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Abendausgabe

Nr. 385 43. Jahrgang Ausgabe B Nr. 190

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreife find in der Morgenausgabe angegeben Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297 Tel- Adresse: Sozialdemokrat Berlin

Vorwärts

Berliner Volksblatt

10 Pfennig

Dienstag

17. August 1926

Berlag und Anzeigenabteilung: Geschäftszeit bis 5 Uhr Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297

Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Der Skandal von Hannover .

Einstellung des Verfahrens gegen die Radauftudenten.

Hannover , 17. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Wie wir so. eben aus sicherer Quelle erfahren, hat der Staatsanwalt in Sachen der studentischen Heze gegen Lessing das. Ber fahren eingestellt. Folgende Gründe sollen hierbei mit.

gesprochen haben:

Professor Lessing hat es abgelehnt, Strafantrag wegen Be­leidigung oder Mißhandlung zu stellen, so daß ein Berfahren dieser Delifte wegen aus gesetzlichen Gründen nicht eingeleitet werden kann. Ebenso wenig ist ein Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs erfolgt. Ferner hat sich der Staatsanwalt mit der Frage befaßt, ob das Vorgehen der Studenten sich als eine einfache De= monstration oder als ein nötigungsversuch darstellt. Bet Prüfung dieser Frage hat die Staatsanwaltschaft der Tatsache eine wesentliche Bedeutung beigemessen, daß vom Borstand der Studentenschaft beschlossen war, gegen Professor Leffing mit legalen Mitteln zu fämpfen und Gewalttätigkeiten zu vermeiden und daß ferner vom Vorstand der Studentenschaft feine Gewalttätigkeiten gefordert oder unterstüßt worden sind. Die Gesamtheit der Stubenten fönne daher für etwa vorgekommene Gewalttätigkeiten nicht verantwortlich gemacht werden. Die Schulb hierfür treffe vielmehr nur einzelne Studenten, die in den in Betracht kommenden Fällen mit Gewalt versucht haben, Profeffor

Rheinlandkundgebung unterm Hakenkreuz.

Maßnahmen der preußischen Regierung.

Die Tagung der Saarvereine in Verbindung mit dem Deutschen Tag in Köln ist in Formen erfolgt, die geeignet sind, der deutschen Sache in den Grenzmarten großen Schaden zuzufügen.

Der Festzug am Sonntag war eine schwarzweißrote Haken­treuzdemonstration von den Saarvereinen, Kriegervereinen, Studen­ten, Stahlhelm, Werwolf und Nationalsozialisten unter schwarz meißroten und Hafenkreuzfahnen.

Bei der Berlesung der zur Tagung der Saarvereine eingelaufe. nen Glückwunschdepeschen der Regierungen unterschlug der Ber­waltungsdirektor Bogel gefliffentlich das Glückwunschtelegramm des preußischen Innenministers Severing.

Arbeiter sah man bei dieser Feier nicht. Der schaffende Mensch des Saar - und Rheingebietes scheint es geahnt zu haben, daß die als nationale Rundgebung beabsichtigte Tagung fich zu einer natio­

nalistischen Demonstration entwickeln würde. Aus diesen

Gründen blieb er daheim, aus diesen Gründen schwieg er. Die Kölner Arbeiter in ihrer christlichen Schichtung blieben noch rechtzeitig fern. Schwarzweißrot war an diesen Tagen unter sich. Das ist auch wohl die Absicht gewesen. Der Festzug hat es eindeutig genug erwiesen, und ein Festausschuß, der es gestatten konnte, daß Hafenfreugler und Stahlhelmer während des Zuges Pamphlete ver. fauften, die die aufreizende Ueberschrift Der Ungeist von Beimar trugen, hat ganz genau gewußt, was sie tat.

Durd, diese Kundgebung hat der Bund der Saarver. eine, der mit Vorliebe auch um die Unterstüßung sozialdemokra tischer Abgeordneten wirft, eine tiefe Rluft zwischen sich und den Republikanern am Rhein aufgerissen. Benn der Saarverein glaubt, mit der Unterstügung der Hafen­

freuzler auszufommen, mag er es einmal versuchen.

Das preußische Ministerium des Innern hat eine Untersuchung über die Vorgänge bei der Kundgebung des Bundes der Saarvereine in Köln eingeleitet. Einen direkten Einfluß auf die Gestaltung der Dinge in Köln hatte das Ministerium natür­lich nicht. Die Untersuchung hat deshalb in erster Linie den 3wed, dem Ministerium Gewißheit darüber zu verschaffen, ob es eine Drga. nisation unterstützt, die es nicht verdient, und ob es infolgedessen nicht angebracht erscheint, das bisherige Berhältnis zu lösen.

