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FRANKFURT/M.
von öer Aufbereitung unö Veredlung der Kohle. Die Ferugaspläne des Kohlensyndikats.
Nach der Erkenntnis ihrer Nutzbarkeit wurde die K oh l e wähl- los der verzehrenden Glut des Feuers übergeben. Das geschieht nun längst nicht mehr. Bei der Steinkohle wurde eine Sorten- e i n t c i l u n g nach Gasflamme-, Gas-. Fett- und Magerkohle durchgeführt. Dann schloß sich die Errichtung van S e p a r a t i o n s» und Wäscheanlagen an. Mit der Separierung wird � die Größeneinteilung von den gröbsten Stücken bis zur feinsten Staub- kohle erreicht. Die Wäsche dient der Bereinigung der Kohle. Durch diese Aufbereitungen wird ihre Nutzbarkeit für alle Zwecke erhöht. Die Braunkohle ist eine wesentlich jüngere Kohlenart. Sic enthält große Anteile flüchtiger Bestandteile und kann daher im Urzustand nicht als gleichwertig mit der Steinkohle verglichen werden. Die größten Mengen der Braunkohlcnproduktion werden zu Briketts verarbeitet. In dieser Verfassung ist sie ein beliebtes und handliches Feuerungsmittel im Hausbrand. Auch Magerstein- kohlenstaub wird durch Beigabe von Pech als Bindemittel zu Briketts mit hochwertigen Heizgraden verarbeitet. Seitdem sich auf dem Gebiete der Kohlenforschung ein Stadium des Fortschritts dem anderen anschloß und immer neu« Verwen- dungsmöglichkeiten dabei erkannt wurden, muß der Satz gelten: „Die Kohle ist nicht nur zum verbrennen dal" Zuviel wertvolle Stoffe, die dringend benötigt werden, gehen, wenn die Kohle als Energie- und Wärmeerzeuger nur in ihrem Urzustand verfeuert wird, nutzlos verloren. Die erste Aufbereitung der Steinkohl« für besondere Zwecke wurde mit der trockenen Destillation, mit der Verkokung, be- gönnen. Die Holzkohle wurde von der Steinkohle in der Form von Koks be: der Eisenverhüttung abgelöst. Die bei der Holzkohlenerzeugung gesammelten Erfahrungen wurden auf die Steinkohle zur Koksgewinnung übertragen. Die Kohle wurde kunft- gerecht auf Haufen geschüttet, möglichst lustdicht mit Erde abgeschlossen und zur Entzündung gebracht, wobei dann keine verzehrende Flamme, sondern nur eine gasende Glut entstehen tonnte. So wurde die Kohle von dem ihr innewohcnden Gase befreit, also ver- kokt. Die Gase entströmten ungenutzt. Das Koksausbringen ent- sprach nicht im entferntesten dem Kohleneinsatz. Man ging dann auch schon um 183l) herum zum Vau von Koksöfen. den sogenannten Bienentorböfen über. Auch dabei entströmten die Gase noch ungenützt. Erst nach 1 8 S 0 gelang der Bau von Lesen, die einen wert- vollen Kols lieferten und das Absaugen der aus der Kohle ent- strömenden Gase ermöglichten. Daraus wurden dann begehrte Nebenprodukt» gewonnen. Im Zcltenlauf sind die Kokereianlagen zu höchster technischer Vollkommenheit entwickelt worden. Ihre Ren- tabilität ist unbestritten, sofern es gelingt, für ein Hauptprodukt, für Koks, ausreichende Verwendung zu finden. Im Rahmen eines kurzen Aussatzes kann nur mit wenigen Sätzen auf die technische Seite einer Kotereianlage eingegangen werden. Eine Koksofenbatterie besteht aus 100 schmalen, längsseitig miteinander verbundenen Ofenkammern. Durch den Boden und die Seitenwände gehen die Heizkanäle. Das bei der Kohlen- garung