ein Vertreter des Fürsten , an der Verhandlung teilnähme. Es sei eigentümlich, daß Rechtsanwälte an der Beratung teilnähmen. Die Genossen Landsberg und R o s e n s e l d leuchteten diesem Deutschnationalen heim. Inzwischen hatte bei den Deutschnationalen Abgeordneter Schneider, ein Rechtsanwalt in Erfurt , Platz ge- nommen. Nach diesem Interpe�o trat der Ausschuß in die sachliche Beratung der Regierungsvorlage ein. Nach längerer Diskussion, in welcher Genosse Rosenfeld erklärte, daß die sozialdemokratische Fraktion für die von der Regierung vorgeschlagene Herabsetzung der Anwaltsgebühren eintrete, daß sie aber auch die Pflicht zur Vorauszahlung von Kelichtskostenvorschüssen beseitigen wolle, um die Rechtspflege zu verbilligen, wurde die weitere Bc- ratung auf morgen vertagt._ Die Neichsöienststraforönung. Der Reichstagsausschuß für Beamten-Angelegenheiten beriet am Montag die ZZ 23 und 24 der neuen Reichsdienststraford- nung, durch die die Besetzung der Dienststrafkammern als der Gerichte des ersten Rechtszuges geregelt wird. Die Kammern sollen aus einem Präsidenten, dessen Stellvertretern und Beisitzern be- stehen. Die Zahl der Stellvertreter des Präsidenten und der Bei- sitzer hat sich nach dem Bedürfnis zu richten. Die Kammer ent- scheidet mit einem Vorsitzenden und zwei Beamtenbeisitzern. Die Mitgliederzahl des Gerichts ist somit gegenüber dem jetzigen Zustand um zwei verringert. Die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter sollen stets Berufsrichter oder unabhängige und unabsetzbare Verwaltungs- richter sein. Von den Beisitzern soll einer tunlichst der Dienstlaufbahn des Beschuldigten oder einer gleichwertigen, keiner einer geringeren angehören. Beide Beisitzer müssen, falls sie nicht richterliche Beamte find, Reichsbeamte und mindestens zehn Jahre Beamte sein. Wie bisher, ernennt auch künftig der Reichspräsident die Mit- glieder der Kammern: soweit sie Landesbeamte sind, ist das Ein- Verständnis der Landesregierungen erforderlich. Die Amtsdauer der Mitglieder ist im Entwurf von 3 auf S Jahre verlängert. Die Genöarmen beim„Nbeinpfälzee*. Keine Haussuchung, sondern nur Ermittlungen? Im Gegensatz zu der auch in unserer Montag-Abendausgabe wicdergegebenen MTB. -Meldung über ein Borgehen der Besatzung?- bchörden gegen die Landauer Zeitung„Der Rheinpsälzer" meldet das Mirbochsche Telegraphen-Bureau aus Landau : Die m verschiedenen Blättern verbreitet« Meldung, daß in der hiesigen Tageszeitung„Der Rheinpfälzer" ein« Haussuchung durch die französisch« Besatzungsbehörde stattgefunden habe, entspricht nicht den Tatsachen. Bel dem Besuch der französischen Gen- d a r m e r i e, der am Sonnabend mittag im Berlagshaus des „Rheinpfälzer" vor sich ging, handelt« es sich nicht um«ine Haus- suchung im gerichtlichen Sinn«, sondern um Ermittlungen über die Veröffentlichung einer Unterredung, die«In Landauer Bericht- erstatter mit dem französischen Kriegsgerichtsrat Trope hatte. (Klarheit über den Tatbestand bringt dies« Meldung auch nicht. Red. d.„V.") Der Iajchistenkronprinz. Carol von Rumänien . Bukarest , 13. