Die Jememoröe in öer Schwarzen Reichswehr. Der erste Prozetz beendet.— Zwei Jahre Gefängnis für einen Giftmordversuch.
Las Schwurgericht in Landsberg a. d. W. hat den ersten der vier Feinetnordprozesse durchgeführt. Die Verhandlung hat in voller Oeffentlichkeit stattgefunden. Der Antrag der Verteidiger, die Oeffentlichkeit wegen Gefährdung der Staats- sicherhett auszuschließen, ist vom Gericht abgelehnt worden. Der Versuch, das Gericht zum Ausfchluß der Oeffcntl'chkeit zu bewegen, wurde wiederholt vom Vertreter der Reichswehr , dem früheren Kommandanten von Küstrin , Oberst G u d o- v i u s, gemacht. Der Vorsitzende stellte fest, daß der Antrag des Obersten Gudovius eigener Initiative, nicht einer An- Weisung des Reichswehrministeriums entsprach. Der Oberstaatsanwalt hat darauf verwiesen, daß dem Ausland läng st bekannt sei, was Zeugen und An- geklagte aussagen könnten. Das trifft die Sachlage. Man hat aus den Aussagen erfahren, was längst als historische Tatsache bekannt ist: es hat eine Schwarze Reichswehr gegeben, die schamhaft unter dem Namen„Ärbeitskommandos" g°ng. Sie war bewaffnet, sie unterstand dem Befehl und der D sziplinarzucht der Reichswehr . Sie war ein Organ des innerpolitischen Kampfes und der außenpolitischen Illusionen. Zwei deutliche Richtpunkte wurden in den Aussagen gegeben. Man hörte das Wort: unsere Feinde, und auch, was man in diesen Formationen darunter verstand: einmal die K o m- m u n i st e n. em anderes Mal Polen. Diese Schwarze Reichswehr ist historische Tatsache, die dem Ausland aufs genaueste bekannt ist. Die Forderung, bei jeder Erwähnung dieser Formation in einer Gerichtsverhand- lung die Oeffentlichkeit wegen„Gefährdung der Staatssicher- heit" auszuschließen, ist lediglich geeigne! den Perdacht her- vorzurufen, als handle es sich nicht um Vergangenes, sondern um eine noch bestehende Formation. Es muß mit größter Schärfe festgestellt werden: nicht die öffentliche Verhandlung über die ungesetzlichen Formationen der Schwarzen Reichs- wehr von 192Z, sondern die Versuche, die Oeffentlichkeit der Verhandlung auszuschließen, gekährden die außenpolitischen Interessen der deutschen Republik. Es ist zu begrüßen, daß Gericht und Oberstaatsanwalt gegenüber den Versuchen der Verteidigung und gegenüber der Einmischung eines auf eigene Faust politisierenden Ossi- ziers an der Oeffentlichkeit festgehalten haben. Die erste Verhandlung giht nur erst einen kleinen Einblick in die Zusammenhänge. Aber dieser Einblick genügt schon, um die Atmosphäre zu erkennen, aus der die Fememorde geboren wurden. Es waren zusammengewürfelte Haufen, diese Formationen und sittlich minderwertige Ele- m e n t« züchteten darin die Gesinnung des Fememordes. » L. 8. eandsberg, 2S. Oktober. Vach der Vernehmung des An- geklagten Buchholz wurde dann der Angeklagte Rathsmann vernommen, der als Gehilfe in einer Drogerie in Küstrin tätig war. Er wollt« zunächst ausführlich erzählen, wie er einen Freund in Küstrin in Reichswehruniform getroffen habe, der ihm aber erzählt habe, daß er nicht bei der richtigen Reichswehr sei. Der vorsißende ermahnte ihn jedoch, mit seinen Aussagen nicht so weit zu