Erpressung handle und er dem Präfetten Dokumente| der Bemerkung: Der Inhalt wäre für Sie von höchster| Deutschnationalen zu gewinnen, selbst dann, wenn die Deutsche porzulegen wünsche, von denen er sonst keine Kenntnis er- Wichtigkeit, aber ich darf es Ihnen natürlich nicht geben." Boltspartei darüber hinwegsehen sollte. Die nächste langen fann. Alles vergeblich. Es war ihm verwehrt, Dann hat sich Pelzer, wie Knoll aussagt, mit ,, vielsagendem Aufgabe der verantwortlichen deutschnationalen Parteiinstanzen feiner Amtspflicht zu genügen und man wird vielleicht nur Lächeln" auf die Toilette begeben, worauf Knoll das Doku- scheint uns die zu sein, mäßigend auf ihre aufgeregten Parteielemente über eines erstaunt sein, daß es nämlich doch dem Advokaten ment an sich nahm. Zurückgekehrt überzeugte sich Beltzer, im Lande einzuwirken. Bergamo noch möglich war, die Präfektur freien Fußes zu daß das Dokument nicht mehr vorhanden war und entfernte verlassen. sich mit zufriedenem Kopfnicen. Dem Untersuchungsausschuß des Reichstags hat Pelzer das gleiche Dokument verweigert.
Klassenkampf bei den Deutschnationalen.
,, Gebt euren Standesdünkel auf!"
Auf dem Parteitag der Deutschnationalen Bayerns in Hof hat, nach dem ausfürlichen Bericht der deutschnationalen ,, München- Augsburger Abendzeitung", der Führer des deutschnationalen Arbeiterbundes, der preußische Landtagsabgeordnete Wilhelm Lindner , eine erstaunliche Rede gehalten. Lindner führte aus:
„ Wir wollen die deutsche Arbeiterschaft dahin bringen, daß sie sich auf den Boden der gegenwärtigen Ordnung stellt. Es gab eine Zeit, wo die Mehrzahl der deutschen Arbeiter glaubte, das Heil bei der Sozialdemokratie suchen zu müssen. Aber es sei eine starke Ernüchterung eingetreten gegenüber der Ideologie des Marxismus . Auch habe man darauf verzichtet, einen nationalen Margismus, etwa unter völkischer Flagge aufzuziehen. Aber man habe gleichzeitig den bürgerlichen Klassen vorgehalten: Gebt euren Standesdünkel auf, wenn wir mit cuch zusammenarbeiten sollen. Die Privilegien des Geldfaces und der Geburt müffen überwunden sein. Wenn dies der Revolution nicht gelungen sei, so müsse es der deutschnationalen Erziehungsarbeit gelingen.
Wenn die deutschnationale Regie Leuten wie Lintner das Reden erlaubt, so geschieht das, weil diese junterlich großbürgerliche Partei feine Ahnung von der deutschen Arbeiterseele hat und weil sie glaubt, durch das Herausstellen folcher Redner Arbeiterwähler fangen zu fönnen. Sie begreift nicht die Lächerlichkeit der Situation, in die sie fich begibt, wenn sie, die gegen den„ margistischen Klassenfampi" eifert, auf ihren Parteitagen die allerflarste klassentampfpropaganda stürmisch beklatscht.
"
In welcher Partei gibt es mehr Standesdünkel der bürgerlichen Klaffen", von welcher werden die Privilegien
des Geldsacks und der Geburt" lebhafter verteidigt als von der Partei der Westarp und Schulenburg, der Hugenberg und Gok? Und dieser Partei weist Herr Lindner die Aufgabe zu, durch leberwindung der Privilegien des Geldsacks und der Geburt das Wert der Revo lution zu vollenden?
Die Arbeiter ziehen aus Reden wie der des Herrn Lindner ganz andere Schlüsse. Sie sagen sich: Wie start muß die Stellung der Sozialdemokratie sein, menn selbst sogenannte deutschnationale Arbeiterführer" genötigt sind, der fozialdemokratischen Ideologie solche Konzessionen zu machen! Sie werden hohnlachend über den Arbeiterschwindel der deutschnationalen Parteitage zur Tagesordnung übergehen
und nur noch fester zu ihrer Partei stehen.
