstein-Allee im Thiergarten und von der Er-klärung des Schutzmanns, welchen die beiden kleinen Schutz-befohlenen der Dame zu Hilfe riefen,„daß er seinen Platz nichtverlassen dürfe," ist zu unserem Bedauern bishernicht dementirt worden. Man muß also annehmen, daßder Vorgang richtig geschildert ist, und man ist zu dieser An-nähme umsomehr berechtigt, als die Antwort des Beamten jagenau dem entspricht, was in hundert anderen Fällen ebenfallskonstatirt worden ist. Es ist begreiflich, daß solchen Wahrnehmungen gegenüber das Publikum sich in großer Unruhe be-findet. Zwar kann man die vorstehend erwähnte Antwort auchin den Straßen Berlins gewärtigen, aber in der unmittelbarenNähe von Häusern kann man zur Nolh immerhin auch all'andere Hilfe rechnen. Anders im Thiergarten. Das Gefühl dertilf- und Nathlvsigkeit ist hier ein doppelt starkes, wenn derchutz, auf welchen man rechnen darf, vollständig versagt. EinSchutzmann, der seinen Posten nicht verlassen darf, hört auf.ein Schuhmann zu sein. Seine Postirung aus einem bestimmtenPlatz ist. schlimmer, als wenn er gar nicht da wäre. Dennes wiegt die, mit unseren polizeiliche» Vorschriften nichtvertrauten Personen in die falsche Vorstellung, daß sie auf Schutzrechnen können, und verführt sie zu einer waghalsigen Durchquerung des Thiergartens. Der letztere hat aufgehört, nur einPark zu sein, den man zur Erholung aufsucht. Seine We.müffen täglich von Tausenden als die nächste Verbindungsstrabegangen werden. Aber das Verbot existirt, wie schon erwähnt.auch für die Straßen Berlins. Vielleicht giebt es gute Gründedafür. Aber dann würde es gut sein, wenn das Publikum sieerführe. Und noch besser wäre es, wenn an bestimmten Stellenneben den unbeweglichen Beamten auch ein solcher mit Freiheitder Bewegung gestellt würde. Der jetzige von lange her über-Die„National-Zeitung" möge sich beruhigen. Die„brave"Schlitzmannschaft, w,e sie von„hoher" Stell« mit Vorliebe be-titelt wird, hat doch in der G u m m i s ch l a u ch a f s a r e ge-zeigt, was sie leisten kann. Also: Lieb Vaterland kannst ruhigein, trotz der Raubansälle und„trotz des viertelhunderts un-entdeckter Mörder.Aus Luckenwalde geht uns über die vielbesprochene An-gelegenheit. betr. den Austritt aus der Landeskirche,ein Bericht zu, welcher unsere anfängliche Anschauung, daß derAgitation der nöthige feste Rückhalt fehle, zu bestätigen scheint.Die Zuschrift lautet:Der auch in Ihrem Blatte gemeldete Massenaustritt aus derLandeskirche, zu dem es in Luckenwalde infolge eines Kon-Uktes mit dem Superintendenten Zander gekommen ist.löst sich in Wohlgefallen aus.und schon heute läßt sich sagen, daßdie Aktion zum wesentlichen ins Wasser gefallen ist. Abgesehenvon einigen Turngenossen, die wesentlich aus Anlaß des treff-lichen Referats, das Genosse Metzner aus Berlin in einer Ber-ammlung gehalten, aus der Landeskirche ausgetreten sind,werden so ziemlich die meisten der tapferen Bürger unsererStadt reuig wieder in den Schooß der Kirche zurück-kehren. Dieser Ausfall ist wesentlich durch die kläg-liche Haltung einiger Herren aus dem Vorstande desTurnvereins„Freundschaft" verschuldet worden; hat doch der Vor-stand es über sich vermocht, nach dem anfänglichen Elan nun-mehr mit dem Herrn Pastor in Unterhandlung zu treten unddaraufhin in einem von seinen Mitgliedern unterzeichnetenSchriftstück zu erklären, daß der Verein sich bei derfraglichen Kirchhofsangelegenhei, welche den ganzen Lärmverursacht, inkorrekt benommen hat! Der mit demHerrn Pastor sonach getroffenen Vereinbarung zufolge willder Vorstand dahin wirken, daß die Agitation für den Austrittaus der Landeskirche fortan unterbleibe, wogegen demTurnverein„Freundschaft" als Gegenleistung gnädigst gestattet seinsoll, den Kirchhof wieder in eorpors zu betreten. Als„Machervons Ganze" wird der Mützenmacher Brachmüller angesehen.Will man eine parteipolitische Reminiszenz auf diese mit dersozialdemokratischen Partei allerdings in keinem Zusammenhangstehende kirchliche Angelegenheit übertragen, so wäre wahrlichdas Wort angebracht: Auf Stegmüller folgt Brachmüller!So die Zuschrift, deren Inhalt wir im einzelnen natürlichzur Stunde nicht näher nachprüfen können. Vielleicht gehen unsaus Luckenwalder Parteikreifen noch Mittheilungen zu. Uebrigenswird die auch von uns gestern gebrachte Nachricht, daß derSuperintendent Zander bereits aus dem Amte geschieden sei, voneinigen bürgerlichen Blättern dementirt.Die Mißstände im Jrrenwesen besprach der bekannteypnotiseur R. Gerling am Dienstag Abend in der Magnetischen'esellschaft.