Aber der große foziale Fortschritt, der darin liegt, ruft gerade die Zionswächter von der BergwerksZeitung" auf den Plan. Dort wird vor allem gegen die Allgemeinverbindlichkeit und den durch sie ausgeübten 3wang" losgeschlagen. Den Verlegern wie den Redakteuren wird vorgerechnet, daß sie sich mit dieser Bereinbarung auf das Gebiet Des praktischen Sozialismus begeben. Zürnend erklärt die ,, Bergwerks- Zeitung":
Man gebe doch lieber gleich einem jeden Deutschen ein Kindermädchen oder einen Polizisten mit, der auf ihn aufpaßt! Oder haben die Vertreter des Journaliſtenberufes es besonders nötig, daß man sie der Sorge um ihre Familie enthebt? Können sie es allein nicht? Bedürfen sie der moralischen Nachhilfe?... Im Zusammenhang hiermit kommen wir auf die ideelle Seite der Angelegenheit. Ist es nicht unerhört, auch solche Journalisten, die tagtäglich das Ueberwuchern sozialistischer Anschauungsweisen befämpfen, zu zwingen, in ihren eigenen Angelegenheiten selbst Sozialisten zu werden, gar mit ihren Beiträgen Entwicklungen zu unterstützen, die sie auf anderen Gebieten für verhängnisvoll halten? Wie kann sich ein Anhänger individualistischer Weltanschauung mit der Zwangsversorgung bis zu einer Gehaltsgrenze von monatlich 2000 Mark abfinden? Ein Redakteur, der in seiner Zeitung die Geschäftsführung ohne Auftrag" befämpft, nämlich die Geschäftsführung der Gewerkschaften auch für die nicht in ihnen organisierten Arbeiter, fann sich ummöglich damit einverstanden erklären, daß sein eigener Verband als Mandant der nicht organi sierten Redakteure auftritt. Hier wird eine Weltanschauung, hier werden Ueberzeugungen vergewaltigt."
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Daß eine solche Bestimmung für verbindlich erklärt werden konnte, ist nach der Unternehmerlogit der Bergwerts Zeitung" überhaupt nur aus dem Wahn zu begreifen, daß jeder Deutsche irgendwie sozialistisch erfaßt werden muß."
Nun werden sowohl die Verleger wie die Redakteure der bürgerlichen Presse, wenn sie dieses Kapitolsgeschrei über die„ aufgezwungenen Wohltaten" zu Gesicht bekommen, gewiß erstaunt die Augen reiben, weil sie bisher nichts davon gemerkt hatten, daß sie in den Sozialismus ,, hineingeschliddert" sind, daß sie sogar fich bolfchemistischen Anschauungen hingeben", wie ihnen in dem schwerindustriellen Organ weiter nachgeredet wird. 3war ist es Tatsache, daß die große Mehrzahl der Redakteure das Berficherungswert mit Freude begrüßt hat, und daß sogar diejenigen, die nicht zur Tagespreffe im eigentlichen Sinne gehören, die Journalisten aus den Nachrichtenbureaus und die Redakteure von 3eitschriften alle Hebel in Bewegung setzen, um ihren Anschluß an die Versorgungsanstalt zu gewinnen. Aber auch sie werden kaum eine Ahnung davon haben, daß sie im Begriffe find, aus der individualistischen in die sozialistische Weltanschauung hinüberzugleiten. In ihrem Zorn über den neuen Sozialismus im Zeitungsgewerbe läßt sich die Deutsche BergwerksBeitung" schließlich noch zu einem Geständnis verleiten, das nicht nur für den vorliegenden Fall, sondern weit darüber hinaus von Bedeutung ist. Den Einwurf, daß die Versicherung durch die Versorgungsanstalt der deutschen Presse deswegen besonders günstig sei, weil die Verleger ja die Hälfte der Prämien zu zahlen haben, tut sie mit diesen Säßen ab:
Wenn die Arbeitgeber die Hälfte der Prämien tragen, so ift es doch selbstverständlich, daß das in den Behältern über furz oder lang zwangsläufig zum Ausdrud tommen muß, und zwar nicht nur mit 5 Proz. des Gehaltes, fondern mit insgesamt 7% Proz., denn die in einen Sonderfonds abzuführenden 2% Proz. werden praktisch nicht von den Verlegern, sondern ebenfalls von den Redakteuren getragen. Wie man diese Regelung als eine soziale Tat bezeichnen fann, bleibt unerfindlich. Diese Arbeitgeberprozente wirken aber auch in der Richtung einer Stabilifierung der jetzt gezahlten Gehälter. Es wird also jebe Bewe. gung unterbunden, durch welche allein das Gehalts. niveau gehoben werden fann. Es wird jetzt heißen: Für euch ist ja gesorgt; wir zahlen ja die Prozente!"
