Von dem Versammlungslokal ist eine lithographische Musichts gefertigt worden, die vertheilt wird. Der Kassentisch hat danach in unmittelbarer Nähe der Eingangsthür gestanden.
Das Podium hat eine Höhe von 12 Bentimeter und ist zwei Meter breit. Auf dem Podium standen die Kassirer mit dem Rücken an den Tisch gelehnt.
Vors.: Wo sind Sie denn, als Sie aus dem Saale waren, hingegangen?
Angell. Schröder: Ich sah mich um und hinter mir tamen soviel Leute heraus. Ich sagte, seid ruhig, man will hier vielleicht Material für die Umsturzvorlage bekommen, wir wollen ihnen aber feins geben. Wir gingen dann nach Herne zu Bomm.
Wors.: Wurde da der Vorfall nicht besprochen? Schröder: Jawohl, die Leute klopften mir den Schmutz ab, fragten auch, ob er mir wehe gethan habe und ob ich mir das gefallen lassen wolle.
Bors.: Also es war allgemein die Nede, daß der Gendarm Münter Sie gestoßen habe?
Schröder: Es war nicht nur allgemein die Rede, es war auch so, und wir beschlossen, in Herne sofort eine Beschwerde durch Rechtsanwalt Weiland in Bochum ins Wert zu sehen. Kollege Meyer schrieb auf, was ich ihm sagte, und hat das dem Rechtsanwalt Weiland übergeben.
R.-A. Bell: War das, was Meyer aufschrieb, dasselbe, was Sie als Beuge beschworen haben? Schröder: Ganz das nämliche. Es meldeten sich noch vierzehn bis fünfzehn Zeugen, wir ließen aber nur acht Mann unterschreiben.
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Bors.: Angeklagter Meyer, wo haben Sie gesessen? Meyer: An einem Pfeiler in der Nähe des Kassatisches, Herr Präsident.
Bors. Ich bin nicht Präsident, sagen Sie, Herr Vorsitzender. Erzählen Sie also.
Meyer: Schröder forderte das Entree zurück, ob er es betommen, weiß ich nicht, ich glaube, er hat es nicht bekommen. Münter schrie„ Raus" und verfekte ihm einen Stoß. Schröder hatte sich noch nicht völlig erhoben, als ihn der Gendarm ein zweites Mal stieß. Dies habe ich genau gesehen, da ich auf Schröder meine Aufmerksamkeit gerichtet hatte. Jezt riefen die Gegner Bravo und lachten laut und ich sah mich um, kann deshalb nicht sagen, ob Schröder zur Thür hinaus geflogen ist.
Bors.: Sind Sie auch aufgefordert worden, den Saal zu verlassen, von Kommissar Brotmeyer?
Meyer: Nein, als ich schon im Begriff zu gehen war, machte Brokmeyer an der Thür eine Handbewegung und sagte: „ Sie auch!"
Bors.: War Schröder etwas angetrunken? Meyer: Ich hielt ihn für völlig nüchtern; ich habe doch noch ausführlich in Herne mit ihm verhandelt.
Wors: Jst er ganz gerade aus dem Saal heraus gegangen?
Vorf. Sie waren von dem Licht geblendet? Angel.: Das ist meine Auffassung.
Vors. Sind Sie auch hinausgegangen und warum? Angetl.: Kommissar Brockmeyer sagte, alle Sozialdemofraten sollen' raus, also gehen Sie auch.
Vors: Sind Sie Sozialdemokrat? Angel: Ja, aber seit der Straffammer Verhandlung habe ich soviel Unannehmlichkeiten gehabt, daß ich mich zurück gezogen habe.( Heiterkeit.)
Vorf.: Waren die Leute, die zu Bomm gingen, alle Sozialdemokraten? Kannten Sie sie nicht von Ansehen?
Angell.: Dann müßten sie ja rothe Gesichter haben. Vors.: Ich meine nicht, ob Sie den Leuten angesehen haben, daß dieselben Sozialdemokraten waren, sondern ob Sie sie von Person oder von Ansehen kannten.
Angel.: Einige tannte ich.
Bors: Wissen Sie, warum Sie nachträglich verhaftet worden sind?
