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Offiziersbluttaten im besetzten Gebiet.

Ein Deutscher erschossen, zwei lebensgefährlich verlegt

Bevölkerungspolitik und Arbeiterschaft

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Tagung der Arbeiterwohlfahrt.

Germersheim  , 27. September.  ( WTB.) Nach dem bisherigen Berlauf der heute vormittag aufgenommenen und von einem im Auftrag der bayerischen Staatsregierung aus Speyer   nach Germers­ heim   entsandten Regierungskommissar geleiteten Ermittlungen Jena  , 27. September.  ( Eigener Drahtbericht.) über die Germersheimer   Bluttat bildete die erste Beranlassung der Als der großherzogliche Polizeistaat einst den Sozialdemo­Wortwechsel zwischen zwei französischen   Leutnants in fraten Jenas die Säle abtreiben ließ, errichtete der große Philantrop 3ivil und dem Schuhmacher Richard Holzmann. Im und Wissenschaftler Ernst Abbe   mit August Bebel   gut be­Verlauf dieses Wortwechsels griff der eine der beiden französischen  freundet als troßigen Proteft gegen die muderische Bösartigteit Offiziere zum Revolver und gab auf Holzmann einen Schuß ab, der den Unterkiefer durchschlug. Dieser Vorfall spielte sich am Lud­das Volkshaus mit der Bestimmung, es stets als Tagungsraum wigstor ab. Nach der Tat bogen die beiden französischen   Offiziere fämtlichen geistigen Strömungen zu öffnen, vor allem aber den in die Sandstraße ein und überließen den Verwundeten seinem Sozialisten. Drei sozialdemokratische Parteitage glän= Schicksal. Der Landwirt und Fuhrmann Nathes und der Arzenden Stils hat dieses Volkshaus dann gesehen und das beiter Emil Müller, die sich zufällig in der Nähe, jedoch nicht ernste geistige Ringen um Form und Inhalt der deutschen   Arbeiter. in der Begleitung des verwundeten Holzmann befanden und daher bewegung einer nun schon fast ganz verblichenen großen Generation. mit dem Streit nicht das geringste zu tun hatten, eilten, als der miterlebt. Sonnabend und Sonntag war er der glücklich gewählte Schuß fiel, dem Berwundeten zu Hilfe. Sie liefen dann den beiden Tagungsort der bevölkerungspolitischen Debatten des Hauptaus franzöfifchen Offizieren nach, um ihre Persönlichkeiten festzustellen, schusses für Arbeiterwohlfahrt. Begrüßt von den roten und schwarz­chne jedoch zu wissen, daß es sich um Angehörige der französischen rotgoldenen Fahnen der Häuser der Arbeiterbewegung hielten an Besatzungsbehörde handelte, weil die beiden Franzosen   Zivilkleider 350 Vertreter aus allen Teilen der deutschen Republic, Desterreichs und der Tschechoslowakei   Einzug in die von dem Pfeudonym Abbes ,, Karl Zeiß" beherrschte Stadt.

trugen. Gegenüber der Post, das sind 300 bis 400 meter vom Ludwigstor entfernt, holten die beiden Deutschen   die beiden fran­ zösischen   Offiziere ein. Der Verlauf der sich munmehr sehr rasch abspielenden Ereignisse ist im einzelnen zur Stunde noch nicht vollständig geklärt. Doch steht fest, daß der Arbeiter Richard Müller von einem aus nächster Nähe abgegebenen Schuß nieder­gestreckt wurde, er war sofort tot. Der Landwirt und Fuhr­mann Nathes wurde durch einen Schuß ins Gehirn lebens gefährlich verlegt. Die Untersuchung darüber, ob beide französische   Offiziere geschossen haben und wer den tödlichen Schuß auf Müller und den Schuß auf Mathes abgab, ist noch nicht abge schlossen.

Kein Zeichen des Zusammenbruches." Wuchtige Anklage Macdonalds gegen Baldwins Doppelspiel.