Vom Druckfehler- Teufel.
Von Gustav Halm.
Wie der Kudud seine Eier in fremde Nester, so schmuggeln Druckfehlerteufel und Sehkaftentobold ihre Bosheiten in die harm losesten Artikel und Inserate; es joll aber Menschen geben, die gerade um der Druckfehler willen die Zeitung gerne lesen und fich obendrein dran erbauen, wenn unberufene Schreiber und Dichter noch ihre Stilblüten hinzugegeben haben. Meine hier mitgeteilten noch ihre Stilblüten hinzugegeben haben. Meine hier mitgeteilten Proben entstammen einer ganzen Sammlung solcher Schnizer". Communionkleid für größeres Mädchen mit Kranz billig zu verkaufen", inseriert da jemand. Nun mag es ja vorkommen, daß eine Braut ihren Kranz nicht mehr hat, aber von einem Communionkind könnte man es schließlich doch ohne weiteres Junges braves Mädchen neben der Frau gesucht, schreibt ein anderer. Man wundert sich, daß solche Haremsgedanten in deutschen Blättern wach werden dürfen!
erwarten.
Für Weihnachten liefere ich schöne Photo- Bergrößerungen mit Rahm billig." Ob das Schlagrahm ist? Die Fettfleden auf Die Fettflecken auf dem Photo nimmt man wohl gern in Kauf, wenn die Rahmportion groß genug ist.
„ Ein junger Bursche sucht Stellung als Wirtsmegger. lehrling", daß es Ochsen- und Schweinemegger gibt, ist ja bekannt. Aber warum soll nicht auch ein Wirt schmackhaftes und nahrhaftes Fleisch liefern?
" Im historischen Festzug der französischen Republit folgen als fiebente Gruppe: 3wei Bürgerinnen, eine mit der Tafel der Rechte, eine mit dem Delzweig des Friedens, beide zerbrochen." Man mußte wohl die zerbrochenen Bürgerinnen auf einem Handwagen mitführen? Vielleicht ist eine von ihnen die bekannte Dame ohne Unterleib. Oder ob auch edlere Teile abgebrochen waren? Unter den Familiennachrichten eines Blattes stand: Geboren: Berwitwete Frau Elisabeth Krüger, 80 Jahre alt. Geh. Rat Schent zu Schweinsberg im 63. Lebensjahre." Man sieht: Bei Gott ist kein Ding unmöglich. Wenn auch Eulenspiegel meinte, Gott tönne nicht in einer Minute einen zwei Jahre alten Ochsen schaffen, so fann er also doch 60-80jährige Menschen mit Titeln und Würden in fürzester Zeit hervorbringen.
Von einer Eisenbaufirma wird erzählt, sie habe auch für die Eisenbahnbrücke die neuen Entgleisungsvorrichtungen ausgeführt." Das ist in der Tat eine praktische Neuerung. Man erspart also fünftig die langwierigen und fostspieligen Prozesse gegen den Eisenbahnfiskus, wenn ein Unglück geschieht, und wendet sich direkt an die Firma.
