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gleich den Hohenzollern   mindestens läßt. Ganz besonders nicht in einer Zeit ungeheurer Arbeitslosigkeit und allgemeiner Not wie gegenwärtig!

Auf der anderen Seite wird die sozialdemokratische Fraktion den Bergleich nicht zerschlagen fönnen, weil nach dem Schei tern des Volfsentscheids bei der Haltung der bürgerlichen Parteien fein Mensch zu sagen vermag, wie ein günstigeres Ergebnis für den Staat herausgeholt werden kann. So wird die sozialdemo­fratische Fraktion wohl dazu kommen, unter Wahrung ihres grund­fäglichen Standpunktes die Verabschiedung des Vergleichs durch die bürgerlichen Parteien nicht zu obstruieren. Wenn, wie nun wahrscheinlich, der Vergleich in der nächsten Woche im Landtag mit großer Mehrheit beschlossen wird, bleibt nur zu hoffen, daß die Hohenzollern   mit diesem Bermögen ebenso rasch und gründlich Hohenzollern   mit diesem Vermögen ebenso rasch und gründlich fertig werden, wie sie es ihrer politischen Machtstellung quitt zu werden so meisterhaft verstanden haben. In dieser Beziehung darf man zu Wilhelm Bater, Sohn und Entel immerhin ein starkes Ver= trauen hegen.

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Der Preußische Landtag   wird sich in seinem gegenwärtigen Sizungsabschnitt vom 6. bis 15. Oktober in der Hauptsache mit dem Hohenzollernvergleich zu beschäftigen haben. Die Er= werbslosenanträge fommen am Donnerstag zur Berhand­lung, die Interpellation über den Magdeburger Justiz skandal wird am Sonnabend, den 9. Oktober, beraten. Die An= fragen über die Typhusepidemie in Hannover   sollen nach dem

Plan des Aeltestenrates am Donnerstag, den 14. Oktober, zur De­

batte stehen.

Bayerische Verfassungsverletzung.

Der Potemkin- Film wieder verboten! Wie halbamtlich aus Bayern   gemeldet wird, hat die bayerische Regierung den Film Panzerfreuzer Potemtin", den die Filmoberprüfftelle troß Widerrufsantrages der bayerischen, württem. bergischen und thüringischen Regierungen zugelassen hat, für Bayern   abermals verboten.

Die Reichsverfassung, Artikel 118, hebt jede Zensur auf und ge­stattet nur für Lichtspiele abweichende Bestimmungen durch Gesetz. Nach dem auf Grund dieses Artikels erlassenen Reichsspielgesetz dürfen Filme öffentlich vorgeführt werden, die von den Reichsprüf­stellen zugelassen sind. Die Länder haben nur das Recht, bei der Filmoberprüfstelle den Widerruf einer solchen Zulassung zu bean­tragen, denn ein selbständiges Zenfurrecht außerhalb des Reichslicht­spielgefehes haben Landesregierungen nicht mehr.

Der Widerruf ist für den Panzerfreuzer Potemkin" a b= gelehnt und der Film nach Reichsrecht zur öffent­lichen Vorführung im ganzen Reich zugelassen. Die Länder haben sich solchen Entscheidungen genau so zu fügen, mie sie ihre Polizei zur Verfügung stellen müssen, um die Aufführung von Filmen, die von den Reichsprüfstellen verboten sind, zu verhindern. Dieser Rechtsgrundsaz ist bisher nie bestritten worden. Das preu Bische Oberverwaltungsgericht hat sich in einer Entscheidung, auf die wir noch zurückommen werden, auf diesen Standpunkt gestellt; die Reichsregierung teilt ihn, hat sie doch jetzt in ihrer Novelle zum Reichslichtspielgesetz, die dem Reichsrat vorliegt, auf Drängen der Länder eine Bestimmung eingefügt, wonach die Ortspolizeibehörden bis zur Entscheidung der Oberprüfstelle Filme verbieten fönnen, wenn binnen drei Tagen ein Widerruf durch die Landesregierung beantragt wird. Das allein beweist schon klar, daß die Länder heute ein felbständiges Recht des Verbots und auch noch dazu nach der Entscheidung der Oberprüfstelle nicht haben.

