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Niederschönenfeld .

Der Tod Hagemeisters vor Gericht.

München , 28. September. ( Eigener Drahtbericht.) Vor dem hiesigen Schwurgericht als dem in Bayern ( wenn nicht gerade Aus nahmezustand ist) für Pressevergehen zuständigen Gericht wird jetzt gegen den Schriftsteller Albert Winter verhandelt. Die Staats­anwaltschaft hat Anklage gegen ihn erhoben, daß er durch die öffent­liche Behauptung, der Niederschönenfelder Festungsgefangene age­meister sei infolge der Behandlung in dieser Strafanstalt gestorben, deren Leitung beleidigt habe.

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Der Angeflagte betonte, daß er nicht diese besondere Beleidi­gungsabficht gehabt, sondern den gesamten bayerischen Straf: vollzug gegen lintsgerichtete Strafcefangene habe treffen roollen. So habe der damalige Anstaltsvorstand Kraus der felbe Staatsanwalt, der jetzt im Femeausschuß des Reichstags be­schuldigt wird, die Verhinderung der Aufklärung des Fememordes an Hartung mit bewirft zu haben von dem Strafgefangenen Abg. Sauber gefagt, mit dem werde man ebenso fertig werden wie mit dem Abg. Gareis

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Ein amtsärztlicher Sachverständiger ebenso wie der Anstaltsarzt Dr. Steindl sagten aus, daß die bei der Obduktion als Todes­ursache festgestellte Lungenembolie nicht schon bei dem an Rippenfellentzündung erkrankten Hagemeister vorausgesehen werden fonnte; jeine Belle sei mit 24 Raummetern Inhalt auch als Kranken­Tube geeignet gewesen, die ihm gegebenen Herzstärkungsmittel habe er zu nehmen fich geweigert. Der Anstaltsleiter Regierungsrat Engert fagte aus, ihm sei es oft so vorgekommen, als eb er urd die Beamten die Sträffinge feien, denn die Gefangenen hätten es an Berpflegung und gesamter Lebenshaltung weit besser gehabt als die Beamten

Zeuge Schriftsteller Erich Mühsam befundete, bei allen Feftungsgefangenen habe immer der Eindruck bestanden, daß der Anstaltsarzt Dr. Steindl fich in erster Linie als Beamter und nicht als Arzt benommen habe. Die

Behandlung des franken Hagemeister unterschied sich in feiner Weise von der eines Gefangenen, der eine Disziplinarstrafe verbüßt. Bereits am 8. Januar habe Hagemeister den Eindruck eines zu Tobe Erfranften gemacht, aber noch am 15. Januar, also am Vortag feines Todes, habe Hagemeister ihm erzählt, Dr. Steindl habe ihm angedeutet, daß er ihn für einen Simulanten halte. Als Hage­meister dann gestorben war, hätten sämtliche Festungsgefangene die bestimmte lleberzeugung gehabt, daß ihr Freund durch die Art der Behandlung zugrunde gerichtet worden sei und daß er bei einer normalen Behandlungsweise hätte gerettet werden können.

Zeuge Olschewsti, Geschäftsführer der kommunistischen Reuen Zeitung" in München , der jahrelang Feftungshäftling in Niederschönenfeld war, schilderte im einzelnen die schifanöse Behandlung in der Anstalt und erklärte mit aller Bestimmt heit, daß nach seiner Auffassung der Tod Hagemeisters durch eine fachgemäße Behandlung hätte vermieden werden können.

Geradezu dramatisch gestaltete sich die

Bernehmung der Witwe Hagemeisters. Beinend befundete sie, daß ihr Mann schon vor seiner Einlieferung in die Festung herzleidend gewesen sei, eine Tatsache, von der die Anstaltsärzte bekanntlich keine Ahnung gehabt haben wollen. Als fie dem Anstaltsvorstand ihre Besorgnis über die Herzfrankheit ihres Mannes äußerte, habe er ihr erwidert: 1918 war Ihr Mann ja auch gefund; da war er da, als es gegen den Staat ging." Ob der Anstaltsvorstand Hoffmann von der ihm durch die Frau Hagemeister gemachten Mitteilung über die Herzfrankheit thres Mannes dem Arzt Renninis gegeben hat, war nicht festzustellen. Dr. Steindl erwiderte auf eine entsprechende Frage: Ich erinnere mich nicht."