Brachtvoll ist die. Offerte einer Kinderwagenfirma: Modelle für die Kinderwagenausstellung! Soeben erschien unser bei Jung Deutschland Aufsehen erregender Brachtkinderwagenkatalog! 100 Neuheiten, deren ganze Hälfte in naturtreuen Farbentönen dem Mutterauge umsonst die Kinderwagenwahl erleichtert." Schon die Sprache dieses Prospektes wird bei Jung- Deutschland Aufsehen erregen, glaube ich! Ein Angelsportverein widmet einem verstorbenen Mitglied ein stilles Fahre wohl in die ewigen Fisch
Was hier für die Redakteure gesagt wird, gilt natür. I teiligung am nattonalfoztattfifchen Parteitag in Betmar -Eine schöne lich auch sonst im Leben, das heißt vor allem für die Ar- und seiner Beziehungen zu den Nationalsozialisten. beiter. In dem ausgesprochen schwerindustriellen Unter- Blüte! nehmerorgan wird hier also mit erfrischender Offenheit zugegeben, daß die sozialen Beiträge, die von Arbeitgebern geleistet werden, in Wirklichkeit zu Lasten der Arbeiter und Angestellten gehen!
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Alle Redakteure, die in Zukunft wieder davon zu schreiben wagen, daß die sozialen Lasten die Wirtschaft erbrüden", werden an dieses unfreiwillige Geständnis der Bergwerts- Beitung" erinnert werden. Aber freilich wird für sie der Sozialismus im eigenen Hause" zumeist noch nicht bedeuten, daß sie für soziale Maßnahmen an derer Art den guten Willen zum Verständnis aufbringen. Sozialismus bedeutet für sie immer noch ein Schreckgespenst. Und vor Gespenstern fürchten sich auch die eingefleischtesten Individualisten!
08
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Steuerhinterziehende Richter.
Ein Mahnschreiben des Reichsfinanzminifters. Ein bayerisches Blatt hat im Zusammenhang mit den Affären Gürtner und Kölling festgestellt, daß die richterliche Autorität nicht nur durch Angriffe von außen, sondern auch durch die Richter selbst erschüttert werden könne. Dazu gehören offenbar auch Vorkommnisse, wie sie in dem folgenden Schreiben des Reichsfinanzministers besprochen werden. Das Rundschreiben lautet wörtlich: Der Reichsminister der Finanzen.
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III e 3500 III R 9726. Betrifft: Besteuerung des Einkommens aus außerdienstlicher Tätigkeit der Beamten.
Und Sie Gegensätze im Lager des Katholizismus. Breslau , 19. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Auf dem Deutschiedsrichterliche, gutachtliche, schriftstellerische oder ähnliche außer fchen Ratholitentag, der am kommenden Sonntag in Breslau beginnt, werden führende Politiker der katholischen Mittelparteien, der Reichskanzler Dr. Mary und der kürzlich zum deut schen Gesandten in Wien ernannte frühere bayerische Ministerpräsident Graf Lerchenfeld als Referenten auftreten. Der Reichstanzler hält den ersten Hauptvortrag in der Generalversammlung des Volksvereins für das katholische Deutschland , wo außer ihm noch der Generaldirektor dieser Organisation, Dr. HohnMünchen- Gladbach und der Oberpräsident von Oberschlesien , Dr. Prosta, Referate halten werden. Graf Lerchenfeld spricht in einer Hauptveranstaltung des Katholikentages über christliche Grundfäge im Leben der Staaten und Völker. Im übrigen wird die Tagung voraussichtlich politische Debatten möglichst einzuschränken suchen. Schon die dafür vorgesehene Zeit ist von der Tagungsleitung überaus knapp bemessen. Es gilt daher auch noch nicht als sicher, ob der frühere Reichskanzler Dr. Wirth überhaupt nach Breslau kommt, zumal feine engeren Freunde auf dieser ostdeutschen Tagung wahrscheinlich schwäch er vertreten fein dürften als etwa auf dem vorigen Ratholitentag in Stuttgart .
Der deutsch nationale Ratholiten- Ausschuß greift schon jetzt das Tagungsprogramm in einer Erflärung an, die behauptet, daß das Zentrum ein Monopol auf alle Hauptreferate er halten habe. Tatsächlich kommen aber außer dem zur Bayerischen Boltspartei zählenden Grafen Lerchenfeld auch noch andere Redner zu Worte, die nicht Zentrumsmitglieder sind, während 3. B. fein einziger Bertreter der katholischen Arbeiterschaft ein Referat erhalten hat. Die wachsenden politischen und sozialen Gegenfäße im Lager des deutschen Katholizismus veranlassen diesmal in ganz besonders starkem Maße die Hervorhebung des firchlichen Momentes als des einigenden Bandes. Die Tagung wird daher nicht nur von einer großen Reihe rein firchlicher Veranstaltungen begleitet sein, an denen sich eine größere Anzahl von Bischöfen beteiligt, sondern auch in ihrem nichtkirchlichen Teil von Vorträgen des Breslauer Fürstbischofs und des Berliner Runtius eröffnet werden, ebenso wie ein erheblicher Teil der übrigen Referate von Berufstheologen übernommen ist.
