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Klapproth unö Schulz vor Gericht. Der Prozeß gegen die Mordkommission. Es wird öffentlich verhandelt.

B. S. Landsberg , 26. Oktober, fjeut« vormittog um 9 Uhr be- gtmn vor dem Schwurgericht der zweite Fememordprozeß, in dem sich der Landwirt Erich Slapprolh, der Kaufmann Johann Hayn und der frühere Oberleutnant, Direktor Paul Schulz zu oer- antworten hatten. Dem Angeklagten Klopproth wird zur Last gelegt, daß er den Zeitfreiwilligen Feldwebel G ü d i c? e in der Kasematte zu Küstrin zu töten versucht Hab«, wobei der Angeschuldigte Hayn ihm Hilf« geleistet haben soll. Oberleutnant Schulz wird dagegen beschuldigt, Klapproth zu der von ihm begangenen strafbaren Handlung durch Mißbrauch seines Ansehens oder andere Mittel vor- sätzlich bestimmt zu haben. Es handelt sich bei der heutigen Verhandlung um denselben Prozetzstosf, der gestern schon das Gericht beschäftigt hat, nämlich um die Folgen, die die Munitionsschiebung des Leutnants Lank«, des Feldwebels Geidiete und des Zeitfreiwilligen Ball« gehabt haben. Während gestern der Giftmordversuch an dem Leutnant Lanke erledigt wurde, soll nun heut« der Mordversuch an dem Feldwebel Gädicke aufgeklärt werden. Der frühere Feldwebel Gädicke hat sich diesem Verfahren gegen die Angeklagten als Nebenkläger angeschlossen und wird in der heutigen Verhandlung durch Rechtsanwalt Falkenfeld aus Frankfurt a.d. O. und Rechtsanwall Dr. Löwenthal-Berlin vertreten. Kurz nach 9 Hh'- erschienen die drei Angeklagten, von denen kilapproth und Schulz aus der Haft vorgeführt wurden, im Saal. Vor Eintritt in die eigentlich« Verhandlung kam es zunächst zu einem kleinen Zwischenspiel, aus dem beinahe ein Zwischenfall geworden wäre. keine Zufammenziehung öer verfahren. Der Vertreter des Nebenklägers, Dr. Löwenthal, stellte nach mehrmaliger Ablehnung im Vorverfahren den Antrag, die heutig« Verhandlung Klapproth und Genossen mit der Sache Schiburr und Genossen(Mord an Gröschke) zusammenzuziehen. Diese Maßnahm« sei un- bedingt erforderlich, um Klapproth und Schulz zu überführen, und zwar durch die Feststellung, inwieweit sie auch in anderen Fällen der ihnen heute zur Last gelegten Tat beteiligt seien. Gädicke habe als Nebenkläger an ihrer Ueberführung«in Interesse. Wenn heute Klapproth und Schulz ssch weiter aufs Leugnen legen würden, so könnten sie dies weniger erfolgreich tun, wenn auch der Mordprozeß Schiburr und Genossen mitherangezogen werde. Sachliche Gründe für eine Ablehnung dieses Antrages seien nicht vorhanden. Der Obersiaaksanwoll widersprach diesem Antrage mit dem Hinweis, daß diese Frage von Staatsanwaltschaft und Gericht be- reit» eingehend geprüft und übereinstimmend abgelehnt worden sei. In der gestrigen Verhandlung habe sich zudem gezeigt, daß das Belastungsmaterial gegen Klapproth Im Falle Thom und Genossen ziemlich gering gewesen sei. Die Verteidiger der An- geklagten. Justizrat Hahn, Justizrat M a m r o t h und Dr. Sack, widersprachen ebenfalls einer Zusammenziehung beider Prozesse. Dr. Sack richtete im Anschluß daran an den Vorsitzenden die Bitte, nach Möglichkeit Ausdrücke, wie sie gestern gefallen seien, und zwar wieM ordkommission Adjutant von Schulz"'.Fäl- lung von Todesurteilen", die eine gewisse subjektive Auf- sassung verrieten, zu vermeiden. Sonst sei zu befürchten, daß das Rauschen des deutschen Pressewaldes nicht ohne Ein- fluß auf das Gericht geblieben sei. R.-A. Dr. Löwenkhal(sehr erregt): Ich denke gar nicht daran, mich an diesen Appell zu holten und irgend etwas nicht auszusprechen, von dessen Existenz ich überzeugt bin. Es werden hier Zeugen auftreten, die das Rauschen im Pressewald bestätigen und anführen werden, daß es Rollkommandos gab. und die das aussagen werden, was gestern hier nur schüchtern gestreift worden ist.