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Der ehemalige Kronprinz Carol wird zurückgeholt. Zu xder bestehenden Faschistenherrschaft kommt dieser Carol als ihr Oberprotektor. Da sein Vater Ferdinand infolge seiner Krankheit demnächst zurück- treten soll, dürfte Carol Gelegenheit haben, seine Absichten bald zu verwirklichen. Ein Hindernis steht allerdins im Wege: damit er in die königliche Familie wieder ausgenommen werde, muß die V e r- sassung revidiert werden. Das kann jedoch nur eine aus Neuwahlen entstandene Nationalversammlung tun und dies wird nicht ganz leicht sein. Gegen Sie Diktatur. Forderungen der bulgarischen Sozialdemokratie. Sofia , 18. Oktober. (Eigener Bericht.) Die Sozialistische Partei Bulgariens hat ihren 29. Kongreß abgehalten, den eine große Red« des Genossen P a st u ch o s f eröffnet hatte. Er wies auf die großen Erfolge der Arbeiterbewegung in den mitteleuropäischen Staaten und England hin, die durch engsten Zusammenschluß des Proletariats und durch größte Parteidisziplin erreicht werden konnten: beides lasse in der eigenen Partei leider noch beträchtlich zu wünschen übrig. Der Kongreß forderte von der Regierung Beendigung der Diktatur. eine rationeller« Wirtschafts, und Finanzpolitik und wirkliche Durch- führung der nur auf dem Papier stehenden Arbeiter schutzgesetze gefordert. Der Kongreß konstatiert mit Zufrieden Heck den erfolgreichen Kamps, den die sozialistische Partei gegen den oft blutigen Terror geführt und führt. Dieser Kampf wird mit gleicher Energie weitergeführt werden müssen, da auch das K a> bt n ett L i a p t sch e f f tn den Fußtapfen der abgetretenen v.-Juni Manner weiterregiert und nicht in der Lage ist, die Bedingungen und Möglichkeiten für eine Normalisierung der politischen und wirt- schaftlichen Verhältnisse des Landes zu schaffen. Weiter erklärt sich der Kongreß für eine unbedingt friedliche Außenpolitik mit allen Staaten, in erster Linie mit den Nachbarn, mit denen eine auf Gegenseitigkeit gerichtete Verständigung erreicht werden müsse. Er fordert endgültige Abkehr von den Methoden der Vergangenheit und unverantwortlichen militaristischen Kräften. die nur eine Politik der Revanche und das Recht des Stärkeren kennen. Dieser für den Balkanfrieden gefährliche Kurs werde und müsse aushören, wenn die leider jetzt schwachen demokratischen Kräfte des Landes gemeinschaftlich gegen den gemeinsamen Feind kämpfen. Wenn es der Kongreß auch nicht offen ausspricht, verurteilt er doch die Tätigkeit der legalen und illegalen revo- lutionären Organistionen und Banden des Landes, die den Balkan seit Jahrzehnten nicht zum Frieden kommen lassen. Hinsichtlich der bevorstehenden Kreiswahlen hat der Kongreß sich dahin entschieden, aus prinzipiellen Gründen sich einem Opposttions- block nicht anzuschließen, er überläßt es aber dem Ermessen der ein- zelnen Organisationen, lokale Koalitionen einzugehen. In dem Wunsche, den Streitigkeiten innerhalb der Partei. die seit einem halben Jahre bestehen, ein Ende zu setzen, hat der Kongreß alles Mögliche versucht, eine Versöhnung herbeizuführen. Man nahm schließlich eine Entschließung an. in der es heißt, daß alle aus der Partei Ausgeschlossenen und Ausgeschiedenen mit Aus- nähme von zwei durch den außerordentlichen Parteikongreß ausge- schlossenen Abgeordneten wieder von der Partei aufgenommen werden, sofern'sie sich den Parteibeschlüssen unterwerfen. Dasselbe soll autonmtisch für die Herausgeber und Mitarbeiter der Zeitungen „Napred"(„Vorwärts") und„Sozialdemokrat" gelten, sobald dies« Organ««In gestellt worden sind. Dos neugewählt« Zentral- komitee blieb in der alten Zusammensetzung bestehen mit Ausnahm« von zwei Mitgliedern._ Amerika voran! Bei der Neuauflage des nordamerikanischen Geschichtslehrbuchs von Twaites and Kendall sind auf Protest der Deutsch-Amerikaner die Behauptungen über deutsche Greuel in Belgien während de» Welttrtege« gestrichen worden.