entstehende Gas wird abgesaugt und abgekühlt und dann werden ihm die wertvollen chemischen Stofse entnommen. Falls das dann„gereinigte" Gas nicht zu anderweitiger Verwendung gelangt, wird es zurückgeleitet und zur Erhitzung der Kokerei- anlagen verwandt. Zur Koksbereitung sind Temperaturen von mehr als 1l)l)0 Grad Celsius erforderlich. Die Zeit, während welcher aus der in die Ofenkammern eingeführten Kohle ein brauchbarer guter Koke wird, ist verschieden lang. Sie dürft« im Mittel 25 Stunden betragen. Sie wird sehr beeinflußt von der Größe der Oefen. Bei schmalen Ofenkammern kann die Garungszeit wesentlich kürzer sein. Sie wird auch u. a. bestimmt von der Feuer- festigkeit und Wärmeleitfähigkeit der Ofcnbaumaterialien. In der Hauptsache wird bei diesem Entgasungsverfahren Koks erzeugt. Eine Tonne gasreicher Kohle bringt 750 bis 800 Kilogramm Koks, 300 bis 350 Kubikmeter Gas und 30 bis 50 Kilogramm Teere, Oele und Chemikalien. Koks wird aber in Deutschland nicht mehr in den Mengen gebraucht wie einst. Einmal ist die Lothringer Eisenindustrie al» großer Koksvcrbraucher aus dem deutschen Staats-
verband geschieden und an ein anderes Land übergegangen. Dieses, F r a n k r e i ch, hat seine Kokserzeugung zur eigenen Bedarfsdeckung sehr erhöhen können. Es führt sogar, sofern die Eigenproduktion nicht ausreichend Ist, zur Verkokung geeignete Kohle ein, um sie zu Koks zu oerarbeiten. Die Möglichkeit, hochwertige Nebenprodukte dabei zu gewinnen, gibt noch besondere Veranlassung dazu. Die Nebenproduttengewinnung aus der Kohle ist eine K o k s a b s a tz- frage geworden. Ist für dieses Hauptprodukt nicht ge- nügender Absatz, dann ist das Verfahren unwirtschaftlich. Hier wird nach einer Lösung gesucht. In der letzten Mitgliederversammlung des Rheinisch-West- fälifchen Kohlensydikats wurde beschlossen, eine Aktiengesellschaft für Kohlenverwertung zu gründen. In der ersten Veröffentlichung, die der Beschlußfassung folgte, wurde gesagt, daß der Zweck der Gesellschaft sei, ein gemein» sames Vorgehen auf dem Gebiet der Kohlenverwendung und Kohlen- Veredelung anzustreben. Zur Verbesserung der Absatzmöglichkeiten sollen in erster Linie f e st e und schwer verkäufliche Brennstoffe in andere Energiearten umgewandelt werden. Di« Gründung der Gesellschaft ist Inzwischen erfolgt. Dem. was nach der Gründung bekanntgeworden ist, kann ent- nommen werden, daß auf erhöhten Soksverbrauch lm Zusammenhang mit der Ferngasversorgung abgezielt wird. Man beabsichtigt, die bei der Kohlenverkokung ent- stehenden Gase in Sammelbehältern zu erfassen und durch Fern- leitungen größeren Städten und Verbrauchern zuzuführen, anstatt sie wie bisher in großem Ausmaß zur Erhitzung der Kokereien zu be- nutzen. Hingegen soll ein Teil des entfallenden Koks, man rechnet mit l5 Proz., zur Gewinnung von Schwachgas(Generatorengas, Wassergas) in Verwendung genommen und dieses der Erhitzung der Kokereien dienstbar gemacht werden. Die beiden aus den Plänen der Gesellschaft herausgegriffenen Probleme, an deren Durchführung zuerst gedacht ist, stehen und fallen miteinander. Welche Aussichten ergeben sich nach der eventuellen Durch- führung dieser Pläne? Es würden sich in den Städten, die sich der Ferngasversorgung