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Sozialismus und Kultur.

Die Blankenburger Tagung.

Blankenburg , 2. Oftober.( Eigener Drahtbericht.) Unter zahi­reicher Beteiligung aus allen Gegenden des Reiches begann am Sonnabend in Blankenburg i. Th. die große Tagung des Sozialistischen Kulturbundes, der alle an der kulturellen Hebung der Arbeiterklaffe beteiligten Organisationen umfaßt: die Partei, die Gewerkschaften, die Bildungsausschüsse, die sozialistischen Lehrervereinigungen und die Kinderfreunde, die Arbeiter- Gesang vereine, die sozialistische Arbeiterjugend und die Sportverbände. Der Vorsitzende des Kulturbundes, Genosse Heinrich Schulz , sprach

Worte der Begrüßung. Dann sprach Genosse A. Stein über

die kulturelle Lage der Arbeiterschaft.

Stresemanns Antwort an Westarp.

Nationalliberale Wiederauferstehung.

den Parteitag seiner Partei mit einer programmatischen Sachsen unter teinen Umständen in irgendeine Re­Stresemann, der Führer der Deutschen Volkspartei , hat verlangte, im Falle der Erreichung einer bürgerlichen Mehrheit in Rede eröffnet. Er ist heute stärker als in den Jahren 1924 gierungstombination mit den Sozialdemokraten und 1925. Er glaubt sich und seine Partei durch die 3one einzutreten. Wenn hier aus der Sozialdemokratie heraus in der Gefahr hindurchgebracht zu haben, die durch die einem industriell so entwickelten Lande wie Sachsen bei einem großen nationalistische Demagogie der Deutschnationalen gegeben Teil der Gewerkschaften die Empfindung fommt, der Kampf um die war. Bor seinem Auge erscheint als Zukunft seiner Partei Herrschaft im Lande darf nicht geführt werden im Sinne des Klassen­eine große nationalliberale Partei Partei der tampfes, Proletariat gegen Bürgertum, sondern wir stellen uns be­Mitte, die den Kern jeder Regierung in Deutschland dar- wußt auf den Standpunkt, mit dem Bürgertum zusammen das Beste stellt. Bon monarchistischer Belastung und nationalistischer für das ganze Volt herauszuholen, dann wäre es eine Berleugnung Staatsverdrossenheit wirft er soviel als möglich über Bord. der Grundsätze der Deutschen Volkspartei , denen nicht die Hand zu Er kann heute darin weiter gehen als vor zwei Jahren: er reichen, die das erstreben.( Stürmische Zustimmung.) Unser Kampf spricht heute von der deutschen Republit, er wagt zu sagen: muß sich richten gegen den Klassentampfcaratter, ob wir waren Monarchisten. Seine Barole ist: hineinin den Staat. Das Ziel: die Stellung, die das Zentrum im Wenn die Sozialdemokratie in den einzelnen Ländern oder im er auf der einen oder anderen Seite auftritt.( Erneuter Beifall.) deutschen Parteisystem heute einnimmt, zu übertragen auf Reich oder in ihrer Gesamteinstellung zurückfällt in den die Deutsche Volkspartei . Gedanten des Klassentampfes, der Errinigung der alleinigen Macht für das Proletariat, dann gilt ihr entschiedenster und grundsätzlichster Kampf, den wir nur führen können. Es ist selbst­verständlich, daß für uns nur der eine Gedanke gilt, der des Näher­tretens der bürgerlichen Parteien zueinander. Aber dazu gehört das Zweite: die Bereitschaft dieses sich einander ver­ständigenden Bürgertums auch zu jeder Verständigung mit jedem, der gewillt ist, den Klassencharatter aufzu geben, rechts oder links. Das ist die Grundauffassung unserer Bartei, und ich warne davor, daß wir irgendwie von dieser Grund­auffassung zurückweichen.

