Der Zal! Gürtner vor öem Reichstagsausfthuß. Der Oberstaatsanwalt als Zeuge. — Ein drastisches Bild der Orgesch-Justiz.
In der Nachmittogssitzung stellt« der Vorsitzende, Abgeordneter Dr. Schetter(Z.) fest, datz der Zeugs Oberstleutnant krlcbel bisher noch nicht eingetroffen ist. Als Zeug« wurde dann Oberstaatsanwalt Hermann Kraus-Augsburg oernornmen. Er äußerte sich zunächst auf die Frag« des Vorsitzenden, welchen Anlaß es hatte, daß am 14. März 1921 der Zeuge mit dem Staatsanwalt Krieck im Auto des Dr. Ga de mann von Augsourg nach München gefahren ist, und weshalb die am 13. März von Staatsanwalt Krisck in der Sache Härtung erlassenen Haftbefehle am 14. März wieder auf- gehoben wurden. Dazu erklärt« der Zeuge: Ich hatte Staatsanwalt Krieck mit der Führung des Falles betraut. Die Sache war damals ganz unklar. Man wußte noch nicht genau, wie sich die Entwicklung des Härtung von der linken zur rechten politischen Richtung vollzogen hatte, und wie seine Münchener und Pfälzer Beziehungen waren. Darum fuhr Staatsanwalt Krieck nach München , um nähere Ermiitlungen an- zustellen. Vors.: Am 14. März hat Staatsanwalt Krieck «in« Aktennotiz gemacht des Inhalts, daß er die in der Hartungsach« erlassenen Haft- befehle einschränke oder aufhebe. Am 16. März ist dann von Ihnen und vom Staatsanwalt Krieck verfügt worden, daß die Haft- befehle aufgehoben werden. Rur wenn einer der Beteiligten sich weigert, vor der Polizei zur Vernehmung zu erscheinen, solle er festgenommen werden. Ist dieser Entschluß von Ihnen und krieck vor oder nach dem Besuch im bayerischen Justizministerium gefaßt? Zeuge kraus: Der Beschluß istoorderReise gefaßt worden. Vors.: Wann haben Sie denn mit Krieck darüber gesprochen. Zeuge: Ich bin von Dr. Ga de mann abgeholt worden und traf unten auf der Straß« Krieck , mit den, ich gemeinsam nach München fahren sollte. Da haben wir wohl über die Sache gesprochen und ich sah ein, daß unnötige Ver- Haftungen große Weiterungen nach sich ziehen können und daß es besser fei, die Haftbefehle zurückzuziehen. Vorf.: Sie haben den Vcschluß also erst nesafzl. als dos Auto bereits zu ihrer Abholung bore!! stand und nicht vorher? Zeuge: Auf der Straße haben wir uns darüber unterhalten und auch nachher auf der Autofahrt werden wir wohl leise darüber gc- sprachen haben. Auf die Einzelheiten kann ich mich n i ch t m e h r b e s i n n e n. Es ist ja schon fünf Jahre her! Vors.: Ihre Entschließungen hingen also zeitlich zusammen mit dem.Eintroffen des Autos. Wie hat Sie denn Dr. G ademann veranlaßt, mit ihm nach München zu fahren? Zeuge: Er stellte sich vor und bat mich, mit ihm im Auto zum Justizminister zu fahren. Er sagte wohl auch, daß Staatsanwalt Krieck schon unten warte. Vors.: Es ist doch sehr auffällig, daß«in Mann wie Dr. Gademann, dm Sie nicht mehr erkannten und der gar keine behördliche Stellung hatte, einfach bei Ihnen erscheint und Sie bittet, mit ihm im Auto nach München zum Justizminister zu fahren, hat er denn gesagk. wer ihn gefchickk hat? Zeuge: Er halte gesagl. wir sollten ins Ministerium fahren, und bei den damaligen Zeiten fand ich darin nichts Auffälliges. Ich dachte mir, er würde wohl persönliche Beziehungen haben. Was er gesagt hat, wer ihn geschickt habe, daran kann ich mich nicht mehr «rinnern. Er wird wohl nur gesagt haben, daß Krieck unten warte. Vors.: Jedenfalls besteht kein Zweifel darüber, daß der