London  , 27. September.  ( Eigener Drahtbericht.) Die furze Parlamentstagung, welche für eine einmonatige Verlänge rung des Ausnahmezustandes einberufen worden war, gestaltete sich dank der Initiative der Arbeiterpartei zu einem gewaltigen Angriff auf die Regierung Baldwin wegen ihres Verhaltens in der Kohlen­frise. Macdonald benutzte die Gelegenheit zu einer groß ange­legten Rede, in der er die Regierung, auf das riesige und überaus belastende Material der letzten Wochen gestüßt, anflagte, in ihrem ganzen Berhalten im Rohlenkampf

fein ehrliches Spiel mit den Bergarbeitern getrieben zu haben. Insbesondere verwies Macdonald auf das darin bestehende Doppelspiel, daß die Regierung den Bergarbeitern gegenüber den Eindruck erweckt hätte, sie werde sie bei dem Zustandekommen einer nationalen Lohnregelung unterstützen, während die Regie rung schon einen Monat vorher die Unternehmer habe wissen laffen, daß sie auf nationale Lohnverhandlungen tein Gewicht legt. Macdonald regte an, daß die Regierung das Gesetz über den

Acht stunden tag auf eine unbeſtimmte Zeitdauer jus pen­bieren solle, um ein Mittel in Händen zu haben, die Unternehmer zur Nachgiebigkeit zu veranlassen. Ein solcher Schritt würde den Kampf um zwei Monate verkürzen. Macdonald schloß unter Unruhe auf der Regierungsbank mit dem Hinweis, daß fein wirklich ernstes Zeichen dafür vorhanden fel, daß die Bergarbeiter zu fapitulieren gedächten und daß પ્રેમ અન

fein Anzeichen eines ernstes Zusammenbruchs vorhanden sei. Der Rede Macdonalds war eine Rebe Baldwins voraus­gegangen, in welcher er sich darauf beschränkte, die Kohlenlage historisch zu überblicken und die in einem Eingeständnis gipfelte, daß es der Regierung nicht gelungen fei, eine Schlichtung des Kohlen­tampfes herbeizuführen.

Churchill   fagte unter Widerspruch der Arbeiterpartei, die Regierung habe den Bergarbeitern niemals ein nationales Abkommen versprechen können. Es liege nicht in der Macht der Regierung oder des Parlaments, ein nationales Abkommen herbeizuführen.

Neben den parlamentarischen Verhandlungen ging eine Reihe von Besprechungen im Lager der Arbeiterpartei her, welche darauf ausgehen, den Bergarbeitern in ihrer gegenwärtigen schwierigen Lage alle mögliche

Hilfe von der Gesamtarbeiterbewegung zu sichern. So beschloß die Fraktion der Labour Party  , nach einer Besprechung mit den Führern der Bergarbeiter, in der großen Kampagne der großen britischen Gewerkschaften zugunsten der Bergarbeiter alle ihre Mitglieder voll und ganz zur Verfügung zu stellen. Auf einen Beschluß der Fraktion der Arbeiterpartei ist es auch zurückzuführen, daß die Regierung gezwungen worden war, die parlamentarische Sißung, welche lediglich zum Zwecke der Berlängerung des Ausnahmezustandes gedacht war und nur einen Tag dauern sollte, auf zwei und möglicherweise sogar drei Tage auszudehnen, um dem Parlament Gelegenheit zu geben, die Kohlensituation in voller Ausführlichkeit zu besprechen.

Ein Reihe von Gewerkschaftsgruppen der Bergbaudiſtrikte hat sich während des Wochenendes mit der Bolemit Coot- Frant Hodges befaßt und Resolutionen angenommen, in denen teils der Rücktritt des internationalen Sekretärs der Bergarbeiter Frant Hodges gefordert wird, teils verlangt wird, daß sich Hodges in Bufunft auf seine eigenen Aufgaben als Sekretär der Bergarbeiter. Internationale beschränken möge.

Preußen und die Notstandsarbeiten.