gehen, sondern gleich zu erklären, was er zu der Giftmord- fache aussagen könne. Der Angeklagte schilderte dann, daß T h o m .xines Morgens früh an sein Bett gekommen sei. Thom habe sehr geschiwpst, weil Janke die Munition an die Kommunisten verschieben wollte und hätte schließlich erklärt:„Der Kerl muß um die Ecke gebrocht werden.' Rothsmann will darauf erwidert haben, die Aburteilung Iankes sei doch wohl Sache des Ge- r i ch t s. Aber Thom habe erwidert, es sei besser, wenn die Gerichts sich nicht damit befaßten, und wenn klanke vorder verschwinde. Iu diesem Zwecke müsse Rothemann Gift verschassen.„Ich weigerte mich, denn ich war mit Ianke befreundet und wollte mich auch nicht darauf einlassen, um nicht meine Karriere aufs Spiel zu setzen. Aber T h o m ließ nicht locker, wurde ganz wütend, hob die Faust drohend hoch und sagt«:.Wenn Du das(Bist nicht gibst, dann--" Dann brach er ab, aber ich oerstand, daß er mir dann bestimmt keine Zuckerplätzchen geben würde. Ich ließ mir die Sache also durch den Kopf gehen und ließ mich auch schließlich einschüchtern, weil ich befürchten mußte, daß ich als unbequemer Rlilwisfer meines Lebens nicht mehr sicher wäre. Vors.: Nun versuchen Sie mal nicht, alle Schuld auf Thom ab- zuschieben. Waren Sie nicht selbst über Iankes Verrat empört? Außerdem hätten Sie nur sagen brauchen, Ihr Chef hätte das Gift eingeschlossen und Sie könnten nicht heran. Angekl.: Heut« würde ich vielleicht auch so denken, damals aber war ich ganz verängstigt. Außerdem aber hatten mir Angehörige der Abteilung K. damals gerade geheimnisvoll erzäblt, daß vüschmg in küstrin gewesen sei und daß er zur Geheimen Militärkriminalpolizei gehöre, die die Straffäll« der Abteilung K. aufzuklären habe. Vors.: Also die sogenannte ZNordkommission. Sie waren also so'verängstigt, daß Sie zum Dieb wurden und sich das Gift an- eigneten. Was für ein Gift war es denn? Angekl.: Es war ein starke» Gift. Die Geschäftsschlüssel waren mir allgemein zugängig. Ich packte eine Dosis in Papier, ging zum Geschäftszimmer der Ab- teilung und übergab sie Thom mit dem Bemerken, daß es ein starkes Gift sei, und daß er davon nicht viel zu nehmen brauche. Kurze A<it darauf wurde ich wieder ins Geschäftszimmer bestellt und fand dort den Fähnrich Buchholz mit mehreren onderen vor. Buchholz schimpfte, ich hätte Gift gegeben, das nicht gewirkt habe. Er wolle nun hören, ob ich wirtlich Gift verabreicht oder sie nur an- geführt habe. Bei diesen Worten nahm er eine Vistol*. lud sie vor meinen Auge», fehle sie mir aus die vrust und erklärte:.Wenn Du nicht sogst, ob Du Gifl geoeben hast oder nicht, dann schieße Ich Dich nieder." In meiner Angst sagt ich, ich hätte Gist gegeben und verlangte, daß er die Pistole wegnehme. Darauf sagte Vuchholz:„Es wird sich ja herausstellen. Dann wirst Du sehen, was mit Dir passiert." Am nächsten Tag kam Thom in die Drogerie und verlangte ein stärkeres Gift, weil das erste nicht gewirkt hätte. Ich war so eingeschüchtert, daß ich auf alles einging und gab ihm schließlich ein Stück Zyankali, von der Größe einer Haselnuß. Weiter habe ich nichts in der Sache gehört. Vors.: Sie sind sich doch klar darüber, daß Sie sich dadurch der Mithilfe schuldig gemacht haben? Angekl.: Ja, aber Thom hat mir damals gesagt, wenn etwas herauskomme, übernehme er die ganz« Verantwortung. Ich sagte mir, daß, wenn ich der Polizei Mitteilung machte.!