Die bayerische Regierung selbst steht auch auf diesem Standpunkt, hat doch ihr Vertreter in der Sigung der Oberprüfstelle im Juli, als die Oberprüfstelle den Potemkin- Film verbot, erklärt, die bayerische Regierung habe ein Polizeiverbot ausgesprochen ,,, ohne Rücksicht auf das Reichslichtspielgefeß". Die bayerische Regierung fann sich auch nicht darauf berufen, daß in Bayern   die Verhältnisse besonders lägen. Auch darüber hat nämlich die Oberprüfstelle zu entscheiden, die nach dem Reichslichtspielgefeß einen Film auch nur für ein bestimmtes Gebiet des Reiches verbieten kann.

Nach dem Reichslichtspielgesetz und dem Grundsatz der Reichs verfassung, daß Reichsrecht Landesrecht bricht, muß der Film im ganzen Reich zugelassen werden. Wir halten es für die Pflicht der Reichsregierung, das Recht zur freien Aufführung eines rechtmäßig freigegebenen Films im ganzen Reich durchzusehen.

Das Stresemann- Attentat. Morgen Verhandlung gegen die Attentäter. Vor dem Landgericht III findet heute der Prozeß gegen die Stresemann  , Attentäter" fstatt, den Akademiter Karl Kaltdorf und den Sohn des Studienrats, den Bureaugehilfen Lorenz. Es wird ihnen das Vergehen gegen§ 1 des Gesetzes zum Schutze der Republik zur Last gelegt. Der Sachverhalt, der der Antiage zugrunde liegt, war folgender:

Etwa am 6. Dezember geriet in die Hände der politischen Polizei ein Brief, den Kaltdorf an seinen Studienfreund, einen Münchener  Rechtsanwalt, gerichtet hatte. Darin hieß es u. a.:

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Lieber Alter, ich lebe noch. Ich habe mich durchgerauft. Es war ein kleines Kunststück, hier anzukommen und ich habe nur hier raufzukommen. Zwei Ingenieure haben meinen Eintritt ge managert. Natürlich Barteisache. Und nun: Ich habe den Reim gemacht, nach bekannten Mustern: Stresemann  , verwese man. Du verstehst! Ich habe zwei Offiziere, die mitmachen, und auch die Finanzierung" ist all right... Berwese man". Das Schwein muß gefillt werden. Ein Flugzeug ist auch zur Verfügung. Aus diesen Andeutungen weißt Du, um was es geht! Die Indu strie ist auch gegen den Berräterhund, z. B. Kirdorf im ,, Lokal­Anzeiger". Die Tat geht auf mein Konto, die zwei Offiziere deren einer sehr erprobt ist tun mit... Heil und Sieg! Mit treudeutschem Gruß Dein Karl Kaltdorf." Ferner war dem Schreiben ein Gruß von Werner Lorenz  , Oberleutnant a. D., unbekannterweise" beigefügt.

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Fackelzug für Severing.

Mächtige Kundgebung des Reichsbanners.

Das Reichsbanner hat gestern abend mit einer Rundgebung, die erst in letzter Stunde improvisiert war und dennoch einen glänzen­den Verlauf nahm, unserem Genossen Severing   für sein Wirken als Innenminister den Dank des republikanischen Berlin   dargebracht.

Die Bannmeile war den begeisterten Zehntausenden frei gegeben worden, die Massen sammelten sich vor dem Hause des preußischen Staatsministeriums in der Wilhelmstraße. Ueber einem Meer von Fackeln sprach Severing  . Nicht Worte der Resignation. Worte der Zuversicht und des Kampfes. Er war unser. Er wird auch in Zukunft unser sein. Sein Auf Wiedersehen, Kameraden!", das tausendfaches Echo fand, ist uns dafür ein unterschütterlicher Beweis!