Seit wir eine sozialistische Partei haben, ist sie nicht nur eine Bewegung zur Förderung der wirtschaftlichen und politischen In­teressen der Arbeiterklasse, sondern gleichzeitig eine solche zur Hebung ihres gesamtes fulturellen Niveaus und damit zur völligen Umge­staltung der Bedeutung des Proletariats innerhalb der bürgerlich fapitalistischen Gesellschaft. Es lag in der Natur der Dinge, daß alle Straft der wachsenden Bewegung in erster Linie der Errichtung po­litischer Gleichberechtigung und wirtschaftlicher Besserstellung der Arbeiter gewidmet werden mußte. Aber mit der wachsenden Be- Die Betonung dieser Zukunftshoffnung ist zugleich eine deutung der sozialistischen und gewerkschaftlichen Bewegung wachsen generelle Antwort an die Deutschnationalen: fie müßten mit auch die Aufgaben, die ihr gestellt sind, wächst auch das Bedürf- der Volkspartei als einer sich überlegen fühlenden Partei nis, den politischen und wirtschaftlichen Kampf auch fulturell zu ver- rechnen. Graf Westarp hat vor einer Woche nochmals tiefen. Der Kampf um den Staat ist auch ein Kampf um die Hebung den Willen der Deutschnationalen, in die Regierung ein­der kulturellen Lage der breiten, werftätigen Massen. Heute noch steht die Sache so, daß wir auf den höheren Schulen, und gar steht die Sache so, daß wir auf den höheren Schulen, und gar zutreten, betont. Er hat geschlossen: Die Volkspartei hat das auf den Universitäten nur einen verschwindenden Bruchteil Bort." Er hat auf die konkrete Frage die Antwort er­von Kindern aus Arbeiterfamilien finden. Ensere Bewegung muß halten: über die fonfrete Tagesfrage der Regierungsfoalition zum guten Teil ersetzen, was der Staat der Arbeiterklasse noch immer reden wir nicht. Dafür hat er ein Kolleg anhören müssen, das ihm bitter in den Ohren flingen wird: eine schroffe Ab­Nach dieser, mit großem Interesse und lebhaftem Beifall aufweisung konservativ- deutschnationalen Machtwillens, eine genommenen einleitenden Darstellung begann eine Reihe von Ein- Kennzeichnung seiner Partei als der Partei der unheilbaren gelporträgen über die kulturellen Probleme des Sozialismus. Illusionäre, der Ewig- gestrigen, der Unbelehrbaren. Er hat Im Rahmen dieser Reihe behandelte zunächst Genosse Dr. Adolf an die Tür der Volkspartei geflopft. Er steht noch vor dieser Braun das Verhältnis der sozialistischen Kultur zur Gesellschaft: Tür, und muß bittere Wahrheiten hören. Die größte revolutionäre Tat, hat Bittor Adler einmal gesagt, ist gewesen, daß die Arbeiter das Lesen gelernt haben. Seit die Arbeiter lesen und schreiben fönnen, gehen fie mit offeneren Augen durch die Welt. Es ist erstaunlich, welche Fülle von geistiger Kraft zahlreiche Arbeiter in der Jugend der Arbeiterbewegung fanden, um sich die sozialistischen Schriften inhaltlich anzueignen. Der Weltkrieg hat einer ganzen Generation die Lust zur wissenschaftlichen Ver tiefung auf Jahre hinaus geraubt.. Es gilt, dieser Generation das Bertrauen wieder zu erringen und der folgenden Generation die Berbindung mit der sozialistischen Gesellschaft zu vermitteln. Die Sozialdemokratie hat immer und an jedem Orte die Förderung der Wissenschaft unterstützt. Bor allem ist sie

vorenthält.

immer für die Freiheit der Wissenschaft eingetreten, obwohl und gerade weil der Staat die Unfreiheit der Wissenschaft zum Kampf gegen den Sozialismus und die Arbeiter bewegung benußte,

Traditionen der Nationalliberalen Partei angeknüpft, bis Stresemann hat am Schluß seiner Rede bewußt an die zum Bekenntnis: wir sind die Nationalliberale Partei von ehedem. Seine Auseinandersetzung mit den Deutschnationalen ist eine Auseinandersetzung zwischen dem Nationalliberalis­mus und den Konservativen. Hinter dieser Auseinander­ſegung ist unbemerkt jede fonkrete Stellungnahme verschwun­den. Fühlbar ist ein Machtwille nach links und nach rechts: die Deutschnationalen sollen sich dem Nationalliberalismus unterordnen, die Sozialdemokratie soll auf den Klassenkampf verzichten". In diesem legteren Punkte redet Stresemann , der Politiker nicht weniger illusionäre und oberflächlich als der Nichtpolitiker Silverberg.