Ä selber um die Ecke gehen würde, denn Thom war ein Fanatiker. hierauf wurde der dritte Angeklagt« Thom vernommen, der eingangs nochmal» die Vergiftung Iankes in allen Einzelheiten schilderte. Ich bin dann zu Klapproth gegangen, der gerode bei uns war und im Mannschostsraum schrieb Wir sprachen über die Er- «igniffe und dabei erzählte mir Klapproth. erhabedenDefehl. Ianke zu erledigen. Man wolle durch Essenverweigerung Ianke aus dem Gefängnis herauslocken und ihn dann wegen Fluchtversuch nteder schießen. Ich bekam einen Schreck und ging fort, froh darüber, daß ich mit der Sache nicht» zu tun hatte. Am Montag abend mußte ich zu Erich Klapproth aus die Stube kommen. wo auch Willy Klapproth war. Erich Klapproth sagte mir ms G-sicht. er hätte den Verdacht, daß ich Ianke gewarnt hätte, «inen Fluchtversuch zu machen. Dann sagt« er mir:„Ich habe nur
den Auftrag, Ianke niederzuschießen, aber ich habe es satt, mich mit dem Kerl herumzuärgern. Da hast ja immer mit Deiner Tapferkeit vor dem Feinde renommiert. Nun zeige Deine Tapserkeit hier. Dar- aus habe ich Klapproth geantwortet, daß ich einen Kameraden nicht ermorden könne und als Antwort lrak KlapprokH drohend ans mich zu. hob seinen schweren Eichenknüppel, den er immer trug und sagte zu mir: „Kennst du den, kannst du schweigen, mein Zunge, und willst du gehorchen." Mir wurde unheimsich und ich sagte„Ja". Da befahl mir Klapp- roth, ich sollte mir Arsenik von dem„roten Drogisten" besorgen upd Ianke ins Essen tun. In Wirklichkeit bin ich dann aber zu Sänke gegangen und habe ihn gewarnt, von dem vergifteten Essen, was ich ihm bringen würde, zu genießen. Der Angeklagte schilderte dann weiter, er habe telephonisch Klapproth das Stichwort gegeben, er könne jetzt kom- men. Nachdem Klapproth mit seinem Bruder eingetroffen war, war man zusammen in das Zimmer Iankes gegangen, wo Klapproch ihn zu seinem größten Erstaunen schlafend vorfand. Auf dem Hofe stellte dann Klapproth mich zur Rede und fragte, ob ich ihm auch wirklich Gift gegeben hätte. Als ich das bejahte, erklärte er:„Wenn du es nicht getan Haft, dann wehe dir, dann kannst du dir deine Knochen zusammensuchen." In meiner Angst bat ich ihn dann, er möchte mir ein stärkeres Gift nennen, und nach einigem Besinnen sagte Klapproth mir dann:„Zyankali." Als ich mich damit einverstanden erklärte, sagte Knapproth:„Ich sehe, du bist doch ein Kerl, du hast Mut." Aber auch das habe ich nur zum Schein getan, um vor Klapproth sicher zu sein. Trotz wiederholter Vorhaltungen des Vorsitzenden biieb der Angeklagte dabei, daß er nur ein Manöver habe inszenieren wollen. Amtsgerichtsrat Lelhmann-Küstrin, der seinerzeit Ianke wegen Munitionsverschiebung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt hat, wurde darüber gehört, ob er sich noch erinnere, ob Ianke seinerzeit dem Gericht Proben de» Giftes übergeben habe, daß ihm beigebracht werden sollte. Der Zeuge kann sich d e r