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Reichskonferenz der Kinderfreunde.

Tagung in Friedrichroda  .

Auftakt zur Werbewoche.

Scheidemann in Hamburg   für Offensivpolitik.

In Friedrichroda  ( Thüringen  ) tagte unter Leitung des Genossen Hamburg  , 15. Oktober.  ( Eigener Drahtbericht.) Als Auftakt Löwenstein die von 67 Delegierten beschickte Reichston der Werbewoche fand in Hamburg   am Donnerstag abend eine ferenz der Kinderfreunde. Löwenstein begrüßte zunächst Riesen delegiertenversammlung der Sozialdemokratie die Genossen Crispien als Vertreter des Parteivorstandes und statt. Tausende füllten den Saal, Tausende waren zu einem May Winter als Vertreter der österreichischen Kinderfreunde und Fadelspalier vom Hauptbahnhof bis zum Gewerkschaftshaus der Soz. Erziehungs- Internationale. In seinem Referat sprach dann zum Empfang des Genessen Scheidemann zusammengetreten. Nach­Löwenstein davon, wie die Kinderfreunde ihre Aufgabe zu erfüllen dem Scheidemann zunächst vom Balkon des Gewerkschaftshauses ge= suchten, den Kindern das Bewußtsein der Zugehörigkeit zur Arbeiter- sprochen hatte, hielt er vor den Delegierten und Betriebs- Vertrauens­flaffe zu geben, in ihnen den Willen zu erwecken, am Kampf der leuten eine große politische Rede. Nach einem geschichtlichen Rück­Arbeiterklasse teilzunehmen und sie zu den neuen Menschen zu machen, blick kennzeichnete er die Fortschritte, aber auch die starken deren die Arbeiterklasse in ihrem Kampf bedarf. Man wolle ihnen Mängel des heutigen Deutschlands  , wie sie sich in der Verwal­nicht nur eine Protesteinstellung gegen die bürgerliche Gesellschaft tung, der Reichswehr  , der Justiz und auf anderen Gebieten äußern. geben, sondern sie positiv in der Richtung der Entwicklung zur neuen Die Sozialdemokratie hätte aber bei stetigerer und aktiverer An= Gesellschaft erziehen. Durch Einteilung in Gruppen, die unter ihre teilnahme an den Regierungsgeschäften manches, Mitglieder fachliche Funktionen aufteilten und sich selbst verwalteten, was geschehen sei, verhindern können. Sie trüsse heraus aus ihrer erlebten die Kinder, was Demokratie bedeute. Weiter müsse man Stellung der passiven Toleranz zur Regierung. Es gelte für sie, suchen, sie den Wert der schaffenden Arbeit für die Gemeinschaft er- eine Offensiv politik zu treiben, die die Republik   wieder in die leben zu lassen. In dieser Weise müsse die ganze Arbeit der Kinder- Hände der Republikaner   bringe. Scheidemann erklärte sich grund­freunde sich orientieren an den Bedürfnissen der Arbeiterklasse, an den fäßlich für die Teilnahme an der Regierung. Es sei ein Fehler gesellschaftlichen Notwendigkeiten. Getragen vom Idealismus und gewesen, daß die Sozialdemokratie von 93 Monaten 56 Monate Kraftgefühl einer Frühlingsbewegung suchten die Kinderfreunde ihre außerhalb der Regierung gestanden hätte. große und schwere Aufgabe der Erziehung zum Sozialismus zu erfüllen.

In seinem Geschäftsbericht teilte Genosse Weimann mit, daß nach Streichung nicht lebensfähiger Ortsgruppen, die Zahl der Ortsgruppen von 183 auf 208 gestiegen sei( die Zahl der Kindergruppen ist eine weit höhere). Dankbar erkannte er Interesse und Unterstützung des Parteivorstandes an, während im Lande viel fach noch immer das erforderliche Verständnis der Organisation fehle. Weimann berichtete weiter von den Schwierigkeiten, mit denen die Bewegung zu kämpfen habe und gab Anregung zu ihrer Ueberwin­dung. Die Zentrale hat das Mögliche an Arbeit geleistet. Der