Anlaß zu der Fahrt die Sache Härtung war? Zeuge: Ja, ich habe mit K ri e ck sofort unten und auf der Fahrt nur von der Sache Härtung gesprochen. Denn Krieck hatte mir ge- I die Fahrt wegen der Sache Härtung notwendig sei. Zors.: Herr Gademann hat nämlich einmal bestritten, daß er diesen Zweck angegeben hätte. Sie sind dann unmittelbar nach München ins Ministerium gefahren? Zeuge: Jawohl, wir kamen hin und wurden zu Ober- regierungsrat Gürtner gewiesen, oder geführt. Ich weiß nicht mehr genau, wie es war. Wir werden uns wohl im Vorzimmer des Ministers gemeldst haben. Herr Gademann ist meiner Er- innerung nach im Auto fortgefahren. Vors.: Was sagte wohl Gürtner dem Sinn« nach? Zeuge: Ich hatte nicht den Eindruck, daß er durch unseren Besuch überrascht war. Der Einzelheiten erinnere ich mich nicht. Ich weiß nur, daß Herr Krieck aus den Alten vorgetragen hat. Es ist ja schon fünf Jahre her! Vors.: Sie sind doch aber schon häufig darüber befragt worden und müßten diesen ganz besonderen Fall aus ihrer Praxis in Er- innerung haben! Zeuge kraus: Wir sind jedenfalls in der üblichen Weife empfangen worden:„Bitte, mein« Herren, nehmen Sie Platz!" (Heiterleit). Vors.: Nach Ihrer Erinnerung hat also dann gleich Herr K r ie ck aus den Alten vorgetragen und Oberregierungsrat Gürtner hat den Vortrag lediglich zur Kenntnis ge- n o m m e n. Zeuge: Ja! Vors.: Dann ist doch wohl in ein« Erörterung darüber «ingetreten worden, wie weit das Verfahren Härtung vorgeschritten sei, und ob es zweckmäßig fei, die Haftbefehle zu vollstrecken oder nicht? Zeuge: Ich werde meinen Gedankengang wohl in kurzen Worten zum Ausdruck gemacht haben; aber wie das im einzelnen war, kann ich nicht sagen. Vors.: Was sagt« denn Oberregierungsrat Gürtner dazu? Zeuge: Im einzelnen kann ich das nicht sogen. Er ist sehr zurückhaltend, sehr reserviert gewesen. l
Vors.: Er hat also keinerlei Direktiven gegeben, nach der einen oder anderen Seite. Zeuge: Nein, in keiner Weise. Er hat den Vortrag entgegen- genommen und hat uns dann wieder entlassen. Vors.: So daß Sie schließlich der Meinung waren, lediglich das Interesse des Ministeriums an der Sache sei die Veranlasfung dafür gewesen, daß sie nach München berufen wurden? Zeuge: Ja, ich hatte keinen Anlaß, etwas anderes anzunehmen. Ich glaube, ich bin dann an dem gleichen Tage wieder heimgefahren. Später hatte ick; ja mit der Sache nicht mehr viel zu tun, weil ich nicht mehr Erster Staatsanwalt war, sondern Oberstaatsanwalt wurde. Abg. Dr. Lest: Hat Gademann nicht angegeben, von wem er eigentlich geschickt sei? Er muß doch eine Legitimation gehabt haben. Zeuge kraus: Das weiß ich nicht mehr genau. Er wird sich jedenfalls als Dr. Gademann vorgestellt haben und ich werde ge- sagt haben: Ach, Sie sind der bekannte Gademann! Außerdem hatte Gademann mir erklärt, daß Krieck schon unten warte. Dr. Levi verwickelt den Zeugen nunmehr in eine längere Aus- einanderfetzung darüber, ob Verdunkelungsgefahr vorlag. Er weist den Zeugen darauf hin, daß eine Verdunkelungsgefahr dach schon darin gelegen habe, daß die Verhasteten als Mitfahrer nicht den Berchtold, sondern einen Unschuldigen angegeben hätten. Der Zeuge erklärt dazu, daß oc sich im einzelnen an die damals erhobenen Erwägungen nicht mehr erinnern könne. Dr. Levi: Weshalb ist das ganze Verfahren gegen die damals Verdächtigen eingeschlafen? Weshalb find wichtige Untersuchungsmahregeln