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gehören, rok man weiß, zeitlich unbedingt zusammen, Eines wie das andere ist sicheres Zeugnis dafür, daß hier der Mensch zur mittleren Steinzeit, vielleicht noch gegen deren Ende und am Beginn der jüngeren Steinzeit, d. h. eben vor 8000 bis 10000 Jahren feinen Wohn- oder Lagerplatz gehabt und daß er auch am gleichen Ort feine Toten bestattet Hot. Denn und das gehört wiederum zu jenem uralten Grabgebrauch schon in der Allsteinzeit Frankreichs wie auch noch später war es üblich, die Toten an ihrem Wohnplatz zu begraben; hat man sie doch sogar mit Vorliebe in der Nähe des Herdes niedergelegt. Nicht viel anders wird es bei uns im Norden gewesen jein, wenigstens schienen Funde .aus dänischen Muschelhausen darauf hiizzudeuten. Erst der Fund von Schmöckwitz läßt auch diese Vermutung zur Gewißheit werden, denn in der untersten d. h. ältesten Siedlunasschicht fanden sich hier die Gräber. Drei von ihnen hatte man auf Form und Inhalt unter- sucht. Das erste enthielt einige Röhrenknochen von einem erwachsenen Menschen, das zweite Schädelknochen von einem Kind, im dritten ebenso angelegten Grabe lagen einige Schneidezähne vom Hirsch(Grandeln). Da traf man auf«in viertes(das Grab eines Erwachsenen), dessen Lage derart charakte- ristisch war, daß man oersuchen wollte, es möglichst unversehrt dem Boden zu entnehmen, um es ebenso unverändert der Nachwelt zu erhallen. Bei der leichten Zerstörbarkeit der Knochen im losen Sande keine leichte Aufgabe, doch sie gelang, wobei die schnelle und sichere Bergung insbesondere dem Märkischen Museum zu Berlin zu danken ist. Unter Anwendung besonderer technischer Hilfs- mittel, unter Beobachtung größter Sorgfalt wurde das gesamte Erd- reich mit dem Grabinhall vollständig ausgehoben. lieber Nacht wird der Fund in einer Scheune geborgen. Tags darauf folgt der Abtransport, nicht weniger seltsam wie der Fund selbst. Uni den Grabinhalt vor Erschütterung und Zerfall zu he- wahren, wählt man vorsichtigerweise den Wasserweg. Vor allen Fährnissen sorgsam behütet, tritt derälteste Berliner " auf einem der großen Sprcekähne seine letzte Fahrt an, gleitet lang- sam sprecabwärts-- um, wie es s. Zt. imVorwärts" ausführ- lich berichtet, einige Wochen später in einem kleinen, sauberen Schrein Aufstellung im Museum zu sinden.

Untat eines Trunkenbolöes. Ein junger Mann an seinem 19. Geburtstage erstochen. Ein roher Uebersall, in dessen Verlauf der ISjährige MrHo? fchlosierlehrling Willi Scharke, Kottbufier Ufer 62� durch einen Messerstich tödlich verwundet wurde, spielt« sich in Der Nacht vom 8. zum 9. August vor dem Hause Kottbusser Ufer Kl ab. Der junge Scharke feierte zusammen mit einigen Jugendfreunden in einem Lokal Kottbusser Ufer KL seinen 19. Geburtstag. Die jungen Leute, die das Lokal gegen 1 Uhr nachts verließen, wurden von deni im angetrunkenen Zustand heimkehrenden Schlosser R a m und dem Kutscher P l a t h gehänselt, so daß ein Zusamnienstoß unvermeid- lich erschien. Der Besonnenheit der jungen Leute war es zunächst zu verdanken, daß es zu keiner Schlägerei kam. Etwas später kehr- tcn die beiden Angetrunkenen