Zur Fürsten   abfindung wies er darauf hin, daß die preußische Landtagsfraktion sich in einer 3 wangslage befunden hätte. Diese Frage sei ein Beispiel einer fehlerhaften Politik, die mit der unmöglichen Parole zum Voltsentscheid begann. Der jegt geschlossene Vergleich sei die Flucht der Republik   vor ihren faiserlichen Richtern. Diesen wäre die Angelegenheit wieder ausgeliefert worden, wenn kein Vergleich geschlossen würde. Eine lebhafte Diskussion schloß sich an, die den auch von Scheidemann stark geförderten Willen zur Agitation in der Werbe­woche noch verstärkte.

Die Anwesenheit tommunistischer Delegierter führte zu ne Zwischenfällen: Der Rengreß weigerte fich unter großer Unruhe, den von der Mandatsprüfungskommission ausgeschlossenen Delegier­ten der Ortsgruppe Paddington der Labour Party   zu hören, fo daß der Vorsitzende Williams gezwungen war, den Delegierten zum fofortigen Verlassen des Kongreßfaales zu veranlassen, um die Verhandlungen weiter führen zu können.

Asquith   zurückgetreten.

London  , 15. Oftober.( WTB.) Asquith erklärt in einem Briefe an den Präsidenten des Nationalliberalen Verbandes J. A. Spender, daß er von der Führung der liberalen Partei zurücktrete. Er führt darin aus: Der organisierte Generalstreit sei das ernſteſte Er­eignis in der inneren Politik Englands in seinem Leben gewesen. Wenn der Generalstreit Erfolg gehabt hätte, so würde die parla= mentarische Regierung zu Ende gewesen sein. Die Haltung der Liberalen Partei in dieser Situation habe sie mit Recht in Miß­kredit gebracht. Mit ebensoviel Schmerz wie Ueberraschung habe er feststellen müssen, daß seine öffentlichen Erklärungen angefochten worden seien, von einer Seite, die er unmöglich außer Acht lassen konnte. Er sei überzeugt, daß die Einheit der Partei nicht wirksam aufrechterhalten werden könne unter einem System der rivali fierenden Autoritäten mit getrennten Organisationen und getrennten Fonds. Er könne und wolle feinen Anteil an partitu­laristischen Auseinandersetzungen nehmen. Er stehe jetzt in seinem 75. Lebensjahre. Er habe fast ein halbes Jahrhundert im öffentlichen Leben gestanden. Er sei längere Zeit Premier. minister gewesen und habe ernsteren Verantwortlichkeiten gegen­übertreten müssen als irgend einer seiner Vorgänger während der letzten 100 Jahre. Von den Grundfäßen des Liberalismus, wie er sie stets verstanden habe und sie weiterhin verstehe, sei er niemals nach rechts oder nach links abgewichen und er werde es niemals tun. Er fühle, daß die Sorgen und Verantwortungen der Führerschaft nicht von jemand getragen werden sollen, der nicht einigermaßen sicher sein könne, daß er die Belastung aushalten könne.

Kinderfreund" liegt einer Reihe von Parteizeitungen bei und hat Demokratie als Lösung nationaler Fragen. Sein Entschluß, zurückzutreten, sei unwiderruflich.

eine Auflage von 251 000, die ,, Sozialistische Erziehung" eine Auflage

von 55 000.

Genosse August Siemsen   berichtete über die ,, Sozialistische

Erziehung". Die jetzigen vier Seiten seien ungenügend. Man müsse hoffen, daß sie bald wieder im alten Umfang erscheinen fönne. Im

übrigen müsse man danach streben, eine besondere Zeitschrift für die Kinderfreunde und eine wissenschaftliche sozialistische Erziehungszeit­schrift ins Leben zu rufen.,

In der Diskussion wurden Anträge in diesem Sinne an­genommen. Ferner soll eine engere Zusammenarbeit mit der öster reichischen Bruderorganisation erstrebt werden. Dem Ausbau und der

Berbesserung des Kinderfreundes" soll der Vorstand seine besondere

Aufmerksamkeit widmen.