Drei weitere als Beugen vernommene Festungsgefangene gaben ebenfalls ihrer bestimmten Ueberzeugung Ausdrud, daß Hagemeister infolge der ihm zuteil gewordenen Behandlung gestorben sei. Da­gegen betonte der Sachverständige Dr. Aumüller noch einmal, daß der

Strafvollzug feinerlei Einfluß auf den Tod Hagemeisters gehabt haben tönne.

Anstaltsverwalter Engert gab als Zeuge nochmals Auskunft über die Anwendung der 3 wangsjade gegen Feftungsgefan gene, da bekanntlich auch Hagemeister einmal in die Zwangsjade gefteckt wurde. Seines Bissens sei die Zwangsjade in Niederschönen­ feld nur dreimal zur Anwendung gefommen. Sie gelte einmal als Schuhmittel für den Gefangenen und sicherlich nicht in erster Linie als Diziplinarmittel. Angewendet sei sie nur worden im Benehmen mit dem Anstaltsarzt, der bei der Anlegung auch jeweils zugegen gewesen sei. Diese lettere Behauptung mußte der Zeuge aber wieder zurüdnehmen. Er gab auf eine Frage des Beklagten zu, daß der Anstaltsarzt nicht immer erreichbar gewesen sei.

Damit war die Beweisaufnahme beendet. Im Einverständnis mit dem Staatsanwalt wurden die Beklagten und fämtliche Zeugen und Sachverständigen entlassen.

Staatsanwalt Full sagte in seinem Blädoner, daß er sich an das in dem inkriminierten Artikel enthaltene, burchaus eindeutige Wort Ermordung " halte. Damit habe Winter der Anstalts­leitung nicht nur eine fahrlässige, sondern die beabsichtigte Lötunn Hagemeisters zum Vorwurf gemacht. Die ärztliche Behand Jung Hagemeisters und die Pflege durch das Anstaltspersonal sei durchaus einwandfrei gewesen, so daß an dem Tod Hage: meifters jedenfalls der Strafvollzug in feiner Weise schuld sei. Mildernde Umstände seien dem Angeklagten zu verjagen, ebenso scheide die Wahrung berechtigter Interessen aus. Er beantrage eine Gefänanisstrafe von sechs Monaten.

Nach eineinhalbstündiger Beratung fällte das Schwurgericht fol­gendes Urteil: Der Angeklagte inter wird wegen eines Ver

gchens der üblen Nachrede zu einer

Gefängnisstrafe von 2 Monaten

und Tragung der Kosten verurteilt. In der Begründung wird be­tont, daß der vom Staatsanwalt erhobene Vorwurf, Winter habe feine Anschuldigungen wider besseres Wissen erhoben, durch die Beweisaufnahme nicht erwiesen werden konnte.

Wege zur Volkskultur.

Das Arbeiterkulturfartell, der frühere Bildungs­ausschuß des Bezirksverbandes Berlin unserer Partei, tritt auch in diesem Winter wieder mit einer Reihe hochkünstlerischer Veranstal­fungen vor die Arbeiterschaft. In einem gut ausgestatteten Pro­arammheft, das literarische und zeichnerische Beiträge von Seitel, Baluschef und Albert Horlig, dem bisherigen Sekretär des Kurt Singer , dem Mufifreferenten des Vorwärts", Professor Kartells, enthält, werden die Leser zunächst mit den drei prole. tarischen Feierstunden, die im Großen Schauspielhaus stattfinden sollen, bekannt gemacht. Am 2. Weihnachtsfeiertag wird Franz Rothenfelders Weihnachtsspiel" und am 10. April 1927 das Weihespiel ,, An die Erde" von Bruno Schönlant auf­geführt. Dazwischen wird am 13. Februar ein Drama in mufi­kalischen Rhythmen Dynamo", das Friedrich Neubauer verfaßt hat, zur Darstellung fommen. Alle Feierstunden beginnen um 11½ Uhr. Im März und April veranstaltet das Kartell im Theater der Volksbühne am Bülowplatz mehrere Aufführungen des Schön­lantschen Frühlingsmyfteriums", bei denen Jascha Horen­ stein die Leitung der Chöre des Arbeiter- Sängerbundes und des Sinfonieorchesters und Albert Florath die der Sprechchöre hat.