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Die Deutsche Volkspartei das ist der Sinn der Aus­führungen Stresemanns wird lavieren. Sie wird Ent­scheidungen an sich herankommen lassen. Sie hält sich alle An der Aussprache beteiligten sich u. a. die Genossen Dr. Braun Möglichkeiten offen. Macht sie 51 Verbeugungen nach links, thal, Jenssen, Prof. Mart, Döhle, Kleineibst- Chemniz, Hartig, Naph- so gleichzeitig 49 nach rechts. Sie fühlt den Johannistrieb des thali und Karsen.

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In der Nachmittagssitzung sprachen die Genossin Anna Siemsen Jena und Genosse Leo Kestenberg - Berlin über das Thema Sozialismus und Kunst.

An diese Referate fnüpfte fich eine Aussprache, an der sich die Ge­

nossen Baate, Dr. Adolf Braun , Jenssen, Bohm- Schuch, Prof. Ziegler ufwo. beteiligten. Genosse Kurt Baate( Bolfsbühnenper band) begründete eine Resolution gegen den Gesezentwurf zum Schuße der Jugend vor Schmutz und Schund". Die Resolution fand einstimmige Annahme.

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Im Anschluß an diese Aussprache behandelte Genosse Dr. Löwenstein Berlin das Thema Sozialismus und Er. ziehung". Der Bortrag wurde mit lebhaftem Beifall aufge­nommen. Es folgte eine kurze Aussprache und dann wurden die Berhandlungen auf Sonntag morgen 9 Uhr vertagt.

Figuren, und vielleicht wäre bei besserer Darstellung und Regie, die sich bemüht hätte, die Fehler des Dramas zu mildern, der Gesamt­cindrud günstiger gewesen. Es ist nicht notwendig, daß eine Berliner Dirne wie eine Jambenheldin deklamiert. F.S.

Nachtspiele im Kleinen Theater. Gegen Mitternacht begannen fie. Kurt Labatt hatte die künstlerische Leitung. Eine nedische Brologfprecherin sagte, man wolle hier feine Probleme lösen. Den Zuschauern lag aber die Lösung des schwierigen Problems ob. ent­weder wach zu bleiben oder zu schlafen, ohne zu schnarchen. Es war fehr, sehr langweilig. Dilettantismus und Provinzialismus. Der Einafter" Terzett von Klabund . Schauerballade. Ein Revol­ver, mit dem Sie den jungen Einbrecher bedroht, mit dem dann der Einbrecher ihr den alten, nicht mehr zwedentsprechenden Gatten ab schießen soll und mit dem der Gatte schließlich den Einbrecher tötet. Ein zweiter Einafter" Stop" von Julius Horst. Unwahr scheinlich witlose Verwechslungspoffe alten Stils. Zum Schluß Auf­treten einer norwegischen Tanztragödin" Bella Siris. Zeigte abwechselnd imposante Rostüme und imposante Nuditäten. Das Tänzerische nicht diskutabel: Phantasie, Temperament, Technik va­cant. In den sehr ausgiebigen Baufen: Jazzband. Wenn schon. J. S.