„Enthüllungen" im eigentlichen Sinne gab derRedner nicht, da die von ihm angeführten Fälle, in denenGesunde für verrückt erklärt und Irre mißhandelt wurden, durchviele seit dem Mariaberger Skandal auf dem Büchermarkt er-schienene Broschüren der Oeffentlichkeit schon bekannt gewordensind. Die Irrenärzte haben nach Herrn Gerling's Anschauungkeinen Anspruch auf das Vertrauen der Volksmasse. Er wünscht,daß das Jrrenwesen organisch reformirt und daß mit den Mittelnhierfür nicht gespart werde; das Laienelement soll entsprechendeBerücksichtigung finden. In der Diskussion erwähnte der Natur-arzt Könitz eines Mannes, der über 20 Jahre in gesundem Zu-stände in Dalldorf festgehalten und fürchterlich mißhandeltsein soll. Er rieth, in Berlin eine Zentralstelle für Ausdeckungderartiger Fälle zu gründen.Die moderne Nothsche». Auf eine an sich höchst belang.lose, aber darum nicht minder drollige Episode von der Fach-ausstellung der Buchbinder-Jnnung weist uns ein Leser hin, in-dem er schreibt: Ueber der Büste des Kaisers hing aufgerollt dieMeisterfahne derart, daß sie mit ihrer anachronistischenInschrift:„Handwerk hat goldenen Boden" jedermann ins Augeel. Die Gesellenfahne von rother Seide hingegen stand hübschzugerollt abseits in einem Winkel zwischen zwei Regalen versteckt,vor welche zur Vorsicht noch Orangentöpfe gestellt waren. Hilstaber nichts, die rothe Fahne wird doch dereinst in deutschenLanden lustig im Winde wehen.Geschichte nunmehr vollständig in Wohlgefallen aufgelöst, kommene Zustand erscheint ganz unhaltbar,"ES wird fortgeschossen für Ordnung, Religion und Sitte.Hiesigen Blättern geht aus Ebcrswalde die folgende Nachricht zu:Dienstag Nachmittag fand bei Chorin ein Pistolenduell zwischenHauptmann v. Stosch-Angermünde und Ziegeleibesiyer Reserve-lientenant Früson- Heegermühle statt. Früson als Gefordertergab den ersten Schuß ab, wie es schien absichtlichi zu hoch. Daraufschoß Hauptmann v. Stosch Herrn Früson in die Stirn. Früsonwar sofort bewußtlos und wurde nach dem Eberswalder Kranken-haus überführt, wo er um 7 Uhr abends gestorben ist. Ursachedes Duells ist angeblich Eifersucht.Edle Ordnungsstützen!Zur Warnung. Der„Zeuge" im Kottbuser Anarchisten,prozeß, Tuchmacher und Dachdecker Bernhard Lüh soll, wie unSvon vertrauenswürdiger Seite mitgetheitt wird, sein Heim jetztin Lichterfelde aufgeschlagen haben.Wo liegt Treptow? Angesichts der werdenden Gewerbe-Ausstellung in Treptow gewinnt nachfolgender Beitrag eineerhöhte Bedeutung. In Halensee wurde eine Postkarte, adresstrtan eine in Treptow, Parkstraße, wohnende, dort sehr bekanntePersönlichkeit aufgegeben. Die Postkarte trägt den Aufgabe-stempel 19. 7. 95. Von Halensee wanderte die Postkarte auchrichtig nach Treptow, indessen nach Treptow a. d. Rega, woAdressat allerdings unbekannt war.— Die Karte wurde nun-mehr nach Treptow a. d. Tollense verschickt, wo, wie aus demVermerk des Briefträgers zu ersehen, Adressat und Straße eben-falls unbekannt waren. Dort kam offenbar einem Postbeamtender rettende Gedanke, daß auch dicht hei Berlin und nicht allzu-weit von Halensee entfernt ein Treptow liegt, und daß diesesvielleicht gemeint sein könnte. Und damit hatte er thatsächlichdas richtige getroffen. Nach vielen Umwegen kam die Postkartenunmehr mit Verspätung an den Adreffaten nach Treptow beiBerlin.Von seinem Bruder wurde am Dienstags Nachmittag der21jährige Hausdiener Gottfried Lüdicke erschossen, der inRixdors in der Knesebeckstraße Str. 113 wohnte und im altenMehlhause am Kupfergraben beschäftigt war. Dort besuchte ihngegen 6 Uhr sein Bruder Gustav. Die beiden scherzten miteinander und Gustav nahm im Laufe der Unterhaltung einDesching, zielte aus Gottfried und drückte los. Zu seiner eigenenVerblüffung erfolgte ein Knall, und Gottfried stürzte, in dieStirn getroffen, zu Boden. Die Waffe war ohne Wissen desunglücklichen Schützen und auch ohne daß der Ge-troffene es ahnte, von einer dritten Person geladenworden. Der Getroffene wurde bewußtlos aber nochlebend nach einer Klinik gebracht. Judessen konnte ärztlicheHilfe nichts mehr nützen. Der Schwerverletzte starb schon um7 Uhr. Das Geschoß war ihm ins Gehirn gedrungen. Derunglückliche Schütze ist festgenommen worden. Die Eltern derbeiden jungen Leute sind Büdnersleute und wohnen in Hohen-werbig.Dnrch einen gefährlichen Absturz von der Haustreppewurde am Dienstag Abend um 6 Uhr das 21jährige Dienst-mädchen Pauline Weigelt, das bei dem Stallmeister Arndt in derLouisenstraße 22 in Stellung war, schwer verletzt. Die Wohnungliegt im zweiten Stock. Das Mädchen ist dem Anscheine nach beidem Versuche verunglückt, eine über das Treppengeländer gehängteFußbodendecke herabzunehmen. Es ist über das 71 Centime.'erhohe Geländer gestürzt und mit dem Kopfe nach unten denTreppenschacht hinunter bis in den Hausflur hinabgefallen, woes mit einem Bruch des Schädels und des linken Armes liegenf>7ieb. Die Schwerverletzte wurde mit einem Krankenwagen in