(Bewegung.) Vors.: Herr Rechtsanwalt, ich bitte Sie, nicht so aufgeregt zu sein, sonst könnte man zu der Annahme kommen, daß Sie irgendwie vor- eingenommen wären. Die Schwarze Reichswehr. Der zweite Vertreter des Nebenklägers, Justizrat Falkenfeld. unterstützt dann den Antrag Dr. Löwenthals und führte dabei aus: Seit gestern steht fest: Erstens die vorhandene schwarze Reichswehr sollle aus alle Fälle..... Vors.(unterbrechend, sehr scharf): Eine schwarze Reichswehr hak es nie gegeben. Justizrat Falkenfeld: Dann nenne ich ste eben ein Arbeits. kommando, dos ans alle Fälle gehelmgehalken werden sollte. Zweitens, es war ein offenes Geheimnis..... Vors.(erneut unterbrechend): Was sollen diese Feststellungen. die wir nicht anerkennen können? Es soll ja gerade Aufgabe des Prozesses sein, das festzustellen. Justizrat Falkenfeld: Um die Fäden von den Mordkommandos zu Schulz aufzudecken, müssen diese Prozesse jedenfalls verbunden werden. Hierauf zog sich das Gericht zur Beratung über den Antrag des Nebenklägers zurück. Das Gericht lehnte den Aalrag Dr. LSwenthal« aus Verbindung der einzelnen Verfahren ab. da eine solche Maßnahme unzweckmäßig sei. Der Reichswehroberst befangen. Der Vorsitzende wollte nunmehr die Verhandlung eröffnen, als sich R.-A. Dr. Löwenkhal wieder erhob und erklärte: Zu meinem großen Bedauern muß ich den Sachverfländlgen Oberst Gudovlus als befangen ansehen und Ihn daber als Sachverständigen ablehnen. Ich habe mich mit den gestrigen Auesagen des Herrn Oberst zu be- schaftigen, und er möchte den Saal verlassen, che ich beginn«. Oberst Gudoviue verläßt darauf den Saal. Als Dr. Löwenihal nunmehr seinen Antrag begründen will, erklärte der Ober- siaalsanwalk. daß er auf den militärischen Sachverstän- diaen verzichte, da dieser in der heutigen Verhandlung nichts Wesentliches mehr zu bekunden hat. Auch die Rechtsanwälte Justiz- rat Hahn, Justizrat Mamroth und Dr. Sack schließen sich diesem Antrag an. so daß Dr. Löwenthal seinen eigenen Antrag zurückzieht. Oberst Gudovius wird daraufhin wieder In den Saal gerufen und nimmt nunmehr o l s Z e u g e Platz. Neuer Vorstoß gegen Sie Geffent�ichkeit. Nach Verlesung des Erösfnuntzsbeschlusscs betonte der Vor- sitzende, daß er die Absicht habe, wieder in voller Oesfcnt- lichtest zu verhandeln, da es nach Ansicht des Gerichts nicht darauf ankomme, auf irgendwelche Gründe Rücksicht zu nehmen. Diese Erklärung des Vorsitzenden gab dem Verteidiger R.-A. Dr. Sack Anlaß zu folgenden Ausführungen:.Der heutige Fall stand anders als der gestrige. Wenn Schulz nicht Gelegenheit gegeben wird, sich ganz ausführlich über die Kommando« g c w a l t und die Zustände in den Arbeitskommandos zu äußern, dann muß darin eine Erschwerung seiner Verteidigung erblickt werden. Es Handell sich doch um die Festung küstrin, die einzige Stühe gegen Osten. Es handelt sich um die Stellungnahme der Militärbehörden im Sommer 1923, als man ernstlich mit einem polnischen Einbruch rechnete. Bei Schulz geht es um Kopf und Existenz, und darum mutz für seine Verteidigung jede Rücksicht fallen. E» ist zwar bekannt, daß es 192Z Arbeitskommandos gegeben hat. aber es ist noch nie durch Gerichtsurteil ein Zusammenhang zwischen den Arbeilskommondo» und der regulären Reichswehr festgestellt worden. Es handelt sich also um außenpolitische Aus- Wirkungen, die gar nicht auszudenken sind, zumal in Punkt 7 der letzten Enlenteoote die Frage der irregulären Rekrutierung ausgeworfen ist.