Bordringen der ruffischen Alphabets in Asien . Bekanntlich macht sich bei vielen asiatischen Völkerschaften schon seit einiger Zeit die Tendenz bemerkbar, die schwierigen arabischen und anderen orientalischen Schriftzeichen durch die in den Schulen leichter zu erlernenden Buchstaben europäischer Alphabete zu ersehen. In der Türkei und bei den kaukasischen Mohammedanern beginnt man mit der Einführung der lateinischen Buchstaben. Dasselbe Bestreben zur Einführung einer einfacheren Schrift zeigt sich nun auch bel einigen mittelafiatischen und sibirischen Volksstämmen und wird von der Sowjetregierung nach Möglichkeit gefördert. Die Sowjetblätter berichten mit großer Genugtuung, daß bei diesen letztgenannten Böl­ferschaften der Wunsch verlautbar wird nicht die lateinischen Buch­staben, sondern die Schriftzeichen des russischen Alphabets einzu­führen. In Mostau weilt zur Zeit eine Delegation von Lehrern mehrerer asiatischer Nationalitäten, die in längeren Besprechungen mit leitenden Persönlichkeiten des Bildungskommissariats sich dafür einfegten, für die oiratische Sprache und die ihr verwandten Dia­lefte ein Alphabet mit russischen Buchstaben einzuführen und die entsprechenden Lehrbücher zur Erlernung des Lesens und Schreibens in den Volksschulen herauszugeben. Diesen Wünschen der asiatischen Lehrer wird das Bildungskommissariat jedenfalls entsprechen.

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Bortragszyklus Mag Deri. Am 9. beginnt ein Vortragssyklus der Boltsbühne E. V., in dem Max Deri über die Großmeister der Bergangenheit in der bildenden Kunst sprechen wird. Der erste Abend bringt einen Lichtbildervortrag über michelangelo. Starten für jeden einzelnen Bortrag zum Preise von 70 Bf. find in den Geschäftsstellen und Zahlstellen der Volksbühne erhältlich.

Wilhelm Ostwald als Maler. In der Oktober- Ausstellung des Sturm find Bilder von Geheimrat Wilhelm Ostwald ausgestellt, die auf Grund Wilhelm Ditwald wird am feiner Farbenharmoniegeseze entstanden sind. 10. Oftober 12 Uhr in der Sturm- Ausstellung einen Bortrag über die Ent­ſtebung seiner Bilder halten. Ferner find neue Aquarelle von Willi Baumeiter ausgestellt.

Nationalliberalismus. Nur daß ihr Führer Stresemann da bei die Eden und Kanten des Parteisystems von heute, und die harten Tatsachen des sozialen Kampfes übergeht, die sich im deutschen Parteisystem spiegeln in dieser Hinsicht ein echter Erbe des Nationalliberalismus.

Wir registrieren die Renaissance des Nationalliberalis­mus und seine Auseinandersetzung mit den Konservativen über Vergangenes und Gegenwärtiges. Ueber die Meinun­gen feines Führers Stresemann über die Sozialdemokratie zu diskutieren, besteht nach der Auseinandersetzung mit Silverberg fein aftueller Anlaß.

Die Rede Stresemanns.

In der Rede, die Reichsaußenminister Stresemann auf dem Parteitag der Boltspartei in Köln gehalten hat wir haben im Abendblatt vom Sonnabend über den Anfang berichtet- heißt es weiter:

Für mich steht das eine fest, daß das neue Deutschland und sein Wiederaufstieg, von dem wir sprechen, nur auf dem Frieden basiert sein fann. Wie aber soll dieser Friede möglich sein, wenn ihm nicht vorangeht oder wenn er nicht begründet ist auf der Ber= ständigung zwischen Deutschland und Frankreich ? Ich sehe, daß die Wirtschaft Schrittmacherin ist auf einem Wege, der über Landesgrenzen hinweg greße neue Bildungen schafft, der wirtschaftliche Anomalien der Friedensverträge beseitigt. Die Politit von Thoiry fann nach meiner Ueberzeugung und, wie ich glaube, auch nach der Ueberzeugung des französischen Ministers ich glaube, auch nach der Ueberzeugung des französischen Ministers des Aeußern keine solche Politik sein, die aus dem Rahmen der all­gemeinen Politik mit dem Ziel der Befriedung und des Wieder­aufbaus Europas heraustritt. Es bedarf zu ihrer Berwirklichung deshalb auch der Beteiligung anderer Mächte und der Mitwirtang der für die Reparationszahlungen zuständigen Stellen.

