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wollte. Statt dessen schaut er nach Moskau  , um auf die' Weisungen der Kremlbeherrscher zu lauschen, der stillen 5)osfnung lebend, daß der kommende Parteitag ihn wieder in seine alten Rechte einsetzen werde. Nicht durch eigenen Kampf, nicht durch Aufstellung deutscher Forderungen, die gewiß in den Reihen der kommunistischen   Anhänger als weithin tragende Losung wirken würden, will er sich durch- fetzen. Er behält jene Politk bei, die er seit dem Jahre 1924 pflegte: Abwarten, bis sich das Zentrum und der linke Flügel der Partei aufreibt, dann die führenden Stellungen beziehen. Kampf gegen jene, die zum mindesten einen Teil der Wahr- heit, den über Rußland  , aussprachen. War es im Jahre 1925 sein geistiges Oberhaupt Ernst Meyer  , der es fertigbrachte, den Ausschluß derer zu for- dern, die über den Ekki-Brief hinaus deutsche Arbeiter- Politik verlangten, so ist es jetzt Wilhelm Pieck  , der ewig danebengreifende Organisationschef der KPD.  , der den Linken dasselbe Schicksal androht, natürlich nur, umdie bedrohte Parteieinheit" aufrechtzuerhalten. Die rechten Kommunisten wisien das sehr gut. Sie wissen darüber hinaus, daß es gilt, statt einer Spaltung ihrer Partei die Wiedervereinigung mit der So- zialdemokratie zu erreichen. Sie, die am westeuro- päifchen Marxismus geschult sind, könnten den anderen die Wahrheit sagen. Tun sie es nicht und wir fürchten, daß sie dazu nicht mehr in der Lage sind dann beweisen sie, daß sie geblieben sind, was sie waren:Literarische Haus- knechte der russischen   Bolschewiki". Sollten sie daher die Führung der kommunistischen   Partei in die Hand bekommen, so würden auch sie nicht den Mut aufbringen, die rettende Lösung aufzustellen:Auflösung der Kommu- nistischen Partei und Wiedervereinigung mit der Deutschen Sozialdemokrati e."
Sie wälzen sich! Kommunisten nntereinander. Ueber eine Versammlung von Kommunisten der anderen Richtung in Spandau   und ihren, wie es scheint, recht stürmi- scheu Verlauf berichtet dieRote Fahne  " mit offensichtlichem Behagen das folgende: Dienstag, den 28. September, fand in den Bismarck-SAen in Spandau   eine von der AAUC. einberufene Versammlung statt. Referenten Katz und Pfemfert. Sah begann die Zirkusvorstellung mit seinen bekannten Hetzreden gegen Sowjetruhland... Er wetterte auch gegen die Einheitsfronttaktit der KPD  . und gegen die Beteiligung ani parlamentarischen System, die zurVersumpfung" .führe. Auf die Frage aus dem Publikum, warum er denn noch Di ä t e n s chl u ck c r" sei, erklärte er, er benütze die Diäten, um Aufklärung zu treiben. Pfemfert, der dann die Bühne bestieg, suchte seinen Salat durch Zitate von Rosa Luxemburg   und Karl Liebknecht   genießbar zu machen. Als er auf Zwischenrufe der Ar- bciter keine Antwort geben konnte und gegen eine angeblicheEin- heitsstoiü von KAP. und KPD  ." zu wettern begann, e n t st a n d ein solcher Tumult, daß er abtreten mußte. Darauf begann ein KAP.-Mann die Diskussion, die mit einer schlagenden Auseinandersetzung auf der Bühne endete, kah, Pfemfert. Fichlmann und andere wälzten sich in einem Knäuel aus der Bühne. Als die Gemüter sich einigermaßen beruhigt hatten, trat der un- vermeidliche Fichtmann von der KAP. in Szene, der seine Schimpf- reden gleichmäßig nach allen Seiten verteilte. Die Versammlung endete um 1 Uhr nachts. Man hat sich nach der Prügelei also offenbar wieder so weit vertragen, daß man sich gegenseitig beschimpfen konnte. Einer der Hauptbeteiligten, Iwan K a tz, ist übrigens vor zwei Jahren von der KPD.   in den Reichstag   entsandt worden und war einer ihrer einflußreichsten Führer. Heute erzählt das kom- munistische Zentralorgan mit schadenfrohem Gelächter, wie sich dieser Mann mit anderen Kommunisten im Ringkampf auf dem Boden wälzt.