Ich bcdaure, daß von kompetenter Seite, nämlich von den betreffen- den Ministerien, nicht das gesagt worden ist, was ich hier als Ver- leidiger, also als nicht kompetente Stelle, sagen muß. Ich beantrage Ausschluß der Oeffentlichkeit und erinnere die Herren Richter, die ja selb st aus der Gegend von Küstrin st a m m e n, auch noch daran, daß im Sommer 1923 in der Festung Küstrin die Lünette O in die Luft geflogen ist, und daß es damals hieß, es handele sich um Selbstentzündung. Bei näherer Nachforschung wäre man wohl zu einem anderen Ergebnis gc- kommen." Justizrat hahn unterstrich diesen Antrag mit folgenden Aus- führungen:Ich halte mich an das Schwcigeverbot, das mir in den früheren Prozessen auferlegt worden ist, nicht mehr g e- Kunden, weil ich als Verteidiger pslichtgemäß alles sagen muß, Der Angeklagte K l a p p r o t h kann seine Aussagen nicht nach innen und außen politisch einstellen. Er wird lospollern und alles sagen, was zu sagen ist. Wir werden nach der Arbeit der Kommandos zu fragen haben, nach der Unterkunftsniöglichteit in den Forts bei Küstrin . Obdas alles im Interesse des Reiches ist, weiß ich nicht. Eigen- artigerweise wird von den verantwortlichen Stellen im Reich die Verantwortung nicht über- nommen. Zweifellos hätten die Angeklagten den Wunsch, ssch in der Oeffentlichkeit gegen die Angriffe zu wehren, die gegen sse gerichtet sind, auch gegen gewisse bezahlte Broschüren, wie sie von Merten herausgegeben werden, bei der ich auch nachweisen kann, von welcher ausländischen Stelle sie bezahlt sst. Be- rechtigt ist auch das Verlangen der Oeffentlichkeit nach Klarheit; aber das Reichsgericht hat den Standpunkt vertreten, daß das Interesse des Reiches vorgehe. Dos Kammergericht hat sich diesem Stand- punkt angeschlossen. Es ist ein absoluter Irrtum und nur durch die parkeipolilische Behandlung der Dinge in Deutschland zu erklären, daß die Vor­gänge von 1923 der Vergangenheit angehören. Ist nicht auch heule ein neuer Polenausstand möglich, so daß die Festung küstrin In Gefahr kommt, überrannt zu werden? Das Urteil eines preußischen Gerichts hat eine andere Bedeutung als parlamentarische Dehauplungen. Deshalb bitte ich, dem Antrag auf Ausschluß der Oeffentlichkeit stattzugeben. Vors.: Würde nicht von den Gegnern Deutschlands aus einem Ausschluß der Ocssentlichkeit die verechiigung zu der Annohme her- geleitet werden, daß irgend elwas geschehen sei. was nicht zulässig war? Iustizrat yahn zuckt die Achseln und schweigt. Iustizrat ZNamroth: Ich bcdaure, mich mit meinen Kollegen nicht solidarisch erklären zu können, und bitte um öffentliche Ver- Handlung. Durch den Ausschluß würden draußen Gerüchte erzeugt werden, die für das Wohl des Staates viel gc- f ä h r l i ch e r sein könnten als das, was schon bekannt ist. Auch der Oberstaatsanwalt bat um Ablehnung des Antrages, und auch der Vertreter des Nebenklägers, Dr. Löwenkhal. bat um öffentliche Verhandlung, Indem er betonte, Iustizrat Hahn unter- schätze die Intelligenz und Orientierung der Entente, wenn er glaube, daß sie nicht ganz genau über alles Geschehene im Bilde sei. Es gäbe nichts Geheimes mehr. Eventuell könne in einzelnen Punkten immer noch die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden. Im Falle Panier habe das Auswärtige Amt keineswegs gegen die öffentliche Berhandlung sich gewandt, sondern nur ge- beten, mit Rückficht auf Locarno den Prozeß zu vertagen. Zum Schluß erklärte der Anwalt, daß er ssch auf die Denkschrift der Mini st er Dr. Külz, Severing und Dr. G e ß l e r stütze, in denen alles in breitester Form erörtert worden sei. Die Minister hätten flch auf den Standpunkt gestellt, daß es keine Geheimniskrämerei mehr geben dürfe. wenn nicht in der Entente