Partei- Nachrichten.
Agrarprogramm. Im Sozialdemokratischen Wahlverein in Potsdam zeigte nach dem Bericht der Brandenburger Zeitung" der Vortrag des Stadtverordneten Julius Wernau aus Berlin , daß das Agrarprogramm bis auf wenige Punkte Teineswegs den Erwartungen entspricht"; der Breslauer Parteitag werde Mittel und Wege finden, das zu ändern. Stab legte dar, daß auch die vom Referenten gutgeheißenen Punkte nicht dem Wunsche der Partei entsprechen. Die Versammlung erklärte sich mit dem Referenten einverstanden und erwartet vom Parteitag mindestens die Vertagung der Festsetzung des Agrarprogramms auf spätere Beit".
Jm Sozialdemokratischen Verein in Wandsbeck führte der Referent Theiß aus Hamburg aus, daß das Agrarprogramm in seiner jeßigen Gestalt für die Partei nicht annehmbar sei. Man dürfe die Landbevölkerung nicht auf Kosten des Prinzips zu gewinnen suchen. Es müsse bei der Agitation stets hervor Angefl.: Ja, ich fann's mir wohl denken. Ich habe ver- gehoben werden, daß es für die untergehenden Schichten schiedenen Leuten gesagt, ich wollte nach Amerika . Kleinbauern, Handwerker u. s. w. feine Rettung giebt. Das Vors: Warum nach Amerika ? lohnarbeitende Volk und die Proletarisirten der Mittelschichten Angekl: Ja es gefällt mir nicht mehr in Deutschland . gehörten in die Reihen der Sozialdemokratie. An eine Stabili In Herne fennt mich jeder Polizist. Die vielen Unannehmlich- firung und Verbesserung der Zustände im Gewerbe, Handel und feiten wollte ich los sein. Der ganze Prozeß war auch ein Grund Verkehr dürfe man nicht denken. Mit einzelnen Forderungen mit dazu. Ich habe ganz offen im Wirthshaus und überall dar- tönne man allerdings einverstanden sein. Für diese sei man in über gesprochen. der Agitation bereits eingetreten. Die Versammlung stimmte den Auch der letzte Angeklagte, Wiltings, giebt an, daß er Ausführungen des Referenten zu. sehr verwirrt geworden fei. Er habe sich gesagt, Eine Gedächtnißfeier für Friedrich Engels hielt gestern Dut sprichst hier die Wahrheit und sollst die Sozialdemokratie Fürths ab. Redner war ertel aus noch meineidig gemacht werden, das machte Nürnberg . mich stuhig. Er behauptet auch heute noch, daß Schröder zweimal von Münter gestoßen worden sei. Sogar schon vorher habe Münter den Schröder öfters am Rücken gefaßt.
Bewegungen gemacht hat, weiß ich nicht, gespürt habe ich nichts. Angell. Schröder: Was der Gendarm hinter mir für Wors. : Wie sind Sie als Zeuge vorgeladen worden? Angefl. Wilkings: Gräf wußte, daß ich in der Verfammlung war.
burg ist an stelle des zurückgetretenen bisherigen Kandidaten Als Reichstagskandidat für den Wahlkreis Diez Lim. unter dem Titel: Die hätigteit des sächsischen Diener der Parteigenoffe Snoop aufgestellt. Die Verlagsanstalt der„ Leipziger Volks- Zeitung" hat Landtags, II. Kammer, Session 1893/94" eine 32 Seiten starke Broschüre herausgegeben, die bei der LandtagswahlVorf.: Sind Sie Parteigenoffe Schröder's? Bewegung unseren sächsischen Parteigenossen gute Dienste leisten Angefl.: Parteigenosse gerade nicht, ich kann aber auch wird und überhaupt allen, die sich für die fächsischen Verhält nicht sagen, daß ich es nicht bin. Ich bin Mitglied des Vernisse interessiren, zu empfehlen ist. Der Preis der Schrift iſt bandes, um bessere Existenzbedingungen für die Bergleute zu 15 Pf. erlangen. Von der Agitation. Der Parteigenosse Mattutat Die Vernehmung der Angeklagten ist damit beendet. Es aus Berlin unternimmt gegenwärtig eine Agitationsreise durch tritt eine Mittagspause ein. Die in Untersuchungshaft befind- Bayern. lichen Angeklagten werden gefeffelt und abgeführt! Die Nachmittags- Sigung wird um 3/44 Uhr vom Vorsitzenden Landgerichtsrath Loerbrocks eröffnet.