abermals zurück und gingen auf die fünf bis sechs jungen Leute, die sich aus dem Bürgersteig vor dem Hause Kottbusser Ufer 61 unterhielten, zu. Plötzlich schrie Willi Scharke auf:Der Plath hat mich gestochen!" Scharke versucht« noch das Haus, in dem seine Eltren wohnen, zu erreichen, erhielt aber von dem Plath nochmals einen Schlag ins Gesicht und brach dann blutüberströmt und bewußtlos zusammen. Er wurde dann mittels Krankenwagen in das Urbankrantenhau» eingeliesert, wo er ober kurze Zeit darauf infolge Virblutung verstarb. Das inzwischen herbeigerufene Ueberfallkommando verhaftete Ram und Plath aus ihren Wohnungen heraus. Während Ram nach einem i eingehenden Verhör am Sonntag morgen wieder entlassen wurde, verblieb Plath in Hast. Der Getötete ist in der ganzen Gegend als höflicher und solider junger Mann bekannt. Alle anderslautenden Mitteilungen, die Scharteals sinnlos betrunken" und streitsüchtig bezeichnen, entsprechen nicht den Tatsachen. Nach übereinstimmenden Angaben von Augenzeugen waren die beiden Trunkenbolde ohne irgendeiireu Grund- über Sch. hergesollen. Es schenist hier�. wieder einmgl eines jener typischen Roheits- v e r»r e ch c n vorzuliegen, hie nicht streng genug geahndet werden. können. Trunkenheit kann, wenn es um Menschenleben geht, nicht mehr als Mllderungsgrund gelten.

Das Notstandsprogramm im Haushaltsausschust. Der Haushaltsausschuß der Stadtverordneten setzte gestern die Beratung über die Notstandsarbeiten fort. Auf Wunsch des Ausschusses gab Stadtrat Brühl zunächst Bericht über die V«r- Handlungen, die zwischen den Reichs- und Staatsbehörden, dem Obcrpräsidenten und dem Magistrat geführt worden sind. Der Ober- Präsident hat grundsätzlich die als Nokftondsarbeiten von den städtischen Behörden vorgeschlagenen Projekte als Notstands- arbeiten aneria nnt bis auf die Arbeiten, welche auf den städtischen Friedhöfen vorgesehen sind. Bei der Besprechung hat der Magistrat in den Vordergrund gerückt, daß fortan auch Hochbau- arbeiten als Notstandsarbeiten anzusehen seien. Die Prüfung dieser Frage schwebt noch. Die Beratung über die Erhöhung der Hunde- steuer wurde bis zur Rückkehr des Kämmerers ausgesetzt. Der Aus- sthuß stimmte schließlich der Vorlage über den für das Fremden- »erkehrsbureau zu bewilligenden Zuschuß zv.

s>er Spandaucr Madchcnmördcr noch nicht ermittelt. Zu dem Mödchenmord in Spandau erfahren wir, daß die Mordkommission bisher im ganzen 6 verdächtige Personen festgenommen hat. Zunächst ermittelte sie den Mann aus Neukölln, der sich wiederholt in Spandau aufgehalten hat. Der Verdacht, der auf ihn fiel, erwieg sich jedoch als unzutreffend. Der Angehaltene wurde wieder entlassen. Bei umfangreichen Streifen, die die Beamten der Mordkommission in der Nacht zum Mittwoch Bitternahmen, wurden 5 Personen vorläufig festgenommen. Aus einige war aus dem Publikum heraus aufmerksam gemacht worden, weil auf sie die Beschreibung von dem Begleiter der Ermordeten zu passen schien. Die anderen gehörten zu dem Bekanntenkreise der Ermordeten und änderet Mädchen. Auch von diesen. fünf wurden drei bereits wieder auf freien Fuß gesetzt. Bei den beiden übrigen muß der Alibibeweis, den sie angetreten haben, noch nach- geprüft werden._