Bor- gäng« jedoch nicht mehr erinnern. Vors.: Herr Amts- gerichtsrat, war Ihnen damals schon bekannt, daß es innerhalb der illegalen Formation eine Feme gab, und daß Leute beseitigt wurden? Zeuge(nach einigem Zögern): Nein. Der Begriff Fememord ist wohl eigentlich erst später entstanden. Mir war er damals zeden- falls ganz unbekannt. Die Gesängnisbeamten Flhner und Schwarzkopf aus Küstrin bekundeten, daß bei der Einlieferung Iankes«in Kuvert mit einem weißen Pulver mit in Ausbewal)ruii� gegeben worden(ei, das den Vermerk Herragen habe:„Angeblich Gift." Jank« habe noch dazu erklärt:„Damit wollten sie mich vergiften" Demgegenüber erklärte Amtsgerichtsrat Leihmann dann noch, es sei möglich, daß Ianke ihm bei seiner Vernehmung gesogt habe, man habe ihm dieses Gift hingelegt, damit er sich selbst damit das Leben nehmen solle.— Um%2 Uhr trat dann eine zweistündtge Mittagspause ein. klapproch als Zeuge. In der NachmiUagssitzuno wurde unter großer Spannung einer der Hauptauge schuldigten, Erich klapprolh, vernommen. Vors.: Herr Klapprolh, der Angeklagte Thom behauptet, er Hab« aus Ihre Veranlassung dem Ianke Gsst in das Essen getan. Zeuge(sehr ruhig): Ich habe ihn dazu nicht oeranlaßt. Vors.: Sie haben doch aber in Küstrin mit Thom über die Munitionsschicbung und dabei auch sicherlich über Ianke gesprochen? Zeuge: Ohne Zweifel, denn Thom und ich sind alte Bekannte.(Erregt.) Wenn er aber sagt, ich hätte ihn zu der Giftmischerei angestiftet, so ist das eine stinkende Lüge. R.>A. kamu Es ist sicher, daß in Küstrin ein iogenanntes Rollkommando zur Verfügung des Oberleutnants Schulz stand. Vielleicht kann uns der Zeuge hierüber näheres sagen, hat Klapproth vielleicht ander« Leute selbst bestrast oder bestrafen lassen, die als Verräter bekannt waren? Vors.: Ich glaube, Herr Rechtsanwalt, diese Fragen gehen doch über die Interessen Ihres Angeklagten hinaus. R.-Ä kann: Der Zeuge hat aber zweifellos selbst zu den Roll- oder Mordkommandos gehört. KlapprokH(mit einer wegwerfenden Handlnewegung): Ausgeschlossen. R.-A. Dr. Sack: Die Frage meines Herrn Mitverteidigers muß ich beanstanden. Vors.: hören Sie mal, Herr Klapprolh, Sie sind doch aber tätlich gegen andere Kameraden vorgegangen, so haben Sie doch zum Beispiel, wie Sie selbst zugeben, den Gädicke mit einem Schlag in der Kasematte zu Boden gestreckt. Zeuge: Mit einem Schlag nicht, aber ich habe einen Mann mit der fzaust hingefunkt. Von größcrem Interesse war dann die anschließende Per- nehmung des jetzigen Schriftleiters und früheren Leutnants Zoharni knüppest deren Bedeutung schon dadurch charakterisiert wurde, daß der Vorsitzende den Zeugen mit den Worten anredete: Ich werde Sie scharf anfassen müssen. Landgenchtsdirektor Weißling fuhr dann fort: Von Ihnen soll das ganze Unglück in Küstrin aus- gegangen sein. Sie haben eine Zeitlang das Arbeitskom- rnanda befehligt, Sie hatten die Leirte auszusuchen und Sie sollen dabei nicht vorsichtig genug gewesen sein. Sie sollen als gebürtige? Frankfurter Landsleute ausgesucht haben, die nicht zuverlässig waren. Waren Sie sich bewußt, daß Sie das Material zu prüfen hatten, damit nicht Leute eingestellt