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Bier Arbeiter Sinfoniekonzerte im großen Gaal der Philharmonie am 9. Oftober, 27. Dezember, am 27. Februar und am 19. März 1927 vervollständigen den Rahmen der Ver­anstaltungen. Ausführende sind das Philharmonische Orchester; als Sofisten wirten die Professoren Havemann( Violine) und Schnabel ( Klavier) mit. Die vier Konzerte kosten im Abonnement 5 M.

Ueber die Bedeutung und die Notwendigkeit der geistigen Fort­bildung der Arbeiterschaft fagt Genosse Horlitz im Programmheit folgendes: Der Kampf der Arbeiter um die wirtschaftliche und politische Macht war immer nur ein Teil ihres großen Befreiungs­tampfes. Stets hat die Arbeiterbewegung aller Länder mit den wirtschaftlichen und politischen auch tulturelle Forderungen ver= bunden. Zwar war der Kampf auf allen Gebieten nicht immer gleich start, aber die innigen Beziehungen und Wechselwirkungen im Ringen um die materiellen und geistigen Güter waren stets wesentlicher Bestandteil der Bewegung. Die Arbeiter haben seit langem erkannt, daß die geistige Reife des Proletariats in hohem Maße entscheidend ist für das Tempo und die Ergebnisse des Emanzipationstampfes. Innere Berbundenheit, Wille zur Tat und freudige Opferbereitschaft sind unentbehrlich für den Aufstieg unserer Klaffe. Wer Großes vollbringen will, muß Klarheit befizen und zur Begeisteruna fähig sein. Diese Erkenntnis hat die gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterorganisationen schon vor Jahrzehnten dazu geführt, besondere Rulturstellen zu schaffen, welche ausschließlich beauftragt find, die Bildungsarbeit für das Proletariat finn- und zweckvoll zu leiten. Die Erziehungsarbeit war nur unter harten Kämpfen möglich; denn die herrschende Klasse hat die Arbeiter von den geistigen Gütern des Lebens genau so unerbittlich fernzuhalten versucht, wie sie ihr den gerechten Anteil an den materiellen Erzeugnissen der Gesellschaft vorenthalten hat. Die Kapitalisten fütterten stets nicht nur den Leib des Arbeiters mit fargem Brot und Wassersuppen, sie hatten auch für feine Seele nur Broden und Schladen übrig. Auch in der Kultur­arbeit führt Zersplitterung zur Schwächung der Kräfte. Deshalb faßt das Arbeiter Kulturfartell alle fozialistischen Kulturorganisa tionen zusammen und fördert ihre Arbeit durch Anregungen und alle anderen geeigneten Mittel. Es gilt unter anderem auch, eine Fest kultur zu pflegen, genährt und gestaltet aus den schöpfe rischen Kräften des Proletariats, und schließlich sind die Mittel und Wege zu suchen, welche alle, Männer, Frauen und Kinder der Ar­beiterklasse, zu uns führen. Diese großen und schönen Aufgaben find nur zu erfüllen durch gemeinsame Arbeit aller, durch freudige Hingabe jedes einzelnen. Sind diese Borausiekungen erfüllt, dann wird das Arbeiter- Kulturfartell die stärkste Stühe des Fundaments sein, auf dem wir den Bau der Zukunft errichten.

Der Trick mit der Zimmerfalle. Festnahme eines Juwelenschwindlers.

Im Berliner Edenhotel wurde am Dienstag abend ein lange ge­suchter internationaler Juwelendieb auf frischer Tat ertappt und festgenommen. Er hatte vor einiger Zeit im Hotel Bristol Schmudgegenstände von hohem Wert erbeutet, indem er den Vertreter eines Juwelengeschäftes in eine Zimmerfalle( zwei nebenein­anderfiegende Zimmer mit getrenntem Ausgang) gelodt hatte und mit dem Schmud verschwunden war. Der Empfannschef des Edenhotels, der den Borgang im Hotel Bristol tannte, wurde bei der Bestellung von zwei Zimmern mit getrenntem Ausgang sofort stuhig und be­nachrichtigte die Kriminalvolizei, die auch sofort einen Beamten zur Beobachtung entfandte. Kurz darauf erschien bereits der Bertreter eines Juweliergeschäfts, bei dem der Gauner nun denselben Trick ver­suchte. Diesmal mißlang der Versuch. Als der Hochstapler die Brillanten feinem ,, im Nebenzimmer wartenden Bater" zeigen und dabei verschwinden wollte, wurde er festgenommen. Er gab den ver­fuchten Schwindel zu und erzählte. daß er erst um 10% 11hr vor mittaas aus Rottbus auf dem Görlizer Bahnhof angelommen sei und sich mit feiner Mutter in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde. Weil er auch persönliche drückende Schulden habe, so sei für ihn und die Mutter von seinem Monatseinkommen von 100 m. für den Lebensunterhalt nicht viel übrig geblieben. Der Festgenommene wurde als ein 23 Jahre alter aus Hamburg gebürtiger Raufmann Karl Schmüfer festgestellt, der der hiesigen Kriminalpolizei schon bekannt war. Die Geschichte von der notleidenden Mutter in Rottbus ift Schwindel. Schmüfer ist ein gewerbsmäßiger Betrüger, der sich fchon auf mehreren Gebieten betätigt hat.

