Der Kall Panm'er. Und seine gerichtliche Behandlung. Im vxijeren Verlauf der gestrigen Sitzung des Femeausschusses des Landtages führte der Berichterstatter Abg. kuliner(Soz.) aus: Aschenkamp berief sich bei seiner Vernehmung sofort auf einen von Leutnant Venn erhaltenen Befehl. Er wie die anderen Angeschuldigten machten geltend, dah sie bei Nichtaus- sührnng des Befehls das Schicksal des Pannier geteilt haben würden. Aschenkamp erging sich in den schärfsten Ausdrücken gegen Venn, daß er für seine Tat nicht eintrete. Auch Oberleutnant v. Senden müsse von der geplanten Ermordung gewußt haben. VonSenden und Hauptmann Gutknecht bestritten alles. Von Senden gab weiter an, er habe sich mit Oberleutnant Schulz nicht gut gestanden. Er sagt dazu:„Durch Oberleutnant Schulz erfuhr ich, daß zu seiner Verfügung besonders Leute standen, die er„z. b. B.° nannte. Dazu gehörten Klapproth. Büsch! n g und Feldwebel Mertens. Sie waren zum besonderen Schutz für Oberleutnant Schulz da und schlugen Schul; gegenüber einen solchen Ton an, daß man daraus allerlei Schlüsse ziehen könnte. Vielleicht hat er auch manche davon geduzt. Wir Ossiziece mußten ost stundenlang im Vorzimmer von Schulz warten, während diese Leute von der Leibgarde bei ihm unangemeldet ein und aus gingen. Klapproth und Büsching haben ihn auch nicht mit seinem Dienstgrad angeredet. Daß diese Leute zu Morden verwandt wurden, habe ich nicht gewußt. Feldwebel Stein hat in der Voruntersuchung angegeben, dah er und die übrigen Angehörigen der Formation auf den Degen des Leutnants v. Senden vereidigt wurden. Die Eidesformel lautete:„Zch schwöre bei Gott u n d meinem Leben, daß ich über die Formation(Ö. h. über die gesamte Schwarze Reichswehr ) nichts verraten und meinen vorgesetzten Treue und Gehorsam leisten werde." Nach dem Abschluß der Verlesung der Akten aus der Darunter- suchung unterbrach der Berichterstatter seinen Vortrag und der Aus- schuh schritt in nichtöffentlicher Sitzung zur Vernehmung des Majors B u ch r u ck e r, der heute früh mit einem Auto von der Festung Goilnow, wo er wegen des Küstriner Putsches seine zwölfjährige Festungshaft verbüßt, nach Berlin transportiert worden ist. Die Verhandlungen wurden für oertraulich erklärt. Es soll erst das Protokoll vorliegen. Der Ausschuß will dann«inen Beschluß über die Art und den Umfang der Verössentlichung fassen. Jall pannier, LanSgericht, Gessentlichkelt. Nach Wiederherstellung der Oesfentlichkeit berichtet Abgeordneter Kutlner(Soz.) über die g e r i ch t l i ch e Behandlung des Falles Pannier. Ai» 26. Zanuar wandte sich das Landgericht III an das Auswärtige Amt mit der Frage, ob Ausschluß der Oefsent- l i ch k e i t gewünscht werde, mit der Maßgabe, daß die Oesfentlichkeit ausgeschlossen würde, wenn bis zum l. Februar nichts eingelaufen fei, obwohl bei dem Instanzenweg(Landgerichtsprasident, preußische» Justizministerium, Auswärtiges Aint , Reichswehrministerium) eine pünktliche Antwort njcht eintreffen konnte. Di« Fragen, die das Gericht an das Auswärtige Amt richtete, sind folgend«: Sind die Arbeitokommandos(genannt.Schwarze Reichs- wehr") längere Zeit oorAnsangJuni 1L23aufge stellt worden? Sollten sie vor der Kontrollkommission der Entente ge- heimgeholten werden? Mußt« infolgedessen jeder Angehörige dieser Kommando» auf strenge Sicherung wegen Spionage bedacht sein? Sind strenge Anweisungen in diesem Sinn« ergangen? Wonach sind die Rechte und Pflichten der Angehörigen dieser Kommandos zu beurteilen? Galten für sie die für die Truppen der Reichswehr erlesenen Vorschriften? Waren die Vorgesetzten in gleichem Umfange wie die Reichswehrangehörigen oerpflichtet? Zur Begründung dieser Fragen hat das Gericht folgenden Satz hinzugefügt:„Wegen der nach Zeitungsberichten