Staatsanwalt Pelzer.
Dieser Borgang allein müßte zum Einschreiten gegen den jezigen Richter Pelzer Anlaß geben. Aber es fommt noch etwas weiteres hinzu: In der ersten Instanz des Kußmann- Knoll- Prozesses wurde Pelzer unter Eid als Zeuge vernommen und hat Einzelheiten dieser Vorgänge sorgsam verschwiegen! Sein Geständnis in zweiter Instanz war keineswegs freiwillig. Wie wir bis ins kleinste beweisen fönnen, wurde nach dem freisprechenden Urteil der ersten Instanz von einer uns nahestehenden Seite der Staatsanwaltschaft ein Material, bestehend aus Urkunden und 3eugenaussagen, zur Verfügung gestellt, Pelzer Knoll- Angelegenheit genau so hervor. ging, wie sie jetzt von den beiden Beteiligten eingestanden worden ist.
woraus die
Der Eid verpflichtet bekanntlich den 3eugen, nicht nur die reine Wahrheit zu sagen, sondern auch nichts 8u verschweigen. Pelzer, der dies als Staatsanwalt besser als irgendein anderer weiß, hat verschwiegen, hat mit voller Absicht die Einzelheiten der Aftenverschiebung verschwiegen, die ihn in der Sache belasten fonnten.
Wird jetzt gegen Herrn Peltzer ein Verfahren wegen Berletzung der Eidespflicht eingeleitet werden? Ein gewöhnlicher Sterblicher, der sich solcher Verschweigung schuldig gemacht hätte, wäre nach unserer Kenntnis der richterlichen Gepflogen heiten vom Fled weg verhaftet worden. Warum wird bei Pelzer eine Ausnahme gemacht und ihm auch noch gerichtlich attestiert, daß seine jezige Nichtvereidigung fein Urteil gegen seine Glaubwürdigkeit enthalte?
Da die Deutschnationalen um jeden Preis in die Regierung wollen, wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, als sich diesen Bedingungen zu fügen. Für die deutschnationale Presse heißt es also: Schön machen und Pfötchen geben!
Der Stadtbankskandal von Halle.
Segen deutschnationaler Wirtschaft.
Die Stadt Halle muß jetzt eine terre Rechnung bezahlen. Die Wirtschaft in der Hallenser Sparkasse kostet ihr, wie sich jetzt herausstellt, einen angeheuren Betrag. Die Verluste betragen ins. gesamt 6 bis 7 Millionen Mart. Zu ihrer Abdeckung muß die Stadt Halle eine Anleihe von 5 Millionen Mark aufnehmen. Es entsteht für sie ein jährlicher steuerlicher Mehrbedarf von etwa 900 000 Marf für Berzinsung und Tilgung der Schuldsumme. Die Stadtbank geht infolgedeffen ais selbständiges Institut ein und wird mit der Halleschen Zweiganstalt der Girozentrale verschmolzen.
Man stelle sich einmal vor, daß an der Spitze der Stadt Halle ein sozialdemokratischer Oberbürgermeister stünde. Für mindestens ein halbes Jahr wären die Spalten der bürgerlichen Presse mit diesem Standal angefüllt. Selbstverständlich wäre die ganze Sozialdemokratie in Grund und Boden zu verdammen. Der Oberbürgermeister von Halle, Herr Dr. Rive, ein Mann vom Fach", ein Mann vom altpreußischen Schrot und Korn, echt deutschnationaler Gesinnung und Parteizugehörigkeit, ist aber fein Sozialdemokrat. Und so schweigt die bürgerliche Bresse diesen Skandal beinahe vollständig tot. Als im Zusammenhang mit den ersten Meldungen darauf hingewiesen wurde, daß der Hallenser Oberbürgermeister cin engagierter Deutschnationaler ist, sprachen Berliner Rechtsblätter von einer infamen Heze der Sozialdemo fratie". Wir haben niemals den Standpunkt vertreten, daß es einen absoluten Schuß gegen ungetreue Beamte gebe und daß für jede Unterschlagung der leitende Beamte einer Verwaltung von vorne
Die Volkspartei an die Deutschnationalen. herein verantwortlich zu machen sei. So haben wir zum Beispiel
Legt eure Presse an die Leine!