Frankreich und der Eisenpakt.

Leffing an der Vorlesung zu verhindern. Diese einzelnen Studenten sind aber aus dem Bericht des Rettors der Technischen Hochschule nicht bekannt geworden. Auch den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist es nicht gelungen, die Namen dieser Studenten zu erfahren. Aus all diesen Gründen ist die Staatsanwaltschaft zu einer Einstellung des Ber. fahrens gekommen.

" Agenten der Bourgeoisie.'

Die Kommunistische Partei spaltet sich.

Die Fabel ist japanisch;

Doch auch in Deutschland , liebes Kind, Gibt es Libellen, und sie sind

Gar sehr perfide und satanisch.

( Die Rote Fahne " über Ruth Fischer .) Wieder ist die Rote Fahne " heute mit spaltenlangen

Schimpfereien angefüllt. Nach Korsch und Schwarz, von Iwan Ka gar nicht zu reden, werden jetzt Ruth Fischer und Maslow als Agenten der Bourgeoisie" gebrandmarkt. Sie ,, organisieren gemeinsam mit dem Parteiverräter Rorsch die Spaltung der Kommunistischen Partei Deutschlands . Die ,, Rote Fahne " bringt zum Beweis dieser Enthüllung, die längst feine Enthüllung mehr, sondern nur die logische Kon­sequenz der Spaltpilzinfektion der KPD. ist, ein langes Do­tument aus den internen Auseinandersetzungen. Es handelt fich um ein Rundschreiben der Korsch- ,, Gruppe" an ihre enge­Die Staatsanwaltschaft behandelt die strafbaren Hand- handlungen mit der Gruppe" Ruth Fischer - Maslow zur ren Anhänger. In diesem Schreiben wird über die Ver­lungen außerordentlich milde es waren ja nationalistische Herstellung einer gemeinsamen Blattform berichtet. Sehr Studenten. Unter solchen Umständen ist es nur begreiflich, massiv und deutlich erklärt deshalb die ,, Rote Fahne ": wenn das Radauftudententum in solcher Haltung der Behör­den eine Ermutigung zu neuen Taten erblickt.

Auf der Bonner Studententagung hat sich der Student Paehlmann laut der Inszenierung der studentischen Re­volte gerühmt. Ihm geschieht nichts. Weder von der Staatsanwaltschaft, noch vom Ministerium für Schule und Wissenschaft.

Im übrigen gehört es zu dem Ehrentoder der Radau ftudenten von Hannover , daß sich die Flegel, die gegen Lessing mit Gewalt vorgegangen sind, vor der Berantwortung feige drücken.

Delegierten fei der Ansicht, daß die Luxemburg zugestandene Quote viel zu groß sei im Verhältnis zu derjenigen, die Belgien zugestanden worden sei. Die Berhandlungen seien deshalb bis zum 17. Sep tember fuspendiert worden. An diesem Tage würden die Berhandlungen wieder aufgenommen und wahrscheinlich zu einem befriedigenden Ergebnis führen.

Die Preffe ist im übrigen sehr optimistisch und das Deuvre" fchreibt u. a., daß man nicht vergessen dürfe, daß die jetzigen Ver­handlungen nur eine Epiſode seien. Gelbst wenn sie unterbrochen würden, so müßten sie doch wieder aufgenommen werden, denn die würden jeden Augenblid den wirtschaftlichen Zeitumstände Interessenten die Notwendigkeit vor Augen führen, ein Abkommen zu fuchen.

Die Wirkung auf die Börse.

Die Belebung im Eisenhandelsgeschäft sowie der Fortgang der Eisenpaktverhandlungen in Paris regten die heutige Börse sehr an, zumal der Geldmarkt außerordentlich leicht blieb. Im Vordergrund standen Rheinische Braunkohlen und Oberfoks, über die Fusions­gerüchte mit dem Farbentruft verbreitet waren. Auch Elektroaktien find nach wie vor belebt im Zusammenhang mit den Vertruftungs. fombinationen. Am Devisenmarkt ist die Situation wenig ver ändert. Das Geschäft war in der ersten Börsenstunde ziemlich lebhaft.