der Verdacht aufkommen solle, als ob irgendetwas Verbotenes geschehen sei. Rechtsanwalt Dr. Sack machte ausdrücklich einen Unterschied zwischen den Begriffen des Staatsmohls und der Staatssicherheit. Diese Einstellung müßte für das Gericht maßgebend sein, wenn man die Frage der Munitionsb �stände in der F e st u n g K ü st r i n erörtere, so sei das dem Staatswohl zweifellos nicht zuträglich. Etwas anderes sei es freilicki. wenn man von vorn- herein dem Deutschen Reiche das Recht der Wehrfähigkeit absprechen wolle. In diesem Falle sei ein Ausschluß der Oeffentlichkeit aller- dings nicht mehr von Röten. Rechtsanwalt Dr. Löwenlhal er- widerte kurz, daß die Reichsbebörden mit den Uebergrisfen gewisser Organisationen nicht einverstanden gewesen seien. Hieraus trat eine kurze Pause ein. Nach kurzer Beratung kehrt das Gericht in den Saal zurück und der Vorsitzende verkündet folgenden Beschluß: Das Gericht bleibt fest. .Das Gericht hat den Antrag aus Ausschluß der Oessensti-�eil abgelehnl. Das Gericht hofft, auck an einzelnen Stellen die Oefstnt- li-bkeit nicht ausschließen zu müssen. Das Gericht steht aus dem Standpunkt, daß das deutsche Volk in der Leitung seiner Reichs- wehr ein gute» Gewissen haben könne, und auch wer daran mit- geschafft hat, wird belehrt sein durch den Küstriner Putsch, bei dem die Reichswehr in Treue zum deutschen Voll und Treue zur Rc- publik gc standen hat. Bezüglich der Landesverteidigung gibt es Dinge, die jedes Volk geheimhält und auch geheimhalten muß. aber damit hat unser Prozeß nichts zu hin. Sollte Ober- leutnant Schulz heute etwas Neues behaupten, sollte er, wie man so sagt, heuteauspacken" wollen, so solle er es in Gottes Namen tun. Ich beginne nunmehr mit der Verhandlung."

vas Programm öes Polizeipräsidenten. Der neue Berliner Polizeipräsident, unser Parteigenosse Z ö r- g i e b e l, hat heute vormittag den Pressevertretern die Grund» s ä tz e dargelegt, nach denen er sein Amt sühren will. Er erklärte als sein Bestreben, die persönliche Freiheit der Staats- b ü r g e r in vollstem Maße zu schützen, Ruhe und Sicher- h e i t zum Wohle der Gcsamtbevölkerung unbedingt aufrechterhalten zu wollen. Die Polizei soll sich nicht zu kleinlichen Schi- kancn hergeben, sondern die große Linie für ihre Tätigkeit solle und müsse noch mehr durchgeführt werden. Da die Polize» vorbeugend wirken soll, hat Zörgiebel die Absicht, den Streif- d i e n st der Schutzpolizei und den R e v i e r d i e n st zu ver- mehren; eine probeweise neueinzuführende Diensteinteilung wird ergeben müssen, ob das möglich sst. Einfach Ist es keinesfalls, weil mit weniger Beamten die bisherige und die neue Aufgabe gelöst werden soll. Der weiteren Aus- und Fortbildung der Schutzpolizei wird der Präsident seine besondere Aufmerksamkeit widmen. Was die Berkehrspolizei angeht, so sollen neue Berlehrs weg« mit Hilfe von Straßendurchbrüchen erschlossen, das Schnellbahnnetz ausgedehnt, die Verkehrs- mittel moderuisiert und das Signalwesen unter Berücksichtigung der örtlichen Berkehrssanderheiten erweitert werden. Zu einer Hebung der Slraßendisziplin will der neue Präsident beitragen. Der kriminalpolizeiliche Dienst soll möglichst vereinheitlicht und vereinfacht und es sollen ihm oll« Errungenschaften der Technik dienstbar gemacht werden. Die bestehende Beratungs- stelle zum Schutz gegen Einbruch und Diebstahl, die sich sehr gut

bewährt hat, soll weiter ausgebaut werden. Der Fahndung,- und Streisdienst auf Fahr- und Motorrädern zur Bcrgrößerung des Streifgebiets soll erweitert werden. Auf jeden Fall ist der neue Polizeipräsident bestrebt und be- müht, es dahin zu bringen, daß die Berliner Polizei allen weit- städtischen Ansorderungen vollauf gerecht werden kann.