Es ist allerdings ein schmerzlicher Nachklang zu dieser Politik der allgemeinen Befriedung zu verzeichnen, den ich im In­tereffe der Berständigungsbestrebungen tief bedauere, wenn neuer­dings auf der Gegenseite von hoher verantwortlicher Stelle in der Oeffentlichkeit wieder die alte Behauptung von der alleinigen Kriegsschuld der Mittelmächte verkündet worden ist. Die Aufklärung der Völker ist zu weit fortgeschritten, als daß derartige Behauptungen noch jetzt gewagt werden dürfen.

Die weitere Bejezung deutschen Gebiets ist eine Anomalie zur Lage der Völker in Europa . Wer nicht will, daß Anomalie zur Lage der Völker in Europa . Wer nicht will, daß die von den Staatsmännern der Völker gewünschte Verständigung immer wieder aufs neue durch schwerste seelische Belastungen der Völker aufs Spiel gesetzt werde, der schaffe die Ursachen weg, die überhaupt derartige Belastungen verursachen. Und nun demgegenüber

die innere Lage,

die Stellung der Parteien zueinander, die Stellung deutscher Volks­fchichten gegeneinander. Welche Regierung sich bildet im Reich und in den Ländern, ist eine Sache der Frattionen, ist eine Sache der Entwicklung. Ich bin weit entfernt davon, etwa die Parteien anzusehen als die alleinigen Vertreter des deutschen Volkes und des deutschen Volkstums, und ich habe es durchaus verstanden, daß nach dem Niederbruch sich bei uns die vielen nationalen Verbände gebildet haben. Ich habe es besonders begrüßt, daß unter ihnen sich auch solche bildeten, die speziell die Remantit herein gezogen haben in ihre Bestrebungen. Um so tiefer empfinde ich es als bedenklich, wenn jegt parteipolitische Bestrebungen in diesen Organisationen sich geltend machen. Ich möchte diesen Ber­bänden von hier aus zurufen: Ihr gebt euer. Bestes hinweg, wenn ihr euch hineinstellt in den Streit der Parteien, anstatt euch hinein­zustellen in die ganze deutsche Nation. Worüber ist denn ein Streit entstanden zwischen diesen Verbänden und unserer Partei in Sachsen ? Darüber, daß man von uns die grundsägliche Einstellung

Das neue Deutschland , für das wir leben, das zwingt uns, den

Wir wollen

Kampf aufzunehmen gegen diejenigen, die ich die Ewiggestri. gen, auch im neuen Deutschland , nennen möchte. uns' flar darüber sein, die alte Liebe zum Sonnenglanz deutscher wissen das eine, daß wir Monarchisten, aber nicht Byzantiner waren Weltgeltung, zu unserem alten Vaterland, braucht uns nicht vergessen zu lassen, welche Schwächen auch diesem System anhaften. Wir und daß die beiden Interpellationen gegen das persönliche Regime find, um die Monarchisten zu schüßen, von denen die ihre schlechte­sten Diener und Berderber gewesen sind, die ihnen stets das Gottes­stimmte Gesellschaftstlaffen gibt, die das Recht haben, gnadentum eingehämmert haben. Wir glauben nicht, daß es be= ben Staat neu zu beherrschen, nachdem sie den alten Staat nicht haben erhalten tönnen. Daß jedenfalls wieder dieser will als nur den Adel des Berdienstes und Geistes, irgendwie glaubt, andere klassencharakter, der etwas anderes anerkennen wieder zum Herrscher berufen zu sein, das streite ich ihm ab auf Grund meiner liberalen Grundstimmung gegenüber diesen Fragen.