DieRote Fahne  " versteht nicht, daß sie mit ihrem Per- sammlungsbericht eine symbolische Darstellung der ganzen kommunistischen   Bewegung ge- geben hat. Spaltung der Arbeiterbewegung, Verhetzung, Ver- leumdung und Beschimpfung Andersdenkender, bis endlich ein Krieg aller gegen alle da ist, der mit Stuhlbeinen und Bierkrllgen geführt wird. Das istdie Befreiung des Proletariats" durch die KPD.!
Kußmänneret. Es stinkt! DerTag" des Herrn Hugenberg, von dem Herr Kuß- ma n n, immer noch Gerichtsassessor, in Anerkennung seiner Verdienste um den Hetzfeldzug der Hugenberg-Bacmeister- Presse in Sachen Barmat eine monatliche Rente bezieht, möchte wieder ein wenig in der Barmat-Affäre herumstochern. Er feiert Herrn Kußmann als Heros, der Reinheit, als Vor- kämpfer für den guten Geruch der preußischen Justiz, be- schuldigt nebenbei die preußische Regierung im Stile Hoff- mann-Kölling der Schädigung der Justiz und der Staats- autorität, und deutet schließlich dunkle, noch dunklere, ganz finstere Geheimnisse an: W a r u m kamen die Barmats nach Friedensschluß in die Um- gebung der neuen sozialistischen   Machthaber, um unter deren Aus- Nutzung ihre privatkapitalistischen Räubergeschäfte zu machen? Warum waren sie so sicher, sich mehr erlauben zu dürfen als andere Geschäftsleute? Wir müssen ahnend schließen, daß die ersten Bearbeiter der Barmat-Untersuchung an dem Vorhang eines Geheimnisses standen, vor desien Enthüllung nicht nur der deutschen   Sozialdemokratie graut!" Die ahnenden Schlüsse desTag" vor dem Vorhang eines finsteren Geheimnisses würden einem auf dem Rückzug be- sindlichen Revolverblatt Ehre machen. Es sind oberfaule Scherze ertappter falscher Ankläger. Es geht ein übler Ge- ruch von diesem Artikel des Hugenberg-Blattes aus. Kein Wunder, wenn es einen Beamten verteidigen muß, der sein Amt mißbraucht hat, der es mit seiner Amtswürde für vereinbar hält, im Solde Hugenbergs zu stehen, und der es sich wiederholt öffentlich sagen lassen muß, daß er moralisch gescheitert ist ohne daß er dagegen den Mund zu öffnen wagt._
Eine öeutsihnationale Fälschung. Zugunsten der Putschisten und Ffemeleute. Das Nachrichtenbureau des Vereins deutscher Zeitungsverleger gibt über die nichtöffentliche Sitzung des Femeausschussts am Donnerstag folgenden Bericht aus: Ueber die nichtöffentliche Vernehmung des Majors Buchrucker vor dem Femsausfchuß wird von de utfchnat i ou al er Seite folgende Darstellung gegeben: Major Buchrucker bestätigte, daß Oberleutnant Schulz vor seiner Verhaftung ihn in Gollnow   aufgesucht habe. Buchrucker war bekanntlich von dem Zeugen Schmidt-Halbschuh als Gewährs- mann dafür angegeben worden, daß der Abg. I a h n k e an einer Besprechung teilgenommen Hab«, in der die Ermordung des Ministers Stresemann beschlossen worden sei. Major Buchrucker bezeichnete die Aussage des Zeugen Schmidt alslächerliche Behauptung", dien i ch t e r n st z u n« h m e n f e i". Jahnke fei ihm bekannt, weil er m amtlichem Austrage zu ihm gekommen fei. Von der Beseitigung von Menschen sei nie die Rede gewesen, geschweige von der Er- mordung eines Ministers. Auch die Behauptung, Jahnke habe eine Doppelrolle gespielt, fei durchaus absurd. Jahnke habe ebenso- wenig wie der Abg. v. Graefe sein Vertrauen mißbraucht. Der von dem Zeugen Schmidt angeführte Brief sei«in« Fälschung. Di« Ermordung von Verrätern sei niemals sein« Absicht gewesen. Wenn solche Fälle vorgekommen seien, wären sie nicht nur vom sittlichen und rechtlichen Standpunkt aus zu verurteilen, sondern sie stellten auch einen sachlichen Fehler dar.