Genosse Adams behandelte dann in seinem Vortrag das Ber= hältnis der Kinderfreunde zur Arbeiterjugend. Die Ausführungen des Genossen Westphal in der Diskussion er­gaben, daß Uebereinstimmung herrscht über die Notwendigkeit engsten Zusammengehens der beiden Organisationen zum Besten der gesamten Partei und Arbeiterbewegung. Auch über die Wege dazu war man im wesentlichen einer Meinung. Das wird zweifellos die besten Früchte tragen.

Der alte Vorstand wurde einstimmig wiedergewählt.

Kaufandrang an der Börse.

Die Umsätze am Montanmartt haben sich am heutigen Freitag gegenüber dem Donnerstag noch verdoppelt. Das Geschäft mar außerordentlich groß. Die Kursfestsezung von Stahltrustaftien und Phönig zögerte sich noch länger als gestern hin. Im Vordergrund standen wieder die schweren Werte, man ver­weist auf die neuerlichen Rekordanforderungen in der Wagengestel­lung. Nicht nur das Publikum und die Provinz, sondern auch das Ausland kaufte heute in ungewöhnlichem Maße, so daß die Gewinn realisationen der Spekulation eindruckslos blieben.

Die Eroberung der asiatischen Wüsten." Sven Hedin  , sicher der populärste aller Asienforscher, erfreute sich von jeher in Deutschland   einer besonderen Beliebtheit, die auch nicht ins Wanken geriet, als sich erwies, daß er auf dem Gebiete der Politik weniger urteilsfähig ist als in seinem eigenen Arbeitskreise. Wir lieben und achten in Hedin den großen Forscher und den wahrhaften Menschen, als den er sich so oft erwiesen hat. Auch diesmal empfing Sven Hedin  , als er das Podium im großen Saale der Musikhoch schule bestieg, um als Gast der deutsch   schwedischen Bereinigung über Die Eroberung der asiatischen Wüsten" zu sprechen, eine begeisterte Menschenmenge. Hedin be­handelte ein Thema, das aus seinen Schriften vielen der Er schienenen sicher völlig bekannt war. Trotzdem folgte man gespannt feinem mehr als zweistündigen, von teiner Pause unterbrochenen Vortrage. Denn Hedin, der die deutsche Sprache völlig beherrscht, verstand mehr zu geben als eine Schilderung. Er ließ die Hörer feine Kämpfe um die asiatische Wüste miterleben, die in unendlicher Bähigkeit, mit unermüdlicher Ausdauer, mit oft völlig erschöpften und doch nie völlig versagenden Kräften geführt wurden. Tage in glühendem Sonnenbrand, ohne Wasser, ohne Hoffnung darauf, im grenzenlofen gelben Dünenmeer, Tage, die sich zur Woche anein anderreihten, die immer schwerer zu ertragen, gegen die immer schwerer anzufämpfen war, erlebten die Zuhörer in atemioser Spannung mit. Ein reiches Lichtbildermaterial ergänzte diese Aus­führungen, zeigte auch, welche Kulturen vor Jahrtausenden der un­erbittliche wandernde Sand begraben hatte. Hedin zog hier geschickt geschichtliche und fulturhistorische Parallelen, um das Gefühl der geschichtliche und fulturhistorische Parallelen, um das Gefühl der unbegreiflichen Zusammenhänge alles Seins wachzurufen. Tes. Dr. Cahn- Speyer und der Deutsche   Arbeiter- Sängerbund. Herr Dr. Rudolf Cahn Speyer bittet uns um Beröffent. lichung folgender Mitteilung:" Erst jetzt erhalte ich Kenntnis von der Veröffentlichung des Schreibens, das der Deutsche Ar= beiter Sängerbund" an mich gerichtet hat, in Ihrem ge­schäzten Blatte Nr. 476 vom 9. d. M. Da in diesem Schreiben an meine Loyalität appelliert wird, lege ich Wert darauf, den Anschein zu vermeiden, als sei dies vergeblich geschehen. In dem erwähnten Schreiben, das mir am 8. d. M. zugegangen ist, wird gesagt, der Wortlaut der Rede, die Herr Profeffor Restenberg auf der Tagung des Deutschen Arbeiter- Sängerbundes" gehalten habe, sei in der ,, Deutschen Arbeiter- Sänger- Zeitung" vom 15. August d. I. unrichtig wiedergegeben, so daß meine hieran geknüpften Ausführungen auf einem Irrtum beruhten. Es wurde mir angekündigt, daß ich alsbald einen Abdruck des hierauf bezüglichen Brotokolls erhalten würde. Dieses Protokoll habe ich bis zum heutigen Tage- also nach Ablauf von fast einer Woche noch nicht erhalten. Ich habe nicht verstanden, weshalb es mir nicht gleich mit dem erwähnten Schreiben zugegangen ist. Es ist also nicht Mangel an Loyalität von meiner Seite, wenn ich der an mich gerichteten Aufforderung bisher nicht nachgekommen bin."

