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Der geohrfeigte Bischof.

Eine faschistiiche Heldentat.- Rom oder Byzanz? Man schreibt uns von der italienischen Grenze:

Das Organ des päpstlichen Stuhles, der Osservatore Romano  " reröffentlicht in seiner Nummer vom 30./31. August das nachstehende Communiqué:

Nach unliebsamen Zwischenfällen, die sich dieser Tage ereignet haben, hat die geistliche Obrigkeit es als nicht vorsichtig er­achtet, daß sich aus vielen Städten Italiens   und auch des Auslandes

Das Funkwesen am Kaiserdamm.

Eröffnung der Großen Funkausstellung.

Am Kaiserdamm hallen wieder die Lautsprecher. Neben der| gehen, sind mit einem Holz verkleidet, so daß das gesante Ra bas neue Wahrzeichen Berlins  , der Funkturm mit seinem Restaurant Funkhalle mit dem dreigestuften Glasdach erhebt sich jetzt vollendet in 50 Meter Höhe. Die Halle selbst ist gefüllt mit den Apparaten und Einzelteilen, die die fortgeschrittene deutsche Radiotechnik heute Gruppen junger katholischer Turner auf die Reise machen und hat als Höhepunkt des Erreichbaren bezeichnet. Im nächsten Jahr wird man noch ein Stück weiter sein. Auf jeden Fall ist die Entwicklung, die diese Industrie im Laufe von etwa drei Jahren genommen hat, überraschend und selbst für den Laien erkennbar. Aber wer will heute noch Late auf diesem Gebiete sein?

daher den Internationalen Wettbewerb für Gymnastik und Sport unter den katholischen   Verbänden Europas  " abgesagt, der vom 3. bis 6. September in Rom   hätte stattfinden sollen.

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Was mögen das für Zwischenfälle gewesen sein? Am Morgen des 31. Auguft ist der Veröffentlichung des Osservatore  " ein Com­muniqué der offiziösen Stefani" gefolgt, in dem das Publikum eine Bersion dieser Zwischenfälle erhält. Kleinigkeiten. Die Hundert­jahrfeier des heiligen Ludwig von Gonzaga hat einige leichte Konflikte zwischen den( katholischen  ) Boyscouts und den( faschi stischen) Vorhutburschen veranlaßt, ohne Folgen für die Personen und die öffentliche Ordnung, mit Ausnahme nächtlicher Ueberfälle beider Organisationen in die Lokale der anderen, mit sehr geringem Sachschaden in beiden Lokalen." Dies für Mantua  . In Macerata  , gelegentlich des katholischen   Universitätskongresses, ähnliche Kleinig gelegentlich des katholischen   Universitätskongresses, ähnliche Kleinig feiten, mit drei Leichtverwundeten, zwei Katholiken und einem Faschi sten, am 28. August. Und darum soll der Vatikan   einen Kongreß ab­fagen, zu dem mehrere tausend Personen nach Rom   kommen sollten, und das 72 Stunden vor seinem Beginn? Hat nicht die Stefani" eine Bagatelle vergessen? Ist nicht am 28. August in Ma= cerata der Bischof von einem Faschisten geohrfeigt worden? Auf diese Frage wird man in Italien   nie eine Antwort erhalten, wie man nie auch nur die abgerichtete Version des Stefani" erhalten, wie man nie auch nur die abgerichtete Version des Stefani" bekommen hätte, ohne die Absage des Batikans.

Man kann sich denken, wie einer ganz mit Weihwasser und Weihrauch angemachten Regierung eine solche Affäre ungemütlich ist. Heute, wo man angesichts des Ernstes der wirtschaftlichen Lage eine Art innere Einheitsfront anstrebt, ist es im höchsten Grade unklug, die Klerika­

len zu brüstieren. Und diese nehmen die Sache mit solcher Bitterkeit, daß der Osservatore Romano  " sogar den internationalen Kongreß für sittliche Erziehung, der vom 28. September bis 2. Oktober in Rom  tagen soll, als eine positive und direkte Beleidigung jener geistigen und sittlichen Oberhoheit des Papstes" ansieht," dem der Kongreß in Rom   seine Negation und seine Herausforderung entgegenschleu­dert". Und das, obgleich Mussolini   das Patronat über­nommen hat. Diese Tatsache der sittlichen Erziehung im Schatten Mussolinis hat einen Teil des Auslandes von dem Kongreß fern­gehalten; nun bleibt die katholische Kirchetro Musso­ lini   fern.