Die Diktatur in öer Republik. Ein unmögliches Ausfuhrungsgesetz zu Art. 48.
Das gegenwärtige Reichskabinett hat sich zur Aufgabe gesetzt. das Ausführungsgesetz zu Artikel 48 der Reichsverfassung auszu- arbeiten und dem Reichstag vorzulegen. Seine Absicht ist löblich. Seit sieben Jahren ist die Verfassung in Kraft, seit sieben Jahren wird Reichsexekution und Diktaturgewalt auf Grund der zwei, drei kurzen Verfasiungssätze des Artikels 48 angeordnet, ausgeübt und verhängt. Noch ist das Ausführungsgesetz über Reichs- exekution und Diktaturgewalt nicht erlassen, noch hat sich die Re- publik gegen den Mißbrauch der republikanischen Staatsgewalt nicht geschützt, und wenn nicht bald das Ausführungsgesetz erlassen wird, dann sieht es so aus, als ob sich die Republik das Kaiserreich zum Vorbild nehmen wollte; dessen Verfassung sah auch ein Gesetz über den Ausnahmezustand vor, aber dieses Gesetz wurde niemals er- lassen, und so wurde in Ausnahmezeiten, wie bei Massenstreiks oder während des Weltkrieges, auf Grund von alten preußischen Gesetzen der Reaktionszeit regiert. Es wird Zeit, daß die Republik ein Ende macht mit den Tra- ditionen der Monarchie. Die Absicht des Reichsministers des Innern, ein Ausführungsgesetz für Artikel 48 vorzubereiten, ist löblich. Und ein Referentenentwurf liegt im Ministerium bereits ausgearbeitet vor. Das ganze Gesetz wird dadurch charakterisiert, daß dieser Refe- rentenentwurf einfach das„Gesetz betr. die Verhaftung und Aufent- Haltsbeschränkung auf Grund des Kriegszustandes und des Belagerungszustandes" vom 4. Dezember 1916(unterzeichnet Wilhelm II.— Helfferich), wieder als Schutzhaftgesetz aufleben lassen will. Ein Gesetz der gestürzten Mili-
eder Genosie, jede Genossin
wirbt in dieser Woche Mglieder der Partei, Leser dem„Vorwärts"
tärmonarchie, ein Gesetz, das im Kriegsfall galt und in einem Welt- kriege um die Existenz des Kaiserreichs allenfalls gelten durfte, das soll erneuert«erden inmitten aller Bemühungen, in Europa dauern- den Frieden zu schassen! Das ist ein unmöglicher Gedanke. Sollt« es zu kriegerischen Auseinandersetzungen gegen den Willen der Massen je wieder kommen: die Republik wird dann Mittel und Wege genug wissen, um sich zu schützen. Das Ausführungsgesetz zu Artikel 48, das Ausführungsgesetz für den außerordentlichen Not» stand der Republik darf nicht von vornherein auf den Kriegs- zustand angelegt werden. Das hieß« militärischen Tendenzen Vor- schub leisten, das hieße den Militaristen die Macht über die Republik in die Hände spielen. In dem Ausführungsgesetz den alten Begriff des Kriegszustandes und des Belagerungszustandes in dieser oder jener Form wieder einzuführen, das hieße wider den Geist des Friedens Politik machen. Aus dem gleichen Geiste der Reaktion stammt«ine ander« Be- stlmmung oder vielmehr Lücke des Referentenentwurf«». Cr will keine Bestimmungen über die Eingriffe ins Eigentum von sich aus vorschlagen, sondern das Reichsministerium de« Innern habe Vereinbarungen mit dem Reichswehrmini st erium zu treffen. Denn das Kriegsleistungsgesetz, unter dem die Militärbehörden die Bürger und ihre Habe sür Kriegsleistungen requirieren können, ist ausgehoben, und„das Reichswshrministerium habe bereits Ersatzbestimmungen vorbereitet". Diesem Vorschlage