Völkische Akquisition.
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Weimar , 20. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Der feinerzeit wegen seiner Beteiligung an der Münchener Räterepublik zu 1% Jahren Festung verurteilte jezige Oberregierungsrat Schleu finger beim Justizministerium in Weimar hat seinen Austritt aus der SPD . erklärt. Er ist damit dem Abschluß des Ausschluß Derfahrens zuvorgekommen, das gegen ihn schwebte wegen Mitteilung des Namens eines Parteigenossen als Verfasser eines Zeitungsartitels an die Thüringer Regierung, feiner Stimmabgabe für Hindenburg bei der Reichspräsidentenwahl 1925, feiner Be
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gründer Womit man sich lebhaft in die ewigen Jagd-| gründe" von Untas und Chingachgook zurückversetzt fühlt!
,, Das polnische Consulat", so. teilt eine Kölner Zeitung mit, erteilt das Durstreisevisum nach Ostpreußen ." Das ist etwas reichlich weit für eine Bierreise, finde ich. Man sollte da doch mehr in ben umliegenden Dörfern bleiben. Ueber einen Unglücksfall lesen wir:
gerufen wurde
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Die Frau wurde herabgeschleudert und mit zwei ger brochenen Beinen ins Spital gebracht." Einige Beine müssen also doch wohl heil geblieben sein, ich nehme an: Nasenbein und Steißbein. Von Johannes dem Täufer behauptet eine Kirchenzeitung:„ Wäre Johannes ein Diplomat gewesen, als er vor Herodes er stünde noch heute unter dem blauen Himmel am Jordan und predigte." Er wäre also beiläufig so etwa 1950 Jahre alt. Sollte das nicht doch etwas viel behauptet sein. In einem Roman heißt es:„ Er seufzte brunnentief." Da werden wir nächstens wohl auch hören, es habe jemand turmhoch gelacht" oder„ filometerbreit gegrinft!"-
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In hiesiger Gegend wurden zwei zweifelhafte Ele. mente bemertt", schreibt ein fleines rheinisches Blatt. Und von einem Eisenbahnunglück berichtet dieselbe Beitung: „ Der Unglückliche wurde überfahren und zwar mit solcher Bucht, daß man den Körper vom Rumpf getrennt fand. Das muß freilich mit ganz bemerkenswerter Wucht geschehen sein!
In einer Theaterkritik der Berliner Börsenzeitung" heißt es: Dies stellt dar den Kampf der erbgebundenen, tierischen mit den geistigen, zum Göttlichen strebenden Mädchen"; offengestanden, diese beiden Sorten Mädchen möchte ich kennen lernen.
Zum Schluß noch ein paar spaßhafte Inserate:„ Kathi Mann, sucht die Bekanntschaft eines Fräuleins, das sich für milch geschäft eignet."
an.
Die Geburt unserer Tochter Anneliese zeigen wir hocherfreut Alfons Falkenberg und Wwe. Anna Nehm, geb. Päffgen." ,, Direttrice, dreigeilig, für Damenkostümbranche, gesucht." ,, Westenarbeiter, der etwas mitmachen fann, gesucht." ,, Warne hiermit jeden, der sich schlechte Aeußerungen gegen mich erlaubt hat, dieselben zu widerrufen."
Ich ersuche hiermit denjenigen, welcher sich am Dienstag meinen Spiz aneignete, derselbe ist gelblich mit schwarzem Kopf und trägt einen Band mit Messing beschlagen, mir umgehend zurückzu besorgen, widrigenfalls ich ihn polizeilich belangen lae( Daß es im„ Borwärts" feine Druckfehler gibt, ist unseren
aufmerksamen Lesern bekannt.)
