Mittwoch
13. Oktober 1926
Unterhaltung und Wissen
( Schluß.)
Alice wurde ins Untersuchungsgefängnis gebracht, bis ihr Fall zur Verhandlung täme. Als die Polizei erfuhr, daß sie katholisch war, instruierte man den Gefängnispriester, daß er ausfindig machen müsse, wer ihre Verwandten seien und wer der Vater des Kindes wäre.
Die Frauen im Gefängnis hörten ihre Geschichte voll Teilnahme an. Sie wußten alle, mas es heißt, Eltern zu haben, die sich über die Verhaftung grämen. Sie erfuhren, daß der Vater von Alices Rindchen ein Student war, den sie mit der Ergebenheit eines Hundes liebte.
„ Der Mann muß ein Biest sein, Alice, daß er Dich so im Stich läßt. Wenn ich es wäre, würde ich sagen, wer er ist und glaub mir, Mädel, er würde blechen müssen."
Eine andere fprach philosophisch, anscheinend aus gründlicher Erfahrung:„ Die Märmer find alle gleich. Man braucht keinen von ihnen in Schutz zu nehmen. Sie sorgen immer für sich selbst."
Alice verteidigte den Bater ihres Kindes: Er ist ein guter Mann, und wenn er wüßte, daß ich wegen Diebstahls hier bin, würde er mich nie heiraten!"
Eine alte Prostituierte wälzte sich vor Lachen.„ Hört bloß auf den Engel! Sie glaubt, der Bursche wird sie heiraten! Nee, mein Kind, wenn der je die Absicht gehabt hätte, dich zu heiraten, dann hätte er's getan, ehe das kleine Dings in deinen Armen in Erscheinung trat. Mir scheint, du hast zu viele Kientopphelden gesehen. Behn zu eins, ehe dein junger Mann zu Ende ist, wird er fich fürchten, irgendeinem Jör in der Stadt einen Klaps zu geben, aus Furcht, es fönnte eins von seinen eigenen sein!" Alice weinte; fie glaubte nicht, was sie sagten. Jedenfalls habe ich mein Kindchen," tröstete sie sich.
Der Priester tam jeden Tag. Er sprach mit ihr allein und er sprach mit ihr vor den anderen Frauen. Sie verharrte in ihrem eigensinnigen Schweigen.
„ Ich würde es Ihnen ja sagen," schluchzte sie eines Tages auf, ganz erschöpft von seinem unaufhörlichen Drängen, aber Sie mürden gleich hingehen und es der Polizei sagen. Sie sind ja nur hierhergeschickt, um es für die Polizei herauszufinden."
,, Es ist deine Pflicht, es zu sagen," befahl er, als er sah, daß ihr Widerstand schwächer wurde.
,, Es ist mir ganz gleichgültig, was meine Pflicht ist. Lassen Sie mich in Ruhe! Lassen Sie mich in Ruhe!"
,, Alice, entweder sagst du es mir jetzt oder ich nehme dir dein Kindchen fort... Ich nehme es dir fort und du wirst ins Ge= fängnis kommen und es nie wieder sehen. Ich habe deinen Eigen
finn fatt."
Alice starrte ihn totenbleich an. Rüdwärts schritt sie in ihre Zelle und drückte das schreiende Bündel fest an sich. Die Aufseherin und der Priester schienen ihr folgen zu wollen. Ste warf die mit Eisenstangen versehene Tür zu und fuhr auf sie los, gerade als der Priester eine der Stangen ergriff.
Wenn Sie noch einen Schritt näher tommen," rief fie eiskalt vor Leidenschaft, dann werde ich
Die Aufseherin wich vor Entsetzen zurück und der Priester sprang mit schneller, instinktiver Bewegung zurück, während er vor Grausen wie gebannt auf das Mädchen hinter dem Eisengitter starrte. Niemand sprach ein Wort. Der Priester rannte voll Entjezzen den Korridor entlang, bis er außer Sehweite war und wartete mit ausgestreckten Armen, unbeweglich, auf das furchtbare Geräusch. Die Aufseherin fing an zu stottern, mit zitternden, ihr nicht
recht gehorchenden Lippen.
,, Er wird es nicht tun... Alice! Ich werde ihm nicht erlauben, daß er es tut. Es ist nur eine List... Ich schwöre es dir, Alice... tu es nich tu es nicht.