schwebenden Verhandlungen über eine Verminderung der Besaßung im link»- rheinischen Gebiet unterliegt eine össentliche Erörterung dieser Fragen schwere Bedenken." Der Berichterstatter verliest dann Teile des Protokolls der Hauptverhandlung am l. Februar. Der Oberstaatsanwalt beantragte, die Verbandlung öffentlich zu führen. Die Staats- stcherheü werde nicht gefährdet, da die zu erörternden Vorgänge längst bekannt seien. Die Verteidiger Rechtsanwalts Dr. Sack und Dr. Hahn beantragten dagegen Ausschluß der Oesfentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit. Das Gericht beschloß Ausschluß der Ocssentlichkeit. Nur den von den DeHörden entsandten Vertretern wurde die Anwesenheit gestattet. Das Ersuchen de? Reichstagsabge- ordneten Rechtsanwalt Dr. R o s e n f e l d um Zulassung wurde nnm Gericht abgelehnt. Es wurde beschlossen, den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, soweit die Arbeitskommandos in Frage standen, zur Pflicht zu machen. In der ersten Sitzung wurde ein Haftentlassungsantrag für r. Senden und Gutknecht, dem der erste Staatsanwalt widersprach, angenommen. Ein weiterer Antrag auf Haft- entlassung des Stetzelbcrg wurde zurückgestellt. Lei der Strafzumessung hak der Standpunkt eine Rolle gesptelk. daß die Angeklagten der preußischen Polizei als Gegner mißtrauen. Die Arbeitskommandos setzten sich aus scharf rechtsgerichteten Leuten zusammen. So sahen sie den Preußischen Innen mini st er als Gegner an. Stetzelberg hat deshalb nur eine Gefäng- nisstrafe von neun Monaten erholten, weil er damit gehört wurde, daß er glaubte, aus vaterländischen Motiven gehandelt zu haben. Auch spielte die Ansicht eine Rolle, daß die Angeklagten der Ansicht waren, daß die Einsetzung mit Wissen und Willen der Reichzbehörden erfolgt sei. Die Stellung zum vreußischen Innenministerium wurde ihnen als milderr, der Umstand angerechnet. Der Berichterstatter bemerkte dazu, daß diese Ausfassung zu einer anderen Auffassung des Urteils im Widerspruch stehe. Das Urteil sagt, es lüge keine gegenwärtige Gefahr für Leib und Loben vor, bis zum Fememord sei noch eine lange Zeit vergongen. Di« Täter hätten sich mit einer Anzeige an die Behörde wenden können. Das sei doch ein Widerspruch.' Wie hätten sie sich an eine Behörde wenden sollen, zu der sie kein Vertrauen hatten. Dieser Widerspruch wurde auch in der Reoisionsbegründung hervorgehoben. Das Reichsgericht hatte den Streit in der Revision sehr salomonisch, wie der Berichterstatter bemerk:, dahin entschieden: Das Urteil sage nicht, daß sich die Angeschuldigten gerade an die preußische Polizei hätten wenden müssen. An wen sie sich zum Schutze des Femeniordes hätten wenden sollen, wird offen ge- lassen.— Reber Gulknechk und v. Senden sagl das Urlell, daß die Verhandlung auck) nicht das geringste gegen sie wegen Anstiftung zum Morde ergeben habe. Wenn bestreitet, von Eutknecht oder von v. Senden Anregungen erhalten zu haben. Es sei.nur der Befehl erteilt worden, Pannier aus der Gruppe zu entlassen. Wenn das anders ausgedrückt worden sei, dann sei es viel- loicht geschehen, um Stein zur Ausführung gefügiger zu machen. Es sei nicht erwiesen, daß die Genannten vor der Tat etwas gewußt Hütten. Strafbar könne höchstens geweson sein, daß Gutknecht und v. Senden nach der Tat keine Anzeige gemacht hätten und damit gegen 8 257 des StrGB. verstoßen hätten. Das stand ckber nicht zur A n k l a g e. Der Berichterstatter bezeichnet es als un- verständlich, warum die Staatsanwalischast die Anklage nicht Sven- tualiter auf Begünstigung ausgedehnt habe. Im übrigen hätte nach Ansicht des Gerichts auch hier ein Freispruch erfolgen müssen, weil
Ein versajsungsentwurf von Hugo prmß Aus dem Jahre 1917'.— Ein Dokument zur Geschichte der Deutschen Republik.