gar nicht oder nur höchst unvollkommen durchgeführt worden? Warum wurde es unterlassen, die Waffen zu untersuchen, bevor sie zurück- gegeben wurden und warum wurde die Herkunft der an die Leiche gebundenen Steine nicht untersucht? Zeuge: Die Untersuchung ist doch nicht eingestellt worden! Dr. Levi: Praktisch ja. Zeuge: Ueber die Einzelheiten der Untersuchung bin ich nicht mehr im Bilde. Dr. Levi: Was war der Zweck Ihres neuen Besuchs in München am 16. März? Zeuge: Es wurde mir Mitteilung gemacht, daß Differenzen zwischen dem Polizeipräsidenten Ramer und Herrn v. Merz vorlägen. Ich habe zu Merz gesagt:„Was wollen Sie denn? Machen Sie doch keine besonderen Umstände! Kommen Sie doch Ihren Obliegenheiten wieder nach!" Dann haben sich die Herren wieder geeinigt und das Papier wurde beseitigt. Dr. Levi: Weshalb wollte denn Merz seinen Obliegenheiten nicht mehr nachkommen? Ist nicht gesagt worden, daß Merz es für eine kriminalistische Anmöglichkeit halte, die Beschuldigten wieder srei zu lassen? Zeuge: Ich habe Herrn v. Merz gesagt, daß wir von Augs- bürg aus die Festnahme jederzeit wieder veranlassen könnten Dr. Levi: Es handelte sich doch um die Aushebung von Haft- befehlen gegen Leute, die flüchtig warenl Zeuge: Ich hatte den Eindruck, daß sie da waren. Sie waren doch immer auf der Polizei. Dr. Levi: Nein, sie hi-llen sich oerborgen und ließen stch erst wieder sehen, als die Haftbefehle ausgehoben waren. Zeuge kraus: In einem Schriftstück wurde der Standpunkt eingcnrmimen, man müßte die Leute so lange in Haft behalten, bis ihre Unschuld bewiesen sei. Auf«inen so unmöglichen Stand- vunkt konnte ich mich natürlich nicht stellen. Es lagen ja damals jehr wenig Verdachtsgründe gegen die Leute vor. Vors. Abg. Dr. Schetter(Z.): Es ist außerdem eine Cr- fahrungstatsache, daß vie längere Untersuchungshaft das Offen- barungsbedürfnis der Beschuldigten weckt. Zeuge: Noch heute, nach fünf Jahren, Ist nur sehr wenig über die Leute festgestellt worden. Vors.: Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß viele der Beschuldigten heute noch flüchtig sind. Abg. Schulte(Z.): Mir ist es absolut unklar, weiche Beweg. gründe Sie veranlaßt haben, der Aufforderung des Herrn Dr. Gade- mann zur Fahrt nach München ins Justizministerium einfach zu folgen. Zeuge: Er hat sich vorbestellt als Dr. Gademann und sagte, ich sollte mit ihm nach München kommen. Ich nahm an, daß er vom M i n i st c r i u in geschickt sei/ Ich kannte ihn zwar nicht, halt? aber einen Verwandten von ihm, einen Infanterie» Hauptmann, flüchtig kennengelernt. Abg. Schulte: Im Berkehr eines Ministeriums mit nachgeord- neten Beamten b est eh e n doch bc stimmte Formen, die sehr von dem Verfahren abweichen, das in Ihrem Falle angewandt wurde. Würden Sie denn der Aufforderung eines solchen Privat» mannes zu einer Fahrt ins Ministerium immer folgen? Zeuge: Jawohl, jederzeit! Wenn Sie mich dazu aufi ......\n Au■
forderten, dann würde ich
lufforderung entsprechen.
Es handelte sicb doch um einen Mann, der einen ladellosen Eindruck aus mich machte und von dem ich einen verwandten kannte.(Heiterkeit.) Abg. Schulte: Da könnten Sie doch leicht das Opfer einer Mystifikation werden und der Minister könnte Ihnen dann sagen:„Wie können Sie auf eine solche Ausforderung hin mich besuchen!" � Zeuge: Ja, dann würde ich derjenige sein, der einer Täuschung unterlegen ist.(Heiterkeit.).