Faschistische Knechtseligkeit hatte an dem Ort, wo Mussolini   von einer ihm bei einer Uebung geplatten italienischen Granate verwundet wurde, einen Stein anbringen lassen mit der Inschrift:

Feindliches Eisen versuchte hier das Geschick des Vater landes auszulöschen, aber im Schmerz erstand in Mussolini  die Größe eines neuen Italien  .

Es scheint nun Mussolini   peinlich gewesen zu sein, daß man die italienische Granate als feindliches Eisen" darstellte, und ausdrücklich cus dem Schmerz der vielseitg verlegten Hinterfront die Idee des neuen Italien   erstehen ließ. Jedenfalls hat er in einer von seinem Leibblatt in die höchsten Himmel erhobenen Entschließung die Inschrift besser der geschichtlichen Wahrheit anpassen und einfach in folgende Worte faffen lassen:

Hier kämpften und starten viele Söhne Italiens  . Das ist nun leider eine unbestreitbare Wahrheit.

Fassadenkletterers Debut.

Ein mißglückter Bersuch, das Hotel Adlon   zu erflettern. Gestern abend gegen 10 Uhr wollte sich ein junger Mann als Fassadenfletterer betätigen. Trotz der hellen Beleuchtung unternahm er es, an der dem Pariser Blah zugewandten Hausseite des Hotels Adlon   emporzutlettern. Chauffeure, die mit ihren Wagen an dem Platz hielten, bemerkten aber den Hochtouristen" und be­nachrichtigten das Hotel und die Polizei. Der junge Mann war gerade in einem unbewohnten Zimmer im ersten Stock gelandet, als auch schon Schupobeamte und Hotelangestellte zu seinem Empfang bereitstanden. Auf der Wache des 1. Reviers wurde er als der

28 Jahre alte Lagerarbeiter Ernst 2. aus der Gartenstraße festgestellt. Der junge Mann war zurzeit ohne Beschäftigung, hatte viel von den Erfolgen der Fassadenkletterer gelesen und wollte nun selbst einmal fein Glück versuchen. Sein Pech wollte es, daß er ein unbewohntes Zimmer ermischte, in dem er selbst dann nichts gefunden hätte, menn er nicht gesehen worden wäre. Einen helfers­helfer hat er nicht gehabt.

Zwei Flugzeugabstürze innerhalb 20 Minuten.

Der

Auf dem Flugplatz in Staaten ereigneten sich heute morgen furz nach 7 Uhr zwei folgenschwere Flugzeugabstürze. Der Flug­schüler Mad von der Flugsportschule in Staaten startete mit dem Flugzeug Nr. 989 zu einem Uebungsflug. Die Maschine, die tadel­los funktionierte, fegte in etwa 400 Metern Höhe, als Mack versuchte, seitlich abzutrudeln, plößlich aus. Er vermochte den Apparat nicht mehr in die richtige Fluglage zurückzubringen und stürzte ab. Apparat wurde zertrümmert und der Pilot schwer verlegt in das Spandauer   Krankenhaus geschafft. Knapp 20 Minuten später erfolgte der zweite Absturz. Der Flugsachverständige, der Polizeioberleutnant Joerfe, stieg zu einem Probeflug mit einer neuen Sporttype der Flugsportschule Staaten auf. Ihm éreilte das­selbe Geschick wie dem Flugschüler Mack. Joerfe verlor die Gewalt über den Apparat und stürzte 100 Meter nördlich der Chaussee Staa­fen- Dallgom in die Tiefe. Der Apparat wurde zertrümmert und Joerke erheblich verletzt in das Staatskrankenhaus übergeführt.