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Der Putschversuch gegen Calles. Zwei Ergeneräle und 150 Mann verhaftet. London , 17. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Aus New York wird gemeldet, daß die Behörden in San Diego in Kalifornien mei meritanische Generäle festgenomemn haben, als sie mit 150 bewaffneten Leuten, einem Banzerauto und mehreren Autos voll Waffen und Munition die merikanische Grenze überschreiten wollten. Bon diesen zwei Generälen war der eine ehemals Kriegsminister; beide galten als Hauptstützen Huertas. Sie follen geplant haben, die Grenzorte zu nehmen und eine Revolution gegen den jeßigen Bräsidenten Calles zu entfesseln. Den Behörden der Vereinigten Staaten war diese Ab. sicht schon längst bekannt; fie griffen jezt zu, weil die Ausführung der Umfturz- Abfichten unmittelbar bevorstand. Die Generäle werden fich wegen beabsichtigten Aufruhrs und Berlegung berameri tanischen Neutralitätsgefeße zu verantworten haben.

Die Reibereien von Germersheim . England wünscht Erledigung im Völkerbund mit Deutschland .

Die Ratifizierung durch die französische Industrie sicher. Baris, 17. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Die Pariser Blätter veröffentlichen am Dienstag früh ein anscheinend halb. amtliches Rommuniqué, in dem sie zu den Meldungen Stellung nehmen, monach die Verhandlungen zur Bildung eines Eisen­London, 17. August. ( WTB.) Dem diplomatischen Bericht fartells abgebrochen seien. Es handelt sich, wie ausgeführt wird, nur erstatter des Daily Telegraph " zufolge, wird in London die um eine Suspendierung der Verhandlungen bis zum französisch- deutsche Auseinandersetzung wegen der Vorfälle in 17. September. Die Suspendierung sei auf verschiedene Gründe Germersheim mißbilligt, da eine Fortsetzung dieser Aus zurückzuführen. In erster Linie sei es angesichts der wenig einandersehung gefährlich für die guten Aussichten des Bölter. starten Ronzentration der französischen Eisenbundes und für Locarno fein fönnte. Die Ansicht sei, daß industrie nicht möglich gewesen, rasch genug das Einvernehmen alle noch bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutsch aller französischen Interessenten zu erreichen. Außerdem fei bereits darauf hingewiesen worden, daß das Abkommen nach dem Zustande tommen noch zur Billigung den Regierungen der interessierten Länder vorgelegt werden müsse. Das Abkommen fei am 13. Auguft im Brinzip abgeschlossen worden, sein Entwurf wurde aber nur von Deutschland und Lugem burg ratifiziert. Die franzöfifche Ratifizierung fei aller Boraussicht nach in der nächsten Zeit zu erwarten. Sie fei jedenfalls sicher. Es müßte immerhin zugegeben werden, daß tatsächlich zwischen den belgischen Industriellen und den anderen Delegierten Schwierigkeiten ausgebrochen seien. Jedenfalls hätten fich bie Belgier geweigert, irgendwelche Berpflichtungen be züglich der Ratifizierung zu übernehmen. Die Mehrzahl der belgischen

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land und den verschiedenen Alliierten erwogen werden müßten na dy der Aufnahme Deutschlands in den Bölterbund, und nicht vorher. Der Berichterstatter bemerft, der abgelehnte deutsche Borschlag in Paris habe vorgesehen, daß die Zwischenfälle in Germersheim von einer Kommission untersucht werden sollten, tie fich aus einem deutschen und einem franzöfifchen Delegierten sowie einem Engländer als Vorsitzenden zusammensetze.

Rüdfritt Kelloggs ? Nach Meldungen aus Washington beab= sichtigt Außenstaatssekretär Kellogg aus un politischen Gründen noch vor der kommenden Kongreßfession zurüdzutreten. Als Nachfolger wird Houghton genannt, der frühere Botschafter in Berlin ,

,, Es ist das eingetroffen, was von der Parteimehrheit sei Monaten den Anhängern der Opposition ins Gedächtnis gepräg murde: Der Weg Ruth Fischer - Maslow geht zum Renegaten Korsch Ber fann dies bestreiten? Jetzt ist es auch flar, warum Maslon fich mehrmals weigerte, den Beschlüssen der Internationalen Kontroll tommission nachzukommen. Er zieht es vor, unter dem wohl. wollenden Schuhe des Oberreichsanwalts Werner die Partei zu spalten. Jetzt lichtet sich auch allmählich das Dunkel der Aufent haltserlaubnis Maslows in Deutschland . Wir werder morgen auf den ganzen Fragenkompleg ausführlich eingehen uni noch andere Beweise für die organisatorischen Borbereitungen zu Parteispaltung durch Maslow und Fischer erbringen."