Hugo P r e u ß, der Innenminister der Republik und Schöpfer der Verfassung von Weimar , gehörte zu jenen weit- sichtigen Politikern, die während des Krieges erkannten, daß Deutschland mit seiner unheilvollen Politik geradewegs in die Katastrophe hineinsteuerte. Rettung versprach er sich nur von einem völlig unzweideutigen, aller Weit in die Augen springenden S y st e m w e ch s e l als der Basis einer Außenpolitik der Verständigung. Seinen— vor der Militärzensur unmöglichen— Gedanken gab er im Sommer 1917 in einer geheimen Denkschrift Ausdruck, die einen voll- ständigen Entwurf einer neuen Reichs- und preußischen Staatsverfassung enthielt. Diese Denkschrift bildet das Kernstück eines Sammelbandss Preuß'- scher Aufsätze, der unter dem Titel„Staat, Recht und Freiheit" demnächst bei I. C. B. Mohr-Tübingen erscheinen wird. Deutschland , so führte Preuß in seiner Denkschrift aus, sei in seiner innerpolitischen Struktur etwas ganz anderes als die übrigen Kulturstaaten der Welt: ohne Neugestaltung seines Staats- l e b e n s könne es aus seiner internationalen Isolierung nicht her- auskommen. Ueberall seien es die demokratischen Ele- m e n t e, die nach Frieden drängten, aber vergeblich suche die deutsche Außenpolitik bei ihnen Anschluß.„Wenn man heute im Auslande den Eindruck einer Kooperation der deutschen Regierung Mit den radikalsten Radikalen für den Frieden empfängt, so ist es nur allzu begreiflich, daß bei Natur und Art deutscher Regierung und Staatsstruktur dies als ein höchst widernatürliches Verhältnis erscheint, aus dem man auf Unehrlichkeit oder militärische Schwäche Deutschlands schließen zu können meint." Wolle man es auf Sieg oder völligen Zusammenbruch wagen, so müsse man konsequent sein und sich zu einer Politik alldeutsch- konservativer Diktatur entschließen.„So würde wenig- stens der verhängnisvolle Fehler einer Politik vermieden, die durch halbe Konzessionen nach der Vcrständigungsscite und ganze Schwäche vor den Jutransigenten den Eindruck skrupelloser Unehrlichkeit im Auslande erregt, wodurch neben manchem anderen besonders die amerikanische Sache mit all ihren bedeutsamen Folgen so arg verbittert worden ist.., Schließlich macht diese unsagbare Politik nicht nur«inen Verständigungssrieden in absehbarer Zell unmöglich: vielmehr gefährdet oder erschwert si« das vielgerühmt« Dur ch halten in dem freiwillig oder notgedrungen verlängerten Krieg«, Indem sie ständig immer breitere Massen durch die dumpfe Hoffnungslosigkeit der inneren Loge radikalisiert, eine Stimmung, die sich unvermeidlich auf die auswärtige. Lag« überträgt. Will man hier tatkräftig« Zuversicht in die ungewisse Zukunft erhalten und beleben, so muß man im Innern, wo es allein möglich ist, die Gewischeit einer erfreulichen Gegenwart tatkräftig schaffen... Den obrtgteitlichenCharakterzu überwinden und unser Staats- leben in den allgemeinen Strom der modernen politischen Entwick- lung hineinzulenken, dazu hat dem Gemeinwillen des deut- scheu Volkes bisher stets die zwingend« Kraft gefehlt. Vermag
auch der ungeheure Druck der gegenwärtigen außenpolitischen Lage diese zwingende Kraft noch immer nicht auslösen, so steht die schick- salsschwere Entscheidung für oder wider das Vabanquespiel bei den obrigkeitlichen Regierungen. Ihr Mittelpunkt ist das dynastisch» monarchisch« Element. Dem erscheint die volksstaatlich« Eni- Wicklung begreiflicherweise als«ine schmerzliche Minderung über- kommener Macht: und es ist müßiges Bemühen, ihm das mit mehr oder minder guten Gründen ausreden zu wollen. Aber hält«s um deswillen fest an der Obrigkeitsstruktur und an den sie allein noch stützenden alten sozialen Mächten, so verbindet«s sich mtt ihnen sq dieser Entscheidungsstunde auf Gedeih und Aerderb. And die Zeichen der Zelt deuten auf Verderb. Wenn die hier gemachten Vorschläge in manchen Punkten an die Reichsverfassung der Frankfurter Paulstirche anklingen, so ist das nicht Zufall, sondern inner« Logik, wäre es da- mals möglich gewesen, auf jener Dahn forkzuschrcilen. so wären uns manche harten Erfahrungen der Gegenwart erspart geblieben. Was