worden, die andere Tendenzen vcrleaten? Zeuge: Ich war bemüht, nur sichere Leute«inzustellen. Selbstverständlich kamen auch Mißgriffe vor, denn man kann nicht in die Seele eines jeden hineinschauen. Auf den Vorhalt des vor- sitzenden, daß die Munilionsschiebung doch«int unangenehme Sache gewesen sei. bemerkte Knüppel, daß gerade die hieran beteiligicn Leute ihm alle besonders zuverlässig geschildert worden seien. Vors.: Wie haben Sie dieser Tat min ein« Sühne verschafft? Zeuge: Das hatte ich ja nicht zu tun, das Vergehen wurde von der Polizei aufgedeckt, und ich wurde von der Kommandantur benach. richtigt. Vors.: Ist nicht Oberleutnant Schulz zum Verhör Iankes nach Küstnn gekommen, hat man Ianke nicht dort degradiert? Zevg«: Jawohl, ich nahm ihn dann im Zeughoj in Arrest, bis über ihn weiter verfügt wurde, was nicht b«> mir lag. Vors.: Sie sollen selbst geäußert haben, der Kerl müsse beseitigt werden. Zeuge([ehr entschieden): Des ist �anz ausgeschlossen, daß ich das gesagt Hab«, das nehm« ich aus meinen Eid. Wenn Ianke behauptet, daß er mir auf dem Wege zum Ge- fängnis von dem Giftmordversuch Kenntnis gegeben hat, dann kann ich nur sagen, ich weiß davon nichts. Wahrscheinlich habe ich auf das Gerede dieses sogenannten Offizier», der für mich nur ein Arrestant war, gar nicht geachtet. Ich hätte auch eine solche Be- merkung gar nicht ernkt genommen, ebensowenig wie die Rederei meiner Leute, die immer zu mir kamen: Leutnant, den Kerl müssen mir doch bestrafen, der muß seine Abveibung kriege». Vors.: Wehren Sie sich nur gut, es ist Ihr gutes Reckt. Der Zeuge, der übrigens dem Angeklagten Thom ein sehr gutes Zeugnis ausstellt, betonte dann nochmals, daß die Tat nach seiner Auffassung in einem durch begreiflich« Erregung ge- schürten Uebe reifer geschehen sei und nicht im Auftroge irgendwelcher Personen. Aus die Frage de» Vorsitzenden, w e»- halb sich der v o r f ü h r u n g» b e s« h l des Ianke vor Gericht verzögert habe, bemerkte Rechtsanwalt Sack, daß man sich doch in Küstrin geniert habe, einen Pionierleutnant in voller Uniform nach dem Gerichtsgefängnis zu überführen. Der Zeuge Knüppel bestätigte diese Auffassung und sagte, er habe seinerzeit mit Hauptmann Lindig(dem Adjutanten de» Oberst Gadovlu») über diese Frage gesprochen, und man habe dann den erwähnten Ausweg gefunden, daß Ianke zunächst bei der Abteilung in Arrest genommen werde.
Dann wurde der Arbeiter Zinker-Berlln, seinerzeck Ordennau� beim Arbeitskommaudo in Küstrin , verhört. Der Zeug« berichtete: Thom kam�zu mir und gab mir ein Päckchen mit eineui Pulver, das er als evtrychnin bezeichnete. Das Gist sollte ich in das Essen von Ianke schütten. Es gelang mir jedoch, die Aufmerksamkeit Thoms abzusenken. So schüttete ich nur ganz wenig von dem Gtst in das Essen. Die Menge wirkte natürlich nicht. Ich ging dann zu Ianke und jagte ihm, daß er vergiftet werden sollte und forderte ihn auf, zu entfliehen. Ianke glaubte mir nicht, lachte mich aus und meinte, es könne ihm nichts passieren, da er doch ins Gerichtsgefängnis komme. Vors.: Sie haben durch Ihre Handlungsweise großes Unheil verhütet. Wes- halb haben Sie sich nicht einfach Thom