anschließen, eigene Gaserzeugungsanstalten erübrigen und deren Kokserzeugung fortfallen. Eine stärkere Koks- nachfrage müßte sich als Rückwirkung bei den Bergwerken ein- stellen. Die städtischen Gasbehälter und Leitungen zu den Kleinvcr- brauchern würden weiter notwendig sein. Anstatt Kohle wie bisher, würden dann die Städte direkt verwendungefertiges Gas beziehen. Es ist versucht worden, das Problem in kurzen Strichen dar- zustellen, ohne zunächst eigene Schlüsse zu ziehen. Entscheidend wird für den Erfolg der neuen Bestrebungen sein, ob sich der Gas- bezug beim Verbraucher verbilligt. Das ist sehr wohl denkbar. Wird es der Fall sein, dann wird die Ferngasversorgung marschieren auch über Bedenken hinweg, die schon verschiedentlich zu hören waren. Heinrich L ö s f l e r. West- unü Süüüeutsche Elektroinöuftrie. Zu den Abschlüssen des RWE. und Lahmeycr-Konzern. Di« westdeutsche und süddeutsche Krafterzeugung und Kraft- Versorgung wächst immer stärker zu einem einheitlichen Netz zusammen. Die weiße Kohl« Bayerns , Württembergs und Badens hat der schwarzen des Ruhr- und Rheingebiets über die Main- l i n i e bereits die Hand gereicht. Privatkapitalistisch« und öffentliche Inter- essen sind im ganzen Gebiet von Holland bis an die Alpen , von der Saar bis an die Elbe fast unentwirrbar miteinander ver- koppelt und teilweise scharf gegeneinander gestellt. Der private Lahmeyer- Konzern Frankfurt , der zugleich mit Staat und Provinz Hessen sowie der A. glied zwischen Nord und Westfälischen Elek deutschland. Dieser zu drei Viertel von Kommunalverbönden, Pro- vinzen lind Ländern beherrscht« Elektrotrust treibt stärkste Expansions- Politik Hand in Hand mit privatkapitalistischen Konzernen: sein Auf-
sichtsratsvorsitzender Vogler Ist zugleich zweiter Vorsitzender im Lahmeyer-Konzern und erster Vorsitzender in d«r A.-G. für Energie- wirtfchaft-Berlin ! es ist wahrscheinlich, daß das RWE. und die Rheinische A.-G. für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation bald eng zusammengehen werden und daß auch Dr. Silverberg an führender Stelle in den Aufsichtsrat des RWE.«intreten wird. Von Lahmeyer läuft die Verbindung einmal zum AEG.-Konzern, dann aber auch zur schweren Ruhrindustrie. Massenhafte Konflikstoffe sind hinter diesen Finanz- und Personal- verkoppelungen verborgen. Die bekannte Bevorzugung der Industrie kraftbelieferung durch das RWE. ist dafür ein Anzeichen. Außerdem gibt die Tatsache, daß das RWE. die derzeit größte Gasfernversorgungsanlage hat, gerade für die neueste Entwicklung der Kohleoerwertung zu denken. In diesem Umkreis sind die Geschäftsbericht« des RWE. und des Lahmeyer-Konzerns zu würdigen. Expansion und schärfster Ausbau des Höchstspannungs- und Verteilungs- Netzes sind bei dem RWE. für 1S2S/1926-hcirakteristisch. Neue 172 Kilometer 100 000-Voltleistungen wurden in Betrieb genommen und weiter« 130 Kilometer sind im Bau. Die Masten der großen 220 OOO-Bolt- Süd leistung standen Ende Juni bis zum Main , in Kürze wird«in« andere Leitung(100 000 Volt) bis Rheinau bei Vi a n n h e i m in Betrieb genommen. Fortsetzung bis Heilbronn (Großkraftwerk Württemberg) und, nach der vorjährigen Aschaffen- burger Verbindung mit dem Alpen-Bayernwerk, der Zusammenschluß über Großkraftwerk Württemberg und über Badenwerk mit den vorarlbcrgischen, oberrheinischen und Schweizer Wasserkräften ist geplant.