Amtlich wird mitgeteilt: Das preußische Staatsministerium be handelte in seiner Sizung am Montag die Inangriffnahme großer Notstandsarbeiten., Auf Grund von program matischen Darlegungen der Minister für Handel und Gewerte urd für Landwirtschaft, Domänen und Forsten wurden insbesondere die schwebenden Wasserstraßenfragen, die Möglichkeiten rationer Bodeverbefferungen, Kultivierungen und Flußregulierungen zur Berhütung von Hochwasserschäden durchberaten. Die beteiligten Refforts( Handelsministerium, Landwirtschaftsministerium, Wehl­fahrtsministerium) werden in gemeinsamer Arbeit mit dem Finanzminister in fürze detaillierte preußische Vorschläge aus den genannten Arbeitsgebieten zusammenstellen, die der Reihsregie rung zur Berücksichtigung bei der Ausführung ihres Arbeit be­schaffungsprogramms vorgelegt werden sollen.

Italienisches Dementi.

Reine Flottendemonstration vor Tanger  . Rom  , 27. September.  ( Stefani.) Die von einigen Zeitungen verbreitete Meldung von der Beteiligung Jialiens an einer angeblichen Flottenfundgebung vor Tanger   entbehrt jeder Grund­lage.

Am Freitag abend fand zunächst eine interne Sigung des Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt statt. Die Sonnabendiagung wurde eröffnet durch die Genoffin Juchacz  , die zuerst dem leider viel zu früh verstorbenen Genossen Dr. Silber stein einen würdigen Nachruf widmete. Sie ging dann furz auf den Zweck der Tagung ein. Ein möglichst umfassendes Gebiet folle auf ihr verhandelt werden, Der starke Besuch beweise die Wichtigkeit Der Veranstaltung.

Der erste Punft der Tagesordnung

Sozialismus und Bevölkerungspolitik" wurde von dem Genossen Dr. Quard Frankfurt behandelt. Er ging davon aus, daß seit jeher enge Beziehung zwischen Bevölkerung und Wirtschaft bestanden habe, um dann darzulegen, wie jede Beite poche sich ihre eigenen Anschauun­gen über das Bevölkerungsproblem gebildet hat. Eine große Rolle spielt auch heute noch dabei das Malthussche Gesez, das befagt, daß die Bevölkerung stärker zunimmt, als es der Nahrungs­spielraum zuläßt.

die Erklärung immer unbefriedigender. Marg und Engels Mit dem Aufkommen des wissenschaftlichen Sozialismus wurde miderlegen in ihren Werten gründlich diesen Standpuntt. In bürgerlichen Areifen haben sich nur menige Gelehrte gefunden, die ihre Arbeit dieser Frage widmeten und auf Grund wissenschaftlicher Durcharbeiten Die alte Malthussche Behre, die auch heute noch großen Einfluß ausübt, ablehnten. Unter ihnen sind besonders zu nennen Franz Oppenheimer  , Mombert und Brentono..

In sozialistischen Kreifen ist man zu einer Neuorientierung nach dem Kriege durch die Arbeiten des Berliner   Hygienifers Genossen Grotjahn gelommen. Sein Standpunkt, daß die menschliche Fortpflanzung nicht mehr dem Zufall überlassen bleiben dürfe, sondern nach den vorhandenen Produktions- und Lebensmöglichkeiten geregelt werden müsse, kann für die Uebergangszeit zum Sozialismus

anerkannt werden.

völferungspolitischen Fragen am tatkräftigften herangegangen. Sie Die österreichischen Parteigenoffen find an die Lösung der be. verlangen in ihrem Brogrammentwurf die Errichtung öffentlicher Be ratungsstellen, die zur Auskunft über gesundheitsschädliche. Mittel zur Verhütung der Empfängnis dienen soll. Die Abgabe dieser Mittel sollen durch die Krantenfallen erfolgen, Die Unterbrechung der Schwangerschaft foll night burg Strafen, fondern durot sosialbygienische Maßnahmen verhindert werden.

Zusammenfassend kann man also sagen, daß in der Entwicklung von Mary bis zum österreichischen Programmentwurf ein weiter, aber sicherer Weg ist. Der Sozialismus Immanblung Befreiungsbewegung. die durch des Kapitalismus in die gemeinwirtschaftliche Produktionsweise jeden an den ihm zukommen­den Play stellen wilt. Dazu brauchen wir denfende Menschen. Infolgedessen dürfen wir Bevölkerungspolitit nicht quantitativ, sondern qualitativ treiben. ( Beifall.)