Gold im Landwehrkanal. Einen Fijchzug nach Gold veranstalteten die Kriminalpolizei und der Reichswosserschutz gestern nachmittag aus dem Landwehrkanal. Da, ungewöhnliche Borgchen, das ein« riefige Menschenmenge her- beigelockt, hatte folgenden Gruno: Dem Untermieter einer Familie inderEislebener Straße war eine Kasselle abhanden gekommen, die 180 M. deutsches Geld. mehrere amerikanische Dollar in Hartgeld, ein österreichisches Hundert- kronenstück aus der Sonderprägung des.80. Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josefs(184�1908), ein Goldstück von Transvaal . einen kleinen siamesischen Goldklumpen in Nierenform und etwas kalifornisches Gold enthielt, alles in allem für etwa 100 0 M. Der Verdacht, die Kassette entwendet zu haben, fiel auf die Hausangestellte der Familie. Die Beschuldigte leugnete zunächst. legte endlich aber ein Geständnis ab. Sie gibt auch zu. dos deutsche Geld an sich genommen und behalten zu haben. Den übrigen Inhalt der Kastelle aber will sie in den Landwehrkanal geworren haben, «eil sie, wie sie sagt, mit diesemSchurr-Murr" nichts zu tun haben wollte. Nach ihrer Erzählung, die aber wahrscheinlich«in Märchen ist, fuhr sie mit der Kastelle in einem Auto nach der Waterwobrücke und ösfnete sie dort. Nachdem sie das deutsche Geld eingesteckt hatte, ging sie den Kanal entlang, warf einGold st ücknachdeman- dereninsWasserund sandte zuguterletzt auch die Kassette dem Gold« nach. Die Fischerei ober blieb erfolglos. Das Schleppnetz bracht» weder das Gold noch die leere Kastelle an den Tag. Mehrere

Meiern um Neukölln unter Schwarzrotgolö. Gemeinsam mit Demokraten und Zentrum begingen in Neukölln unsere Genossen und das Reichsbanner den Verfassungs- tag mit einem gewaltigen Aufmarsch. Von drei großen Plätzen, aus denen sich die Teilnehmer gesammelt hatten, trafen die Züge auf dem Herrfurthplatz zusammen. Endlos waren die Reihen der Teilnehmer, mit Bannern und Fahnen in den Reichs- und Partei- färben marschierten sie zum Sportplatz in der Jnnstraße. Zluf dem F,e st p l a tz, den der Bezirk für die Feier reich und festlich hatte schmücken lassen, hatten sich schon lange vor Beginn der Feier Tau- sende von Teilnehmern eingefunden. Nach einem Musikstück des Neuköllner Tambourkorps begrüßte als Vertreter der städtischen Behörden Bürgermeister Scholz die Feier. Wir haben in Deutsch - land, so sagte er, das freie Bestimmungsrecht des Volkes. Mehr «als in jedem anderen Staat sind in der Republik die Staats- bürger zur Mitarbeit im Staate verpflichtet. Alle Kräfte müssen zusammenwirken, um die drängenden Arbeiten zu erledigen und für die unzähligen Arbeitslosen Arbeit und Brot zu schaffen. Aus dem wirtschaftlichen Niedergang kann unser Land nur dann herauskommen, wenn alle wieder in den Produktions- prozeß eingereiht sind. Stadtverordneter G u t s ch m i d t, der Vor- sitzende des Neuköllner Reichsbonners, sprach über die Verfastungs- kämpfe und über die Arbeit der Parteien für die Republik . In der Stadt hatten mehr als bei allen bisherigen Wahlen und Feiern die Häuser Floggenschmuck angelegt. Haus