Die Nationalliberale Korrespondenz" zitiert aus der parteiamtlichen Zeitschrift der Deutschnationalen Thüringens Dr. Schneider, in dem es heißt: einen Aufsatz des dortigen einen Aufsatz des dortigen deutschnationalen Führers
Gefiegt hat, seit Genf steht das wohl fest, der Geist der anderen. Nicht über den Vernichtungswillen der Feinde und ihr Teufelswert, wohl aber über das deutsche Bolt und seinen Genius. Gefiegt hat der Händlergeist über den Heldengeift, geliegt haben Spießertum und Bequemlichkeit über Sähigkeit und Opfermut, geliegt haben Wünsche über die Erfenntnis, Gefellelt in freiwillig- freudiger Bindung, bar jeder Bewegungsgefiegt hat die Eitelkeit über den Stolz und das Wort über die Tat.
freiheit für die Zukunft, seiner geschichtlichen Aufgabe entledigt, ein Spielball nur noch für den Scharfsinn von Juristen, so wird das deutsche Bolk die Früchte dieses Sieges" ernten.
Das Organ der Boltspartei reiht an diese Geistesblüte zahlreiche andere, um dann dazu auszuführen, Graf
Was er unter Eid verschwieg. Schon im Höfle- Untersuchungsausschuß hat das Bor gehen des früheren Staatsanwaltschaftsrates, jezigen Land- e starp sei im Irrtum, wenn er glaube, der Parteitag der gerichtsrates Dr. Pelzer den übelsten Eindruck gemacht. Mit den Stimmen der Rechtsparteien wurde eine Feststellung angenommen, die diesem Herrn einen schweren Tadel aussprach.
Jezzt, in der Berufungsverhandlung des Prozesses Kußmann- Knoll, hat Herr Belzer zugestehen müssen, an der Aktenverschiebung beteiligt zu sein. Er ift in einem öffentlichen Lokal in der Turmstraße mit dem deutschnationalen Spionageagenten Knoll zusammengetroffen, hat ihm aus seinen Aften ein wichtiges Dokument gezeigt mit
Hunger..
Irgendwo im Gewimmel der engen Großstadtstraße. Der Spät nachmittag brütet auf dem Asphalt, hoch ragen die grauen Häuser in den dunstigblauen Himmel, muffigfal: weht es aus einem Kellerloch, in dem Menschen hausen. Krächzend preist der Straßenhändler feine Waren, heim kehren Männer und Frauen von der Stätte der Arbeit, Autos drängen und jagen: das unruhevolle Lied rastlosen Verkehrs flutet auf, brandet an den durch glühten Mauern der kahlen Häuser empor, ebbt ab und hält seinen Atem für eine Sekunde an, mit neuer Kraft wieder heranzufluten. Die heiße, staubgeschwängerte Luft steht wie eine Mauer.
um
Am Rande des Dammes ein Sandhaufen der nahen Baustelle. Braun, schmutzig, übersät vom Abfall der Straße. Eine schlammige Bjüße zu seinem Fuße. Schüßende Stangen umfrieden ihn. Und auf dem Haufen zwei Kinder. Großstadtkinder: blaß, dünn, ecig. Vier Jahre alt beide vielleicht, und doch schauen ihre Züge schon aus, als hätte Frau Sorge mit fnochiger Hand darüber gestrichen. Die Welt um sie ist versunken: sie buddeln und bauen. Einen fleinen Berg haben sie aus der schmutzigen Masse geformt, einen Graben darum gezogen, in dem das faulige, ölübertränkte Wasser der Pfütze fließt. Eine leere Streichholzschachtel schwimmt auf dem trüben Basserlauf. Ein Schimmer von Glück liegt über den abgehärmten Kindergesichtern. Da sieht eines auf, und in den müden, altflugen Kinderaugen steht der Hunger. Der Hunger nach etwas, was ihnen fremd ist, was sie, sich selber unbewußt, ahnen und nicht fennen. Der Hunger nach dem weiten Meer, nach dem weißen Strande, nach dem silberblanken, kühlen Winde, der Kraft und Gesundheit in seinen Schwingen trägt; nach einem Wachsen und Werden in Sonne und Freiheit. Eine Hupe kreischt auf, ein dürres Kinderärmchen fährt zerstörend in den Sandhausen und verschüttet den Graben...