gegenüber haben Gesichtspunkte des Militärs überhaupt nicht zu gelten. Es handelt sich eben nicht um die Vorbereitung eines Krieges, sondern es handelt sich um die Sicherung der Republik im äußeren Frieden, wo die öffentliche Sicherheit und Ordnung von innen her bedroht ist. Der Mangel an Klarheit über das, was er eigentlich will, zeichnet den Referentenentwurf auch in anderer Hinsicht aus. Artikel 48 der Reichsverfassung ist zu gesetzgeberischen Zwecken in den verflossenen Jahren außerordentlich oft mißbraucht worden. Ueber einhundert Verordnungen sind in den verflossenen Jahren auf seiner Grundlage erlassen worden. Es gab ungefähr kein Gebiet des öffentlichen Lebens, aus das sich nicht das Notoerordnungsrecht der Reichsregierung erstreckt. Es mag eine ernsthafte Lücke der Verfassung sein, ein solches Notoerordnungsrecht für außerordentlich wirtschaftliche Nöte zu schaffen:, wenn der Reichstag nicht versammelt ist und z. B. nach Ablauf der Wahlperiode oder nach einer Auflösung nicht zu- sammentreten kann. Aber dies Potverordnungsrecht in den Artikel 48 einbauen, das hieße dem Mißbrauch des Ausnahmercchtee Tür und Tor öffnen. Diese Rechtsfrage wird vielleicht zweckmäßig gleich- zeitig mit dem Artikel 48 geregelt, aber sie darf nicht in dem gleichen Gesetz wie dieser geregelt werden. Der Artikel 48 der Weimarer Verfassung umfaßt zwei ver- schieden- Dinge. Der Absatz 1 regelt die sogenannte R e i ch s e x e- k u t i o n gegen Länder, die ihre Pflicht nicht erfüllen, die Absätze 2 bis S die D i i t a t u r g e w a l t des Reichspräsidenten oder der Länderregierungen für die Bekämpfung ungewöhnlicher Störungen oder Gefährdungen der„öffentlichen Sicherheit und Ordnung". Das Ausführungsgesetz zu Artikel 48 soll den Mißbrauch beider Be- stimmuugen verhüten. Was die Reichsexekulion angeht, so hatte bisher der Reichspräsident— d. h. also die Reichs- regierung mit dem Reichspräsidenten — die Entscheidung, ob ein Land seine Pflichten nicht erfüllt hat, ob es e x e t u t i o n s r e i f ge- worden ist. Die Reichsregicrung ist nicht nur der Polizist, der gegen ein Land vorgeht, sie ist auch der Richter, der dieses Porgehen ver- fügt. Wohin das führt, hat sich in der verschiedenen Behandlung von Sachsen und Thüringen einerseits, von Bayern andererseits gezeigt. Gegen Bayern wurde keine Exekution unternommen, ob- schon die bayerische Regierung durch die„Jnpslichtnahme" des bayerischen Teiles der Reichswehr nackten Verfassungsbruch begangen hatte: gegen Thüringen und Sachsen wurde marschiert, obschon keinerlei Lerfassungsverletzungen dieser Länder vorlogen. Diesen politischen Mißbrauch der Reichsexekulion will sogar der Referentenwurf eindämmen. Er verlangt vom Reichspräsidenten , daß er v o r seinem Einschreiten den Staats- gerjchtshof gutachtlich höre. Demgegenüber wird zu prüfen sein, ob ein Gutachten genügt, um einen Mißbrauch des Artikels 48 Absatz 1 zu verhindern. Daß i» einem Gerichtsversahren die Verfassungsoerletzung durch Urteil festgestellt wird, dürfte darum vorzuziehen fein, weil dann da» angeklagt« und schuldige