„Es wird dadurch eine verzweigte und außerordentlich leistungsfähig« Verbindung des dichten Konsum gebietes von Rheinland und Westfalen und des K o h l e n- stromes mit süddeutschen und alpinen Wasserkräften geschaffen", so heißt es im Geschäftsbericht. Di« finanzielle(zugleich Strvmabsatz-) Expansion richtet sich in der Hauptsache auf das Nahc-Mosel-Saär- gebiet. Folgende Erwerbungen kennzeichnen sie: verschiedene Aktien- pakete der Rheinischen Elektrizitäts-A.-G.-Mannheim mit Licht« und Kraftwerke Moselkreis-Bernkastel, an die sich mehrere Strvmliefe- rungsverträge des Mosel - und Saargebiets und des Wonnfer Ge- biets knüpfen, das Kraftwerk Bingen , der Rhein-Nahe-Kraftver- sorgungs-A.-G.-Kreuznach und der Oberstein-Jdarer Elektrizitäts- A.-G. Idar. Pachtverträg« mit dem Saarkreis Mettlach und der Dreiviertel-Majoritätskauf der Braunschweigischen Kohlenbergwerke- A.-G.-Helmstedt(zusammen mit Reichs- Elektrizitätswerke A.-G.) wurden bei dieser Expansion schon Reibungspunkt« mit der preußischen Elektrowirtschaft, die durch den Paketverkauf Preußens von Stinnes im RWE. übrigens auch direkten Einfluß hat. Ob hinter dem gemeldeten(kaum aber großen) Paketverkauf von RWE.-Aktien durch die European-Shares-Co. besondere Absichten verborgen sind, ist schwer zu sagen. Zum mindesten soll keine Aussichtsratsvertretung vorgesehen sein. Ueber die Entwicklung des RWE. im letzten Jahr noch folgender statistischer Aufriß: 1924 25 1923/28 Nutzbare Stromabgabe.,. 1 038 1 083 Mill.K.-Wattst. Lichlabsatz........ 02 75,, GcsamteStrom abgab« 1 100 1 158„ Gesamtleistung der Zentralen. 475 000 473 000 K. W. Gaefern Versorgung (Abgabe)........ 61,56 09.63 Mi ll. Kubikmtr. Betriebsgewinn... 80,00 37.34 Mill. Mark BerwaltungSkosten und Zinsen 7,26 13,77„, Abschreibungen...... 10,71 11.35,, Reingewinn..... 12,03 12,04,, Anlagen und Betriebswert.. 207.51 249,98,, Beteiligungen.... 68,88 89,05,, Kapital und Reserven.... 170,39 170,39,, AbschreibungSsondS. 101,24 111,72,, Anleihen(ohne VorkriegSanl.)— 41,16„, Bilanzsumme....... 819,18 884,88». HiNjer der betrieblichen und finanziellen Expansionspolitik(siehe Beteiligungskonto) tritt die Steigerung der unmittelbaren Betriebs- l e i st u n g(wohl auch durch Krisenwirkungen) deutlich zurück. Kaum verzeihliche Mängel sind bei diesem gemischt-wirtschaftlichen, aber öffentlich beherrschten Werk die Nichtspezialisierung der Be- teiligungen und der äußerst summarische Charakter der Bilanz, und Gewinnrechnung, die sämtlich« Anlagen und sämtlich« Unkosten in je einem Posten ausweisen. Der Reingewinn scheint zur Stabilisierung der Dividende errechnet. Die Dividende beträgt wie im Vorjahr auf die 4,4 Millionen Namenaktien(ganz in öffentlicher Hand mit 220 000 Stimmen) 12 Proz., auf die 135,0 Millionen Stammaktien in öffentlicher Hand) 8 Proz. In dem Bericht des L ah m« y er- K o n z« r n s, der seine 8prozentlge Vorjahrdioidend« auf das 18-Millionen-Stammkapital aus SProz. erhöht hat, sind die etwas erweiterten Beteiligungen zwar aufgezählt, aber nicht der Größe nach gekennzeichnet. Für die