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Schnaubend quält sich der Stadtbahnzug über blanke Schienen. Die Abteile sind übervoll. Endlich Feierabend! Durch das Steinmeer ringelt sich die eiserne Schlange zwischen schwarze, zerrissene Mauern hindurch. Der flebrige Rauch fällt in düstere Höfe. Auf einmal hält der Zug. Auf freier Strecke. Die Köpfe fahren auf, Stimmen fragen und zürnen. Heim! heißt die Losung; jeder Aufent. halt ist Raub an der Freiheit. Ein Alter schaut aus dem Fenster, ein Veteran der Arbeit und der Sorge. Müde Hände halten den Sadt mit dem Handwertszeug umframpft. Da trifft sein Blick ein Dach, ein schwarzes, teergetränktes Dach. Auf diesem Dach hat sich jemand einen kleinen Garten angelegt. Aus grünen Käften quillt gelbe Kresse, am Spalier flettern rote Bohnen und wilder Wein, aus kleinen Fässern wächst eine Hecke leuchtender Sonnenblumen. Das einzige Grün, das einzige Bunt im toten Schwarz der Stunde. Berstohlen fährt die Hand des Alten über die Augen, die an das fleine Wunder auf dem Dache nicht glauben wollen. Aber es bleibt, und starr hängt der Blick an ihm. Da erwacht ein feltfames Glänzen
Bolkspartei könne die Deutschnationalen in die Regierung hereinziehen. Weſtarp brauche nur die Hugenberg Bresse und die ihr verwandte Provinzpresse lesen, um zu erkennen, wo die Hindernisse liegen. Schließlich sagt es:
gegen den verdienstvollen" Oberbürgermeister von Hannover , den Herrn Dr. Menge, im Zusammenhang mit den Typhuserfranfungen nicht ein Wort verloren. Hieße der Oberbürgermeister zufällig noch einert und wäre Herr Menge noch wie früher der demagogische Häuptling des hannoverschen Bürgerblods, so würde man aller Welt klar machen, daß der Sozialdemokrat Leinert an der Typhusepidemie schuld sei. Im Falle des Hallenser Stadtbankstandals liegen die Dinge aber erheblich anders. Halle ist eine mittlere Großstadt. Die Berwaltung einer solchen Stadt läßt sich durchaus übersehen, wenigstens fann man von einem Mann, der jahrzehntelang Verwaltungsarbeit geleistet hat und jahrelang an der Spitze seiner Stadt steht, erwarten, daß er über die Haupt vorfälle in seiner Berwaltung Kredite der Stadtbant von Halle müssen dem Oberbürgermeister bekannt gewesen sein, wenn sie über einige tausend Mart hinausgingen. Wenigstens müßte das bei einer ordnungsgemäßen Führung der Oberbürgermeistergeschäfte durch Herrn Dr. Rive vorausgesetzt werden. Dr. Rive ist aber ferner vor vielen Monaten schon durch die sozialdemokratische Fraktion der Hallenjer Stadtverordnetenversammlung auf die Zustände in seiner Stadtbank aufmerksam gemacht worden. Er hat, anstatt„ mit altpreußischer Energie" durchzugreifen, den jetzt disziplinierten Bürgermeister und den betrügerischen Stadtbankdirektor( chlant. weg gedeckt. Im übrigen führte er den Kampf um seine Gehaltserhöhung!
