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nach Ruhe, und jeder Friedensstörer bringt das so schwer errichtete kleine private Glück in Gefahr. Man pariert Stalin  , weil er die Regierung verkörpert. Man fühlt seinen Druck; man stöhnt, aber man fürchtet ihn. Es ist nicht Disziplin, sondern Gehorsam. So stand die Opposition, genau wie die Parteileitung, vor einem Dilemma. Entweder Waffenstillstand oder Krieg bis zum Ende. Keine von beiden Richtungen war darauf vorbereitet. So mußte man sich zu- nächst auf einen faulen Friedcnspakt einigen, der alles andere als dauernden Frieden verspricht. Es werden jetzt Wochen und Monate verhältnismäßiger Ruhe vergehen, und die Gegensätze werden für die Außenwelt vielleicht verschwin- den. Beide Parteien werden ihre Lehren aus der letzten, der größten aller bisherigen Krisen innerhalb des Kommunismus ziehen. Sie werden ihre Reihen umgruppieren und sich auf neue Kämpfe vorbereiten. Die neuen Kämpfe werden aber sicherlich in ganz anderen Formen, und ganz andere Mittel als bisher werden vielleicht eine entscheidende Rolle spielen. sicherlich in ganz anderen Formen ausgetragen, und ganz andere Mittel als bisher werden vielleicht eine entscheidende Rolle spielen. Ueber kurz oder lang müssen aber diese Gegensätze wieder hervortreten. Stalins Stärke ist fein besseres Per- ständnis für politische Realitäten, für wirtschaftliche Rot- wendigkeiten und die Gesamtlage der kapitalistischen  Welt: seine Versuche, sich mit der Bauernschaft auszusöhnen und die Landwirtschaft in die Höhe zu heben, sein Bestreben, die kommunistische Internationale zurückzudrängen und das Wahlrecht der Bevölkerung, wenn auch ohne polstische Demo- kratie, zu erweitern. Sein schwacher Punkt aber und darin besteht eben die große Stärke der Opposition i st d i e beispiellose und schrankenlose Diktatur, nicht nur über das Volk überhaupt, sondern auch über seine eigene Partei. Selbst kommunistischen Führern wird sie un- erträglich, wie es die Entwicklung der Opposition beweist. Run verbindet aber die Opposition ihren Schrei nach Parteidemokratie" mit einem utopistischen Programm, mit wirtschaftlichen Forderungen, die in der Richtung zum Boll- kommunismus wieder zurückführen, mit hirnverbrannten Plänen für die kommunistische Internationale: mit Einschrän- kung des Wahlrechts zu den Sowjets, mit einem neuen wirt- schaftlichen Druck auf die Bauernschaft, und mit einer Finanz- Politik, die nichts anderes als eine neue Inflation be- deutet. Deshalb konnte die Opposition nicht nur inner- halb, sondern auch außerhalb ihrer Partei keine großen Sym- pathien in der Arbeiterschaft wecken. Beide Armeen haben jetzt Zeit zur Umgruppierung und Umformiernng. Programme und Forderungen werden revi- diert und geprüft. In dem großen Wirrwarr, in dem Hin und Her, das feit Monaten eingesetzt hat, wird die russische Arbeiterschaft und darunter auch ein gut Teil der tommu- nistischen Arbeiter, nach einer Politik und nach einem Pro- gramm suchen, die Realpolitik der einen Seite mit der Demokratie der anderen Seite vereinigt, und dazu nach einer Politik, die über die engen Grenzen der kommunistischen  Organisation gewisse Rechte und demokratische Grundsätze er- weitert. Und die große Frage ist, ob und welche von den beiden kämpfenden Parteien diese Forderung des Tages, diesen Schrei der Zeit, dieses Verlangen des arbeitenden Volkes in ihr Programm aufnimmt und sich auf diese Weise den Sieg in den unvermeidlichen neuen Kämpfen sichert.