Verbreiterung der Treptower Ringbahnbrücke.

Schon seit Monaten wird daran gearbeitet, den berüchtigten Engpaß beim Treptower Ringbahnhof zwischen Treptow und Stralau bedeutend zu verbreitern. Wie gefahrdrohend dieser Durchlaß für Fußgänger ist, zeigte sich erst wieder bei der Gewerk: schaftsdemonstration am vorigen Sonntag. Die Massen stauten fich hier bald derart, daß der Enapaß an der Stralauer Seite wiederholt von der Schupo, um Abfluß zu schaffen, vorübergehend gesperrt werden mußte. Man muß jegt über mehrere Holztreppen flettern und sich durch einen auf dem Bahnförper geschaffenen schmalen Motgang schieben. Von Ufer zu Ufer wird der fünftige Uebergang vier Meter an Stelle der bisherigen anderthalb Meter breit sein. Zu diesem Zwecke sind unter der Brücke nach Osten zu entsprechend Bie die Barschauer jüdische sozialistische Neue Volkszeitung" lange Eisenträger hinausgeschoben und durch schräge eiserne Quer­mitteilt, ist auch ihrem Rorrespondenten Dr. Jakob Pat die Einträger mit der Brüdenspannung verbunden worden. Auch hinter reise nach Rußland trosz wiederholter Bersprechungen nach zwölf- der Brücke auf der Stralauer Seite wird später eine starte Ver­monatigen Berhandlungen( 1) nunmehr endgültig versagt

Sozialisten ist der Eintritt verboten."

worden.

Bolschewistische Pressepolitik.

Dieser Fall ist um so bezeichnender, als die Neue Volkszeitung" das Organ des jüdischen sozialistischen Arbeiterbundes in Bolen ist, der megen feiner linfen" Orientierung sich nicht einmal der Sozialistischen Arbeiterinternationale angeschlossen hat, sondern eine Zeitlang mit der Romintern wegen des Anschlusses Derhandelt hat und zurzeit mit der Theodor- Liebknecht- Gruppe in Deutschland ( die fich USB. nennt) internationale verbunden ist. In Rußland ist es also heute tatsächlich so, daß jeder hinein darf, auch der schlimmste Arbeiterfeind, der schmutzigste Reaktionär mur Sozialisten ist der Eintritt verboten!

Unflösung von belgischen Militärschulen. Die belgische Regierung beschloß, in den nächsten Monaten eine ganze Anzahl von Unter­offizierschulen der Artillerie, Kavallerie und der technischen Truppen aufzulösen, da bei der Berminderung dieser Waffengattungen nicht mehr ein so großer Bedarf an Unteroffizieren besteht

breiterung durch Hinzunahme der aufzuschüttenden Böschung des tief­liegenden Prozenfchen Parkes vorgenommen. Ob das längst abbruch­reife Haus an der Alt- Stralauer Dorfede fällt, steht noch nicht fest. Mit allen diesen baulichen Alenderungen ist leider noch nicht die Frage der Erleichterung des Fuhrwerksverkehrs zwischen der Ober­baumbrücke und der Trescombrüde in Oberschöneweide gelöst. Bis die pojektierte große Fahrbrüde auf der Westseite der Treptower Ringbahnbrüde fertiggestellt ist, werden noch viele Jahre vergehen. Noch immer Fener im U- Tunnel.