unterrichtet ist und den nötigen Ueberblick über sie besitzt. Die
Graf Westarp wird sich über eins im flaren sein müssen: Wenn die deutschnationale Provinzpreffe fortfährt, in dem angeschlagenen Boshafte Leute können sagen: Es geschieht den Hallensern ganz gehässigen Tone die Grundlinien der bisherigen Außenpolitik zu berecht. Sie wollten 1924 bei der Gemeindewahl" Ordnung" fämpfen, dann dürfte es der deutschnationalen Reichstagsfraktion schaffen, sie wollten mit der sozialdemokratischen Mißwirtschaft auf. überhaupt unmöglich werden, jemals die Zustimmung des räumen. Sie haben gründlich aufgeräumt. Der Ordnungs3entrums und der Demokraten für eine Regierungfoalition mit den blod hat gefiegt, jetzt haben sie die Bescherung.
in den schon trüben Augen, und in dieses Glänzen hinein frißt sich ein Licht, falt und zehrend: der Hunger. Der Hunger nach einem Stückchen grünen Landes, das sein eigen sei; ein Häuschen darauf, ein Garten davor, bunte Blumen darin, ein paar Obstbäume, ein paar Sträucher, eine Bank in der Sonne. Unerfüllte Sehnsucht eines Menschenlebens!!! Und die Augen weiten sich; da- ein Pfiff, der 3ug rückt an, und das Wunder stirbt. Müde sinkt der Kopf des Alten vornüber....
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Eine breite Straße im Osten. Ueber den hohen Alleebäumen schaufeln die elektrischen Lampen, gießen ihr blendendes Licht in das frohe Treiben unter ihnen und wetteifern mit dem Schimmer des Vollmondes. Kühle weht aus den Blättern, die Blumen in den Rabatten duften stärker. An einer Ecke staut sich die Menge. Was gibt's noch am späten Abend? Kein lautes Wort schallt aus dem bichtgedrängten Menschenhaufen, der einer Stimme zu lauschen scheint, die aus seiner Mitte erflingt. Was verkündet sie? Worte hallen herüber, wie" Berge" und" Krater"," Atmosphäre" und Ausgebranntfein". Ein mächtiger Arm wächst über die Köpfe der Menschen und recht sich gen Himmel. Suchend fährt er umher; Nickelteile blizen im Schein der Lampen auf. Endlich hat er sein Biel gefunden: auf den Mond weist er. Da kommt Leben in die Menschen masse. Jeder will der erste sein, der durch das Zauberglas schaut, das ihn näher führt zu den Wundern des Nachthimmels. Augen und Herzen saugen sich voll, und der Hunger erwacht. Der Hunger nach dem Wissenwollen, nach dem Ergründen, der Hunger nach den letzten, tiefen Fragen des Lebens, der in den Herzen der schlichten Menschen wühlt, der sie für einen Augenblick fortreißt aus Serge und Last des Alltags, der wie eine Wolfe auf ihnen lastet, wie die Wolke, die jetzt den Mond verschlingt und ihnen den Vorhang herabreißt, der für ach so kurze Zeit sich ihnen lüftete.
C. S.
Ein Abschriftsteller und seine Helfer. Der Vorwärts" hat vor furzem aus dem Septemberheft der Zeitschrift" Bücherwarte" eine Glosse abgedruckt. Darin wurde der literarische Neufommunismus festgenagelt, wie er von einem fiche ren Kurt Kersten in einem Buch über August Bebel geübt wurde. Kersten hatte insgesamt 28 Zitate aus Bebels Reden zu einem„ Buch" zusammengestellt, von diesen Achtundzwanzig aber mindestens zwölf, also fast die Hälfte, nachweisbar aus meinem Bebelbuch aus den verschiedensten Kapiteln entlehnt und mit den von mir vorgenommenen Kürzungen, Auszeichnungen, zum Teil auch mit den von mir verfaßten Zwischenüberschriften sllavisch nachgedruckt, natürlich ohne Quellenangabe. Selbst die Daten hat er rach meinen Angaben wiedergegeben. We das Datum in meinem Buche fehlt, fehlt es auch bei ihm. Die mühselige Kleinarbeit, unzählige Bände der Reichstags- und anderen Drucksachen durchzuarbeiten, war ihm wahr scheinlich zu zeitraubend.