damals nicht möglich war. ist heute notwendig: und darüber hinaus ist die zeitgemäße Fortbildung jener Gedanken heute dringendes Be» dürfnis." Der Verfassungsentwurf selbst, der dieser DenN schrift folgt, bleibt hinter der Verfassung von Weimar weit zurück. Er enthält weder die Republik noch das Frauenwahlrecht, dessen Einführung vielmehr einer besonderen Gesetzgebung vorbehalten bleiben sollte. Sogar das preußische Herrenhaus sollte, wenn auch in stark modernisierter, teilweise an den heutigen Reichswirtschaftsrat erinnernden Form, erhalten bleiben. Innerhalb dieser Schranken, die er damals für unübersteigbar hielt, entwickelte nun Preuß in scharfsinnig-konstruktiver Weise ein System der parlamentarischen Demokratie. Die Person des Kaisers sollte unverletzlich sein, aber für a l l e Veröffentlichungen kaiserlicher Aeußerungen sollte die Regierung die parlamentarische Ver- antwortung tragen. Auch mündliche Aeußerungen des Monarchen sollten ohne ministerielle Gegenzeichnung nicht veröffentlicht werden dürfen:„Die Veröffentlichung ohne Gegenzeichnung unterliegt der Strafe des Lan� desverrats."— Ein äußerst sinnreich konstruierter Maulkorb. Für das Reich wie für Preußen war das allgemeine, gleiche Verhältniswahlsystem vorgesehen. Bei den gewählten Volksvertretern lag die eigentliche Macht. Jeder Minister solle zurücktreten müssen, wenn ihm das Parlament ein Mißtrauensvotum ausstellte. Darin, wie in manchen anderen Zügen, denen nachzugehen für den Historiker inter» essant sein wird, zeigt sich die Wesensverwandtheit des da« maligen Entwurfs mit der späteren Verfassung von Weimar . Wären die deutschen Potentaten im Jahre 1917 den Rat- schlügen von Preuß gefolgt, so hätten sie nicht nur dem Volk furchtbare Blutopfer erspart, sondern auch— was für sie viel wichtiger ist— aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Kronen gerettet. Doch die Weltgeschichte kennt kein Wenn und Aber, und wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit.
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eine rechtliche Verpflichtung hätte vorliegen müssen. Der Bataillons- sührer habe ober leinen Vorgesetzten über sich gehabt, dem«r zur Meldung verpflichtet gewesen wäre. Der Berichterstatter lehnt diesen Standpunkt ab. Der Berichterstatter ersucht im Anschluß an seinen Be'richt die Vertreter des preußischen Justizministeriums und Innenministeriums ihre Akten zum Fall Pannier dem Aueschuß einzureichen. Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Deerberg(Dnail.) erklärten die Vertreter des Justizministeriums, ihnen sei nicht bekannt, daß bei der An- waltskammer ein Verfahren gegen die Anwälte an- hängig sei. Der Ausschuß nertagte dann seine weiteren Verhandlungen auf Dienstag nächster Woche. j �hamberlain- Mussolini . Ein seltsamer italienisch-offiziöscr Bericht. Rom . 30. September. (WTv.) Die Agenzla Stefani gibt folgende Mitteilung aus: Mussolini und Ehamberlaln sind heute ln Livorno znsammengetrossen. Die Besprechungen zwischen den beiden Staatsmännern, die. wie man weiß(7) durch De- Ziehungen gegenseitiger persönlicher Freund- schaft(?) mit einander verbunden sind, sind in sehr herzlicher weise verlaufen. Bei den Besprechungen an Bord der lacht „Delphin " und später an Bord der lacht„Giuliana" nach dem von Mussolini Ehamberlain gegebenen Frühstück haben..die beiden Minister die wichtigsten internationalen Fragen der Stunde geprüft und dabei die Genugtuung gehabt, die Intimität der englisch - italienischen Beziehungen und die Gleichheit der von den beiden Regierungen für die Lösung der wichtigsten europäischen Probleme eingehalteneu Linie zu bestätigen. * Ist dieses offiziöse Kommunique zwischen den beiden Ministern vereinbart worden? Man möchte es eigentlich bezweifeln: denn es ist schwer denkbar, daß ein englischer Gentleman— und dafür hält sich Sir Austen Ehamberlain sicherlich in ganz besonderem Maße— es dulden würde, daß man in die Welt hinausschreie, es beständen zwischen ihm, dem Gentleman, und einem Mussolini Beziehungen„gegenseitiger persönlicher Freundschaft". Sind es wirkliche außenpolitische