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Zweife Tanzmatinee der Boltsbühne E. B. Bei den Aufführungen der neuen Tanz bühne des Stadttheaters Münster  , die am Sonntag, den 17. Dtober, vorm. 11, Uhr, im Theater am Bülow, blaz stattfinden, bat Kurt Joos die choreographische Leitung, die Kostüme und Masten stammen von Rate ühning und einrich Hedroth. Die Begleitung hat Fris A. Coben. Einlaßkarten zum Preise von 1,30 Mart sind noch in beschränkter Zahl erhältlich.

Svehlas Regierungserklärung.

Prag  , 15. Oktober.  ( WTB.) Die neue Regierung stellte sich dem Barlament vor. Die vom Ministerpräsidenten Svehla vorgetragene Regierungserklärung besagt, daß sich die neue Regierung im Grunde an das von ihm im Dezember vorigen Jahres vorgetragene Pro­gramm halten wolle, um so die Notwendigkeit der Kontinuität der Staatsentwicklung zu bezeugen. Die jetzt gefundene Lösung bedeutet eine Erweiterung der politischen Basis unseres Parlaments und damit in der Entwicklung unseres Staates eine neue bedeutungsvolle Etappe. Unser Staat ist geradezu ein klaffisches Beispiel für eine enge Berührung verschiedenartiger

Kulturen. Heute nun treten wir zu gemeinschaftlicher Arbeit zu= sammen zwecks Schaffung eines harmonischen Zusammen­lebens in dem durch die Grenzen unseres Staates und seine große historische Mission in Zentraeuropa gegebenen Rahmen. Lange Jahrzehnte waren erfüllt von solchen Versuchen zur Schaffung einer besseren Art des Zusammenlebens. Diese Versuche wurden aber von außenstehenden, mit unseren Verhältnissen unbekannten Faktoren gemacht und führten auch deshalb niemals zum Ziele. Heute, dank dem Siege des demokratischen Gedankens, können wir in unserem Staate als freie Bürger ohne fremdes Patronat wirken und offen als Gleiche mit Gleichen handeln. Wir sind uns bewußt, daß die aus der verschiedenartigen nationalen Kultur ent­

standenen

Differenzen nicht verschwinden werden. Worum es sich aber handelt, das ist die Notwendigkeit, die Art und Weise der Er­ledigung und Beseitigung von Differenzen und Streitigkeiten zu vervollkommnen.

( Beifall bei der Mehrheit.) In dieser Richtung wollen wir neue Wege bahnen. Wir alle sind überzeugt, daß die Demokratie, ebenso wie sie die Lösung sozialer Streitigkeiten und kultureller Rämpfe ermöglicht hat, uns auch den Weg zur Lösung des nationalen Zusammenlebens gebahnt hat. In acht Jahren haben wir genügend Gelegenheit gehabt, die demokratischen Methoden zu erproben. Mögen wir auch hier und dort Fehler gemacht haben, eins muß man unserer Demokratie zuerkennen, daß sie vor feiner schwierigen Aufgabe Halt machte, vor die uns die Nachkriegszeit stellte. Wir sind uns der unabänderlichen Tatsache bewußt, daß die, die auf diesem ererbten Boden geboren sind, bereits mehr als ein ganzes Jahrtausend gemeinschaftlich zusammengelebt haben. Der unerschütterliche Glaube, daß wir für alle Zeit zusammen sind und bleiben, macht es uns zur Pflicht, enger zusammenzuarbeiten und zusammenzuwirken, damit unser Zusammenwirken und unsere Zusammenarbeit dauerhaft sei.