Miß America" im Berliner Theater. Den Erfolg dieser Operette bestreitet nicht der Komponist Bromme, der ein paar nette Lieder und schön etikettierte Tänze flangvoll heraus musiziert; eins davon, das Lied von der Frau, die immer die Frau des anderen ist, wurde schlagerhaft begrüßt. Auch die Tertdichter Otonkowski, Steinberg und Schwabach sind nicht die Erfolgmachender... Sie haben die eine kleine Idee von der schnell geschlossenen Scheinehe aus dem " Grafen von Luxemburg" entlehnt, um sie ganz und gar nicht vor wärts zu treiben. Eine Koffer- und Personalverwechselung flärt sich für die Autoren zwei Atte später auf als für das Publikum. All das ist wirklich wenig; aber der frisch aus Wien importierte Ostar
In den letzten Jahren haben sich unter dem Einfluß der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältniffe die Fälle gemehrt, in denen. richterliche Beamte wie auch Beamte der Verwaltung sich durch dienstliche Tätigkeit einen Rebenerwerb schaffen. Diese Einfünfte sind steuerpflichtig. Die Nichtangabe derartiger Einkünfte ist unter allen Umständen ein Verstoß gegen die Steuergesetze. Sie muß in der Regel als Steuerhinterziehung oder als Steuergefährdung(§§ 359, 367 der Reichsabgabenordnung) bestraft werden. In Fällen, die in legter 3eit zur Kenntnis meiner nachgeordne ten Dienststellen gekommen sind, hat es sich zum Teil um verfehlungen von richterlichen Beamten gehandelt, bei denen nach ihrer amtlichen Stellung die Einsicht in die Bedeutung des Hinterziehungsdelittes vorausgesetzt werden mußte, und bei denen der Mangel der Erkenntnis meines Dafürhaltens vielfach zugleich die Eignung für die ihnen anvertrauten Aemter in 3 weifel stellen würde. Es bedarf feines Hinweises darauf, daß in einer Zeit des Wiederaufbaus von Staatswirtschaft und Bolkswirtschaft, in einer Zeit, in der die Belastung des Deutschen Reiches eine weitgehende Heranziehung aller Bevölkerungsschichten zur Mittragung an diesen Lasten unerläßlich macht, jede Berfehlung eines Beamten eine schwere Gefährdung der Staats. autorität bedeutet. Dies gilt insbesondere für die Verfehlung solcher Beamten, denen weitgehende obrigkeitliche Befug nisse, sei es auf dem Gebiete der Verwaltung, sei es auf den der Rechtsprechung, anvertraut find, und denen damit die Wahrung entscheidender Staatsinteressen obliegt. Ich glaube mich mit den Zentralstellen des Reichs und der Länder darin einig, daß gegen Berfehlungen der gekennzeichneten Art mit Schärfe und Nachdruck eingeschritten werden muß. Es scheint mir aber ebenso dringend geboten, der Notwendigkeit solcher Bestrafungen nach Möglichkeit vor. zubeugen. Einen wesentlichen Schritt auf diesem Wege würde ich darin erblicken, wenn die Justizverwaltungen die richterlichen Beamten auf die bedauerlichen Vorkommnisse hinweisen und daran die Mahnung knüpfen würden, die staatsbürgerlichen Pflichten auch auf steuerlichem Gebiet in der vorbildlichen Weise zu erfüllen, die für die Vertreter der Staatshoheit felbstverständlich sein sollte. An den Preußischen Herrn Justizminister, dessen Geschäftsbereich in erster Linie durch die Vorkomm. nisse betrofffen ist, bin ich unmittelbar herangetreten. In Bertretung: Bopiz.
An den Herrn Reichsminister der Justiz.
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Es gibt alfo danach in Preußen Richter, die sich nicht nur in ihrer Rechtsprechung im Gegensatz zum heutigen Staat befinden, sondern die auch das Steuerzahlen als überflüssig ansehen. Das Ansehen der Richter, deren Feindschaft gegen die Republik notorisch ist, wird dadurch sicher nicht gefestigt.