Bors.: Herr Rechtsanwalt Bell, Sie haben heute Vormittag den Antrag gestellt, Herrn Rechtsanwalt Niemeyer als Zeugen zu vernehmen. Jetzt nach der Vernehmung der Angeflagten werden Sie ja in der Lage sein, das Beweisthema zu substantiiren. Meyer: Ich glaube, ja. Ich habe mit R- A. Weiland ge- Rechtsanwalt Bell: Das fann ich nicht vor der Vergesprochen und ihm das Schriftstück, was wir in Herne aufnehmung des Landgerichts- Direktors Möser ; nur generell fann ich gefeht haben, übergeben. Sein Inhalt deckt sich genau mit der sagen, Herr Rechtsanwalt Niemeyer soll über den Verlauf der Aussage, die ich vor Gericht beschworen habe. beiden Straffammer- Verhandlungen aussagen. Der Angell. Graef befundet, er sei ebenfalls von Münter aufgefordert worden, den Saal zu verlassen, und habe ebenfalls sein Eintrittsgeld zurückverlangt. Er habe den Vorfall genau beobachtet, weil er ganz in Schröder's Nähe war. Er habe den ersten Stoß gesehen und auch den zweiten Fall Schröder's gesehen. Ich bin aber der festen Ueberzeugung, daß Münter auch den zweiten Stoß geführt hat, es war ja niemand anders da. Schröder verlor beim ersten Fall seinen Hut, ich habe den Hut aufgehoben und als Schröder zur Thür hinaussprang, bin ich iqui fofort nachgesprungen.
Vors.: Ift Schröder auch zur Thür hinausgestoßen worden? Ein Angeklagter hat das ausgesagt. Gräf Ich habe das nicht gesehen und glaube, daß er zur Thür hinausgefprungen ist. Worf.; Wie war es beim Vomm?
Gräf : Das Schriftstück wurde aufgesetzt und gefragt, wer bas bezeugen könne. Es meldete sich eine ganze Menge. R.-A. Bell: Haben Sie an Schröder Angetrunkenheit bemerkt? Gräf : Nein. Worf.: Angeklagter Jmberg, Sie haben von einem dritten Stoß gesprochen.
Imberg: Einen dritten Stoß habe ich nicht gesehen, habe auch in der Verhandlung nicht davon gesprochen. Meine Meinung ist, daß Schröder durch den zweiten Stoß des Münter hinaus geflogen ist.
Bors.: Haben Sie den zweiten Stoß Münter's gesehen? Anget: Ich habe gesehen, wie Münter einen Griff nach Schröder machte und Schröder hinfiel.
Vorf.: Sie sagen, es war dunkel im Saal. Imberg: Es war nicht sehr hell. Bors.: Ein enderer Angeklagter fagt, es war so hell, daß er davon geblendet worden sei. Warum sind Sie denn auch gegangen 1?
Jmberg: Ich dachte, es gebe Hiebe.
Erster Staatsanwalt Peterson: Ich bin der Meinung, daß Herr Rechtsanwalt Niemeyer die Vertheidigung nieder legen muß. Schon allein der Umstand, daß er in die Lage kommen kann, an den Zeugenaussagen als Vertheidiger und Mitzeuge zu kritisiren, schließt diese Doppelstellung aus.
Zur Theilnahme an der Todtenfeier für Friedrich Engels war vom Vorstand des Dortmunder sozialdemokratischen Vereins Dr. Lütgenau nach London entsendet letzten Vereinsversammlung von einigen Rednern angegriffen, worden. Wegen dieses Beschlusses wurde der Vorstand in der was dazu führte, daß die betreffenden Vorstandsmitglieder BI od, Frid, Erdmann und Saager, die für Dr. Lütgenau's Reise gestimmt hatten, ihre Aemter niedergelegt haben, obwohl ihnen in dieser Angelegenheit die Versammlung ein Vertrauensvotum gab. Diesen bedeutungslosen Borgang pufft nun die gegnerische Presse zu einer Haupt- und Staatsaktion auf, um ihre alten Lügen über die Sozialdemokratie an den Mann zu bringen. Zu bedauern sind dabei nur die Abonnenten dieser Presse, die das de Geschwät lesen müssen.