Bethlen bildet sein Kabinett um.

Die Wirkung des Frankenfälscherprozesses. Budapest  , 15. Oftober.( Eigener Drahtbericht.) Minister­präsident Graf Bethlen hat am Donnerstag dem Reichsverweser die Demiffion der Regierung unterbreitet. Es handelt sich jedoch lediglich um einen formalen Rüdfritt, um Bethlen die Möglichkeit zur 2 m bildung der Regierung zu geben, wie sie bereits feit dem Frankenfälscherprozeß beabsichtigt war. Die Demission er­folgte an dem Tage, wo die Königliche Kurie" das endgültige retsfräftige Urteil im Frankenfälscherprozeß gefällt hat. Jetzt mußte selbst die ungarische Regierung die Folgen ziehen aus der Tatsache, daß einer der Hauptschuldigen, der Landespolizeichef Nadosiy, als Staatssekretär im Innenministerium und sozusagen nadoffy, als Staatssekretär im Innenministerium und sozusagen als Polizeiminister feines Amtes gewaltet hatte. Vor allem wird Bethlen den bisherigen Innenminifter Ratovsky ausschiffen, der es vorgezogen hat, bereits seit dem Sommer frank zu sein.

Die Königliche Kurie" hat die Strafe für Windischgrätz von Zuchthaus in Gefängnis umgewandelt, mit Rücksicht auf sein Nervenleiden", durch das er einer vierjährigen Zuchthausstrafe nicht gewachsen wäre.

Labour nicht gegen Koalitionspolitik. Für die Prüfung des Kulturlohnes. London  , 15. Oktober.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Kongres der Arbeiterpartei in Margate   erörterte am Donnerstag nachmittag die programmatische Grundlage einer fünftigen Arbeiter regie rung. Dem Kongreß lag eine Entschließung vor, durch die jede zukünftige Arbeiterregierung von vornherein gegen jede Roalition oder parlamentarische Zusammenarbeit mit bürger­lichen Parteien festgelegt werden sollte. Diese Entschließung wurde jedoch nach einer Rede Macdonalds abgelehnt.

Dagegen wurde entgegen dem Wunsche Macdonalds als Folge einer außerordentlich eindrucksvollen Rede Brailsfords eine Ent­schließung angenommen, in der die Einsetzung einer Kommission gefordert wird mit der Aufgabe, die Möglichkeiten der Forderung des Kulturlohnes im Sinne der offiziellen Politik der Unab­hängigen Arbeiterpartei zu prüfen.

" Daily Herald" bezeichnet den Rücktritt Asquiths als einen neuen Nagel zum Sarge der liberalen Partei. Die Meinungsverschie­benheiten innerhalb der liberalen Partei würden sich jetzt noch weiter vorläufig auf eine Würdigung der Arbeiten Lord Oxfords bet vertiefen. Lloyd Georges Blatt Daily Chronicle" beschränkt sich der Durchführung des liberalen Programms und kommt zu dem Schluß, daß die Vollendung dieses Programms von dieser Gene­ration von Liberalen" erreicht werden müsse. Times" zufolge werden die Anhänger Lord Oxfords feinen neuen Kandidaten für das Amt eines Führers der Partei aufstellen. Der offene Bruch inner­halb der Partei bleibe bestehen und werde vielleicht noch verschärft

werden.