an Haus war geschmückt mit den Symbolen der Republik . Die städtischen Behörden hatten überall die Reichsfarben gehißt. Die K o m m u n i st e n hatten ver- sucht, den Umzug zu stören. lieber die Straßen, die der Zug durch- marschierte, hatten sie an Transparenten irrsinnige Inschriften ange­bracht, wie:Halt! Wer weitergeht, wird erschossen!" Die Demön- stronten quittierten mit Lachen' über dies« Kindereien, so daß es nicht, wie von den Kommunisten beabsichtigt, zu Zusammenstößen kam. Die gemeinsame Feier-.Prenzlauer Berg ". In Ergänzung unseres Berichts über die vom Bezirksamt Prenzlauer Berg veranstaltete gemeinsame Ver- fassungsfeicr der Gemeinde- und der höheren Schulen sei das Folgende noch nachgetragen: Die Sportwettkämpfe aus dem alten Exerzierplatz nahmen einen flotten Verlaus. Nach Feststellung der erzielten Ergebnisse begann die Preisverteilung vor dem neuen Sportshans des Bezirks, das am Verfassungstoge eröffnet wurde. Das hübsche Gebäude enthält im Erdgeschoß eine ständige Rettungswache, Gardci obenräuinc und' Brausebäder. Im ersten Stockwerk befinden sich Erfrischunge- und Sitzungsröume. Auch ein G a r t e n r e st a u r a n t mit oOO Sitzplätzen ist eingerichtet worden. Der Bürgermeister des Bezirks, Genost« Dr. Ostrowski, dankte allen, die mit dazu beigetragen haben, daß dieser erste Versuch einer allgemeinen Verfassungs- seier der Jugend so gut gelungen ist. Die Jugend habe den Beweis erbracht, daß der Verfassungstag einheitlich und würdig gefeiert werden kann. Die Jugend hat zusionde gebracht, was den Aelteren noch nicht gelungen ist. Die Aelteren aber haben den Eindruck gewonnen, daß wir aus dem besten Wege sind, der jungen deutschen Republik die ihr zukommende Geltung zu verschaffen. Dies kann nur in friedlichem Wettbewerb, in oeistigem und körperlichem Ringen um die beste Leistung erfolgen. Unter den vom Bezirksamt aestifteten Preisen ist zum erstenmal eine schwarzrotgoldene itahnealsWandcrpreis ausersehen worden Sie wurde der 2 3 0. G e m e i n d e s ch u l e in der W c h l a u e r Straße für die relativ besten sportlichen Leistungen bis zur nächsten Berfassungsfeier zuerkannt. In hartem und nicht aussichtslosem Kqmpf mit den Schülern der Eemeindeschule lagen die Schüler des Luisen- städtischen Gymnasiums, die im einzelnen bessere und zum Teil sogar ausgezeichnete Leistungen aufweisen konnten, weil hier auch altere Schüler als in der G'ememdeschüle' sich b'etätigen konnten. Bei der Abmefsüng der Leistungen ergab sich dann, daß junge Burschen, die sich unter den Zuschauern befanden, suchten schließlich aus eigene Faust, aber auch sie erbeuteten nichts. Wahr- scheinlich hat die Diebin die Sachen irgendwo versteckt, um sie später zu verwerten._ vom Noßsthweif zur Surfte. Ausstellung der Bürsten- und Pinselmacher. Das Ansehen dieses Gewerbes, deren Inhaber man früher kurz- wegBürstenbinder" nannte, ist groß, denn jchon der Paler Abraham a Sancta Clara predigt von ihnen:die Bürstenbinder seynd so verständige Leute, daß sie die Borsten von dem unsauberen Tiere, der Sau, nehmen, damit man nachmahl Alles säubern kcfttn, und kann fürwahr weder Haus noch Hausrath