Vas Recht üer Untersuchungsausschiiffe. Ein Gutachten der Reichsregiernng. Di« Rechtsstellung der parlamentarischen Unter- suchungsausschüsse gegenüber widerspenstigen Zeugen ist durch ein Gutachten aus dem Reichsjustizministerium zur öffentlichen Erörterung gestellt. Einen Teil dieses Gutachtens, der die Ord- »mgsgewalt des Ausschusses gegenüber Ungebühr behandelt, hat der
Das erloschene Licht. Gegenüber, in der Vorstadt, nur vom breiten Havelwasser ge- trennt, steht ein Haus. Ganz allein, inmitten eines Bauplatzes. Einsam und grau. Es ist ein Miethaus. Abends sehe ich es nie. Es ruht schon im Nachtdunkel, wenu ich heimkehre. Aber in der Frühe: da wächst es au- dem MorgennebeL Wie ein Schiff. Mit einem leuchtenden Auge. Das ist ein Fenster, aus dem ein warmer rotgoldener Schein flutet. Das Licht einer Petroleumlampe. Schatten bewegen sich im goldenen Licht hin und her. Ein Fenster- flllgel wird geöffnet: eine Frauenhand streckt sich heraus. Greift eine Kanne, nimmt sie herein und schließt das Fenster wieder... So an jedem Morgen. Nach einiger Zeit wußte ich: es war die Milchkanne, die hereingeholt wurde. Und ich sah genauer zum Fenster hinüber. Ein Mann stand in der Küche und wusch sich. Kämmte sich. Zog sich an. Ging. Das Fenster öffnete sich: der rote Schein gebar einen Frauenkopf. Wieder streckte sich eine Hand heraus. Winkte.... Ueber den Platz schritt ein Mann. Zur Arbeit. Das Licht im Fenster erlosch. Aber jeden Morgen erglomm es neu. Jeden Morgen sah ich hinüber. Bis auf den einen.... Da blieb das Fenster dunkel. Das Haus stand drohend im brandenden Nebel. Keine Hand griff zum Fensterbrett hinaus, um die Milchkanne hereinzuholen. Und von diesem Tage an blieb das Fenster dunkel-- tot. Ich fragte meine Wirtin, wer drüben im Hause wohne oben, in der Dachstube. Die Antwort, vom Erstaunen über meine Neugier getragen, war: Ein junges Ehepaar mit zwei Kindern, der Mann ist jetzt arbeitslos.-- Ich habe den Mann und die Frau nie deutlich gesehen nie ihre Gesichter gesehen. Aber ich stelle sie mir vor: jung, erstarrt in einem erlebten Glück, daß mit dem Tage zu Ende ging, als das Licht in ihrer Dachstube nicht mehr angezündet wurde. Ihre Augen werden suchend sein, der Glanz in ihnen aber erloschen.... _ A. F.
Ivette«uilbert hat«rst im vergangenen Jahre mit zahlreichen Berliner   Bekanntschaft geschlossen denn lang« Kriegsjahre lagen zwischen zener Zeit, da man ihr bei uns auf dem Podium zu- jubelte. aber aus der Bekanntschaft ist jetzt Freundschaft ge- worden. Was den eigentlichen Reiz dieser durchaus nicht mehr jungen Französin ausmacht, läßt sich schwer sagen. Es ist ein Un- bestimmbares. Ob sie verliebt«, ob sie kokette Lieder singt, es geht ei» unbeschreiblicher Eharme von ihr aus, wenn sie mit einer andeutenden Geste, einem Verziehen des Mundes, einem Zucken der Schultern den Inhalt interpretiert. Aber vielleicht am stärksten wirkt sie in denChansons des vieillcs", in denGroßmutterliedern". In der weißen Perrücke im Lehnstuhl sitzend teilt sie Altersweis- Helten an die Jugend aus. Hier ist sie eine Charakterdarstellerin allerersten Ranges, wie sie mit imaginärer Nadel und Faden näbend ihre Rede begleitet, bald hastig die Stiche nimmt, bald langsam,
Soz. Pressedienst" bereits behandell. Jetzt wird auch der zweite Teil des vom Reichsinnenministerium und dem Justizministerium gemeinsam, und zwar schon am 2S. August erstatteten Gutachtens bekannt. Danach hat der parlamentarische Untersuchungsausschuß (nicht dessen Vorsitzender) das Recht, Zeugen und Sachverständige zum Erscheinen zu zwingen, ihre Aussagen und ihre Eidesleistung entsprechend der ZZ 51 und 70 der Strafprozeßordnung ebenfalls zu erzwingen bzw. im Falle der Weigerung einzuschreiten. Zur Anordnung dieser Maßnahmen ist ein Mehrheitsbeschluß des Unter- suchungsausschusses erforderlich. Da der Untersuchungsausschuß selbst nicht über die erfordettichen Einrichtungen verfügt, um die Voll- streckung von Zwangs- und Strafmaßnahmen von sich aus vor- nehmen zu können, Ist er auf die Hilfe der Behörden, besonders der Gerichte angewiesen. Für die zuständigen Verwaltungsbehörden (Staatsanwaltschaften) und Gerichte besteht eine grundsätzliche Verpflichtung, den Vollstreckungsversuchen des Untersuchungs- ausschusses nachzukommen. Der Untersuchungsausschuß kann bei Verweigerung der Amtehilfe Beschwerde einlegen.