Einrichtung eines Nachtverkehrs. Reichsbahn und Hockzbahn lehnen ab. Im Berliner Polizeipräsidium hat eine Besprechung mit den Berliner verkehrsgesellschaflen(Berliner Straßenbahn- Be- trlebsgesellschaft m. b. H., Allgemeine Berliner Omnibus A.-G.. hochbahngesellschaft und Deutsche Reichobahngesell- s ch a s t) über die Frage stattgesunden, wie die Velkehrsunternehmun- gen das durch die Verlängerung der Polizeistunde hervorgerusene Verkehrsbedürsnis. besonders der erwerbstätigen Bevöl- k e r u n g, befriedigen könne. Die Hochbahngesellschaft und die Deutsche Reichsbahn sind nicht in der Lage den Rachtoerkehr über die zurzeit innegehaltenen Zeiten hinaus auszudehnen. Hauptsächlich deshalb, weil die überaus kurze zur Verfügung stehende nächlllchc Bciriebsruhe zur Vornahme der Glclsarbciten usw. nicht verkürzt werden darf. Dagegen sind die Allgemeine Omnibus A.-G. und die Berliner Slraßenbahn-Belriebsgesellschaft bereit, ihre Verkehrszeilen entsprechend der verlängerten Polizeistunde für einzelne Linien hinauszuschieben und somit einen beschränkten Rachtoerkehr aus- zubauen. Der Raltbmord in Neukölln. In der heutigen Verhandlung des Raubmordprozesses Schu- mann begründeten die Berteidiger erneut ihren Antrag auf Vornahme eines Lokaltermins. Das Gericht soll au» eigener Anschoung sich davon überzeugen, daß der Angeklagte in seiner Zeitangabe recht habe: nämlich, daß er nicht um VtS Uhr, sondern bereits um �2 Uhr mit seiner Braut sich getroffen habe. Dadurch würde erwiesen sein, daß er um'/b2 Uhr nicht mehr am Tatort gewesen sein konnte. Das Gericht soll die ganze Strecke von der Geschäftsstelle der Braut bis zum Treffpunkt mit dem An- geklagten selbst zurücklegen. Nach längerer Beratung lehnt das Gericht den Antrag ab. Ergebnislos oerläuft eine Gegenüberstellung des Strafgefan- genen Dolly mit dem Strafgefangenen Perlett. Den Strafgefangenen Dolly soll im Februar 1925 ein Mitgefangener aufgefordert haben. mit ihm zusammen einen Einbruch bei einem Tabak- Händler in Neukölln zu begehen und wenn möglich, auch mit Waffen vorzugehen. Bei der Gegenüberstellung dieser beiden Straf- gefangenen am Sonnabend nahm der Zeuge Seidel, der seine Aus- sage vor dem Untersuchungsrichter beeidigt hatte, ste dieses Mal nach Borhall des Borsitzenden zurück. Perlett ist übrigens am Heiligen Abend 1925, als der Mord in Neukölln begangen wurde, in Salzburg gewesen. Rechtsanwalt Aron stellte noch einen An- trog, zwei junge Leute herbeizuschaffen, die dem A n g e- klagten äußerst ähnlich sehen sollen. Er will auf diese Weise die Aussagen der Zeugen erschüttern, die im Angeklagten den Täter erkennen wollen. Im letzten Augenblick beantragt der Staats- anwall, die Ladung noch einer Zeugin, die den Angeklagten gegen XI Uhr am Tatort gesehen haben will. Liebestragödie auf der Straße. Eine blutige Liebestragödie svielle sich gestern früh auf offener Straße in Lichtenberg ab. Ein 28 Jahre alter Maurer- polier Karl D ö l s m a n n aus der Oderftr. 