sauber seyn, wo man die Bürstenbinderorbeit nicht braucht". Diese Ausstellung im Saale der Berliner Handwerkskammer , die der Verband der Bürsten- und Pinselmacher anläßlich seines LSjährigen Be- st e h« n s veranstaltet, zeigt eine Fülle von Dingen, die im Gewirr des Alltäglichen weniger auffällig sind, aber hier in ihrer Zusammen- Häufung doch«inen tiefen und belehrenden Blick in«inen Wirtschaft- lichen Ausschnitt des vielfältigen Lebens tun lasten. Wirklich ist es so, daß eigentlich ohne Bürste und Besen der Haushalt viel zu wünschen übrig lassen würde, doch neben diesem kommen die neueren Anforderungen der Hygiene, die das letzte Jahrhundert mit tausend neuen SSuberungswertzeugen bereichert hat, von der Zahnbürste angefangen bis zum krummen Badestricgel, mit der man sich im Rücken auf den Stellen kratzt, wo eine sterbliche Hand nicht hinlangt. Ein fast ebenso großes Feld der Erweiterung des Gewerbes nehmen die Bürsten auf dem Gebiete der Technil ein. Da sieht man die Zylinder der Kehrmaschinen, kugelförmig zusammengerollte Igel mit harten Stahlborsten: ja die sonderbarsten Dinge, die in der Textil- technik wohl am meisten gebraucht werden. Man erfährt auch auf der Ausstellung eine Belehrung über Warenkunde. Bei den Schwämmen sieht man, daß die griechische Ware bester ist als die amerikanischen Schwämme. Bei den BZen und Bürsten lernt man die.Faserstoffe unterscheiden, wenn man zuletzt auch doch nicht weiß, ob es Afrika , Bahio, Bafsine und andere Mischungen oder Imitationen sind. Ueber viele Neuheiten für den praktischen Bedarf orientieren die Stände, da sind schockweise Patente und Verbesterungen von Stielhaltern, von Parkettbodenwischern aus Baumwolle oder Borsten, und bei jedem Erzeugnis beweist der stolz« Erfinder, daß sein, nur sein Erzeugnis das alleinseligmachende ist. Unsere Straßenhändler werden sich jeden- falls diese neuen Tips nicht entgehen lasten. Auch für den Laien interessant, wenn auch nur in spielerischer Bedeutung, ist die Be- trachtuna der Maschinen, die mehrere hundert Dutzend Bürsten als Tagesleistung liefern und ebensooft den alten Bürstenmachern das Leben versauern. Ja, die Maschine hat dieses Gewerbe mechanisiert; bis auf die Herstellung feiner Haarbürsten und Malpinsel mit der Hand, ist e» Großbetrieb geworden, dem selbst Gefängnis- und Blin- denarbeit kein gefährlicher Konkurrent mehr sein können. Trotzdem. wa« gerade«in« solche Ausstellung am besten beweist, zeigt es sich, daß man durchweg Wert auf Oualttätsarbeit legt, daß man durch rationelle Betriebsführung eilt, besseres Produkt schaffen will und den verminderten Absatz durch gute Leistung wettzumachen versucht. Diesem Aufgabentreis dient auch die Fachschule für Bürsten- und P-nselmacher in Nürnberg , die es sich vor allen Dingen zur Aufgabe macht, ihren Schülern ein allgemeineres Wissen und Können vom Handwerk beizubringen, als es ein Betrieb mit nur zwei bis drei spezialisierten Erzeugnisten zu tun vermag.

Ein Frelkouzcrk veranstaltet der..Freie V o l k s ch o r Tegel und U mg e g e n d' sowie der Gemischte ChorPoly- h y m n i a am Donnerstagabend, 8 Uhr, in Waidmannslust auf dem Dianaplatz.