Wieder ein D- Zug mit Steinen beworfen. Mit Steinen beworfen wurde gestern nachmittag der D- 3ug Nr. 61 an der Brücke über den Teltowkanal zwischen Lant­wiß und Südende. Ein mehr als fa ust großer Stein durchschlug eine Scheibe des Packwagens, verlegte aber niemanden. Der Zug wurde sofort zum Stehen gebracht, die Nachforschungen Der Bahnbeamten blieben aber erfolglos. Auf Anzeige des Zug führers wurde von Lankwitz   aus eine Polizeistreife des 193. Reviers entsandt, die das ausgedehnte Laubengelände absuchte. Es war aber niemand mehr zu finden. Ohne Zweifel sind die Misse­täter wieder dumme Jungen gewefen. Es sei nochmals daran erinnert, daß die Reichsbahnverwaltung für Anzeige derartiger Streiche jedesmal eine Belohnung zahlt. Mitteilungen nimmt im Berliner   Polizeipräsidium die Fahndungsinspektion H, Kriminal fommiffar Doft, entgegen.

Volk und Zeit", unsere illustrierte Wochenschrift, und Der Kinderfreund" liegen der heutigen Postauflage bei.

Groß- Berliner Parteinachrichten.

Reukölln. 92. Abt. Heute, Freitag, abends pünktlich& Uhr, bet Gettgart( frül er Räderig), Junftr. 8, Abteilungsfunktionärfizung, zu der alle Partei und Ge werkschaftsfunktionäre der Abteilung bestimmt erscheinen müssen.

Ein Gang durch die Ausstellung.

fertige Empfangsgeräte auf den Markt brachten, hat sich Die große Zahl von Funffirmen, die noch im vorigen Jahr wesentlich verringert, da sich gezeigt hat, daß der Bedarfanfer: tigen Geräten nicht so groß ist, wie man ursprünglich an­nahm, und daß die deutsche Funkindustrie durch die von vornherein beabsichtigte Vielseitigkeit der Fabrikation ihre Kräfte zu sehr zer iplitterte. Es hat daher eine starke Arbeitsteilung Plaz ge­griffen, indem eine Reihe der Firmen sich nur mit der Herstellung bestimmter Einzelteile beschäftigen, während wieder andere Firmen unter Benutzung dieser Einzelteile Empfangsgeräte nach erprobten Schaltungen herstellen. Die Herstellerfirmen von Empfängern waren weiter bemüht, die Zahl ihrer Modelle möglichst zu beschränken, um auch hierdurch eine größere Zusammenfassung aller Entwicklungs­auch hierdurch eine größere Zusammenfassung aller Entwicklungs und Fabrikationsmittel zu erreichen. Wir sehen unter dem einfachen und billigen Empfangsgerät außer den Detektorgeräten fast nur Audion- Rückkopplungsempfänger mit Mehrfachniederfrequenz­verstärtung. Die weitreichenden Empfänger sind entweder als Neutrodyne- und Superhytrodyne oder als Ultradyne empfänger gebaut. Der Niederfrequenzverstärter wird sehr oft in den letzten Stufen als Widerstands verstärker gebaut, da man dadurch eine bessere Klangreinheit erhofft. Bei Transformatorenverstärkung wird öfters die Gegentattjáhaltung angewendet, mit deren Hilfe es auch gelingt, bei Verwendung des Lichtnezes als Stromquelle der Netzgeräusche zu beseitigen. Ueber­haupt ist das Bestreben unverkennbar, sich möglichst von den Batterien als Stromquelle unabhängig zu machen und das Lichtney unmittelbar zu verwenden. Dieses Bestreben wird noch dadurch unterstützt, daß die für guten Laut sprecherempfang erforderlichen großen Endröhren sehr große Anfor­derungen an die Leistungsfähigkeit der Anodenbatterien stellen. Gine einfache Verbindung mit jeder beliebigen Steckdose genügt, um die Antennen- und Erdleitung, die Heiz- und Anodenbatterie überflüssig zu machen. Auf diesem Gebiet scheinen sich zurzeit die größten Ent wicklungsmöglichkeiten anzubahnen.

Auf dem Funffurm.

Aus dem Platz, auf dem noch vor einigen Wochen große Mengen von Baumaterial und Schutt herumlagen, ist unter der Leitung des Architekten Julian Ballenstedt   ein Part entstanden, der einen schönen Startplatz darstellt für die Fahrt in die Lüfte, die ab heute jeder Berliner   mit dem Fahrstuhl des Funkturms antreten fann. Das in 50 Meter Höhe gelegene Restaurant, das etwa 180 Personen bequem Siggelegenheit bietet, ist in faukasischem Ruß­baumholz in ausgezeichneter Maserung ausgeführt worden. Sämt liche inneren Stüßen des Turms, die durch das Restaurant hindurch.