Todtenliste der Partei. In Lüneburg ist der Töpfer Heinr. Michelsen, ein langjähriger wohlbewährter Parteigenoffe, aus dem Leben geschieden.
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Polizeiliches, Gerichtliches 2c.
Rechtsanwalt Niemeyer: Da ich direkt angesprochen worden bin mit der Bemerkung, ich müßte die Bertheidigung niederlegen, so erkläre ich, daß ich das nicht thun werde. Es Die Auflösung der Versammlung in Barmen, wo ist im Gesetz ganz genau ausgesprochen, in welchen Fällen Reichstags Abgeordneter Moltenbuhr sprechen sollte, ift jemand nicht als Richter, Staatsanwalt oder Bertheidiger zweifellos auf einen Erlaß der Düsseldorfer Regierung zurücks fungiren barf. Es steht aber kein Wort darin, daß ein Beuge zuführen, wonach, wie die Elberfelder Freie Presse" berichtet, nicht auch Bertheidiger sein darf. Ich verweise auf die ver- die Unterbehörden angewiesen sind, zu den Versammlungen, in wandte Stellung des Nebenklägers, der als Partei, und obwohl denen der Reichstags- Abgeordnete Moltenbuhr spricht, Frauen er Zeuge ist, der Verhandlung beiwohnen darf. Um aber dem nicht zuzulassen, da es sich um Versammlungen handle, § 58 der Strafprozeßordnung Genüge zu leisten, will ich den die von einem Verein ausgingen. Die Barmer Versammlung Saal verlassen, während der Landgerichtsdirektor Möser ver- ist aber von einer einzelnen Person, dem Vertrauensmann, ein nommen wird. Sie würden auch übrigens mit der Bertagung berufen, und ebenso wird die Sache in allen anderen Städten nicht weit kommen, denn ich werde auch bei einer späteren stehen, wo Molkenbuhr sprechen soll. Dadurch erfährt der Erlaß Verhandlung das Amt des Bertheidigers nicht niederlegen. der Düsseldorfer Regierung eine um so hellere Beleuchtung: auf Die Vertheidiger Dr. Bell und Dr. Walía ch schließen grund der Annahme, daß die Versammlungen von einem sich diesen Ausführungen an. Auch sie vermögen fein gesetz- Verein" veranstaltet sind und hierbei schwebt der Behörde liches Hinderniß der Uebernahme des Vertheidiger- Amtes zu vermuthlich das rheinische Agitationskomitee vor, das aber finden. natürlich kein Verein ist wird den Frauen Rheinlands das Recht des Versammlungsbesuchs genommen. Dies zeigt wieder, wie rückläufig unsere politischen Verhältnisse fünfundzwanzig Jahre nach der Gründung des Deutschen Reiches geworden sind.
Erster Staatsanwalt Peterson: Ich erkläre, daß, wenn die Bertheidigung auf die Vernehmung des Herrn Rechtsanwalt Niemeyer verzichtet, die Staatsanwaltschaft dies auch thun wird.
R.-A. Bell: Die Vertheidigung kann vorläufig auf Dr. Niemeyer als Zeuge nicht verzichten. Das Zeugniß Niemeyer's wird jedenfalls ganz anders lauten, als das des Vor sienden der Straftammer.
Der Gerichtshof zieht sich zur Berathung zurück und verkündet dann den Beschluß, daß der Gerichtshof Herrn Rechtsanwalt Niemeyer als Vertheidiger nicht zuläßt und Bors. Sind Sie auch ein Parteigenosse Schröder's, find ihn, da seine Vernehmung als Zeuge nicht abgelehnt werden Sie Sozialdemokrat? dürfe, als Zeugen zu laden. Der Angell. Schröder wäre also Imberg: Nein. nun ohne Vertheidiger. Bors. Sie sagen, Sie waren in der Verhandlung so ver wirrt. Warum denn?