Rustakt zur Werbewoche in Köln  . Eine Rede Sollmanns. Köln  , 18. Oktober.  (Eigener Drahtbericht.) Die Kölner   Sozial- demokratie eröffnet« die P a r t e i- W« r b« w o ch e mit einer Massen Versammlung im Kölner   Volkshaus, in der Reichstagsabgeord- neter S o l l m a n n sich in längeren Ausführungen mit den gegen- wörtigen politischen Verhältnissen beschäftigte. Sollmann betonte, daß man in der Werbewoche die große Linie der Partei heraus- arbeiten müsse. Es gelte, Macht zu gewinnen. Ueber deren Anwendung werde man sich dann schon einigen. Der Redner führt« «ine Reihe von parlamentarischen Erfolgen unserer Reichstagsfraktion gerade im letzten Jahre an. Er sagt« dann zur Regierungsfrag«:Es fft natürlich unsinnig, wenn behauptet wird, unsere Preußenfraktion habe sich bei dem Hohenzollernvergleich der Stimm« enthalten, um der Großen Koalition In Preußen die Weg« zu ebnen. Sie hat so taktiert, um die republikanische Weimarer   Koalition nicht zu sprengen. Wenn auch die Kommunisten fragen, ob wir im Reiche in die Große Koalition gingen, so antwortet ihnen, daß unsere Partei In dl« Regierung geht, wenn sie glaubt dort für die Volksmass« etwas erreichen zu können und daß sie Opposition treibt, wenn sie annimmt, auf diesem Wege den Volksmasftn besser dienen zu können. Bei der Frage der Großen Koalition im Reiche müssen die bürgerlichen Parteien endlich be- greifen, daß durch die Beruhigung in der Masse die taktisch« Freiheit der Sozialdemokratie gewachsen ist. Seit August 1914 hat unftre Partei so gut wie ununterbrochen unter außenpolitischen Katastrophen und Bedrückungen handeln müssen. Unser erster Regierungseintritt im Oktober 1918 sah Deutschland   in einer außenpolitisch oerzweifelten Situation und bei unserem letzten Regierungseintritt im August 19ZZ war es kaum besser. Jetzt haben sich die von uns vertretenen außen- politischen Richtlinien beinahe ganz durchgesetzt." Die Ausführungen Sollmanns wurden von der Versammlung mit starkem Beifall aufgenommen. Der erste Werbetag bracht« unserem Kölner   Parteiblatt bereits«ine recht hohe Zahl von neuen Lesern.
Sozialpolitik unö Reichstag. Wiederbeginn der Ausschußarbeiten. Der Reichstagsausschuß für soziale Angelegenheiten trat Montag früh wieder zusammen. Vor Eintritt in die Tagesordnung kam der sozialdemokratische Antrag zu Verhandlung, wonach sofort ein Unterausschuß einzusetzen ist, der die dringlichsten Fragen für die Neuregelung der Erwerbslofenfürsorge so beschleunigt vorzubereiten hat, daß dem Plenum bei seinem Zu- sammentritt am 3. November beretts eine Vorlage gemacht werden kann. Genosse Hoch betonte tn seiner Begründung, daß die Sozial- demokratie auf der sofortigen Behandlung der Erwerbslosen- frage bestehen müsse, aber gleichzeitig auch keine Verzögerung der Ausschußberatung über das Arbeitsgerichtsgesetz wünsche. Die Einsetzung des Unterausschusses gebe die Möglichkeit, bis zum
den Faden verliert und ihn dann mit weitsichtigen Augen einfädelt, die abgebrochene Rede wieder aufnimmt. Oder wenn sie als Lisette in Erinnerungen anihren" Dichter Böranger schwelgt und an jene fernen Zeiten, da sie die anmutige Grisette von fünfzehn Jahren war. Dann, zum Schluß, kommt die Guilbert als die verrückte Alte, mit gezauftem Haar, die mit unruhigen Schritten die Enge des abgeschlossenen Hofes mißt und immer wieder als Refrain mit ihrem Krückstock die Worte nachhämmert:«Die Türl öffnet mir doch die Türl" Die Zuschauer im Theater am Kurfürsten- dämm gaben nicht Ruhe, bis sie nicht wenigstens noch als Zugabe La glu, die ergreifende und doch so gar nicht aefühlsschmalzige