Ein deutsch - polnisches Oder - Grenzabkommen ist in Oppeln unterzeichnet worden. Die Verhandlungen über die Grenzstrecke der Warthe sollen demnächst fortgesetzt werden.
Karlweis fiegte auf der ganzen Linie, ein Jüngling von bezau bernder Unschuld, mit einer besonderen Art von Theaterlache und ganz natürlich in jeder Miene, jeder Bewegung seines schlanken Körpers. Auch Siegfried Arno wurde belacht, in seinen Berfleidungen und Tanzgrotesken üppig an drastischer Komit, doch in seiner Rolle gefeffelt. Dazu die beiden hübschen Frauen Seidl und Scholl. wer, sowie die unentwegt an falscher Stelle mit flottem Schritt und nervösem Geschrei einsehenden Girls, und die echte Spanierin Se. grario de Toledo , deren Zusammenhang mit dem Stüd man nicht versteht. Ueberflüssig zu sagen, daß am Schluß zwei richtige Ehepaare mit Ringen da sind, und daß der Schlemihl Arno nur einen Rettungsring als Erfaz umgeschlungen hat. Salter dirigierte mit Temperament und das Publikum zeigte sich so zufrieden, als seien das alles Dinge, mit denen man längst vertraut ist. R. S.
Der Bofficelli- Bubenkopf. Der Herrenschnitt, der in England als Eton- crop" erfunden worden ist, bürgert sich bei uns jetzt mehr und mehr ein und erhöht das jungenhafte Aussehen unserer Damenwelt. In England aber tommt man von dieser äußersten Annäherung an die männliche Haartracht allmählich wieder zurüd. Die Damen, die aus den Bädern zurückkehren, haben zum größten Teil sich die Haare länger wachsen lassen und zeigen sich jetzt mit einer Frisur, die nach dem großen italienischen Maler der Frührenaissance, Botticelli , benannt wird. Der Meister des Frühlings" hat ja bekanntlich in seinen Engelsgestalten ein Schönheitsideal vertreten, das durchaus ,, mannweiblich" genannt werden kann. Die schlanken Jünglinge mit den weichen Gesichtern und den biegsamen Gestalten zeigen eine gebändigte Haarflut, die die Ohren bedeckt und über den Nacken bis auf die Schultern herniederwallt. Dabei sind die Haare edig geschnitten und in einer kurzen Franse über die Stirn heruntergefämmt. Diese Haartracht, die schon einmal in den Tagen der Präraffaeliten, als die Botticelli - Begeisterung auf der Höhe stand, zur Herrschaft gelangt war, wird jetzt wieder aufgenommen und bietet jedenfalls eine anmutigere Umrahmung des Gefichts als der nüchterne Eton- crop.
Erffaufführungen der Woche. Donnerst. Komödienhaus: Herr von Saint Dbin; Lustspielhaus: Seutuli; Nelson- Theater: Dietan enden Fräuleins. Freit. Th. in d. Kommandantenstr.: Ratten; Sonnab. Deutsches Künstlertheater: Beronita.
Urania - Beranstaltungen. Täglich( 7): Sonnenfreudigkeit und
stor perfultur". Täglich( 9): Südwestafrika".
Die Vorstellungen der Bolfsbühne E. B. beginnen in einigen Theatern Diesmal bereits Ende August. Die Mitglieder erhalten Borstellungen im Theater am Bülowplay, der Oper am Blatz der Republit, im Theater am Schiffbauerdamm, im Schiller- Theater oder im Staatlichen Schauspielhaus unter der Leitung von Hans Felig umgewandelt wird. Mitgliederanmel am Gendarmenmarkt sowie im Thalia- Theater, das in einen Schauspielbetrieb idungen können noch erfolgen.
Kammerspiele. Die Neueinstudierung von Und Pippa tanzt, bon Gerhart Hauptmann , findet am 31. August in den Kammerspielen des Deutschen Theaters statt. Das Stüd wird im Einverständnis mit Gerhart Hauptmann in einer neuen Fassung gespielt. Der 3. und 4. Aft find zu einem Aft vereinigt worden. Die Rolle der Bippa" spielt Toni van Eyd. Regie führt Heinz Hilpert , der hiermit seine Tätigkeit an den Reinhardtbühnen beginnt.