Land nachdrücklicher zur Besinnung gebracht wird. Es gilt nicht. die gewaltsame Reichsexekution zu erleichtern, sondern es kommt darauf an, möglichst ohne militärische Gewalt ein Land zum Gehorsam gegenüber dem Reich zurückzuführen. Was nun aber die Freiheitsrechte der Bürger, was die „Ausübung der Diklalurgewall", was die ,�zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen" angeht, da versagt der Referenten- entwurf vollständig. Nicht nur nimmt er die S ch u tz h a f t b e st i m- m u n g e n des Kriegszustandes wieder auf, nicht nur will er es dem Reichsjustizministerium überlassen, Bestimmungen über außer- ordentliche Gerichte vorzuschlagen, sondern er führt auch den militärischen neben dem bürgerlichen Ausnahme- zustand ein, beschränkt die Rechte des Reichstage» und ver- weist jeden, der sich über eine Maßnahme des Ausnahmezustandes zu beschweren hat, nicht an unabhängige Gerichte, sondern an den Vorgefetzten dessen, der die Persügung erlieh. Das heißt nicht den Mißbrauch der Diktaturgewalt oerhindern, das heißt, ihn gesetzlich verankern! Die Rechte der Voltsvertretung sollen beschränkt werden: der ß 8 des Refercntenentwurfes sieht vor, daß der Reichstag nur die Aufhebung der allgemeinen Anordnungen der Reichsregierung oder einer Landesregierung oerlangen kann, also nicht die beson- deren, von den einzelnen Beauftragten der Diktaturgewalt erlassenen Verfügungen(z. B. Verhaftungen, Auflösung von Parteien usw.!). Und wenn der Reichstag das Verlangen nach Aufhebung gestellt hat, dann sollen— wider den klaren Wortlaut der Verfassung— die Ausnahmeverordnungen nicht etwa damit ausgehoben sein, sondern der St a a t s g e r i ch t s h o f soll in dem Fall des Konfliktes zwischen Reichstag und Reichspräsident oder Landesregierung über die Aus- Hebung einer allgemeinen Verordnung'ntscheiden. Darüber aber, was geschehen soll, wenn der Reichstag nicht versammelt ist oder sich nicht versammeln kann, darüber schweigt der Entwurf. Den „Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung" möchte dieses Gesetz offenbar gänzlich ausschalten. Hier sind die Rechte der in Zeiten der Diktatur doppelt und dreifach notwendigen Volts- Vertretung auf das gröbste vernachlässigt. Aber schlimmer noch: der Entwurf sucht das alte militärische Recht des Kriegs- und Belagerungszustandes wieder herzustellen. Er kennt zwar(§ 16) einen„bürgerlichen Ausnahmezustand", wo der Reichspräsident seine Befugnisse„nicht auf einen Militärbefchlshaber" überträgt, aber auch über dieses weiß der Entwurf nichts weiter zu sagen, al» daß der zivile Beauftragte das Militär zur Hilfeleistung heranholen kann. Kein Wort ist dar- über gesagt, wann der„bürgerliche Ausnahmezustand" zu verhängen ist, wenn der„militärische" nicht angeordnet werden darf. Dieser „militärische Ausnahmezustand"(A IS) steht offensichtlich im Vorder- grund des Entwurfes. Hier sollen die Befugnisse des Roichspräfi« deuten auf einen Militärbefehlshaber übergehen, dem ein„bürger- lichcr Beauftragter" zur Seite gestellt wird. Der soll zwar das Recht der Zustimmung oder das auch der nachträglichen Genehmigung oder auch der Wiederaufhebung von„Weisungen" des Militärbefehls- Habers haben, aber darunter find seine Einzelverfügungen(z. B. Verhaftung von Partei- oder Gewerkschaftsfunktionären eines Ortes) offensichtlich nicht verstanden. Auf jeden Fall sind die Befugnisse des„bürgerlichen Beauftragten" so unklar definiert, daß Gegensätzen und Zwistigkeiten