Stuckdecke ist fein gegliedert und so gehalten, daß sie am Abend bild von dem warmen Grundton des Holzes beherrscht wird. D hervorragende Beleuchtungseffekte hervorruft. Marmorgeschliffene Scheiben decken die Lichtquellen der Holzdecke im Innenraum, während verdecktes Röhrenlicht in der Kehlung der Decke um den Restaurant hindurch in 120 Meter Höhe, wo eine Aussichts. ganzen Raum herumläuft. Der Fahrstuhlschaft führt durch das plattform noch etwa 50 Personen Platz bietet. Von diesem höchsten Aussichtspunkt Groß- Berlin bietet sich in alle Fernen ein Rundblick weit über die Grenzen des Stadtgebietes hinweg.

Eine Ausstellungsrevue

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bis zur Antenne" ist für dic

der Regie Alfred Braun   und Cornelius Bronsgeest   auf die Besucher der Ausstellung von der Berliner Funkstunde A.-G. unter Bretter gebracht worden. Das Spiel widelt sich auf der etwas zu fleinen Bühne des Vortragssaales im Funkhause ab und ein bißchen zu sehr auf anspruchslose Gemüter zugeschnitten. Geistige Unkosten hat man streng vermieden und was man an ihre Stelle setzte, wurde mit Hilfe schöner Beine, annehmbarer Kostüme, Beleuchtungseffekten und Jazzmusik zu einem bunten Durcheinander, das kaum mehr von der färglichen Idee zusammengehalten wird. Einige begabte und noch mehr unbegabte Darsteller mühen sich um das Ganze, das zu allem Ueberfluß auch noch langweilig wirft. Das Spiel ist übrigens nur für die Ausstellungsbesucher bestimmt, was vielleicht eine Ent­schuldigung sein soll.

Die heutige Eröffnungsfeier.

Funkturm in Wigleben und die Funkausstellung im Freien vor­ Das   bedeutende Wagnis, die Eröffnungsfeier für den neuen zunehmen, ist dank des schönen Wetters gelungen. Gegen 11 1hr versammelten sich zu Füßen des eisernen Riesen eine große Anzahl Staatssekretär Schulz, Staatsminister Gevering und Dr. Bedci, Oberbürgermeister Böß, Polizeipräsident Grzesinski  , Bolizeipräsident Dr. Friedensburg, Stadtverordnetenvorsteher Haß, Graf Arco. Punkt 11 Uhr begann die Feier mit der von dem Großen Funk­orchester unter Leitung von Seidler- Windler gespielten Leonoren­Duvertüre. Dann sprach Alfred Braun   einen von Hans Brennett meister Böß das Wort zur Weiherede. Er begrüßte die zahlreich gedichteten Prolog: Dem neuen Roland. Dann nahm Oberbürger­erschienenen Gäste und bezeichnete es als etwas ungewöhnliches und vor dem Krieg Unmögliches, daß sich wie in diesem Fall Reichs-, Staats- und Kommunalbehörden gemeinsam zusammentaten, um ein bedeutsames, in ferne Zukunft weisendes Wert zu schaffen. Nach dem Oberbürgermeister sprach der Direktor des Berliner   Messeamts, Adolf Schick. Leider knallten in seine Rede sehr ungeschickt und unbegreiflich eine große Anzahl Böllerschüsse hinein. Alsdann er­öffnete der Rundfunk fommissar des Reichspostministeriums, Staats­sekretär Bredow, die Funkausstellung mit einer furzen Ansprache, indem er einen Rückblick auf die Schwierigkeiten und pielfachen Ent. täuschungen  , die die Funkindustrie in den letzten Jahren zu über­winden hatte, hinwies. Zum Schluß sang der verstärkte Funtchor unter Leitung von Professor Rüdel, begleitet vom Großen Berliner  Funtorchefter, den Chor aus den Meistersingern  ", und der Koslefsche Bläserchor schloß mit der von der Höhe des Turmes herab geblafenen Sinfonie Seria" die eindrucksvolle Feier.

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Böttcher auch Mörder der Senta Eckert.

Furchtbares Geständnis des Strausberger Mörders.