Auf dem Gendarmenmarkt treffen die ersten Züge schon um % 48 Uhr ein. Der weite Platz vor dem Staatstheater füllte sich schnell bis auf den letzten Platz. Die letzten Züge, die anmarschieren, müssen schon in den Nebenstraßen Aufstellung nehmen. Bis um 8 Uhr sind alle Züge eingetroffen. Die Meldung ergab insgesamt 11 800 Reichsbannermänner. Bis in die Mohren- und Französische Straße stehen die letzten Reihen der schnell herbeigeeilten Rame raden. Noch in der letzten Stunde war es nach langen, den ganzen Nachmittag währenden Verhandlungen mit den Reichsstellen gelun gen, die Genehmigung zum Marsch durch die Bannmeile zu erhalten.

Kurz vor 9 Uhr setzte sich der riesige Zug, rechts und links von unabsehbaren Menschenschlangen flantiert, in Bewegung. Es war ein unvergeßliches Bild als Zug um Bug sich die Kamerad Schaften des Reichsbanners vom Gendarmenmarkt loslöften und die Tausende die Mohrenstraße herunterzogen. Und überall stärkstes Interesse, lebendigstes Mitschwingen der Bevölkerung.

Um 9 Uhr erschien Karl Severing   in Begleitung des Mi­nisterpräsidenten Otto Braun   auf dem Hauptbalkon des preußi­schen Regierungsgebäudes. Minutenlange begeisterte Freiheilrufe begrüßten die Minister, vor allem Severing.

Von der Freitreppe vor dem Hause spricht der Gauvorsitzende des Gaues Berlin Brandenburg des Reichsbanners, Fritz Koch, Worte des Dankes an den scheidenden Minister. Er spricht von dem Wunsche, der uns alle beseelt, daß Severing   wiederkehrt, bald von neuem für die deutsche Republik arbeitet.

möchte Ihnen aber dasselbe erwidern, was ich Ihren Elberfelder und Barmer Kameraden vor drei Wochen fagte, als sie zu einer Ovation für den Minister des Innern zusammengekommen waren. Ich betrachte diese Demonstration nicht als an meine Person gerichtet, sondern für die Sache, für die wir uns alle eingesetzt und gekämpft haben, für das einige republikanische Deutschland  . ( Stürmischer Beifall und Bravo- Rufe.) Ich habe in den legten Tagen mancherlei Interpretationen über mein Scheiden gelesen, und ich möchte auch dazu mich kurz äußern. Sie werden, Kameraden vom Reichsbanner, mich wohl verstehen, wenn ich sage, daß wenn jemand kommandiert ist, einen Schüßengraben zu halten, er ihn nicht für ewige Zeiten verteidigen kann. Er erschlafft, wenn er nicht ab. gelöst wird. Ich möchte nicht scheiden, sondern nur abgelöst werden. Ich möchte, um im Bilde zu bleiben, auch einmal in die Etappe, ich möchte in der Etappe schlafen lernen( Minutenlanger Bei­mischer Beifall), und ich werde dort hingehen, wo man mich haben fall.) Ich werde nach Berlin   zurückkehren.( Stür. will. Vorläufig soll ich ja noch im Reichstag und im Preußischen dann meinen Mann stehen. Aber selbst, wenn es richtig wäre, daß Landtag bleiben. Ich will das tun. Ich werde wiederkommen und ich mich, wie es in diesen Tagen so oft hieß, ins Privatleben zurück­ziehen wollte, so geschieht damit der republikanischen Sache doch noch fein Schaden. Sie haben ja selbst so oft das Lied gesungen: Und das ist das Schönste auf der Welt, daß das Banner steht, Reichsbanner steht, und ich will nicht fallen. Ich habe als Minister wenn der Mann auch fällt."( Minutenlanger Beifall.) Das merden, weil ich objektiv bleiben wollte gegenüber allen Verbänden. es nicht über mich gewinnen fönnen. Mitglied des Reichsbanners zu Nachdem ich jetzt aus meinem Amt ausgeschieden bin, habe ich auch wieder volle Freiheit als Mensch, und morgen werde ich Mitglied des Reichsbanners.( Stürmischer Beifall und Fret- Heil" Rufe.) Das Reichsbanner ist nicht Selbstzwed, sondern Mittel zum Zweck, Deutschland   zu einer freien Republik zu machen und es einzugliedern in die große Völkerfamilie. Darum stimmen Sie mit mir ein in den Ruf: Die freie deutsche Republik Frei Heil!"