gegenüber geweigert, Gift in das Essen zu schütten? Zeuge: Dann hätte Thom«inen anderen Mann beauftragt, der auch wirklich das Gist ins Essen getan hätte, denn Thom gab mir am nächsten Tag ein Stück Zyankali, das ich, in Wasser aitsgelöst, wieder Ianke ins Essen schütten sollte. Unter großer Spannung im ganzen Saal wurde darauf der Zeuge Richard Zanke aufgerufen. Vors.: Sie haben beim Arbeits- kommando in Küstrin Munition verschoben, weil Sie kein E(eld hatten? Zeuge: Jawohl. Ich wurde dann verhaftet und zum Per- hör yi Oberleutnant Schulz gebracht, wo auch noch andere Offiziere und Unteroffiziere anwesend waren. Nach dem verhör wurde ich degradiert. Als man mir die Tressen abriß, stürmten K l a p p r o t h und B ü s ch i n a vor und wollten sich auf mich werfen. Schulz erklärte jedoch, das könne man im Interesse der Disziplin nicht dulden. Dann kam ich in Arrest, wo ich vergiftet werden sollte. Vors.: hat der Angeklagte Thom Sie gewarnt, kein vergiftetes Essen zu berühren? Zeuge: Ich habe Thom überhaupt nicht gesprochen, lediglich die Ordonnanz Zinter hat mich gewarnt. Ich lachte ihn erst aus, weil ich an ein solches verbrechen nicht glauben konnte und war erst überzeugt, als Zinter mir den Rest des Giftpuwers übergab. Vors.: hat Zinter Ihnen gesagt, daß Sie erschossen werden sollten? Zeug«: Jawohl. Ober- staaksanwalt: Sie haben doch auch dem Leutnant Knüppel von dem Giftmordversuch erzählt, was hat er denn dazu gesagt? Zeuge: E r meinte, er hätte so etwas verboten. Ver Neichswehr-Sachverftänöige. Unter allgemeiner Spannung wurde dann der frühere Kommen. dank von küstrin . Oberst Gudovius ausgerufen, der sich vor seiner Vereidigung zunächst danach erkundigte, ob er als Zeug« oder Sach- verständiger auszusagen Hab«. Der Vorsitzende bemerkte hierzu, daß er in beiden Eigenschaften Aussagen machen mühte, und zwar habe der Reichswehrminister sllr ihn und seinen früheren Adjutanten Hauptmann Lindig die Genehmigung zur Auslage über Oberleutnant Schulz, ferner über die Befehls- Verhältnisse bei den Arbeilskommandoe und über da» militärisch« Dienstverhältni» zur Abtet- lung K. erteilt. Als Sachverständiger werde er nur über kleiner« militärische Fragen auszusagen haben, Aufstellung von Posten usw. Vors.: Persönlich möchte ich Sie fragen: Herr Oberst, welch« Möglich- ketten hatte Thom, wenn es richtig war, daß ihn Klapproth zwang. etwas Unrichtiges zu tun, diesem aus dem Wege zu gehen? Zeuge Oberst Gudovius: Thom war, wie alle Angehörigen des Kommandos, A r be i t s a n g est e l l t e r. Diese Leute waren keine Sol- d a t e n, sie waren natürlich Untergebene von mir, dem Kommandanten, und sie waren auch selbstverständlich zu einer gewissen militärischen Organisation zusammen- g e st e j j t, um Ordnung unter ihnen zu halten. Thom hätte als» entweder seinem Vorsteher, Leutnant Knüppel, oder einem anderen Offizier Meldung erstatten müssen. Wenn dieser Fall nicht sofort zur Entlassung von Arbeitern geführt lzaben würde, dann hätte Knüppel die Angelegenheit bei meinem Adjutanten oder mir zur Sprache bringen können. Diese ganzen Vorgänge sind mir ihren Daten nach mcht mehr genau m Erinnerung. Schließlich