Zu dem Fabriffeuer in der Stegliger Straße 80, das durch Ueberspringen aus dem brennenden Untergrund­bahntunnel hervorgerufen wurde, erfahren wir noch folgendes: Während des ganzen Nachmittags weilten an der Feuerstelle Brand­wachen, da die Torfplatten und das dazwischen lagernde Torf­mull noch an verschiedenen Stellen glimmten. Der Versuch, die Tunnelzwischenwand ganz unter Wasser zu setzen, um die Feuerherde zu erfäufen, gelang nicht vollkommen. Es blieb nichts anderes übrig, als die Tunnelwand in einer Länge von 20 Mefern auf beiden Seiten des Tunnels aufzustemmen. Mit dieser

Arbeit war eine größere Kolonne von Hochbahnarbeitern wähad des gestrigen Tages bis in die heutigen Vormittagsstunden hinein beschäftigt. Es wurden an verschiedenen Stellen noch glimmende Es ist nicht ausgeschlossen, Serde vorgefunden und herausgerissen. daß das Feuer bereits rechts und links weiter. Segriffen hat, was sich erst durch genaue Beobachtung feststellen

laffen wird.

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eberstr. 52 gerufen, wo in dem Da ch stuhl des Borderhauses Heute vormittag gegen 411 Uhr wurde die Feuerwehr nach der Feuer ausgebrochen war. Der Feuerwehr, die sehr schnell zur Stelle Brand auf seinen Herd zu beschränken. war, gelang es, eine größere Ausdehnung zu verhüten und den

Der Prozeß Plückham.

Haupthehler des Faffadenkletterers Wald.

Vor der 1. Großen Strastammer des Landgerichts I unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Siegert begann heute die Berufungs­verhandlung gegen Juwelier Alerander Blückham, der Ende März d. J. von dem Schöffengericht Charlottenburg wegen ge­werbsmäßiger Hehlerei zu 2 Jahren 3 Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt worden war, und der gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hatte.

Schon vor dem Schöffengericht war der Bäder Frizz Bald als Beuge vorgeführt worden. Wald hat inzwischen nicht nur in Untersuchungshaft gesessen, sondern ist sogar auch schon wegen seiner Einbrüche in München und Dresden zu insgesamt 9 Jahren 3uchthaus verurteilt worden. Wald hat, wie in diesen Tagen ausführlich berichtet worden ist, noch einen großen Prozeß wegen seiner zahlreichen Einbrüche in Hamburg und Berlin zu erwarten. Es schwebt bekanntlich in diesen Fällen ein umfangreiches Ermitt lungsverfahren. Nach der Verhaftung Walds , die durch einen Zufall in München erfolgte, wobei sich der Festgenommene dann als der gemeingefährlichste Fassadent letterer und Einbrecher der Neuzeit entpuppte, wurde auch nach dem Verbleib der von ihm erbeuteten Juwelen und Schmucksachen geforscht. Wald machte aus­weichende Angaben und sprach nur davon, daß er sie in der Nähe des Kurfürstendamm bei einem Juwelenhändler abgefeht habe. Bei den Nachforschungen, die daraufhin angestellt wurden, fiel einem Dresdener Kriminalkommissar in der Wilmersdorfer Straße im Schaufenster eines der beiden Geschäfte, die Blückham dort befiẞzt, ein auffallender wertvoller Schmudgegenstand auf, der den Verdacht des Kriminalbeamten erregte. Auf Befragen gab Blüd­ham an, daß er den Schmuck von einem gewissen Hoffmann erworben habe. Den Bäcker Friß Wald wollte er nicht fennen. Es ergaben sich aber so verdächtige Umstände, aus denen hervorging, daß Blüd­ham der ständige Abnehmer der Beute Balds gewesen war. Wald selbst wurde schon vom Schöffengericht als Zeuge ver­nommen und suchte Plückham vollkommen zu entlasten. Die Er­mittlungen ergaben, daß die Bücher Blückhams nicht stimmten. Aus diesen ganzen Umständen kam das Schöffengericht zu der Ueber­deugung, daß Plüdham der Hauptabnehmer und Hehler des Wald gewesen sei, weshalb es auf die ungewöhnlich hohe Strafe erkannte.

Selbstmordverfuch eines Arztes und seiner Hausdame. Durch schweres Stöhnen wurden heute früh gegen 4 Uhr Arbeiter, die an den Straßenbahngleisen im Breußenpart beschäftigt waren, auf ein Baar aufmerksam, das schon längere Zeit in den Anlagen auf einer Bant gesessen hatte. Einer ging dann aber doch, als die Frau immer lauter ſtöhnte, heran und fragte, was ihr denn fehle. Da erklärte der Mann, sie hätten Qued silber genommen. Beide wurden sofort nach dem Krankenhaus in der Achenbachstraße gebracht und als der 65 Jahre alte Arzt Dr. Hans B. und seine 45 Jahre alte Hausdame Edith R. festgestellt. Während dem Manne das Gift weniger ge­schadet hat, ist die Haushälterin sehr schwer ertrantt. Der Arzt gibt an, daß Nahrungssorgen beide ztr dem Entschluß getrieben hätten, freiwillig aus dem Leben zu scheiden.