Imberg: Jawohl, der Richter sagte, so etwas hätte noch feiner gesagt, und sprach von Meineid. Da wurde ich ganz verftugt.
Vorf.: Aber das ist doch eine ganz einfache Sache. Da hätten Sie einfach sagen sollen, laffen Sie mich in Frieden, ich weiß die Sache nicht mehr so genau.
Imberg: Ja, ich war noch nie vor einem so großen Gericht.( Der Zeuge macht den Eindruck eines wenig begabten Menschen.)
Der Angeklagte Thiel erklärt, daß er nicht mehr wisse, ob die ihm vorgelesene protokollirte Aussage, in der er zu anfang pofitiv zwei Stöße Münter's behauptet, nachher alles abschwächt und den Vorgang nur als möglich hinstellt, so gefallen sei. Er sei zum ersten Male vor Gericht gewesen, und sei durch die vielen Fragen und die vielen Vorhaltungen des Vorsißenden völlig verwirrt worden.
Dorf: Aber wie konnten Sie denn da verwirrt werden. Es handelt sich doch nur um einen ganz einfachen Vorgang. Angetl.: Der Vorsitzende ließ mich gar nicht ausreden.
Bors.: Dann konnten Sie doch bitten, daß er Sie ausreden laffe.
Anget: Ich wußte nicht, daß ich das durfte. Der Angetlagte erzählt hierauf den Vorgang, giebt aber einen etwas anderen Platz an als die anderen Angeklagten, auf dem Schröder zu Fall gekommen. Daß Gendarm Münter zum ersten Mal ge= packt habe, hat er gesehen, auch die zweite Bewegung Münters, doch die Hand Münters sei durch diesen selbst verdeckt gewesen. Er sei kein Parteigenosse Schröders, besuche aber alle Versamm lungen. Er habe in der Arbeiterzeitung, die sein Hauswirth gehalten, die Aufforderung, daß sich Zeugen melden möchten, gelesen und sich darauf gemeldet.
Auch der Angeklagte Beckmann behauptet, er sei durch die Einreden des Staatsanwalts und des Vorsitzenden so verwirrt worden, daß er nicht gewußt habe, ob er A oder B sagen solle. Ich bin 11 Jahre nicht vor Gericht gewesen und wenn man da immer von Meineid hört und Frau und Kinder hat, will man die Familie nicht ins Unglück stürzen. Er erklärt, daß er auch heute noch aufrecht erhalten müsse, daß Münter den Schröder zweimal gestoßen hat, über Einzelheiten möge sich streiten lassen. Er tönne nur sagen, wie sich das Bild in seiner Erinnerung festgesetzt habe.
Erster Staatsanwalt Peterson: Herr Niemeyer ist ja nach diesem Beschlusse nicht mehr Vertheidiger, ich möchte aber darauf zurückkommen, was Herr R. A. Niemeyer heute morgen gefagt hat, daß der sofortige Wechsel in der Wertheidigung zum Nach theil des Angekit. Schröder ausschlagen könne. Ich würde also nichts gegen eine Vertagung haben und stelle anheim, ob diese Wertagung etwa bis nächsten Montag oder aber bis zur nächsten Schwurgerichtsperiode dauern soll. Rechtsanwalt Niemeyer bittet um die Erlaubniß, mit Schröder und den übrigen Anwälten zu berathen, ob doch nicht irgendwie eine Vertagung verhütet werden könnte.
Der Vorsitzende gestattet die Berathung und läßt eine Pause eintreten.
Nach der Berathung erklärt Dr. Niemeyer, er bitte die Verhandlung bis Sonnabend auszusetzen, damit er sich mit einem anderen Wahlvertheidiger für Schröder in Verbindung sehen und diesen informiren fönne.
Namens der Vertheidiger erklärt Dr. BeII, er wolle unter der Bedingung auf die Vernehmung Dr. Niemeyer's verzichten, wenn die Angeklagten darauf verzichten.
Vors. Dieser Verzicht kann ja nur ein vorläufiger sein und jeden Augenblick wieder aufgehoben werden.