Unmittelbar darauf folgte der zweite Bortrag über

Säuglings- und Mutterschutz"

durch Genossen Dr. 3 adet nach einem Manuftript Silber. steins. Die Entwidlung zur Großindustrie hat die Auflösung der Familie herbeigeführt. Als Folgeerscheinung trat eine große Säuglingssterblichfeit auf. Ihre Bekämpfung gehört mit zu den vornehmsten Aufgaben der sozialen Fürsorge. In der Säuglingsfürsorge soll allein der Arzt und die Gefundheitsfürsorge den bestimmenden Einfluß haben. Die gesamte Säuglingsfürforge muß einheitlich zusammengefaßt werden, damit nicht verschiedene Ressorts auf demselben Gebiet nebeneinander arbeiten. Das kann am besten durch Gesundheitsämter geschehen. Zur Herab. drückung der Säuglingssterblichkeit ist es notwendig, die soziale Hygiene von der Wohlfahrts- und Armenpflege zu trennen. Das Sinten der Säuglingssterblichkeit, das wir gegenüber früheren Jahren zu verzeichnen haben, ist mit ein Erfolg des durch die Fürsorge er­reichten Selbststillens der Mutter. Hierzu ist eine Erhöhung und Verlängerung auf fünf Monate dringend notwendig. Große Sorgen bereiten uns die unehelichen Mütter. Die Sterblichkeit ihrer Kinder ist viel höher als die der anderen Frauen. Die Schaffung von Säuglings- und Mütterheimen ist hier anzustreben. Unsere allgemeinen Krantenhäuser sind mit ihren großen Sälen ohne Muttermilch weder für gesunde noch für franfe Kinder geeignet. Ferner ist die Fabritarbeit der schwangeren Frau für sie selbst und ihr Kind äußerst schädlich. Anzustreben ist ein Arbeits­verbot der werdenden und stillenden Mutter. In der Gegenwart ist der Mutterschutz auf mindestens drei Monate auszudehnen. Der Kapitalismus hat das Weib als Mutter am schwersten betroffen. Die Folgen find fieche, fraftlose Mütter und lende Rinder. Die Reaktion ist nicht ausgeblieben. Mit dem Erftarten der politi­schen Bewegung erfennt das Weib, daß es nicht nur Pflichten, fondern auch Rechte hat. Ihr in diesem Befreiungstampfe zu helfen, muß unsere vornehmste Aufgabe sein.( Beifall.)

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In der Debatte sprachen die Geneffen Dr. Bowenstein, Dr. Drucker, Direktor Cohn Berlin, Direttor Sellmann­Hamburg, Dr. Kantorowicz Kiel, Dr, Eppstein   München  , Dr. Korach, Frau Wygodzinski. Dr. Korach, Frau Wygodzinski. Die Diskussionsredner trugen zu den einzelnen Ausführungen des Genossen 3adet wert volle Ergänzungen vor. In seinem Schlußwort faßte Genoffe 3adet die Gedankengänge der Aussprache noch einmal zusammen und be. tonte, daß außer vielen anderen Faktoren die Wohnungfrage in der Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit eine sehr große Rolle spielt. Ueber den

Schuh der Schwangeren im Betriebe" referierte Genoffe Dr. Moses. Er schilderte zunächst die Aktion, die der Deutsche   Tertilarbeiterverband zugunsten seiner fchwangeren Mitglieder in den Betrieben der Fabriten unternom­men hat. In der Textilindustrie sind zwei Drittel weibliche und nur ein Drittel männliche Arbeitskräfte beschäftigt und von den weib lichen sind nach genauer Statistik des Textilarbeiterverbandes 37,3 Prozent verheiratete oder verheiratet gewejene Frauen. Auf Grund einer genauen Umfrage mit Hilfe von Fragebogen, die von fundigen Fachärzten aufgestellt wurden, hat man dann wissenschaft

lich einwandfreies und brauchbares Material befommen, um auf ärztlichen Gutachten an die Reichsregierung, den Reichstag und die Grund der Ergebnisse dieser Enquete und unter Zuhilfenahme von Bariamente der einzelnen Länder heranzutreten mit den Førde.