Die Menge stimmt begeistert ein. Und auf Wiedersehen, Kameraden!" Brausender Beifall und Händellatschen. Die Menge bricht spontan in Hochrufe auf Severing   aus. Die Kame­raden sangen darauf die dritte Strophe des Deutschlandliedes. Während die Minister vom Balkon traten, marschierten die 11800 Republikaner im Schein des Fackelmeeres durch die Wilhelmstraße, die Linden herunter, durch die Charlottenstraße zum Gendarmen­marft, wo sich die denkwürdige Demonstration der Republikaner  Ich| Berlins   für ihren Minister auflöſte.

Severing  : Republikaner  ! Reichsbanner- Kameraden: Ich bin tief gerührt von der Ehrung, die Sie mir soeben bereitet haben.

Ministersessel und ihn angebunden mit den Füßen an sein Rappen gespann, durch das Brandenburger Tor   gejagt rund um Berlin  ? Das Bolt hat Stresemann nicht gevierteilt, es hat ihm nicht das Schicksal Rathenaus gegeben". Die Deutsche Volkspartei   hatte in Verbindung mit dieser Heßze an den Reichsjustizminister einen Brief gerichtet, in dem sie energische Maßnahmen forderte.

In der heutigen Gerichtsverhandlung werden als psychiatrische Sachverständige Medizinalrat Dr. Strömer und Dr. Dyrenfurth an­wesend sein, Hoffentlich erhält man auch tiefere Einblicke in die völlische Verschwörerorganisation, die sich in den Berner Siemens- Werten festgesetzt hat.

Provisorischer Finanzausgleich.

Entwurf des Finanzministeriums.

Der Entwurf des Reichsfinanzministeriums über die Regelung des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Kommunen ist nunmehr fertiggestellt, er wird unmittelbar nach Rückkehr des Reichs­nunmehr fertiggestellt, er wird unmittelbar nach Rückkehr des Reichs. finanzministers dem Reichsrat zur weiteren Beratung übergeben werden. Der Entwurf bringt zum Ausdruck, daß der endgültige Finanzausgleich nicht vor dem 1. April 1928 gefeßlich in Kraft treten fann, daß es daher notwendig ist, bis zu diesem Zeitpunkt die gegen wärtige vorläufige Regelung zu verlängern. Eine Erhöhung des Länder- und Gemeindeanteils an der Einkommen- und Körper­schaftssteuer ist in dem Entwurf nicht vorgesehen. Das Reichsfinanz­ministerium ist aber bereit, die von den Ländern und Kommunen ge­forderten Sicherheiten während der Berlängerung des vorläufigen Finanzausgleichs insoweit erfüllen, als es die Mindest garantie für die Reichssteuerüberweisungen( zurzeit 2100 Mil­lionen Mark) ebenfalls verlängern will. Dagegen ist in dem Entwurf die andere Forderung der Länder und Kommunen nicht erfüllt, die auch eine Verlängerung der gegenwärtigen Garantie des Reiches für die Umsatzsteueraufbringung für 1927 in Höhe von 450 Millionen Mark betrifft. Der Entwurf des Reichsfinanzministeriums begründet diese Haltung damit, daß durch die Herabfeßung der Umsatz­steuer eine Deckung des Garantiefonds aus Mitteln des allgemeinen Haushalts notwendig wäre. Die Frage, ob eine Ergänzung des Landesanteils möglich ist, ist noch nicht entschieben; falls überhaupt, soll sie nur für solche Länder in Frage kommen, die über geringere als Durchschnittseinnahmen verfügen.