Langsam ließ Alice ihre Arme mit dem schreienden Rindchen finken und legte es wieder auf das Bett. Dann brach sie ohne einen Laut neben ihr zusammen und rollte sich um das Kind wie eine Kaze um ihre Jungen. Aus einer Gruppe von Gefangenen in der Ecke brüllte eine Frau einen gemeinen Fluch gegen den Priester. Er wandte ihr sein weißes Gesicht zu und starrte sie
verwirrt an.
In der nächsten Woche fand das Verhör wegen des gestohlenen Halsbandes statt. Alice erschien vor dem Richter mit dem Kindchen auf dem Arm und beobachtete argwöhnisch jeden, der sich ihr näherte und preßte ihr Bündel immer fester an sich. Ihr Kindergefichtchen war sehr blaß. Sie geftand ihre Schuld ein und ver teidigte sich nicht. In Anbetracht ihrer Jugend wurde sie nicht ins Gefängnis geschickt, sondern in eine Besserungsanstalt für Mädchen. Und zwar auf sieben Monate. Sie wurde einfach als„ ,, Alice" weiterer Name unbekannt für schuldig erklärt. ,, Rann ich mein Kindchen mitnehmen?" war ihre einzige Frage. ,, Ja. Es ist ein Institut, wo die Mädchen ihre Kindchen behalten dürfen."
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Alices Geficht wurde ruhig. Sie wandte sich um und blickte mit triumphierendem Lächeln auf die respektable Frau.
Das Schwarzbrot.
Von Dr. W. Wächter.
Der Altbayer hat mit dem Franzosen zwar nicht die Höflichkeit gemein, hingegen die schlechten Geographiekenntnisse jenseits der Donau beginnt bekanntlich das Nordlicht zu leuchten und es tauchen die Wölfe jagenden Preußen auf und die Einbildung, als jei es Draußen in der Welt lange nicht so schön, wie baheim. Es ist also immerhin erfreulich, wenn ein Krachlederner einmal an die See tommt und dort alles wunderschön findet. Plaudert da neulich ein Bayer in einer süddeutschen Zeitung über die Insel Langeoog und ist begeistert von der See, aber eins gefällt ihm nicht: das grobe Schwarzbrot, das man in Friesland backt. Er meint, in Bayern würde man diese herrliche Gabe Gottes Pferdefutter nennen. Ja, ja, mat den enen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall. Was würde unser Bajuvare sagen, wenn man seine Weißwürfte Hundefutter nennte? Man kann zur Reisezeit immer in München beobachten, mie sich die Norddeutschen graulen vor diesen weichlichen, schwabbeligen Frühstückswürsten, wie sie den vielgepriesenen Leberfäs und Schwartenmagen, das Hirn mit Ei und das Lüngerl mit Knödel gern den Autochthonen überlassen. Also über die Geschmäcker ist nicht zu disputieren. Es gibt in der Tat laum einen größeren Gegenfaz als zwischen einer dünnen, did mit Butter bestrichenen und mit weftfälischem Schinten belegten Schwarzbrotschnitte und der Weißwurst, die mit füßem Senf gegeffen wird. Glücklich der, der den Partitularismus so weit überwunden hat, daß er beides gern ißt, der ist erst der richtige Deutsche.
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Beilage des Vorwärts
Die Hände in den Hosentaschen...
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Warum der General Epp die Hände in den Hosentaschen behielt? Er hatte seine Gründe, fie vor dem Untersuchungs- Ausschuß zu verbergen!