Auf die Frage des Abg. Dr. Deerd'e r g(Dnat.), ob Buchrucker den Zeugen Schmidt bereits vor der Besprechung am 28. Dezember 1323 gekannt Hab«, erklärte der Zeuge, daß er Schmidt vorher nicht gekannt habe. Er habe ihn an dem fraglichen Tage gesprochen, nxnl er ihm durch den Festungsgefangenen Wurster als fein Freund be- zeichnet worden fei. Er Hab« aber später erfahren, daß Schmidt den Zeugen Wurster bestohlen Hab«. Die Frage, ob esKommandos zur besonderen Ver» wendung" gegeben habe, verneinte der Zeuge Buch, rucker auf das entschiedenste. Von dem Bestehen einer Feme   in der Schwarzen Reichswehr sei ihm nichts bekannt. Er habe auch mit dem Abg. Jahnke über solche Fragen nie gesprochen, auch habe Jahnke von dem Küstriner Putsch nichts gewußt. Zum Schluß gab Buchrucker eine Erklärung ab, wonach er zu generellen Aussagen ü5er das Jahr 1923 wegen Schweigegebotes zur Aussage nicht bereit sei. Solange Bindungen beständen, würde er sich an das Schweigegebot halten. Nach diesen Bekundungen sind die Aussagen des Zeugen Schmidt-Halbschuh erschüttert. Als ihm bei seiner Vernehmung die Widersprüche vorgehalten wurden, machte er Ausflüchte und Aussagen, die von seinen früheren Be- kundungen abwichen." * Dieser deutschnationaleBerichtist materiell wie formest merkwürdig. Materiell: das eifrige Bestreben, die Hochverräter und Fememörder zu schützen, hat einen durchaus verlogenen Bericht zu- stände gebracht. Buchrucker machte den Eindruck eines Mannes, der offenbar die Wahrheit nicht sagen wollte und diese Absicht in lächerlicher Weise merken ließ. Zur Illustration: als er gefragt wurde. ob es bei der Schwarzen Reichswehr  «in.Kommando zur be- sonderen Verwendung" gegeben habe, verneinte er. Darauf wurde ihm eine Zeugenaussage des Oberleutnants von Senden über das Kommando zur besonderen Verwendung des Schulz vor- gelesen. Nun zog sich Buchrucker darauf zurück, daß er nur verneint habe, daß«sein Kommando z. b. V. gegben habe, er habe den Ton auf ein gelegt. Er verneint« Dinge, die in aller Oeffentlichkeit be- kannt sind und von den übrigen Beteiligten am Küstriner Putsch längst zugegeben worden sind. Gelogen ist ferner, daß der Zeuge Schmidt abweichende Aussagen gemacht habe. Er hat seine Aussagen Punkt für Punkt aufrechterhalten. Formell: die Folge dieses deutfchnationÄen Schrittes, aus einer nichtöffentlichen Sitzung einen derartigen irreführenden Bericht zu veröffentlichen, dürste wohl sein, daß in Zukunft nur noch öffent- liche Verhandlungen gefordert werden müssen. Der Zweck des deutschnationalen Schrittes mit der völlig irre- führenden Schlußfolgerung, daß nun die Aussagen des Zeugen Schmidt erschüttert feien, ist durchsichtig. Diese Aussagen scheinen den Deutschnationalen beängstigend zu sein!
potemkin. Abermals vor der Oberprüfstelle. Die Filmoberprüsstelle wird morgen vormittag 11 Uhr abermals über die Anträge von Württemberg   und Thüringen   verhandeln, den Potemkinfilm zu oerbieten. Falls die Oberprüfstelle den Film in der neuen Fassung steigibt, werden die Regierungen, die ihn bisher auf eigene Faust verboten haben, nun eMich die Borführung des Films zulassen müssen. Der Anschluß auf dem Pan-Europa-Kongreß. Der Oester- reichisch-Deutsche Volksbund hat beschlossen, bei dem am Sonntag be- ginnenden paneuropäischen Kongreß den Antrag zu stellen, der Kon- greß möge die Bereinigung Oesterreichs   mit dem Deutschen Reich auf die Tagesordnung setzen und beschließen, unter Berufung auf Artikel 88 des Staatsvertrages von Si. Germain und des Artikels 80 des Versailler Vertrages die grundsätzliche Erlaubnis zur Vereini- gung der beiden Länder beim Völkerbund nachzusuchen. Förderung der Einbürgerung in Frankreich  . Der Verwaltungs- apparat, der Einbürgerungsgesuche von Ausländern in Frankreich  zu erledigen hat, ist so ausgebaut worden, daß in Zukunft jährlich 100 000 Fremde naturalisiert werden können.