19 unterhielt seit einiger Zeit ein Verhältnis mit einer 18 Jahre alten Bertha K. aus der Boxhagener Straße, die in der AEG. zu Obcrjchönewcide arbeitet. Als der Vater des Mädchen» erfuhr, daß Dölsmann es auch noch mit einem anderen Mädchen hielt, untersagte er seiner Tochter den weiteren Verkehr mit ihm. Bertha K. gab ihm denn auch den Laufpaß. Gestern morgen, als sich das Mädchen auf den Weg nach ihrer Arbeitsstelle begab, lauerte ihr Dölsmann in der Reuen Bahn- Hofstraße auf und verlangte mit der Pistole in der Hand, daß sie sich mit ihm wieder versöhne. Als sie jetzt die Flucht ergriff, schoß er dreimal hinter ihr der. Alle Schüsse trafen. Die Kugeln streistei, aber nur, so daß das Mädchen nach dem Bahnhof weiterlaufen konnte. Auf die Hilferufe eilten Leute herbei. Als diese Dölsmann festnehmen wollten, tötete er sich durch einen Schuß in den Kopf. Die Verletzt« fuhr nach ihrer Arbeitsstelle, brach aber dort infolge des Blutverlustes zusammen und mußte von der Wertsleitung nach dem E l i s a b e t h- H o f p i-t a l gebracht werden. Das Reichsbanner gegen Wilhelms Niickkehr. Am Sonnabend und Sonntag veranstallet« der Ortsverein Luckenwalde einen Republikanischen Tag, an dem 3999 unifor- mierte Reichsbannerkameraden teilnahmen. Am Sonnabend wurden die aus Berlin eintreffenden Kameraden vom Bahnhof abgeholt und mit einem Fackelzug durch die illuminierte Stadt in ihre Quartiere gebracht. Am Sonntag fand nach einem längeren Umzüge durch die Stadt der eigentliche Festakt statt. Nach Begrüßung?- warten des Borsitzenden I a e n t ck e und des Bürgermeisters Sappe sprach Polizeioberst S ch ü tz i n g e r, der nach einem kurzen Rückblick auf die Entstehung des Reichsbanners auf die Frage des Klein- kaliberschießens und vor allem auf die Diktaturgesetze zu sprechen kam. Unsere Formationen stehen bereit, auch die neuerlichen An- griffe auf die Berfassung, das in den Z 48 eingeschmuggelte Diktatur- gesetz, und die Rückkehr des Kaisers unmöglich zu machen. Der Ver- treter des Gauoorstandes, Kamerad K ü t e r, sprach über die bisher vom Reichsbanner geleisteten Arbeiten, betonte vor allem, daß Lucken- ivalde nicht nur in seinen Mauern, sondern auch auf dem flachen Lande mit seiner guten Organisation wertvolle Mitarbeit an unserer Sache geleistet hat. Die Bevölkerung beteiligte sich an beiden Der- anstaltungen in sehr großer Zahl. Fast jedes Haus war mit reichem Floggcnschmuck ausgestattet. Sämtliche städtischen Gebäude, Fabriken und Hotels hatten geflaggt. Luckenwalde hat ein« sozialdemokratisch« Mehrheit, fast 75 Proz. der Bevölkerung hat bei den Wahlen ihr« Stimme unserer Partei gegeben.___ Cine Rutschbahn bei Jreiburg zusammengestürzt. Bisher zwei Toke und mehrere Verletzte. Ein schwerer Sturm brachte In F r e i b u r g i. B r. den etwa 39 Meter hohen Turm der Rutschbahn einer Schau- und Per- gnügungsstütte ins Wanken, so daß er sich langsam nach vorn neigte und dann in sich zusammenstürzte. Aus den Trümmern wurde ein 19 Jahre aller Student tot hervorgezogen, ferner ein 12jährlges Mädchen, das eine schwer« Schädeloerletzung erlitt. Der Sturm hat auch in der Stadt große Verwüstungen an- gerichtet. Zu diösem schweren Unglück wird noch bekannt, daß sich glücklicherweise zur Zeit der Katastrophe noch nicht so viele Menschen auf dem Platz befanden, wie gewöhnlich. Sieben Personen wurden in die Klinik gebracht. Von diesen sind inselge Schädel» und Knochenbriiche zwei lebensgefährlich, die übrigen leichter verletzt. Die beiden lebensgefährlich Verletzten sind Freiburger .

Elsenbahnunfall am Deister . Die Pressestelle der Reichsbahn» direktion Hannover teilt mit: Heute früh 1,56 Uhr fuhr der Personenzug 511 bei der Ausfahrt ans dem B a h n h o s Münder am Deister infolge falscher Weichenlage in da» Ausziehgleis gegen fünf dort abgestellt« Güterwagen. Dabei wurden die Loko- inotive und zwei Güterwagen beschädigt. Bier Reisende er­litten leichte Verletzungen.