Dichtung von der Mutterliebe, gehört hatten, die vielleicht da» ein- drucksvollste Stück im Repertoire der Guilbert ist. Ihre Begleiterin am Flügel, die ihr mit feiner Einfühlung nachgeht, sei indessen nicht vergessen, trotzdem ihre Bescheidenheit so weit ging, daß sie rot wurde, als sie wie durch ein Versehen den Zuschauern sichtbar wurde und sie ihr spontan den wohlverdienten Beifall spendeten. Sie heißt: Madame F. de Faye Iozin. Tes. Beginn der MSrchensplele. Es geht auf den Winter und auf Weihnachten   zu, und die Theater entsinnen sich ihrer gern geübten Pflicht, die Nachmittage für das Märchenspiel zu reservieren. Zwei Berliner   Theater haben bereits mit dieser weihnachtlichen Vorsaison begonnen. Im Deutschen   Künstlertheater gibt es«Das böse Prinzeßchen" von Gabriele Reuter   mit einer hübschen Musik von M a r Ma r s ch a l k. Es ist eine sehr epi- gonenhafte Märchendramatik, die sich hier spiegelt. Nicht echt genug, um eine geheimnisvolle Wirkung auszuüben, die man mit Märchenstimmung bezeichnet. Aber das ist vielleicht heute über- Haupt nicht mehr so leicht möglich. Auf der Bühne läßt sich immer- hin einiges Lustige sehen: es treten die Elfen, die Zwerge und die Waldhexe auf, und das Ist ja die Hauptsache. Im Trianon- Theater gibt es zwei Märchen:Hänsel und Grete!" und Rotkäppchen" und einen Hund. Der Hund, es Ist der Wolfs- HundHassan", Ist nämlich die Hauptsache dabei. Er soll den bösen Wolf vortäuschen, der die Großmutter fraß. Cr tut das auch sehr schön, aber fressen wollte er die Großmutter nicht, was Ihm schließ- lich nicht übelzunehmen war. Die beiden Märchenspiele, in denen solches geschieht, unterscheiden sich von anderen dadurch, daß in ihnen nicht gesprochen wird. Es sind richtige kleine Pantomimen, und deshalb ist die Wirkung des Märchenhaften viel stärker und ursprünglicher. Es ist ein gelungenes Experiment» das man aus- bauen sollte. K. Der diesjährigen Tagung des Verbandes für Volks- und Bühnen- spiele ging als Auftakt eine öffentliche Kundgebung im ehemaligen Herrenhouse voraus, die beachtenswert war, weil das Referat des Abends, das der Generalsekretär Karl Weber hielt, Grundsätzliches über die Volksspielbewegung brachte. Be- grüßenswert war es, daß er den Mut fand, die allerdings sehr offenliegenden Schäden einzugestehen. Zurzeit ist Positives an der Bewegung kaum festzustellen Was heute in den meisten sogenann- ten Theateroereinen geboten wird, Ist übelster Kitsch, verballhornte Operetten oder abgeschmackte Volksstücke. Der Redner gab das ehrlich zu und begrüßte die Stellung, die wenigstens noch dem jetzt vorliegenden Referentenentwurf, das Reichsbühnengesetz künftig zur Volksspielkunst einnehmen will. Viele Vereine, die nur davon
3. November die erste Lesung des Arbeitsgerichtsgesetzes im Ausschuß zu beenden und gleichzeitig die erforderlichen Beschlüsse hinsichtlich der Erhöhung der Eewerbslosen unter- st ü tz u n g, der Aufhebung der Bedürftigkeitsprüfung, der Verlängc- rung der Bezugsdauer für die Ausgesteuerten» der Beseitigung der Pflichtarbcit und des Schutzes der älteren Arbeiter und Angc- stellten herbeizuführen. Von der Zentrumsfraktion war in- zwischen auch ein Brief eingegangen, worin die Beratung der Er- werbslosensrage verlangt wird. Die Kommunisten brachten einen Antrag für die Neuregelung ein, verlangten aber gleichzeitig, daß der soziale Ausschuß in der nächsten Woche mit Rücksicht auf die sächsische Landtagswahl wieder nach Hause geschickt werden solle. Das Arbeitsgerichtsgesetz erschien dem Redner der KPD.  , dem Abg. Rädel, als nicht so dringlich. In gleicher Weise setzten sich Dr. Rademacher(Dnat.) und Thiel(D. Vp.) dafür ein, daß der Ausschuß Ende dieser Woche wieder vertagt werde. Es wurde dann gegen die Rechtsparteien und die Kommunisten beschlossen, die vorgesehene Ausschußtagung durchzuführen und den Stoff derartig auszuteilen, daß vormittags das Arbeitsgerichtsgcscg beraten wird und der Nachmittag, soweit erforderlich, für die Be- ratungen des Unterausschusses zur Erwerbslosenfürsorge frei bleibt. Die erste Beratung über die Erwerbslofenfürsorge im Vollausschuß soll bereits am 19. Oktober beginnen. Alsdann fetzt« der Ausschuß seine Beratungen über das Ar- beitsgertchtsgesetz fort. Die Rechtsparteien versuchten, die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Festsetzung von Strafen nach der Gewerbeordnung(Z 80/2) einzuschränken, blieben aber in der Minderheit. Zu Z 3 des Entwurfs beantragte die Sozialdcmo- kratie, daß die Arbeitsgerichte auch für solche Klagen zuständig sein sollen, bei denen der Streitfall tn einem rechtlichen oder Wirtschaft- lichen Zusammenhang mit den in Z 2 aufgezählten Rcchtssällcn steht. Die Regierungsvorlage erkennt zwar eine solche erweiterte Zuständig. teit grundsätzlich an, will die erwähnten Fälle(Streitigkeiten aus dem Mietvsrhältnis bei Werkswohnungen) aber nur dann vor die Arbeitsgerichte bringen, wenn sie mit einem bereits anhängi- gen zusammenhängen. Von den bürgerlichen Parteien hatten die Arbeitnehmeroertreter ähnliche Anträge gestellt, die aber unmittcl- bar vor der Abstimmung mit Ausnahme des demokratischen Antrags zurückgezogen wurden, so daß die Regierungsvorlage in ihrer un- zulänglichen Fassung zur Annahme gelangte.
Herabsetzung üer Rnwaltsgebühren. Reichstag und Fiirstcnvorlage. Mißglückte deutsch  - nationale Attacke. Der Rechtsausschuß des Reichstages nahm gestern seine durch die Parlamentsferien unterbrochenen Beratungen wieder auf. Vor Eintritt in di« Tagesordnung beantragte Abg. S t o e ck e r namens kommunistischen Fraktion, die Auseinandersetzung mit den F ü r st e n, die durch den Hohenzollernvergleich. im Plenum nicht erledigt worden sei, zu beraten. Auch das Wilhelm lt. bewilligte Wohnrecht in Preußen müsse ziw Beratung kommen. Vorsitzender Kahl stellte fest, daß dem Ausschuß ein Antrag zur Fürstenauseinander- setzung nicht vorliege, mithin eine Beratung nicht möglich sei. Genosse Rosenseld erklärte, daß für die s o z i a l d e m o- trat Ische Fraktion die Frage der Fürstenauseinandersetzung keineswegs erledigt sei. Nicht nur in Preußen, sondern auch In Thüringen   und Mecklenburg   und in anderen Ländern bedürfe die Fürstenfrage noch einer Regelung. Auch vor den An- sprächen der Standesherren müßten die Länder in Schutz genommen werden. Der Rechtsausschuß habe nur die Aufggbe, ihm vom Plenum überwiesen« Antrag« zu beraten. Ein solcher Antrag liege nicht vor, deshalb könne auch eine Beratung nicht stattfinden. Der Ausschuß beschloß demgemäß, lediglich die ihm vorliegenden Anträge zu beraten. Ueber die Strafprozeßreform konnte der für ihre Be- rawng eingesetzte Unterausschuß nicht berichten. Der Bericht soll später gegeben werden. Bei der Beratung der Vorlage über die Herabsetzung der Gerichts- und Anwaltsgebühren oer- suchten die Deutschnationalen einen Vorstoß gegen unsere Fraktion, der aber schnell zerbrach. Abg. Barth(Dnat.) wies nämlich darauf hin, daß bei der Beratung der Anwaltsaebühren gerade auf der Linken besonders viele Rechtsanwälte säßen. Die Vertreter der Linken hätten aber bei der Beratung der Fürstenfrage daran Anstoß genommen, daß ein ebenso an der Sache beteiligter Anwalt.