Das norwegische Schnapsverbot. Volksabstimmung über seine Weitergeltung. Oslo  , Mitte Oftober.( Eigener Bericht.) Am 18. Oktober hat das norwegische Volk darüber zu entscheiden, ob es das seit 1919 bestehende Branntweinverbot aufrechterhalten will. Mit welcher Heftigkeit der Abstimmungskampf geführt wird, ergibt sich daraus, daß die Regierung sich veranlaßt gesehen hat, die Benugung der Kirchen zur Anti- Alkoholpropaganda zu verbieten. Die Synode hat sich dieser Maßnahme angeschlossen und die Pfarrer dringend gebeten, sich auf der Kanzel jeder Stellungnahme zu der Alkohol­abstimmung zu enthalten. Der Wahlkampf wird in der Haupt­sache pen zwei landesumfassenden. Ligen, denen der Verbotsfreunde und der Verbotsgegner geführt, mährend die Mehrzahl der politi­schen Parteien als solche sich um die Angelegenheit nicht fümmern. Eine Ausnahme haben die Konservativen gemacht, indem fie ihre Anhänger auffordern, gegen die Aufrechterhaltung des Brannt weinverbotes zu stimmen. Die sozialistisch- unabhängige Arbeiter. Rartei propagiert die Aufrechterhaltung. Sie veranstaltet überall Kommunisten ihren Anhängern die Abstimmung freigegeben haben. im Lande Volfsversammlungen, während Sozialdemokratie und

Das Verbot untersagt Einfuhr und Herstellung von Alkohol von mehr als 5 Proz.; gestattet sind nur drei leichte Biersorten mit bis 4 Proz. Alkohol. Allerdings ist die norwegische Regierung von den Südweinstaaten gezwungen worden, den Verkauf ihrer Weine in Norwegen   zu gestatten. Man hatte eine Weinimport­gesellschaft gegründet, die Weine und Champagner vertreibt, von denen die schwersten Südweine bis zu 20 Proz. Alkohol enthalten. foholgegner sehr empört, um so mehr, als sich seit dem Bestehen des Diese Durchlöcherung des Branntweinverbotes hat die Al­

Branntweinverbots die Einfuhr von schweren Weinen um vieles

gesteigert hat. Aber trotz diefer Unzufriedenheit mit den Wirkungen des Verbotes wird angenommen, daß die Abstimmung eine Mehr­heit für das Verbot ergeben wird.

Moskau   hat schon wieder Angst. Diesmals, weil sich die Türkei   dem Völkerbunde nähert.

Mailand  , 15. Oktober.  ( EP.) Nach einem Moskauer   Tele­gramm des Corriere della Sera  " bemerke man in Moskau   eine gewisse Beunruhigung über die Neuorientierung der Türkei  ougunsten des Völkerbundes. Angora stche jetzt am Scheideweg und müsse in wenigen Monaten seine endgültige Wahl treffen. Die russischen   Staatsmänner erklären, wenn die Türkei   die Freund­schaft Englands und die Hilfe des Bölkerbundes annehme, so büße fie an politischer Unabhängigkeit und die Möglichkeit ein, fich an die Spige der arabischen Staaten zu stellen. Möge die Türkei  auf der Hut sein, damit sie nicht in die von England gestellte Falle gerate und in Zukunft der britischen   Aktion gegenüber Rußland  

diene.

Aus der Partei.

,, Arbeiterwohlfahrt."

Das 2. Heft vom 15. Oftober 1926 der Arbeiterwohlfahrt" behandel treu der angekündigten Absicht des Herausgebers, des Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt, grundsägliche Fragen und praktische Arbeit der Wohlfahrtspflege. Im Leitartikel: Die Krisis in der rheinischen Jugendwohlfahrtspflege", schildert Genosse Görlinger Köln   die Auseinandersetzungen zwischen katholischer Caritas und Arbei wohlfahrt im Rheinland   über Auslegung und Durchführung der Jugendwohlfahrtsgefeße. Dann erläuterte Genosse Kantorowicz  , Magistratssyndikus in Kiel  , die Grundgedanken der Fürsorgepflichtverordnung". Genoffin Juchacz   nimmt fritisch zur Gefolei Stellung. Es folgen Berichte über Tagungen von Ge noffin Kirschmann- Röhl über ben bevölkerungspolitischen Ron­greß der Arbeiterwohlfahrt, Genosse Friedländer   über den Allgemeinen Deutschen Fürsorgeerziehungstag, Genoffin Schröder über die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrant­heiten. Genossin Wachenheim   gibt in einem Auffaz Schulungs. arbeit" eine Reihe Lehrpläne für die Schulung ehrenamtlicher Mit­arbeiter. Mitteilungen aus der Arbeiterwohlfahrt, eine Bücherschan und Bücherbesprechungen machen den Schluß.