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Klar und einfach liegen für die ,, Rote Fahne " die Dinge Gut und Böse zu unterscheiden ist für das fommunistische Bentralorgan die leichteste Sache der Welt. Da ist Sowjetrußland! Weil Stalin es mit eiserner Faust regiert regiert dort auch das Proletariat. Wer diesen Glaubens jazz anerkennt, wer gläubig feine Knie beugt und bekennt: credo, quia absurdum ich glaube, wenn es auch Blöd finn ist, der gehört zur Schar der Guten, und bei de großen Scheidung in Böde und Schafe wird er ohne Be denken dem Stall der Schafe zugewiesen. Wer aber Diktatur des Proletariats identisch ist, wer fegerischerweise ir wagt, daran zu zweifeln, daß Stalins Diftatur schon mit der dem Antlitz der russischen Sowjet- Sphinx ta pitalistisch Züge zu entdecken sich vermißt, der wird aus der Schar der Gerechten ausgestoßen. Er gehört nach Sibirien oder nach Lappland ! Er ist ein Agent der Bour. geoisie". Zu diesen Agenten gehören also jetzt auch Nutl

if cher und Maslow. Früher hieß es: Ohne Maslowis Fischer mus feine Weltrevolution; jekt ist der maslomismus der neueste gemeinste und schlaueste Trid der Bourgeoisie zu Bekämpfung der proletarischen Diftatur in Sowjetrußland Kurz und bündig stellt die ,, Rote Fahne " zu dem Zusammen gehen zwischen Ruth Fischer - Maslow und Korsch fest:

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Die politische Bedeutung der gemeinsamen Erklärung ist fla und eindeutig: Ruth Fischer und Maslow haben sich den politischen Kommando Rorichs unterstellt. Der aus de Partei ausgefchloffene Renegat organisiert, mit beiden Füßen fest au dem Boden der Bourgeoisie stehend, die Parteispaltung. Ruth Fische und Maslow find feine Agenten innerhalb der Partei. Dieier Lat bestand ist so flar wie die Sonne. Die oppofiticnellen Arbeite werden jetzt begreifen, warum das Zentralfomitee ihnen imme und immer erklärte, daß jede Gruppe, die es ablehnte, einen flarer Trennungsstrich zwischen sich und dem Barteiverräte Korsch zu ziehen, über kurz oder lang bei Korfch lander müßte. Wir fordern alle Barteigenossen auf, die Unterschrift unte das von Korsch, Maslow, Ruth Fischer verbreitete Dokumen ber Borbereitung der Parteispaltung abzulehnen Es ist jetzt besonders Aufgabe der oppositionellen Genossen, zu be weisen, daß ihnen die Einheit der Partei über alles geht Für alle wirklichen Kommunisten kann es jetzt nur eine Losung geben: Trotz aller Gegensäge eiserne Front gegen die Spalter!" Das beweisführende Dofument für die Spaltungsabfich der Ruth Fischer - Maslow- Gruppe enthält nichts irgendwie Neues. Es zeigt nur zum soundso vielsten Male, daß die Opposition in der deutschen Kommunistischen Partei nichts weiter ist als die Wiederspiegelung der russi schen Vorgänge. Man diskutiert vielmehr die Frage der russischen Innenpolitik als deutsche Verhältnisse. In diesem Rundschreiben der Korsch- Gruppe wird der Nachweis geführt, daß auf Grund von Berhandlungen mit Ruth Fischer - Maslow der Wortlaut eines innerhalb der KPD. zir fulierenden und zur Unterschriftensammlung bestimmten Barteidofuments in dem Sinne beeinflußt worden ist, daß Berschärfungen gegen den offiziellen Kurs der Stalin fchen KPR.- Mehrheit aufgenommen wurden. Alle diese Unterschriftensammlungen dienen im Augenblick innerhalb der fommunistischen Bewegung von beiden Seiten nur dem 3wed, möglichst viel Anhänger auf die eine oder andere Seite zu ziehen. Nach bewährtem 3med möchte die KPD. - Sentrale die verräterischen Führer Ruth Fischer und Maslow Ics Maslow auf der anderen Seite versuchen Massen und Erga­werden und die Massen behalten. Ruth Fischer­nisationen der KPD. für sich zu gewinnen, sie wollen offen­bar so lange als möglich in der Parteiorganisation bleiben,