i Paggen. das Gesamtbild, das die 230. Genirindeschule bot, ein so erfreuliches war, daß tiefer Schule der Preis zuerkannt wurde. Mit der Mahnung, die Fahne jn Ehren zu halten, und mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf das Baterland und die Republik endete die Feier, und unter Vorantritt der Musik führten die Schüler der 230. Eemeindeschule ihren herrlichen Sieges- preis zur Schule. Partei und Reichsbanner in Schöneberg . Zu einer wuchtigen Kundgebung gestaltete sich die Verfassungs- feier, die das Schöneberger Reichsbanner zusammen mit den Mitgliedern der Sozialdemokratischen Partei gestern in der Schloßbrauerei in Schöneberg veranstaltete. Nach einem einleitenden Prolog nahm der Reichstagsabgeordnete Genosse Künstler das Wort zu einem Dortrag, in dem er ausführte, daß das Verfassungswerk von Weimar die Arbeit der Leute gewesen fei, die man einst in Deutschland verfolgt und verhöhnt habe. Noch fehle sehr viel an einer freiheitlichen Gestaltung, und immer wieder müsse man feststellen, daß die Berfassung noch nicht in die Herzen und Köpfe des deutschen Volkes übergegangen sei. Auch da- für müsse noch Sorge getragen werden, daß die Republik mit sozia­lem Geiste erfüllt ist. Klar sein wollen wir uns darüber, daß, wenn die Republik heute noch nicht ist, was sie sein soll, es zum erheblichen Teil an den Arbeitern und den Republikanern selbst liege. Wir wollen hoffen und wünschen, daß sich die Zeiten ändern. Den b ü r- gerlichen Republikanern erwächst die Pflicht, dafür zu sorgen, daß nicht nur die Republik gegen die Reaktion verteidigt wird, sondern auch mit dem Geiste der Berfassung erfüllt wird. Nach dem Genossen Künstler nahm Dr. H i r s ch f e l d vom Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold das Wort. Er betonte, daß wir den Männern dankbar fein müssen, die dem deutschen Volke diese Verfassung ge- geben haben. Die Geschichte wird das Werk dieser Männer rühmen. Doch damit allein wollen wir uns nicht begnügen. Wir wollen kämpfen, daß die Republik ausgestaltet und in den Herzen des Vol- kes verankert wird. Der Weimarer Geist muß auch in die Justiz und in die Hochschule einziehen. Im Anschluß daran versammelte man sich zu einem gemütlichen Beisammensein. Verfassungstag in Moabit . Aus Anlaß des Berfassungstages waren gestern im Krimi- nalgerichtsgebäude in Moabit bei sämtlichen Gerichts- abteilungen die anstehenden Termine aufgehoben worden. Nur die dritte Kleine Ferienftrafkammer des Landgerichts II hatte eine Sitzung anberaumt, und es standen sechs Fälle zur Aburteilung, von denen die drei letzten Priviatbeleidigungen betrafen. Zwischen Berlin und Potsdam . , Sie sind ebenso lehrreich wie amüsant, diese Gegensätze zwischen dem in reichem schwarzrotgoldenen Flaggenschmuck glänzenden Der- lin und der wilhelminischen Residenz Potsdam . Was ausfällt, wenn der Zug die Bahnhöfe des Vorortverkehrs passiert, sind die tzroßen schwarzrotgoldenen Fahnen an eingerammten Masten, die die Reichsbahnverwaltung auf iedem Bahnhof hat auf. ziehen lassen. Schönebergs Straßen weisen reichen Floggen- schmuck auf. Eine Ueberraschung bieten die Dorortbezirke Steglitz und Lichterfelde : sie haben besser geflaggt, als man annehmen konnte. Z e h l e n d o r f ist wieder mäßig, wie immer. Glänzend der Schmuck des republikanischen Rowawe». Alles je­doch übertreffen die wackeren Lanbentolonisten. Reu- babelsberg hingegen, der protzige Villenflecken, zeichnet sich durch eisige Reserve aus. Sei's drum! Jn Potsdam zeigt das Rathaus ängstlich die Potsdamer Lokalfarben, ein paar staallichc Anstalten haben schwarzweiß und schwarzrotgold geslaggt, wobei die Preußenfahne viermal so groß ist. wie die Rationalflagge. Aber auch Potsdam zeigt die. schwarzrotgoldene Fahne, und besonders in den E t r a ß em d e r Arbeit verspürt man, daß heute das L o l k den Tag fein«? Verfastung feiert.