Das furchtbare Berbrechen an der 10 Jahre alten Schülerin Senta Edert, das Anfang Juni vergangenen Jahres verübt wurde und weit über die Grenzen Berlins   ungeheures Aufsehen er­früh- legte der wegen Mordes an der Gräfin regte, hat jetzt feine Aufklärung gefunden. Heute Freitag Cambsdorff verhaftete 25 Jahre alte Karl Bött­ cher   ein umfassendes Geständnis darüber ab, daß er auch diese Schandtat verübt habe. Sein Geständnis ist in allen Punkten so zutreffend und genau, daß man nicht an ein phantastisches Märchen glauben kann.

Wie erinnerlich, wurde am Montag, den 8. Juni 1925, vor­mittags gegen 9 Uhr, die 10 Jahre alte Schülerin Senta Edert, die bei ihren Eltern in der Stolpischen Straße 41 wohnte, von diesen als vermißt gemeldet. Am letzten Tage der Pfingstferien war die Kleine nach dem Laubengrundstück der Eltern in Carom an der Stettiner Bahn geschickt worden, um Bohnen zu pflücken. Troß dem das Kind den Weg schon wiederholt, auch allein, zurückgelegt hatte, tam es in der Kolonie nicht an und war seitdem spurlos verschwunden. Alles Erdentliche wurde getan, um das Mädchen zu finden, aber alles war umsonst. Erst 6 Tage später, um vier Uhr morgens, wurde das Kind als Leiche in einem ausgedehnten Kornfelde, 250 Meter von der elterlichen Laube entfernt, von einem Spürhunde aufgefunden. Die Feststellungen ergaben, daß das Kind erwürgt und geschändet worden war. Monatelang arbeitete die Mordkommission Werneburg- Albrecht vergeblich an der Aufklärung des furchtbaren Verbrechens. Alle aufgegriffenen Spuren erwiesen sich über kurz oder lang als irrig. Bei den Bernehmungen Böttchers waren Kriminalrat Gennat   und die Kommissare zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Erzählungen Böttchers von seiner verzweifelten Arbeitssuche und seiner wirtschaftlichen Not mit Borsicht aufzu­nehmen seien. Der Verdacht, daß er mehr als die 10 eingeräumten Raubüberfälle und den nachgewiesenen Mord an der Gräfin auf dem Gewissen haben müsse, verstärkte sich von Tag zu Tag. Es war flar, daß der Bursche seine Not nur vorgespiegelt hatte. In Wirklichkeit war er zu arbeitsscheu, um einer geregelten Tätigkeit nachzugehen. Sie galt ihm nur als Notbehelf. In Der Hauptsache beschränkte er sich auf räuberische Ueberfälle, die ihm mehr einbrachten. Als sich bei den Nachforschungen nach seinem Borleben herausstellte, daß Böttcher im vergangenen Jahre im Juni bei den Bahnarbeiten in Carow beschäftigt gewesen war, tauchte der Verdacht auf, daß er möglicherweise mit dem Morde an der Schülerin in Verbindung zu bringen sei. Danach befragt, er­tlärte er, daß er sich des Mordes wohl entfinne, selbst aber nichts damit zu tun gehabt habe. Zu der kritischen Zeit sei er aus der Arbeiterkolonne bereits ausgeschieden gewesen. Weil man ihm diese Behauptung nicht ohne weiteres glaubte, so wurden die Arbeits- und Lohnbücher über jene Strecke zwischen Blankenburg   und Carow noch einmal eingehend geprüft. Der Erfolg war überraschend. Böttchers Behauptung war wieder eine Lüge, denn es fonnte nachgewiesen werden, daß er Anfang Juni 1925 und auch später noch dort gearbeitet hatte. Als ihm das Ergebnis gestern nachmittag vorgehalten wurde, leugnete er nochmals ganz entschieden und gab vor, sich geirrt zu haben. Mit dem Morde wollte er auf feinen Fall etwas zu tun gehabt haben. Nach stundenlangem ergebnislosen Berhör wurde er ins Gefängnis wieder abgeführt. Heute, Freitag, früh meldete er sich freiwillig und bat um seine Vor­führung. Ungezwungen legte er jetzt

ein umfassendes Geständnis

ab. Auf den genauen Tag fann er sich nicht mehr befinnen; nach feiner Schilderung muß der Mordtag ein Montag oder Dienstag gewesen sein. Damals hatte er mit seiner inzwischen

Rande nieder.