Der Shaw öes Altertums. DieLysistrata  " des Aristophanes   in der Volts- b ü h n e. 2lls vor zwei Jahrzehnten das Drama der griechischen Antike auf der deutschen Bühne seine Auferstehung feierte, bearbeitete der mährische Dichter L e o G r e i n e r dieL y s i st r a t a" des A r i st o- p h a n e s. Der geistsprllhende Spötter aus Athen   dichtet nach einem ähnlichen Rezept wie der dramatische Satiriker der Gegenwart, Bernard Shaw  : er bläst von den kunstvoll ausgeplusterten Zeit- idealen den Nebel des Pathos, nimmt ihnen damit ihre verlogene Größe und gibt für verschwommene Feierlichkeit den klaren Blick der Verunft. Lysistrata   ist ebenso wie ihre Geschlechtsgenossinnen des DurchHaltens im endlosen peleponnesischen Krieg müde. Sie ist auf ein grandioses Mittel gekommen, dem Kampf ein Ende zu machen, auf den Liebesstreik. Als die Männer beim kurzfristigen Waffen- stillstand, nach Liebe hungrig, in ihre Häuser zurückkehren, versagen sich ihnen die Frauen. Sie entflammen die Krieger, bis ihr Blut siedet, und dann ziehen sie sich zurück. Das Mittel wirkt. Toll vor Sinncstaumel, lassen die Männer die Frist des Waffenstillstandes verstreichen. Die Frauen haben den Frieden erzwungen. Ein töft- licher Einfall, die dröhnende Kriegssansare mit der tändelnden Liebes- schalmei zum Schweigen zu bringen. Wenn heute die Volksbühne im Theater am Bülowplatz  das antike Drama aufleben läßt, so sprechen andere Gründe als bei den Reinhardtschen Masseninszenierungen. Heute, wo man den Cr- eignissen der jüngsten Vergangenheit abgeklärter gegenübersteht, heute erst setzt man sich auch auf der Bühne mit dem Unheil des Krieges auseinander. Jetzt erst erobern sich die leidenschaftslosen unpathetischen Nachkriegsstücke das Theater. Der Regisseur Fritz Holl   stand bei fewer Inszenierung vor einer schwierigen Aufgabe. DieLysistrata  " des Aristophanes ist für die Zeit vor zweitausend Jahren geschrieben. Sie kann auf Aktualität nur schwer verzichten. Der Gedanke liegt nahe, nur das Thema der griechischen Komödie zu benutzen und eine ganz freie Be- arbeitung für die Gegenwart zu schaffen. Den Versuch hat der Eranzose Maurice Donnay   gemacht, mit halbem Gelingen. Holls nszenierung der GreinerschenLysistrata  " war ein ganzes Gelingen. Wie die kleinen Menschlichkeiten auf wuchtiges Geschehen einwirken, das wurde auch gestern lebendig. Der Abend bewies, daß der Greinerfche Aristophanes über die Zeiten hinweg seine Gültigkeit bewahrt. Das Thema ist heikel. Aber nirgendwo kam ein böser Gedanke auf. Ausgelassenheit und Frohsinn stürmten über die Bühne, die wirbelnde Possenlustigkeit steckte dos Parkett an, und doch war es großes, prächtiges Theater. Edward Suhr hatte in die Weite schauende Bühnenbauten geschaffen, die auch dort Massenszenen vortäuschten, wo die Szene etwas spärlich besetzt war. Leo Greiners Bearbeitung ist um so mehr zu loben, als die Titelrolle nicht sehr glücklich mit Agnes Straub   besetzt war. Gewiß ist die Rolle des energischen und liebestollen Weibchens nicht einfach. Von den beiden Erfordernissen, Energie und anschmiegende Lieblichkeit, besitzt Agnes Straub   nur das erste. Sie ist eine unver- gleichliche Künstlerin in der Darstellung dämonischer, xantippenhaster Frauengeftaltev. Aber für die einschmeichelnde Anmut einer Fron«