Abg. Schulte: Sie haben nach Ihren früheren Angaben die Haftbefehle nicht vollstrecken lassen, damit sich die Unter» suchunu weiter vollziehen könnte. Nun härten Sie doch mit besonderer Energie die Umersuchung weiter betreiben müssen. Was haben Sie in der Richtung getan? Zeuge kraus: Ich habe die Sache den Referenten Krieck weiter bearbeiten lassen. Mehr kann ich darüber nicht sagen. Abg. Schulte: Das ist doch ein ganz ungewöhnliches Berhalten in einem Fall, an dem der Minister selbst ein so großes Interesse gezeigt hat. Abg. Schaesser(Dnat.): War die Veranlassung des E i n- schlafenlas sens des Falles Härtung vielleicht die Erwägung, daß bei den geringen Beweismitteln der Fall vom B o l k s g e r i ch t endgültig durch einen Freispruch erledigt werden könnte, so daß keine Möglichkeit mehr bestand, gegen die Leute im ordentlichen Verfahren vorzugehen? Zeuge: Es ka n n sein, daß auch das für die Staatsanwalt- schaft mitbestimmend gewesen ist. Ich selbst weiß es nicht. Auf weitere Fragen erklärt der Zeuge: Wenn von E i n- flüssen oder Hemmungen in der Justizbehörde gesprochen wird, so ist das nicht richtig. Bei einer Verhaftung ist das Schlimme, daß der Staatsanwalt allein die Haftbefehle verant- warten muß. Wenn dann jemand so und so lange sitzt und sich eine Schuld nicht ergibl. so ist das sehr unangenehm. Abg. Dr. Levi: Bielleicht wäre damals mehr herausgekommen. wenn man die Waffen und Geschosse untersucht hätte. Zeuge: Ich begreife Ihre Anschauung, die Sie heute haben, aber das ist nicht in Zusammenhang zu bringen mit den Aufgaben die ein objektiver Richter hat. Ich kann nur dankbar sein, wenn ich von den verschiedensten Seiten an die Vorgänge erinnert werde. Ich gehöre keiner politischen Partei an und bin selbst- verständlich bestrebt. Klarheit zu schaffen. Dr. Scheller: E» ist bemängelt worden, daß, nachdem die Haftbefehle aufgehoben waren, keinerlei Ermittlungen mehr vorgenommen wurden. Es ist nicht richtig. Aus den Akten geht das Gegenteil hervor. Es sind seitens der Staats- anwälte Kraus und Krieck in Augsburg in der Zeit vom 25. bis 29. März und später Nachforschungen nach dem Auto, das die vermutlichen Mörder benutzt haben, angeordnet worden. Weiter steht fest, daß eine öffentliche Bekanntmachung über den Mörder erfolgte, Lichtbilder an die Polizei gesandt wurden, daß weiter ein ausführlicher Lokaltermin in Zußmarshausen� angeordnet und weitere Erhebungen bei der Polizeidirektion München über Auto, Schußspuren, Blutspuren, über die Persönlichkeit des Chauffeurs usw. veranlaßt wurden. Die Waffen sind einem Büchsenmacher als Sachverständigen vorgelegt worden, und er hat dann ein Gutachten abgegeben, das sich allerdings auf die Feststellung beschränkt, daß in den letzten vierzehn Tagen aus ihnen nicht geschosien worden sei. Die Geschosse aus der Leiche wurden erst im Jahre 1924 mit den Pistolen oerglichen, sowest diese nach der Wiederfreigabe noch vorhanden waren. Nur zwei Pistolen konnten zum Vergleich herangezogen werden, und es wurde festgestellt, daß aus ihnen die Geschosse nicht stammten. Die übrigen Waffen waren 1924 nicht mehr da. Abg. Graef-Thünngen(Dnat.): Bei der Fragestellung des Abg. Dr. Levi konnte man den Eindruck haben, daß totsächlich Unterlassungssünden von der Staatsanwaltschaft be- gangen worden sind. Ich stelle fest, daß sich für uns alle ein ganz anderes Bild ergibt. Abg. Dr. Levl Soz.): Ich muß mich.gegen solche Feststellungen in diesem Zeitpunkte verwahren. Ich bin ganz anderer Meinung als der Abg. Graes . Wir haben hier Tatsachen zu verhandeln und werden unser Urteil darüber in einem anderen Zeitpunkt fällen müssen.| Abg. Dr. Levi richtet dann an den Zeugen die Frage: Sie haben doch nach der Außerkraftsetzung der Haftbefehle, spätestens am 17., 19. und 26. März, erfahren, daß die Leute nicht, wie Sie annahmen, der Pollzel zur Verfügung standen. Ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, daß ein Offizier oder Student, wenn er unschutdig unter einer solchen Anklage steht, sich sreiwilllg der Polizei stellt? Zeuge:.Es ist mir unmöglich, mich heute noch desien zu er- innern, was ich vor 5 Jahren gedacht haben soll. Gegen 6 Uhr oertagt der Ausschuß seine weiteren VerHand- lungen auf Donnerstag, 8)� Uhr vormittags. Am Donnerstag soll eventuell auch der bayerische Iustizminister ü r t n c r als Zeuge vernommen werden.
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