Die milde Anprangerung dieses literarischen Urfommunismus durch die Bücherwarte" und den„ Borwärts" hat dem Plagiator Anlaß gegeben, in den beiden hiesigen fommunistischen Blättern
wüste Schimpferklärungen loszulassen. Sie haben verdiente Nichtbeachtung gefunden. Aber auch ein Berliner bürgerliches Montagsblatt öffnete ihm die Spalten zu Erklärungen und machte sich dadurch zum Sprachrohr literarischen Freibeutertums. Eine Gegenerklärung, in der ich mich kurz bereit erklärte, den Tatbestand des unberechtigten Nachdrucks vor jedem Forum unwiderleglich; nachzuweisen, wurde von dem gleichen Montagsblatt abgelehnt! Jezt nimmt nun auch noch die in dem sonst ernsthaften Verlag von Ernst Rowohlt erscheinende Wochenschrift Die literarische Welt " Anlaß, dem Abschriftsteller Kersten literarischen Beistand zu leisten. Ohne mein in der Sammlung Sozialistische Klassiker" erschienenes Buch auch nur zu fennen, stellt diese literarische Welt" den Freibrief für unbedingten und unbedenklichen literarischen Diebstahl aus: Selbst wenn der eine Autor die Publikation des anderen verwendet hätte, wäre das nur ewas Selbstverständliches." In der wirtlichen literarischen Welt sucht man durch Urheberrecht und Schriftsteller- Schuhverbände das Freibeutertum zu bekämpfen. Aber das ist nach Anficht der Salonkommunisten augenscheinlich nur ein bourgeoiser Atavismus. Franz Klühs .
Erich Weinert - Abend. Erich Weinert , wohl der schärfste der lebenben satirischen Dichter in Deutschland , las am Montag abend für den Leon Hirsch Berlag im gutbesetzten Meistersaal. An zwei Stunden ließ er sein Wortfeuerwerk abbrennen, Frösche, Donnerschläge und vor allem Raketen, die dunkle Situationen bliz schnell erleuchten. Erich Weinert hat ein verblüffendes Talent, mit grotesten Wortspielen zu jonglieren. Mit welcher Ironie stellt er ein Kleinstadtkaffee hin! Und dabei so plastisch, daß jede Person, ja bichte find fein geschliffen und reich an überraschenden Pointen. In jeder Gegenstand mit erlebt wird. Seine kleinen philosophischen Gewenigen Bersen zeichnet er schmissige Porträttarikaturen der Zeitgrößen, Marg, Claß, Hauptmann, Strefemann. Auch Prosa gab Weinert zum Besten, gut geschliffen, aber sie reicht bei weitem nicht an feine Versfunft. Am stärksten wirfen neben seinen fleinbürgerlichen Milieuschilderungen und den feinen philosophischen Gedichten seine politischen Berse, besonders wenn er gegen Halbheit und Militarismus seine Pfeile schießt. Der Abend war ohne Zweifel ein Gewinn. Weinert selbst ist ein guter Interpret seiner Gedichte, nur sollte er aus seinem schier unerschöpflichen Schahe nicht zu viel auf einmal geben, denn trotz aller Begeisterung tritt sonst Ermüdung Mit einem Kabinettstück politischer Satire Es ſpuft am Brandenburger Tor " schloß unter vielem Beifall der Abend. B. Sch.
ein.
Borlesung Arthur Holitscher . Bum zweiten Autoren Abend der Boltsbühne, der am Mittwoch, dem 29., abends 8 Uhr, im Bürgerjaal des Rathauses, Eingang Königstr., stattfindet, und in dem Arthur Holitfcher aus feinen Werfen vorlesen wird, sind noch Karten zum Preise von 60 Pf. am Saaleingang zu haben.
Leffingtheater. Die Premiere der Komödie Mensch und leber. mensch von Bernard Ebaw ist auf den 5. Dltober verlegt worden. Die bereits gelösten Karten behalten Gültigkeit.
Das Berliner Sinfonie- Orchester eröffnet selne diesjährigen Sonntags. fonzerte am 3. Oftober, abends 8 Uhr, im Blüthner Saal Dirigent: Emil Bohnfe. Colift des Abends: Godfried Zeelander, der das Cellotonzert von Haydn zum Bortrag bringen wird.