rungen:

1. Berbot der Erwerbsarbeit der schwangeren Bersonen für die letzten drei Monate der Schwangerschaft, 2. Beschrän ung der Erwerbsarbeit schwangerer Personen im 5. und 6. Monat der Schwangerschaft und höchstens vier Stunden pro Tag mit zwei­stündiger Pause, 3. Vergütung des entgehenden Ar. beitsverdienstes aus Mitteln des Staates oder einer zu schaffenden obligatorischen Kollektipperfiche. rung, und als weitere Maßnahmen des Schwangerenschußes wur den vom Textilarbeitererband gefordert: Schaffung von Siggelegen. heiten, Einrichtung von Rantinen, Einrichtung von ärztlichen Sprechstunden für Schwangere in Großbetrieben u. a. m. Daß in der Tertilindustrie der Einfluß der Erwerbsarbeit auf Schwangerschaft, Geburt, Bechenbett und Kind ein unheil­gar 8. Monat in der Fabrit tätig ist, bedarf teiner weiteren Beweis­erhebung. Nichtsdestoweniger hat auch nach dieser Richtung hin die Enquete des Tertilarbeiterverbandes geradezu grauener­regende 3ustände ergeben. Wenn im Reichstag im Sommer dieses Jahres das bisher gültige Wochenhilfegelez jezt schon, vor Ratifizierung des Washingtoner Abkommens, zwei wesentliche Ber­besserungen bringen fonnte, einmal die Gewährung unentgelt­licher Hebammenhilfe und zweitens die Berlängerung des Schwangerenschutzes für die erwerbstätigen Frauen, so kann einen großen Teil dieses Fortschrittes der Textilarbeiterverband sich zu­schreiben. Moses   erklärte schließlich:

voller ift, namentlich wenn die Arbeiterin noch bis zum 6., 7. oder

Gesundheitspolitie ist zu einem großen Teil Lohnpolitik und

Wohnpolitik.

Bei unzureichender Entlohnung der Arbeiterschaft, bei unzureichen. den Ernährungsmöglichkeiten und vollständig ungenügenden Woh nungsverhältnissen ist jeder Versuch, eine vernünftige Gesundheits­und Bevölkerungspolitit zu treiben, von vornherein zum Scheitern verdammt, einschließlich aller Bemühungen, hygienische Volksbeleh­rung in die Maffen zu bringen.

Schwangerschaft und Fabrifarbeit sind unverföhnliche Gegensätze und mit dem Wesen einer richtig verstandenen Gesundheits- und Be­bes Schwangerenschutzes und müssen alle unsere Energie auf den völkerungspolitik unvereinbar. Wir verlangen eine Ausdehnung einen Bunft fonzentrieren, nämlich

das größte Kapital eines Staates, den Menschen,

zu halten, zu erhalten, zu fräftigen und zu stärken.

Am Schluß seiner Ausführungen tam Moses auch auf die übrigen Berufe, in denen weibliche Arbeiterinnen beschäftigt find, zu sprechen, auch auf die traurigen Verhältnisse in der heim­arbeit, und sagte zum Schluß: Je größer die Widerstände von feiten der Wirtschaft gegen den Schuß der Schwangeren im Be­triebe, um so mehr muß die Arbeiterschaft ihre Anstrengungen ver. doppeln, verdreifachen, versechsfachen! Hier ist das ureigenste Tätigkeitsgebiet der Frau aus dem Proletariat! Darum soll auch von dieser Stelle aus der Ruf an die Frau des Proletariats gerichtet jein: Hinein in die Organisation! Stärft die politischen und ge. wendige Voraussetzung für eure Arbeit zum Schuße der Schwange werkschaftlichen Organisationen des Proletariats! Das ist die not ren in den Betrieben!( Starker Beifall.)