war die Mumtionsverschiebung damals noch nicht von so großer Bedeutung, wie nach den späteren Vorgängen Natürlich war es ein schweres Vergehen, das entweder durch Entlassung oder durch gerichtliche Versolgung zu jühnen war. Knüppel hatte die vorläufige Festnahme"des Ianke verfügr, wovon ich später Meldung crhlelr. Ich war völlig einverstanden mtt dieser Maßnahme. Oberstaatsanwalt: Früher haben Sie ausgesagt, Herr Oberst, die an der Schiebung beteiligten Leute hätten festgenommen und dem Gericht vorgeführt werden müssen. Zeuge: Ich habe die vorläufig« Festnahme des Ianke durch Leutnant Knüppel nachträglich gebilligt. R.-A. Dr. Sack: Hatte man nicht Bedenken, einen Offizier ins Gefängnis zu bringen? Zeuge: Ja. Es spielten verschiedene Fragen dabei eine Rolle, auch die, ob man überhaupt ein« gericht« liche Versolgung aus außenpolitischen Gründen durchführen sollte, zumal Zweifel daran bestanden, ob darüber öffentlich oder in geschlossener Sitzung verhandelt würde. Erst spater sind mir gewisse Zusicherungen darüber gemacht worden. Nach einer kurzen Pause ergriff dann Oberstaatsanwalt Rohr- lack das Wort zur Anklagerede Er beantragte gegen Thom wegen versuchten Mordes 4 ZflHre Zuchthaus, gegen Rathsmann wegen Beihilfe Z Zahre Zuchthaus und gegen Vuchholz wegen Bedrohung 6 Monats Gefängnis. Die Untersuchungshaft beantragte er ollen drei Angeklagten in voller höhe anzurechnen. Hierauf begannen die Plädoyors der Verteidiger vas Urteil. Kurz nach 9 Uhr abends erschien der Gerichtshof wieder im Saal und Landgerichtsdirektor Weßling verkündete folgendes Urteil: „Der Angeklagte Thom wird wegen versuchter Tötung und der AngeNazste Rakhsmanu wegen Beihilfe zu dfcsan Verbrechen jeder zu einer Gefängnis st rafe von Zwei Zahre« verurteilt. Dem Angeklagten Thom werden 7 Monate, dem Angeklagten Ralhsmann 10 Monate der erlittenen Untersuchung». Haft auf die Strafe angerechnet, ver Angeklagte Vuchholz wird wegen Bedrohung mit einem verbrechen zu 1 Monat Ge- fängnis verurteilt, welch« Straf « durch die erlittene Unter- suchung»haft als verbüßt angesehen wird. Die Angeklagte« werden außerdem zu den Soften de» verfahren» verurteilt.
Die Tirpitz-flkten. Eine„Berichtigung" in» Tirpitz-Ttil. Anläßlich der neuesten schriftstellerischen Leistungen de» Herrn Großadmirals von Terpitz teilten wir mit. daß ein Kapitän zur See «. D. W i d e n m a n n amtliche Akten an sich genommen und Tirpitz zur Verfügung gestellt habe. Dieser nur als Helfershelfer von Tirpitz interessante Herr läßt uns eine Berichtigung zugehen, die zu verSffentlichen wir keinen Anlaß hoben, weil sie den Bor. schrifien des Pressegesetzes nicht nachkommt. Was aber den InHall der Zuschrift anbelangt, so ist er ein charakteristisches Erzeugni» der Tirpitzschen Schule. Er leugnet ein« Nebensächlichkeit ab, um die Hauptsach« zu verschweigen. Herr Widenmanu bestreitet nämlich nur, Akten des Reichswehr - Ministeriums an sich genommen zu haben. Er will damii also zugeben, daß es Akten des Marinearchivs gewesen sind, die er dem Großadmiral in dir Hände gespielt hat. Herr Widenmann war unter Tirpitz Chef der Nachrichtenstelle de» Reichsmarineamts .