Geheimnisvoller Skelettsunb bei Oranienburg . Auf ein Verbrechen, das schon etwa 20 Jahre zu- r ü ck l i e g en muß. läßt«in Skelettsund schließen. Bei Ausschach- tungen zwischen den Oranienburger Wasserwerken und einer alten Ziegelei, etwa 100 Meter von dieser entfernt, fand man nicht weit vom Haoelufer in einer Tiefe von einem Meter ein mensch- liches Knochengerüst, von dem besonders der Schädel noch ziemlich gut erhalten ist. Dieser weist eine tlassende Hiebwunde auf. Neben den Knochen log ein ungebrannter Ziegelstein. Man vermutet, daß mit diesem der tödliche Hieb geführt worden ist. Von den Kleidungsstücken sind nur noch spärliche Reste übrig. Es scheint, daß der Mann eine grüne Joppe getragen hat. Nach An- ficht der Acrzte, die das Skelett untersucht haben, hat dieses wohl lchon mindestens 20 Jahre in der Erde gelegen. Ob damals in jener Gegend ein Mann ermordet worden Ist, ließ sich bisher nicht fest- stellen. Das Amtsgericht Oranienburg hat die Ermittlungen zur Aufklärung des Fundes eingeleitet.

Zum Selbstmord der Modenrünstlerin Wolf. Gestern, Mittwochvormiltag um 10 Uhr. wurde, wie wir be- reits in der Abendausgabe desVorwärts" kurz berichtet haben, die Modenkünstlerin Marietta Selma Wolf(nicht Holm) in ihrer Billa in der Hammerfteinstraße 10 zu Dahlem mit Gas vergiftet aufgefunden. Die besonderen Umstände bei der Aus- sindung der Toten ließen es möglich erscheinen, daß sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Es wurde daher die Mordkommission Dr. Berndorff-Zapfe alarmiert. Durch die Er- mittlungen wurde einwandfrei festgestellt, daß die Wolf durch Selbstmord geendet hat. Durch Zeugenaussagen ist jetzt fest- gestellt worden, daß sich in der letzten Zeit auffallende Zeichen von geistiger Zerrüttung bei Fräulein Wolf bemerkbar machten. Als am Mittwoch früh die Handwerker in die Villa kamen, fahen sie auf einem Tisch einen Zettel liegen, auf dem die Wals mitteilte, daß sie nach der Matthaikirchstrahe gegangen sei und das Badezimmer verschlossen habe, weil Wertsachen darin auf- bewahrt würden. Die Leute, die einen starken Gasgeruch wahrnahmen, ließen die Tür durch den Pförtner öffnen, um Un- heil zu oerhüten. Jetzt fand man Fräulein Wolf auf einer im- provisierten Lagerstätte' tot auf. Sofort angestellte Wieder- belebungsoerfuche blieben erfolglos. Ohne Zweifel hat sie in einem Anfall von Lebensüberdruß die Gashähne des Bade- ofens geöffnet und den Tod erwartet.

Beschwerderecht des Schwerbeschädigten. Der Reichsbund der Kriegsbeschädigten bittet uns um Veröffentlichung des folgenden: Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Hauptsürsorgestclle. welch« die Kündigung eines Schwerbeschädigten betraf, war an eine bestimmte Frist bisher nicht gebunden. Nach Anikel 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Abänderung de» Gesetzes über die Beschäftigung Schwer- beschädigier vom 8. Juli 1926 wird in Ergänzuno des§ 21 des Schwerbeschädigtengesetzes nunmehr bestimmt, daß die Beschwerde an den Beschwerdeausschuß der Hauptsütsorgestelle nur inner- halb einer Woche seit der Zustellung der Entscheidung der Hauptfürsorgeftelle erhoben werden kann. Diese Bestimmung, die am 1. August d. I. in Kraft trat, gilt, wie der Reichsbund der Kriegsbeschädigten mitteilt, auch für die Kündigung der bei Behörden beschäftigten Schwerbeschädigten. Der Reichsminister der Finanzen, der im.Reichsbesolduugsblatt" 1926 Nr. 19 darauf besonders hin- weist, stellt ausdrücklich fest, daß die Bestimmung des bisherigen Absatzes 2. nunmehr 3. des§ 21 des Gesetzes über die Beschäiligung Schwerbeschädigter durch die neue Bestimmung nicht berührt wird,