Ein Paneuropa- Manifest. Der Abschluß des Wiener Kongresses.

Wien  , 6. Oftober:( Eigener Drahtbericht.) Der Paneuropäische Rongreß hat am Mittwoch vormittag seine Schlußfißung abgehalten. Es wurde ein Manifest beschlossen, durch das alle Europäer aufgefordert werden, an dem Werk der europäischen Einigung mit zuhelfen. Alle Regierungen werden aufgerufen, sich an dem Wert des europäischen   Zusammenschlusses zu beteiligen und eine paneuropäische Konferenz der europäischen   Staaten ein.

Fort mit Rintelen!

Kaltdorf, der erst vor kurzem in den Werner Siemens  Werken als Arbeiter angestellt worden war, entpuppte sich als Sohn eines höheren Beamten, der nach dem Kriege völlig herunterzuberufen, um diesen Zusammenschluß vorzubereiten. gekommen war, in Berlin   und München   Schwindeleien und Hoch­stapeleien begangen hatte und als strammer Anhänger Hitlers   schließlich durch den völfischen Angestelltenbund der Werke hier gelandet war. Nachdem er den Blan gefaßt hatte, Strese­mann als Boltsschädling" schlimmster Sorte zu fillen", fand er einen Komplizen in dem Bureauangestellten Lorenz, einem Mit glied der Deutschnationalen Bartei, der sich bereits mehrere Male im Irrenhaus aufgehalten hatte. Das Attentat felbft sollte un gefähr nach dem Muster des Rathenau  - Attentats vor sich gehen. Die Flucht sollte per Flugzeug bewerkstelligt werden. Auch einen dritten Mann glaubte Kaltdorf in der Person eines Maschinen. schlossers gefunden zu haben.

Kampfbeschluß der steierischen Sozialdemokratic.

Die Enthüllung der Attentatspläne hatte seinerzeit eine heftige Bolemit zwischen der Täglichen Rundschau" und den Hugenberg. Blättern hervorgerufen. U. a. zitierte die Tägliche Rundschau" einen Artikel Pudors im völkischen Blatte Das Hakenkreuz", in dem es u. a. hieß: hat das Bolt Stresemann heruntergezerrt vom

Die

| eine Schande für die Republik   und eine Heraus, forderung aller anständigen Menschen wäre. fozialdemokratischen Abgeordneten wurden aufgefordert, alle zwed dienlichen Mittel anzuwenden, um diese Wahl zu ver­hindern. Falls die Christlichsozialen auf ihrem Wahlvorschlag be­stehen, soll durchgesetzt werden, daß das Volk der Steiermark   zur Entscheidung darüber aufgerufen wird, ob es an der Spitze des Landes einen Mann wie Dr. Rintelen dulden will. Die Organisatio nen im Lande werden aufgefordert, unverzüglich die Vorarbeiten für Landtagswahlen zu treffen.

Der Faschist als Muttermörder.

Ohne Prozeß ins Irrenhaus!