von nationalliberaler Seite, von Ernst Bassermann , ausgegangen

Ich möchte nun noch folgendes sagen: Wäre es nicht wünschens­wert, daß wir uns im Kampfe der Parteien, im Kampfe der ein­zelnen Schichten des deutschen Boltes mehr zur Objektivität durchringen könnten? Daß die Deutschnationale Partei eine Ber­sönlichkeit wie Dr. Helfferich, einen der hervorragendsten, be gabtesten Deutschen , dem Deutschen Reiche zur Verfügung gestellt hat, unterliegt für jeden, der ihn gekannt, feinem Zweifel. Daß dieser Mann in den Tagen, in denen fein eigener Herzenswunsch ,, unter dem Kabinett Cuno seine Finanzpläne zur Durchführung zu bringen, entzweigeschlagen wurde, dem Reichskanzler einer ganz an­deren Koalition seine Gedanken doch sofort wieder zur Verfügung ſtellte, zeigt, wie weit er über Parteigeist gestanden hat. Aber sehen Sie auf der anderen Seite: Wäre es nicht an der Beit, daß man über die Grenzen der Parteien hinaus erkennt, was ein Mann wie der erste Reichspräsident Friedrich Ebert für das deutsche Volk gewesen ist, der Mann, der die schwere Aufgabe gehabt hat, in der schlimmsten Zeit der Erniedrigung da zu stehen und der gleichzeitig mit einer Objettivität ohne­gleichen und mit einer Baterlandsliebe, die nie geschwantt hat, an dieser Stelle feines Amtes gewaltet hat. ( 3ustimmung.)

Die heutige Staatsform, die deutsche Republik, würde längst in der ganzen Welt viel gesicherter dastehen, wenn es nicht zu viele Kapitolwächter gäbe, die jeden Tag gackern müssen, als wenn sie dauernd bedroht wäre. Für diejenigen, die noch mit sich fämpfen, ob sie diesem Staate sich hingeben können, gibt es nur die Parole, die ich auch kürzlich im Berein deutscher Studenten ausgegeben habe: Hinein in den Staat; Aus nationalen Gründen darf über­haupt fein Deutscher die Frage der Staatsform in Zweifel ziehen. Und wenn immer weite Kreise mit einer Selbst überhebung, die ich oft bewundert habe, davon sprechen, daß sie die eigent lichen Träger des nationalen Willens und des natio­nalen Gedanken seien, dann kann ich ihnen nur zurufen: Stellt euch doch dem Staat zur Verfügung, aber fallt ihm nicht immer in den Rücken. Heute tommt es darauf an, unter Hinwegdrängung alles dessen, was Parteigeist bedeutet, für den einzelnen in seiner Stellung als Beamter, in seiner Stellung im Geistesleben und in seiner Stel­ung nach außen auch zum heutigen Deutschland zu stehen.

Und nun ein Wort zum Schluß. Wir werden in Bälde das 60jährige Bestehen der Nationalliberalen Partei begehen, das heißt unserer Partei, denn es ist nicht richtig, daß jemals die Deutsche Volkspartei gegründet worden ist. Auf ihrer letzten Zentralvorstandssigung hat die Nationalliberale Partei beschlossen, unter dem Namen Deutsche Volkspartei fort­zu bestehen. Man hat davon gesprochen, den Namen unserer Partei zu ändern. Wie wir heißen, darauf fommt es nicht an. Wir sind und bleiben national und liberal, und nur die Leute, die so denken und fühlen, werden dies besonders fühlen in unserer Deutschen Volkspartei. ( Stürmischer, nicht endenwollender Beifall.) Die Parteitagsteilnehmer erheben sich von ihren Pläzen und brach­ten Dr. Stresemann starte, lang anhaltende Ovationen dar.

Die Bändchen.

Herr Stresemann hat in seiner Rede auch eine ironische Be mertung gemacht über den Eifer, mit dem die Republikaner jedem Bändchen nachspürten, ob es auch schwarzreigold sei. Diese Be merkung galt wohl dem vorsorglichen Schuh jener Bändchen, die die volksparteilichen Delegierten in Köln in den Knopflöchern tragen: diese nämlich waren alle ebenso wie die Bühnendekoration schwarzweißrot. Nur Stresemann und andere Obergötter erschienen ohne alle Abzeichen.

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Die fehlenden Beichen sind wohl in diesem Falle die Zeichen der Zeit. Die Obergötter haben schon begriffen, daß es mit dem Monarchismus vorbei ist. Das niedere Volt hat es noch nicht be. griffen und freut sich findlich an den Symbolen der Bergangenheit.