in der vollziehenden Gewalt Tür und Tor sich öffnen in einem Augenblick, wo es auf Festigkeit und Entschlußtrait ankommt. Um dem Mißbrauch des Ausnahmezustandes zu steuern, darf es nur einen einzigen, den„bürgerlichen Ausnahmezustand". geben. Die Wiederkehr der Befugnisse der königlichen General- kommandos in Kriegszeitcn ist in der Republik unmöglich. Gerade ein Ausnahmezustand darf nur in die Hand von Bürgern und von Republikanern gelegt werden. Daß der Entwurf an das Recht des Kriegs- und Belagerung»- zustand«? der Militärmonarchie wiederanknüpft, zeigt sich auch in den „Beschränkungen der persönlichen Freiheit". Wieder soll unter der Ueberschrist„Schutzhaftgesetz" die Polizei das Recht erhalten, vorläufige Festnahmen vorzunehmen, auch„wenn ein Schutzhaftbefehl des Veauftragten nicht vorliegt". Und wenn dieser vorliegt, dann ist nur die Annisung der Verwaltungsgerichte gegen die Verhaftung möglich. Also keine sofortige Verhandlung Uber eine Haft, sondern wochenlanger, wenn nicht monatelanger Kampf vor den zwei Instanzen nicht der ordentlichen, sondern der Verwaltungsgerichte. Und über Beschwerden gegen die Verfügungen der militärischen oder bürgerlichen Beauf- tragten ist entscheidend der Vorgesetzte(ß 18): Beim„militärischen" Ausnahmezustand also soll der Reichswehrminister, beim„bürger- lichen" soll der Reichsminister des Innern über die Beschwerde ent» scheiden, die gegen seine Untergebenen oder Beauj- tragten erhoben werden. Gerade in außerordentlichen Zeiten aber hat die obere Instanz die untere zu decken, auf deren Gehorsam sie ja beruht. So ist weder das Haftbeschwcrdeverfahren (Artikel 21) noch das Reichsbeschwerdeverfahren(Ar- tikel 18) ausreichend, um die Frciheitsrechte der Bürger zu schützen. Der Rcserentenentwurf zu Artikel 48 der Reichsverfassung ist unmöglich. Cr mag die Ausübung der Diktaturgewalt gewährleisten. Aber er tut nichts, um den ins Un recht zu setzen, der sie m i ß b r a u cht. Statt die Gefahr des Ausnahmezustandes zu ver- ringern, verleitet er dazu, ihn zu wesensfremden Zwecken zu miß. brauchen. Er ist reaktionär und militaristisch: ein Schlag ins Gesicht der sozialen Demokratie. »Nur ein Referenten entwürfe In später Nachtstunde meldet WTB., daß der hier besprochen« Entwurf„nur«in Referentenentwurf" sei.„Die gesetzgeberischen Vor- arbeiten zu dieser Materie", sagt die Meldung weiter,„sind gegenwärtig nur soweit gediehen, daß zwischen den beteiligten Reichsministerien Besprechungen und Verhandlungen eingeleitet sind. Um für diese Besprechungen«inen Anhalt zu schassen, ist vom Reichs- Ministerium des Innern«In Referentenentwurf zur Ver- fügung gestellt worden. Von dem Ergebnis der Besprechungen zwischen den beteiligten Reichsministerien wird es abhängen, welche Gestalt der vom Reichsminiftertum des Innern vorzulegende Gesetz- entwurf erhallen wird. Die Reichsregierung als solche hat bisher keine Gelegenheit gehabt, sich mit der Frag« zu befassen, da das Reichsministerium des Innern einen Gesetzentwurf auch dem Kabinett bisher nicht vorgelegt hat." Dazu sei bemerkt, daß dieser Entwurf als„Anhalt" für Be- sprechungen der beteiligten Ressorts beklagenswert ist. Wertvoll ist er höchstens nach der negativen Seite, indem er zeigt, wie das Gesetz »icht aussehen darf.