Erster Staatsanwalt Peterson: Jetzt stelle ich aber zum Vortheil der Angeklagten den Antrag, Herrn Dr. Niemeyer als 3eugen zu vernehmen.
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Dem verantwortlichen Redakteur des„ Wahren Jakob", Genossen Baßler in Stuttgart , ist von der Breslauer Staatsanwaltschaft mitgetheilt worden, daß das wegen der Ma is Nummer gegen ihn auf grund von§ 130 anhängig gemachte Strafverfahren eingestellt ist. Die Nummer ist seinerzeit auf Requisition derselben Staatsanwaltschaft überall mit Beschlag belegt worden, wo sie aufzufinden war, und der Redakteur hatte ein Verhör zu bestehen, wobei er unter Breslauer Gerichts jede Bestreitung der Kompetenz des Außfage Die Staatsanwaltschaft verweigerte. und Landgericht in Stuttgart fonnten in der Nummer nichts entdecken, was gegen den§ 130 verstoßen hätte. Nun ist man endlich auch in Breslau dahinter gekommen, daß gegen das verfligte rothe Blatt nichts auszurichten ist. Die Schwaben haben's gleich gewußt. Der Redakteur der Volksstimme" in Frankfurt a. M., Genoffe Meier, hat eine einmonatige Gefängnißstrafe an getreten.
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Soziale Uebersicht.
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Dentscher Bergarbeiter Schutz". Auf Zeche Reckling haufen tamen durch eine Explosion schlagender Wetter drei Bergleute ums Leben. Drei wur. den schwer, zehn leicht" verwundet. Der Betrieb ist nicht gestört, fezt der Telegraph hinzu. Die Aktieninhaber der Harpener Bergbau- Gesellschaft, der die Zeche gehört, brauchen also nicht zu zittern. Der Profit ist nicht gefährdet, nur ein paar Proletarier sind weniger auf der Welt. Sie haben für den Kapitalismus nichts zu bedeuten, denn es giebt genug andere. Eben deshalb werden auch nirgends in deutschen Bergwerken die fostspieligen Einrichtungen geschaffen, die erforderlich find, um die Entstehung von schlagenden Wettern mit unbedingter Sicher heit zu verhüten.
Der Gerichtshof zieht sich zur Berathung zurück, und ver- Depeschten und letzte Nachrichten. tündet folgenden Beschluß: Das Gericht hat beschlossen, die Verhandlung bis morgen Frankfurt a. M., 15. Auguft.( B. H. ) Die„ Franks. 3tg." Nachmittag halb 4 Uhr auszusetzen. Wir haben dann außer meldet aus Sofia : Ju hiesigen diplomatischen Kreisen ist morgen Nachmittag noch den Freitag und Sonnabend zur Ver- man über die Besorgnisse des Auslandes sehr erstaunt. Die Gerüchte über handlung. die Unabhängigkeitserklärung werden darum nicht ernst genommen, weil R.-A. Niemeyer: Dann werde ich sofort nach Hagen schon derartige fahren und Herrn Rechtsanwalt Lenzmann um Uebernahme Unternehmungen nicht nicht vorher angekündigt werden und Nicht einmal die innere Lage keinen Grund dazu bietet. der Vertheidigung bitten. bestimmt angekündigte Abänderung des Kabinets wird eintreten. Die Abreise des Fürsten nach Varna erfolgt morgen. Damit beginnt wohl eine Periode der inneren Beruhigung, welche bis zum Zusammentritt der Kammern andauern dürfte. Bis dahin kann auch keine Klarheit über die Abmachnungen der Petersburger Deputation gebracht werden, da diese nun den Kammern öffentlich berichten wird.
Erster Staatsanwalt Peterson: Che die Verhandlung die ausgesetzt wird, fielle ich nun noch die Anträge, daß außer dem Vorfißenden der Straffammer- Verhandlung, Landgerichts- Direktor Möser , die beiden Beisiger, und zwar der Landgerichts- Rath Rinteln und der Landrichter Hemmer geladen werden.
Der Gerichtshof befchließt demgemäß und vertagt darauf die Verhandlung bis morgen, Donnerstag, nachmittags halb 4 Uhr.