die einen Mann zum Liebeswahnsinn treibt, fehlt ihr das Organ. Vor allem stört bei ihr die mangelnde Modulationsfähigteit der Stimme. Häufig verletzt sie sogar ein musikalisches Ohr. Das Spiel ihrer Augen wirkt nicht als Koketterie, sondern als Gemachtheit. Dagegen war Paula Batzer eine reizende Myrrhine. Das pendelnde Liebesspiel zwischen ihr und ihrem Gatten Kinesias, den voller Kraft und Lustigkeit Leo R e u ß darstellte, erzwang Beifall auf offener Szene. Auch Sigmund Nunberg in einer ganz kleinen Rolle spielte sich in die Herzen der Zuschauer. Der Beifall war außerordentlich stark._ Ernst Segne r. Ghetto  ". Heijermans   wollte in feinem DramaGhetto  " Einzelschicksale ins Typische übersteigern, wollte im jüdischen Ghetto das Ghetto zeichnen, in dem wir alle leben. Aber was an seinem Drama packt, sind doch nur die Einzelschicksale. Die kann er uns nahebringen und verständlich machen: den Kamps des jüdischen Sohnes und der christlichen Magd um ihre Freiheit von der Fa. milie, die an der Tradition und am Gelde klebt. Aber es wird kein Befreiungskampf der Masse daraus, und der ekstatische Schrei nach dem Gott der ganzen Menschheit, mit dem der Jude Rafael schließ- lich in die Welt zieht, läßt den Zuschauer beinahe verwundert ob des seltsamen Ausganges aufhorchen. Vielleicht trug ein wenig die Schuld daran der Darsteller des Rafael, Franz Sondinger. Man hätte feiner etwas geschwätzigen Knabenhaftigkeit eigentlich eher zugetraut, daß er sich der Familie schließlich doch unterwirft. Denn er leidet zwar an den kleinen Dingen seines Tages, an den Betrügereien des blinden Vaters, an dem Mcnschenschacher, den die Heiraten in seinen Kreisen darstellen. Aber wenn er von Größerem spricht, wenn ihm der Glaub« aufdämmern soll an eine künftige, wahrere Welt, so versaßen ihm die Töne. Er scheint dann ein Kind, das mit Hartnäckigkeit aufgegriffene Vokabeln wieder- holt, die ihren Inhalt ihm doch noch nicht enthüllen. Tiefste Erschütte- rung vermag er so nicht zu geben. Aber er ist der schwächste Dar- steller dieses Abends. Was Paul H e n ck e I s, der für die Regie wie für das ausgezeichnete Bühnenbild verantwortlich zeichnet, sonst an Schauspielern auf die Bühne stellt, verdient höchstes Lob. Else K a ß n e r, als die Christin Rose, findet alle Töne der Liebe und der Verzweiflung, und wenn man etwa sieht, wie sie in angstvoller Spannung dem Vater ihres Geliebten das Geständnis der Wahr- heit entlocken will, wie sie bjttet, schweigt, und dann plötzlich, als der Alte ihr die Untreue seines Sohnes beschwört, ganz still und losgelöst von allem scheint, so muß man gestehen, daß hier eine wirkliche Könnerin aus der Bühne steht. Paul Henckels   selber, der blinde jüdische Händler Sachel, voll Mißtrauen, voll Sehnsucht nach Liebe, und nicht nur durch sein Gebrechen voll tiefer mensch­licher Einsamkeit, war wohl die erschütterndste Gestalt des Abends. Thea Grodtczinsky als leine Schwester Esther, Hugo D ö b l i n und auch die übrigen Darfteller find dieser Hauptperson würdig. Das Theater in der Klosterstraße erlebte einen großen Erfolg: einen Erfolg, der um so höher einzuschätzen ist, als er mit kleinen Mitteln erreicht wurde. Te s. Stimmporlräts krimineller. Auf der P o l i z e i a u s- st e l l u n g hat man es zum ersten Male unternommen, das Ge- samtbild des Kriminellen durch sein Lautporträt zu oervoll- ständigen. Reben das Lichtbild, das Schriftbild und das Handbild,