Interessen Groß- britanniens, die den Minister Seiner britischen Majestät zu der Erniedrigung zwingen, mit Mussolini „gegen- seitige persönliche Freundschaft" zu mimen? Durch diesen demonstrativen Besuch bei Mussolini bestärkt Ehamberlain lediglich die oft ausgesprochene Vermutung, daß England der sich anbahnenden deutsch -französischen Annäherung mißtrauisch gegenübersteht. Soll man nun wirklich sagen können: Eng- land fühlt sich in seiner Vorherrschaft von dem Augenblick an bedrobt, wo die von ihm jahrhundertelang sorgfältig geschürte deutsch -französische Feindschaft überwunden werden soll? Soll man sagen können: Chamberlains Locarno-Politik bezweckte wohl eine deutsch -französische Entspannung, aber nur mit Maß— das Freundschaftsprogramm von Thoiry geht ihm entschieden zu weit? Vor kurzem noch versicherten maßgebende englische Diplomaten, wenn man mit ihnen unter vier Augen über diese seltsamen englisch -italienischen Anbiederungserscheinungen sprach, England müsse im Interesse der Erhaltung des Frie-
dens den kriegslüsternen Faschismus unter Kontrolle halten und allein diesem Zwecke diene das scheinbare Wohl» wollen, das das Foreign Office Mussolini gegenüber vortäusche. Das Kommunique über die neue Begegnung zwischen dem britischen Gentleman und dem italienischen Antipoden eines Gentleman erweckt aber den Verdacht, daß es sich für England n i ch t m e h r darum handelt, lediglich den Friedens- störer Mussolini im Zaune zu halten, sondern daß darüber binaus ein Gegengewicht gegen eine deutsch -französische Versöhnung geschaffen werden soll. Es fragt sich nur, ob nicht das Ekrgesühl des brt-! tiicken Volkes sich gegen eine Besudelung aller demokra- tischen Traditionen, denen in Wirklichkeit England sein An- sehen und seine Macht verdankt, auflehnen wird. Soll der Weltkrieg, den England als einen„Kampf für die Demokratie gegen die Tyrannei" zu führen vorgab, feine politische Krönung darin finden, daß zwar die deutsche und die französische Demokratie sich versöhnen, daß aber Groß-Dritannren, das Mutterland der europäischen Demokra- tie, diese Mesalliance mit einem Regime eingeht, das den Inbegriff der Tyrannei darstellt? Diese außenpolitische Annäherung an den Faschismus wäre zwar wesensverwandt mit der jetzigen innerpolitischen Haltung der konservativen Regierung gegenüber der eigenen Arbeiterklasse. Aber das englische V o l k wird über beides sein Urteil sprechen: über die innerpolitischen Scharfmacher, die den Bergwerksbesitzern geholfen haben, Millionen von Männern, Frauen und Kindern durch den Hunger niederzu- zwingen, und über den außenpolitischen Staatsmann, der mit einem Mussolini Beteuerungen„gegenseitiger persönlicher Freundschaft" öffentlich austauscht. der heilige Spnoü im Kreml . Wer nicht pariert» der fliegt. Moskau . 29. September. (OE.) Zu der Absetzung de« bis- herigen Sekretärs des Exekutio-Komitees der Kommunistischen Jugendinternational«, Wujowitsch, schreibt die Zen- tral-„P r a w d a": Diese Maßnahme sei notwendig geworden, nicht weil Wujowitsch Ansichten vertrete, die von denen der Parteimehr- heit abweichen, sondern wegen der geheimen Wühlarbeit, die er unter Mißbrauch seiner amtlichen Stellung betrieben Hobe. Erschwerend falle in» Gewicht, daß er die wiederholt verurteilten politischen Richtlinien der Opposition auch iiwerhalb der kommuni- stischen Parteien des Auslandes habe zur Geltung bringen wollen. Die erste mild« Bestrafung mit einem Verweise habe Wujowitsch nur noch verstockter gemacht und er hätte unverblümt erklärt, daß er für die Politik der Opposition auch weiterhin kämpfen werde. Das machte seine Absetzung notwendig. Man wird bald die Abkürzung KPR. mtt kommunistischer Parteiführer-Rausschmiß auflösen.
Zum verbot de»„Siahlhelm". Wie der Amlliche Preußische Pressedienst mitteilt, ist die gegen da» vom Oberpräsidenten in Magdeburg am lS. August d. 2. oerfügte Verbot der Zeitung„Stahl helm " vom„Stahlhelm-Verlag" eingelegte Beschwerde durch Entscheidung des Staatsgerichtshofs zum Schutze der Republik vom 9. September d. I. als unbegründet zurückgewiesen worden. �