leben, daß sie kaschierte Eintrittspreise pro Vorstellung einen Mitgliedsbeitrag nehmen und jedesmal im Anschluß an den Theaterabend Tanz bieten, werden dadurch eingehen müssen. Die verbleibenden aber werden sich erneut und ernsthast mit dem Pro- blemVolksspielkunst" beschäftigen müssen. Vor allen Dingen kommt es darauf an, nicht den Spielplan, sondern die Ideen der Vereine des vorigen Jahrhunderts zu konservieren. Damals waren die Theatervereine mit di« Bahnbrecher für Ibsen   und Hauptmann: heute bringen die ernsthafteren Vereine noch etwa diese selben Auto- ren, die anderen begnügen sich mit Singstücken. und Werken im Stile der Birch-Pseiffer. Es ist aber wichtig, daß die Dereine heute wieder sich ernsthaft der jungen Autoren annehmen. Nur damit werden sie sinnvolle Arbeit leisten und das Publikum zum Per- stSndnis der Literatur der Gegenwart erziehen und es vorberei- ten für den Besuch ernsthafter Theater. Die Pressevertreter, gewillt, einem so löblichen Tun, sobald es sichtbar in Erscheinung tritt, ihren ehrlichsten Beifall nicht zu versagen, hörten die Botschaft gern. Sz. Annemarie von Nalhusius gestorben. Im Alter von 50 Iahren starb Annemarie von Nathusius  , die talentierte Verfasserin zahl- reicher Romane aus dem Milieu der deutschen   Aristokratie. Aller- dings arbeitete die Phantasie der schreibenden Dame mit sehr viel Hitze. In ihrem RomanIch bin das Schwert" stellte sie die blaublütigen Leute so dar, als wenn sie alle insgesamt vom sexuellen Wahnsinn besessen wären. Annemarie von Nathusius   muß die Gesellschaft, aus der sie selbst stammte, und zu der sie sich auch durchaus bekannte, immerhin gut studiert haben, denn ihre Be- schreibungen machen durchaus den Eindruck des scharf und wahr- haftig Beobachteten. Es ist seltsam, daß Schriftstellerinnen, die ihre Feder für solche schwülen Zustände in Tätigkeit setzen, von einer geradezu niederschmetternden Aufrichtigkeit sind. Das, was während der letzten zwanzig Jahre an unverhüllter Erotik am deutlichsten durch Lyrik und Roman glorifiziert wurde, kam aus der Feder von Frauen, besonders von Frauen altadeligen Ursprung». Dabei oer- fügen diese Damen, wie auch Annemarie von Nathusius  , über sehr viel literarische Gewandtheit, ja sogar über einen blühenden Stil. So kann man sagen, daß der RomanEros  " der Nathusius zugleich ein sehr aufregendes und ein sehr ernsthaftes Buch wurde. Die Verstorbene plauderte über die sogenanitte fashionable Welt mit Anmut und nicht ohne Kritik. Ihr Tod erregt viele Trauer, da zahlreiche Leser ihre Bücher solchen vorzogen, die sich mit alltäg- licheren und dunkleren Problemen als denen vom Kampf der streit« baren Geschlechter beschäfttgen.
Die(frieden»brücke über den Niagara. Die internationale Frtedensbrücke", die zwischen Fort Erie in Kanada   und Buffalo in den Vereinigten Staaten   erbaut wird, soll im Mai nächsten Jahre» eröffnet werden als ein Denkmal des Friedens, der zwischen den beiden Ländern seit mehr als einem Jahrhundert herrscht. Bei den Bauten, die zu der Brücke hinführten, mußten di« Forts von Buffalo und Erie vernichtet werden. Die Einweihung soll mit großen Feierlichkeiten erfolgen. «la kardinal im Aiim Kardinal Dubais   hat in Begleitung seines Sekretär« und eine» Prälaten in einem Film mitgewirkt, der nach einem Roman HervteuS In Pari« vorbereitet wird. Die katholisch« Kirche weih sich als» auch de« modernste« Werbemittel« g» bedienen.