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Deutschland ist ein Land des Roggenbrotes auch in Bayern Ernte wird gerade gegenwärtig eine große Propaganda gemacht für wird vorwiegend Roggenbrot gegessen, und angesichts der neuen Weizenmehl zum größten Teil aus dem Ausland bezogen werden die Bevorzugung des Roggenbrotes vor dem Weizenbrot, weil das muß. Es ist nämlich eine nicht wegzuleugnende Tatsache, daß der Konjum von Weizenmehl ständig zunimmt und daß das Weizenbrot immer mehr bevorzugt wird. Professor Maurizio, einer der besten Kenner der Geschichte der Geteidenahrung und Forscher auf Bevorzugung des Weizenbrotes für eine Entwicklungsphase im Sinne dem Gebiet der wissenschaftlichen Müllerei und Bäckerei, hält diese der Kulturphasen de bekannten Soziologen Müller- Leŋer. Die Menschheit hat unendlich lange Zeiträume gelebt ohne das, was wir heute Brot nennen, und der größte Teil der Menschen gehört auch heute noch nicht zu den Brotessern. Als die Menschen zuerst das Getreide fennen lernten, zerkleinerten sie es und machten
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einen Aufguß mit Wasser daraus, dann lernten sie durch Eindicken des Aufgusses den Brei fennen, weiter wurde dann der Brei geformt und in Asche oder auf heißen Steinen gedörrt und so erhielt man das, was man Fladen nennt. Der Weg vom Fladen zum die mannigfachsten Zwischenstufen vom Fladen über das Fladenbrot gegorenen Brot ist dann wieder ein sehr weiter, und wir finden da zum Hefebrot. Das erste richtige Brot war das grobe, fleiehaltige Schwarzbrot, das Pferdefutter" also, dann lernte man die Müllerei vervollkommnen und man schied die Kleie immer mehr vom Mehl, so daß es ständig heller wurde. Aber obwohl man nunmehr auch das Roggenbrot aus hellem Mehl herstellte und immer noch herstellt, blieb das grobe Schwarzbrot in seinen verschiedene Formen erhalten, wohl aus dem Grunde, weil es gut schmeckt. Daher beobachten wir in der Gegenwart bei uns, daß das Weizenbrot eigentlich zu verdrängen sucht, während das grobe Roggenbrot, Landbrot, das feine Roggenbrot, in vielen Gegenden auch Feinbrot genannt, Bauernbrot, Pumpernickel sich auch bei den Weißbrotessern großer Beliebtheit erfreuen fann. Wie schnell sich übrigens eine Geschmackswandlung vollziehen fann, zeigt das Beispiel Schottlands . Im Jahre 1727 wurde ein kleiner Weizenacker bei Edinburgh als große Seltenheit angestaunt, und schon 1780 ist der Weizenbau um Amerita so große Diniensionen angenommen hat, daß Weizenmehl Bas Behnfache gestiegen. Seitdem der Weizenanbau, besonders in ein Welthandelsartikel wurde, vermehrten sich die Weizenbrötler so start, daß in den westeuropäischen Ländern fast nur noch Weißbrot gegessen wird. Aber auch nach Japan tam der Weizen, also in ein Land, das jetzt noch ein Land der Breivölker ist, wie China und fast ganz Asien und Afrika , und es wurde dann im Lande selbst auch Weizen angebaut, so daß man jetzt auch in Japan neben dem Reis Weizenbrot ißt. Japan hat also eine Entwicklungsphase über sprungen, es ist direkt zum Weizenbrot übergegangen, ohne vorher das Schwarzbrot tennengelernt zu haben. Die Schwarzbrötler begenügten sich nun nicht damit, das Schwarzbrot schmackhaft zu finden, sondern erklärten es auch für gesünder als das Weißbrot. Es ist ja in der Tat betrüblich, daß die Kleie immer mehr zum bloßen Biehfutter verwandt wurde, trotzdem sehr viel Pflanzeneiweiß in den sogenannten Alleuronzellen vorhanden ist. Aber es läßt sich nicht bestreiten, was die Physiologen einwandfrei festgestellt haben, daß Kleie für den Menschen unverdaulich ist und daß infolgedessen die Ausnutzung des Weißbrotes bzw. des feinen Roggenbrotes eine größere ist als die des groben Schrotbrotes. Man hat darum versucht, das Korn so zu vermahlen, daß auch die Kleie aufgeschlossen würde. Es entstanden eine große Zahl von sogenannten Volltornbroten, von denen behauptet wurde, daß sie nunmehr ebenso verdaulich seien wie das Feinmehlbrot. Nach Maurizio ist das aber nicht der Fall und lediglich von der Erfindung Finklers, der durch ein besonderes Verfahren die Kleie für sich einem Mahlprozeß unterwirft und dann dieses Kleiemehl Finalmehl nennt er es feinen Mehl beimischt, verspricht er sich eine Umwälzung der Brot
bäckerei.
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dem
Da das Weizenmehl früher einmal nur zur Kuchenbäckerei Verwendung fand und als Leckerei galt, so wollen die Roggenbrötler auch heute noch das Weißbrot gerne als Lurusgebäck hinstellen. Bom physiologischen Standpunkt aus ist aber eigentlich das grobe Schwarzbrot ein Lurusgebäck, und wenn es noch das allgemeine Boltsnahrungsmittel bei uns geblieben ist, so lediglich seiner Billigkeit
wegen.