Abfahrt der Memphis "-Mannschaft. Die Abfahrt der 10 ame­rikanischen Offiziere und 70 Matrosen des Kreuzers Memphis" crfolgte am Dienstag 7 Uhr 40 Minuten nachmittags vom Lehrier Bahnhof. Abschiedsreden hielt Stadtrat Wege und der Kommandeur des Kreuzers.

Bolfsturse in Englifch. Franzöfifch, Spanisch. Anfang Oktober beginnen in der Sprachschule für Proletarier die neuen Abendkurse in Englisch , Französisch, Spanisch sowohl für Anfänger ohne Vorkenntniffe als auch für Teilnehmer mit Borkenntnissen. Der Unterricht soll wieder in verschiedenen Stadtteilen abgehalten weiden. Anmeldungen für alle Kurse: mündlich Donnerstag, den 30. September, und Freitag, den 1. Oktober, abends von 6 bis 9 Uhr in der Gemeindeschule Gipsstraße 23a, 3immer 18( nahe Bahnhof Borfe und Alexanderplaß); schriftlich an die gleiche Abreffe; tele­phonisch: Steinplatz 10 406.

Erdbeben bei Wien .

Am Dienstag abend wurde in Wien und Umgebung ein ziemlich heftiges Erdbeben verspürt, das fo start war, daß die seismographischen Apparate der Zentralanstalt für Meteorologie teilweise außer Betrieb gesetzt wurden. Die Stöße dauerten ungefähr 30 Sefunden und wiederholten fich in einem Zeitraum von 10 Minuten. Das Beben wurde besonders im Piefting tale verspürt, wo in vielen Ortschaften die Mauern der Häuser Riffe und Sprünge erhielten.

Wien , 29. September. ( WTB.) Wie die Blätter zu dem gestrigen Erdbeben melden, ist das Beben in der Umgebung von Wiener Neustadt , Neunkirchen , Terniß und im Semmeringgebiet am stärksten verspürt worden. Gleich nach dem ersten Stoß stürzten hier und da Schornsteine ein. Schrant- und Zimmertüren sprangen auf. Bon Wänden und Decken löste sich Mörtel. Die Bevölkerung geriet in große Er­regung. Die Richtung des Erdbebens war Nordfüd. Es dürfte seinen Ausgangspunkt von der Thermonlinie, die über Baden und Neunkirchen führt, genommen haben.

Wirbelsturm in Vera Cruz.

Nach einer Meldung aus New York hat ein Wirbelfturm die Stadt Bera Curz in Merifo heimgesucht: die Berluste an Menschen­leben sind, soweit bisher bekannt, gering. Mehrere Schiffe im Hafen sind gesunken. Die meisten Bäume in der Stadt wurden Dom Sturm umgerissen. Ein weiteres Telegramm besagt, daß die Stadt schwer beschädigt wurde, daß es aber infolge der Unterbrechung aller Verbindungen unmöglich sei, die Höhe des Schadens festzustellen. Auf der portugiesischen Rolonie Macao in der Nähe von Hongtong wütete faft den ganzen Tag über ein Taifun. Die gesamte Tiefseefischereiflotte ist nicht zurüdgefehrt.

Schwerer Jagdunfall eines tschechischen Abgeordneten. Der aus der tschechischen nationalsozialistischen Partei ausgeschlossene Ab­geordnete Stribrny hatte sich nach dem Brünner Parteitag nach Karpathenrußland auf die Jagd begeben. In der Nähe von Bustino wurde er von einem Eber angefallen, der ihn schwer verletzte. Ein ruthenischer Treiber fam im legten Augenblick zu Hilfe, sonst wäre Stribrny getötet worden.

Abermals ein Orfan über Florida . Nach einer Meldung des ,, New York Herald " aus Miami wird von den Wetterstationen ein neuer Orfau von ungewöhnlicher Stärke gemeldet, der nördlich Don Portorico aufgekommen sei und sich in Richtung Florida be­wege. Sicherheitsmaßnahmen seien bereits getroffen worden.