Bor vier Monaten hat das Verbrechen des achtzehnjährigen Bettine, der in Mailand   seine eigene Mutter ermordet und die Leiche in einem Koffer versteckt hat, großes Aufsehen in Italien  erregt. Das weitere Bekanntwerden des Verbrechens verhinderten die Behörden mit Gewalt, und zwar angeblich aus Gründen der Staatsräfon. Bei diesem Bettine, der als faschistisches Mitglied bekannt war, wurden sehr herzliche Briefe Serbolonghis, eines der Führer des Mailänder Fascio, Farinaccis, des früheren Generalsekretärs der faschistischen Partei, Terru 33is, des jetzigen Unterstaatssekretärs im Innenministerium u. a. m. ge= funden. Es ist bemerkenswert, daß die unglückliche Mutter Pettines Mitglied des Vereins der sogenannten Gräfinnen vem Biminal" zu den goldenen Zeiten des Polizeigenerals de Bono, jetzt Ge­neralgouverneurs von Tripolis  , gewesen ist. Aus den im Hause der Ermordeten von der Polizei entdeckten Dokumenten geht ein­wandfrei hervor, daß die ums Leben Gekommene die Maitresse aller dieser faschistischen Häupter, Mussolini   miteinbegriffen, ge= wefen ist; hat man doch in den verhängnisvollen Räumen auch ein Porträt des Duce mit eigenhändiger Widmung an be­vorzugter Stelle gefunden.

Die Untersuchung des Falles nahm sofort der Richter Montanari, der sich durch die ergebenen Dienste, die er in Mailand   dem Faschismus erweist, einen Namen gemacht hat, per­sönlich auf. Jetzt bereitet sich ein dem Regime würdiger Epilog vor: Pettine wird ohne jeglichen Prozeß in einer Kriminal Irrenanstalt eingeschloffen.

Dieser Tragödie fehlt auch nicht das Satirspiel. Es steht fest, daß Bettine turze Zeit vor seiner Festnahme in einer pompösen halb merikanischen, halb faschistischen Aufmachung als spanischer Fürst Ramon de la Cierna" am Gardasee   von Gabriele D'Annunzio   als herzlich willkommener Gastfreund auf­genommen und zehn Tage lang bewirtet worden ist. D'Annunzio  hat zu seinen Ehren, wie bei allen Gelegenheiten, wenn er von hohen und berühmten Persönlichkeiten besucht wird, seine be­rühmten Kanonen abgeschossen. Der jetzt nach der Festnahme des Muttermörders Pettine aus allen Wolfen gefallene Dichter hat ge­schworen, se chs Monate lang feinen Gast mehr auf­nehmen zu wollen.

Rußlands   Afienpolitit. Die Sowjetregierung hat einige Führer der arabischen Bewegung in Palästina zum Besuch Rußlands  eingeladen. Außerdem hat das Kommissariat für Boltsbildungs­wefen angeboten, arabischen Studenten am orientalischen Seminar in Moskau   und an anderen Schulen Sowjetrußlands Frei­ftellen auf einige Jahre zu gewähren.

Heil Moskau  ! Hoeksch ist da.

In Moskau   ist der deutschnationale Reichstagsabgeordnete Pro­

Wien, 6. Oftober.( Eigener Drahtbericht.) Am Mittwochnach. mittag fand in Graz   in Gegenwart des Genoffen Dr. Otto Bauer als Vertreters des Parteivorstandes eine gemeinsame Sigung des sozialdemokratischen Landesparteivorstandes und der Landtags. fraftion der Steiermark   statt, um zu dem Standal Stellung zu nehmen, der durch die Banftätigkeit des jetzigen Unterrichtsministers Dr. Rintelen offenfundig geworden ist. Die chriftlichsoziale| feffor Dr. Hoebich eingetroffen. Mehrheit des steierischen Landtages will troß allem, was vorgefallen ift, Dr. Rintelen wieder zum Landeshauptmann Der Steiermart wählen. In der Sigung der sozialdemokratischen Barteiinstanzen herrschte Einmütigkeit darüber, daß eine Wahl Dr. Rintelens, der als der Hauptschulbige an der Korrumpie­rung des öffentlichen Lebens in Desterreich betrachtet werden muß,

Dr. Hoetsch ist ständiger außenpolitischer Mitarbeiter der Hugenberg Presse.

Der Berichterstatter des Vor märts" wird nicht nach Moskau  gelassen. Die Hugenberg- Presse ist den Moskauer   Machthabern fympathischer.