Unser unhöflicher Bayer hatte, wenn man das grobe Schwarzbrot lediglich nach physiologischen Gesichtspunkten werten will, also gar so unrecht nicht, wenn er von Pferdefutter spricht.
Pfeilgift und Schlupfwefpe.
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atmung zu ersetzen, welche Fähigkeit z. B. der Frosch befizt, dann die wirksame Menge Curaregift eingefprigt, dann zeigt sich eine fann der Eintritt des Todes verzögert werden. Wird einem Frosch Schwächung seiner Bewegungen; das Tier springt nicht mehr, es wird völlig bewegungslos, es liegt wie tot da. Und doch ist der Frosch nicht tot: Das Herz arbeitet kräftig und gleichmäßig weiter, stunden ja tagelang.
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Welche Beziehung besteht nun zwischen dem Pfeilgift und der Schlupfwespe? Ueber die Tätigkeit der Schlupfwespen braucht wohl nicht viel gesagt zu werden. Wenn auch viele Menschen diese im allgemeinen fleinen Hautflügler noch nicht zu Gesicht bekommen haben, so ist ihre eigenartige Sorge für die Nachkommenschaft bekannt. Mit ihrem Legestachel durchbohren sie z. B. die Hautdecke der Raupen und legen ihre Eier hinein. Es entwickeln sich fleine Maden, die sich oft ohne sichtbare Störung des Wirtes von dessen Säften ernähren, um sich dann nach einer gewissen Zeit herauszubohren und sich an nutzen aber ihren Legestachel als Giftstachel, indem sie das Wirts der Oberfläche der Raupe zu verpuppen. Andere Schlupfwespen betier zuvor vergiften. So macht es z. B. eine 2½ bis 3 Millimeter lange Schlupfwefpe( Habrobracon) mit den Raupen der Mehlmotte. spärlich; und darum sind die untersuchungen von Prof. Albrecht Unsere Kenntnisse über das Schlupfwespengift waren bislang sehr ase an der Biologischen Reichsanstalt um so interessanter. So wie einimpft, so bohrt sich die 1 Millimeter lange und 2/100 Millimeter der Experimentator dem Frosch das Pfeilgift mit der Sprigentanüle feine Wespenhohlnadel in den Raupenförper hinein. Ein bis zwei winzige Tröpfchen, 0,00005 Milligramm schwer, genügen, um die 16 Millimeter lange Mehlmottenraupe augenblicklich zu vergiften. Eben noch kriecht die Raupe an der Decke entlang, da fällt sie wie vom Blizz getroffen herunter und bleibt fast regungslos liegen, gelähmt wie der curarisierte Frosch. Andere Raupen werden von der Giftwirkung so schnell betroffen, daß sie nicht einmal von der sent rechten Wand herunterfallen. Sie bleiben mit ihren Border- oder Afterfüßen hängen. Nur ihr Hinter- oder Borderleib knickt um, und in dieser Stellung perbleiben fie regungslos, als wären sie tot. Und doch: fie find nicht tot, sie leben wie der mit Pfeilgift gelähmte Frosch. Unablässig sieht man die Bewegungen des schlauchförmigen Herzens Ihr Bewegungsvermögen haben sie eingebüßt, aber das Herz schlägt. durch die zarte Haut des Rüdens hindurchschimmern, und als ob nichts geschehen wäre, antwortet es prompt auf äußere Reize. Höhere Wärme läßt es schneller schlagen, Kälte verlangsamt die Tätigkeit, genau so wie bei gefunden Tieren. Oft fängt die Schlupfwespe an, aus der Stichstelle die vergifteten Körperfäfte herauszusaugen, um fich davon zu nähren. Doch sie schaden ihr nichts. Wirft etwa das eigene Gift nicht? Oder aber ist es vielleicht wie das Pfeilgift vom Magen aus nicht wirksam? Die gestochene Raupe jedoch lebt erscheint auf den ersten Blick kaum glaublich noch 5 Monate nach dem Stich. Fünf Monate nach der Vergiftung arbeitet und zudt noch das Herz, bis nach beinahe einem halben Jahre der Tod eintritt. Pfeilgift und Schlupfwespengift ähneln sich so sehr in ihrem Wirkungsbilde, daß man fast versucht sein könnte, beide für identisch zu halten. Und doch ist das höchstwahrscheinlich nicht der Fall. Bom Curarin ist die chemische Formel bekannt. Bom chemischen Wesen des Schlupfwespengiftes wissen wir nichts. A. P.