bei dem die Linke im wesentlichen die Geburtscharakteristika, die Rechte die der Entwicklung ausweist, tritt das Lautbild. In Auf- nahmen, die von dem Direktor der Lautabteilung unserer Staats- bibliothek, Professor W. Doegen, hergestellt sind, erzählen ein Fassadenkletterer, ein Mörder, ein Taschendieb usw., wie ihre Tat:» zustande gekommen sind und versuchen sie von ihrem Standpunkt aus zu erklären. Mehrere sich scharf unterscheidende Typen der Stimme nach Klangfarbe, Rhythmus und Tempo sind festzustellen. Im Rahmen der Polizeiwoche wird Direktor Doegen am 6. Oktober, 12 Uhr. im aiiditorium maxirnum der Universität über Stimm- porträts im Dienste der Polizei sprechen. Ein steinerner Zoo. Di« Stadt St. Petersburg in Florida   hat beschlossen, ihre Straßen mit einer Kollektion von etwa 100 ver­schiedenen Tierskulpturen zu schmücken. Elefanten. Löwen. Tiger, Bären, Flamingos, Büffel, kurz ein ganzer zoologischer Garten in Steinen soll beschafft und über die Stadt verteilt werden. Der Bürgermeister hat Airs trag bekommen, nach Europa   zu fahren und dort die nötigen Bestellungen zu machen. Das Kind." Unter diesem Titel erscheint ein« neue Zeitschrift unter der Redaktion des Pros. Dr. Paul Hildebrand und des Stadtarztes Gen. Dr. Alfred Korach. Der Zweck der Zeitschrift ist, in populärer Darstellung Aufklärung zu verbreiten über die Hygiene des Kindesalters, die Pflege in kranken und gefunden Tagen, über Sport, Gymnastik, Turnen usw., die für den kindlichen Körper geeignet sind. In einer Art Briefkasten weiden Ratschläge für die häusigeren leichten Erkrankungen im Kindesalter erteilt. Di« Zeit- schrift ist wegen ihres in gefälliger Form dargebotenen Inhalts in interessierten Kressen der Jugendpfleger und des Wohlfahrtswefens bestens zu empfehlen.__ Delegierte» wähl zur haipkverfammluug der DelksbShne. Die Mitglieder der Vollsbühne E. V. haben am Montag, den i. Oktober, abends 8 Uhr. gleichzeitig in vier Sölen(GewerkschallSbailS, Musiker-Festsäle, Sophien- llyzeum, HaberlandS Festsäle) ihre diesjährigen Mitgliedervcrlammlungcn, in denen die Delegierten zur Hauptversammlung zu wählen find. Aufierdcm bringen diese Versammlungen Reserate von Pros. L. K e st e n b e r g, Dr. S. Neftriepke, M. Wrnkler und F r i tz N. Schulz. Dle Tanzgruppe des Zllünster'fche» Sladtlheater, In der Volksbühne. Die zweite Tanzmalince der Volksbühne am Sonntag, den 17. Oktober, im Theater am Bülowplatz   wird zum ersten Male der weithin bekannten Tanz- gruppe des Münstcr'schcn Skadttheater« unter Leitung von KurtJootz Gelegenheit geben, sich den Berlinern zu zeigen. Die vlünchener Volksbühne bat ein Preisausschreiben zur Erlangung eines Singjpiels oder eines Lustjplels mit Musik oder eines durch. komponierten heiteren musikalischen Bühnenwerks erlassen. Zur Teilnabme find auS Bayern   gebürtige oder in Bayern   lebende Komponisten zugelassen. Der Preis helrägt auher den Tantiemen aus den Aufführungen ILVi) M. Die Einsendesrist läuft am 31. März 1927 ab. Südpolexpedition im /Itugzeug Nach einer Meldung au« Buenos Aires  hat der österreichische ForichungSrcisende Pauli erklärt, dag er am 15. November zu einer Südpolexpedition ausbrechen werde. Er werde sich zur Südlpitze von Palaaonien und von da nach den Krabaminseln begeben, wo die BastS für die Reise nach dem Südpol   errichtet würde. Bon dort werde er versuchen, mit einem bauschen TorniaPugzcug an de« Südpol  zu gelangen.