verstorbenen Wirtin Frau Bree einen großen Streit. Es handelte sich um seine Vögel. Von seinen Streifzügen nach außerhalb hatte Böttcher mehrere Bögel mitgebracht und sie in seine Behausung frei in Streit geraten. In seiner Wut ging er nicht zur Arbeit, sondern fliegen laffen. Da fie die Sachen tejchmugten, so hatte die Birtin verlangt, daß er die Tiere entfernen sollte. Darüber war er mit ihr besuchte in der Brunnenstraße mehrere Lokale, wo er verschiedene Glas Bier trant. Er kaufte sich auch eine Flasche Kognat und trant sie bis auf einen kleinen Rest aus. Betrunken und unfähig zur Arbeit fuhr er nach Blankenburg   hinaus, ging die Rudels burger Straße entlang bis zu dem großen Kornfeld und wollte hier feinen Rausch ausschlafen. Er schildert genau, daß das Kornfeld von einem anderen durch einen breiten Rain getrennt war. Diefen ging er hinauf und legte sich auf der rechten Seite dicht am kleines Mädchen diesen Rain entlang. Es war die fleine Senta Nachdem er eine Weile geschlafen hatte, tam ein fürzenden Weg nach der Laube eingeschlagen. Böttcher sprach sie Eckert. Das Kind war bis Carom gefahren und hatte diesen ab­an, und als die Kleine eilends an ihm vorbei wollte, padte er fie und schleppte sie ungefähr 10 Schritte weit in das Feld hinein. Weil das Kind schrie, hielt der Unmensch ihr mit einer Hand den Mund zu würgte sie mit der anderen am Halse. Das Mädchen war zu Boden gefallen. Der vertierte Bursche würgte sein Opfer solange, tis es sich nicht mehr rührte. Dann verging er sich an ihm. Er scheute sich nicht, das Körbchen des toten Kindes zu durch. wühlen und ein fleines Portemonnaie mit 35 Pfennig zu rauben. Um die Entdeckung seiner Untat hinauszuschieben, schleppte er die kleine Leiche noch weiter in das Feld hinein und warf die Kleidungsstücke, die er dem Mädchen abgerissen hatte, hierhin und dorthin.

Das furchtbare Schuldkonto Karl Böttchers scheint mit diesen beiden Morden noch nicht erschöpft zu sein. Wie wir soeben erfahren, foll er noch in Schmöckwitz   einen schweren Raubüberfall verübt haben. Genaue Nachrichten darüber fehlen noch.

Ein Kinderzug bei Heidelberg   verunglückt. 18 Kinder leicht verlegt.

Auf dem Heidelberger   Borortbahnhof Schlier. ba ch ereignete sich am Donnerstag abend furz vor fieben Uhr ein Eisenbahnunfall, der noch glimpflich ablief. Auf dem Bahnhof ran­gierte ein Güterzug, als ein von Heidelberg   kommender Arbeiterzug heranfuhr. Das Einfahrtsignal hatte zunächst auf freie Fahrt" ge­standen, war dann aber aufhalt" gezogen worden. Es war jeboch fchon zu spät, zumal sich der Personenzug in einer Kurve näherte. Der Zusammenstoß mit dem rangierenden Güterzug ließ fich nicht mehr vermeiden. Mehrere Güterwagen wurden die Böschung hinab­geschleudert und auf das zweite Gleis geworfen. Im ersten Ber befanden sich oberschlesische Ferien fonenzugwagen finder im Alter von 8 bis 12 Jahren, die von einem Ferienheim aus einen Nachmittagsausflug nach Heidelberg   gemacht hatten. 18 Kinder erlitten leichtere Berlegungen. Eine Kindergärtnerin und ein Reisender, der den Arm brach, wurden in die Heidelberger  Klinik überführt.

Ein feftgestellter Eisenbahnattentäter. Lauterbach, 3. September.  ( WTB.) Ein Eisenbahnanschlag wurde auf die Bogelbergbahn verübt. Bei der Streden­begehung wurde bei Hartmannhain das Fehlen einer Reihe von Laschenschrauben festgestellt, was unzweifelhaft eine Zugentgleisung zur Folge gehabt hätte. Als Täter wurde ein 15 Jahre alter Knecht ermittelt, der die Tat aus Ueber. mut begangen hat.

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