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es
Kinderopfer bei Indianern Südamerikas . Der Londoner Rundfunt verbreitete dieser Tage einen Vortrag, den der bekannte Forscher Mitchell- Hedges und Lady Brown über ihre Studienreise nach Südansehnliche Strecke von rund 25 000 Kilometer zurück und famen amerita hielten. Auf dieser Unternehmung legten die Reisenden die mit Indianerstämmen in Berührung, deren Leben und Sitten bisher noch wenig erforscht sind. Besonders aufschlußreich ist der Bericht, den Mitchell- Hedges über seinen Aufenthalt bei den Zutuhile= Indianern erstattete.„ Der Stamm wird von Zauberern beherrscht, denen die Eingeborenen blindlings gehorchen", führte der Reisende aus.„ Einer der schauerlichsten Gebräuche, die dort noch immer Geltung haben, ist das Kindesopfer. Die Indianer steigen zu diesem 3wed bis zum Krater eines der noch tätigen Bultane herauf und werfen ihre Kinder in den rauchenden Schlund, um sich die Gunst der Geister zu erhalten. Die Behörden haben ihr möglichstes getan, um diese scheußliche Gitte auszurotten; man hat aber allen Grund zu der Annahme, daß dieses Opfer, das früher in aller Deffentlichkeit stattfand, auch heute noch, wenn auch heimlich, vollzogen wird. Die Heiratsgebräuche dieser Indianer unterscheiden sich wesentlich von denen der anderen Stämme, die wir auf unserer Reise besucht haben. Alltäglich steigen die Frauen des Stammes zu dem See herab. Dort schöpfen sie Waffer und füllen es in irdene Töpfe, die sie auf den Köpfen balanzierend heimtragen. Hat sich ein junger Indianer in cin Mädchen seines Stammes verliebt, so wartet er, bis sie zum See geht, schleicht ihr heimlich nach und verbirgt sich hinter einem Felsen, der den Weg umsäumt, um in diesem Bersted ihre Rückkehr abzuwarten. Kommt die Ahnungslose vorbei, so stürzt der junge Mann heraus, ergreift blitzschnell den Topf und schlägt ihn auf dem Kopf in Scherben. Bleibt das Mädchen stehen, so gilt das als Zuſtimmung, und die Verlobung wird an Ort und Stelle gefeiert. Flieht sie aber, so gilt der Heiratsantrag als abgelehnt, und dem abgewiesenen Freier bleibt nichts weiter übrig, als gleichfalls seiner Wege zu gehen.
Schon Humboldt erzählt uns in feinen' ,, Reifen in den äquinoftialen Gegenden Amerifas 1799 bis 1804" von dem füdamerikanischen Pfeilgift Curare , das die Indianer am Orinoco , am 2mazonenstrom und im Guyana zur Jagd und im Kriege benutzen. Sie stellen es sich her, indem sie einen Auszug aus dem Splintholz und der Rinde verschiedener Giftpflanzen bereiten. Der wirksame Teil des Giftes ist das sogenannte Curarin. Es zeichnet sich nicht nur durch seine große Wirksamkeit auf Mensch und Tier aus, sondern auch die Art und Weise der Wirkung ist eine ganz auffällige. Wenn das Gift in eine Wunde gelangt vom Magen aus wirkt es sehr schwach-, dann werden plöglich die Endapparate der Bewegungsnerven außer Betrieb gefeßt, so daß alle willkürlichen Bewegungen unmöglich werden. Die Herztätigkeit jedoch geht munter weiter. Erst dadurch, daß die zur Atmung notwendigen Bruftmuskeln gelähmt werden, tritt der Tod durch Erstickung ein. Wenn man für fünstliche Atmung forgt, oder wenn Tiere imftande find, die Lungenatmung durch Haut- Rudolph" in Körners ,, Hedwig"."
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Welcher Schauspieler wurde zuerst ausgepfiffen? Das Aus pfeifen eines Schauspielers ist eine erst im vorigen Jahrhundert aufgekommene Unfitte. Es geschah dies, wie Karoline Jagemann in ihren Erinnerungen" erzählt, in Hamburg . Das erste Opfer biefer neuartigen Kritit war der Schauspieler Marchand in der Rolle des