Darauf spricht Gertrud Hanna   über das gleiche Thema: Die Frauen stellen einen erheblichen Teil der Arbeitskräfte in Deutschland  . In gewerblichen Betrieben dürften zirka 4 millionen Frauen beschäftigt fein. Auch in Zukunft muß man mit umfang reicher Frauenarbeit rechnen, nicht nur weil häufig die Männer erwerbslos find, sondern weil auch der Reallohn gesunken ist. Darum müssen besondere Schuhmaßnahmen für Schwangere getroffen werden, weil die Schädigungen des Berufs sich auch auf das Kind ausdehnen. Der heutige Mutterschuß ist unzureichend und belafiet außerdem zum großen Teil die Arbeitnehm mit dem Berbot ist eine Mutterschaftsversicherung; benn der Frauenarbeit ist es nicht geian. Notwendig ist die Ratifizierung des Washingtoner Abkommens.

Neben den Bestrebungen zur Erleichterung der Arbeit durch Einrichtungen, wie Räume zum Ausruhen und dergleichen, muß für den Ausbau der Gewerbeaufsicht gesorgt werden. Üleber allem aber steht die Sicherung des Eristenzminimums, da sonst Gesetze und Berbote wirkungslos bleiben. Darum Stärfung der gewerkschaft­lichen und politischen Organisationen.( Beifall.)

In der Aussprache, die sich an die beiden Referate anschloß," famen die verschiedensten Gesichtspunkte zur Darstellung. Ins besondere wurde das Bandarbeiter problem und die Ge­werbeaufsicht behandelt. Gegenüber sehr weitgehenden For derungen erflärte fchließlich Genoffin Hanna im Schlußwort, daß man bei aller Energie des Schwangerenschutzes auf die zu über. windenden Widerstande bedacht sein und überlegen müffe, wie weit man mit aktuellen Forderungen gehen darf.

Damit war die Tagesordnung für Sonnabend erledigt. Für die Gäste schloß sich daran eine Besichtigung des Jenaer  Blanetariums.

Die russische Freiheit.

Eine Erklärung Kurt Heinigs.

Bon dem Genossen Kurt Heinig  , der augenblicklich außer halb Berlins   weilt, erhalten wir folgende Buschrift:

Erst heute lese ich, daß die" Rote Fahne" die alte diplo matische" Lüge wieder aufwärmt, daß ich den 3wed meiner Reise nach Rußland   verheimlicht und nur wegen dieses Ber trauensbruches" die Einreisegenehmigung nicht erhalten

hätte.

Was ich schon einmal öffentlich festgestellt habe, unterstreiche ich heute nochmals: Meine Einreise nach Rußland   ist von fommu nistischer Seite in voller Kenntnis der beabsichtigten Berichterstat­tung für Borwärts", Partei. und Gewerkschaftspresse und mit Erfolg befürwortet worden, denn ich habe ja die Einreise.. erlaubnis gehabt!

Nachdem die Einreiseerlaubnis wieder zurückgezogen war, mußte ich zu meinem Erstaunen feststellen. daß der Sekretär der Gesellschaft der Freunde des neuen Rußland", der, wie eben er­wähnt, meinen Reisezwed bis ins einzelne fannte, von der rus. fischen Botschaft vor der Zurückziehung der Erlaubnis darauf auf. merksam gemacht worden ist, daß ich etwas verheimlicht" hätte. ( Das wäre zwar Unsinn gewesen, denn seine Befürwortung war ja in voller Renntnis meiner Eigenschaft als sozialdemokratischer und freigemerschaftlicher Berichterstatter erfolgt; es hätte aber doch gezeigt, daß man über mich nicht Bescheid gewußt hatte!)

Es bleibt mir nur eine Erklärung: Man hat es sich aus Angst vor freier fozialbemokratischer Bericht. erstattung anders überlegt, und zog die Erlaubnis des. wegen zurück.

Da es bei den russischen verantwortlichen Stellen billiger zu sein scheint, zu verleumden, als die Wahrheit zu sagen, wurde der Bertrauensbruch" fonstruiert. Da mich dieser Lügenkrieg schon im ersten Augenblick anekelte, hätte ich gern gefchwiegen; nachdem e aber von der fommunistischen Presse fortgesetzt wurde, nehme an, daß sie nunmehr den Mund halten wird.