L. Landsberg, 27. Oktober. Im wetteren Verlauf der VerHand- lang gegen K o wa le w s k i erklärte der Untersuchungsrichter Braune, der Angeklagte habe bei seinen Vernehmungen niemals gesagt, daß er ahnungslos gewesen sei, er sei sich wahrscheinlich aber nicht im klaren darüber gewesen, ob er unter Fahlbuschs Cinfluh oder aus eigener Ueberlegung gehandelt habe. Der Maler Stürmer, der die Leiche Brauers beim Angeln entdeckte, hält es für ausgeschlossen, daß Fahlbusch die Leiche allein oersenkt hat. Der G a st w i r t. bei dem Fahlbusch, Kowalewski und Brauer vor der Tat kneipten, kann erhebliche Angaben nicht machen. Cin Hauptmann als leichtfertiger Zeuge. Der frühere Leutnant und setzige Ingenieur Adam hatte mit Kowalewski mehrere Gespräche über den Vorfall, und zwar habe ihm dieser damals zuerst erklärt, er sei an der Tat beteiligt, aber überrascht gewesen. Später habe der AngeUagte erklärt, er hätte keine Ursache wegzugehen, sondern er könne ruhig seine Sache so vertreten, wie sie sich zugetragen habe. Darauf wird der Haupt- belastungszeuge Hauptmann Osten vernommen: Vors.:„Herr Zeuge, Sie haben vor dem Untersuchungsrichter angegeben, daß der Angeklagte Kowalewski Ihnen einmal die Ermordung des Brauer geschildert und dann gesagt hat:„Wir haben mit dem tzam- wer geschlagen, er knackte bloß so zusammen.'— Zeuge: ,L>as kann ich heute nicht mehr aufrecht erhalten, vielleicht habe ich so etwas von anderen Leuten gehört oder in der Zeitung gelesen.' Vors.:„Aber dem Untersuchungsrichter haben Sie doch das auch präzise gesagt.'— Zeuge:„Heute kann ich es nicht mehr be- haupten. Mir hat Kowalewski lediglich einmal gesagt, daß er bei dem Morde dabei gewesen ist.'— Vors.:(mit starkem Nachdruck)„Herr Zeuge, wie kann man nur so leichtfertig sein. Erst haben Sie dem Untersuchungsrichter alles Mögliche vorgeredet, und heute hallen Sie nichts ausrecht. Sie wollten ja nicht einmal zur Verhandlung als Zeuge kommen. Nehmen Sie sich in Acht. Das Verfahren kann auch einmal umgedreht werden, denn Sie stehen unter Eid. Hat Sie irgendjemand beeinflußt?'— Zeuge: kiehr energisch):„Das ist aus- geschlossen."— R.-A. Dr. Sack:„Um Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich gleich sagen, daß der Zeuge gestern in meinem Hotel war und mich zu sprechen wünschte. Ich habe ihn jedoch abweisen lasten, da ich grundsätzlich nicht vor dem Termin mit Zeugen verhandele."— Vors.:„Das ist alles sehr merkwürdig, Herr Zeuge, Sie«rinnern sich an nichts mehr, wollen nicht vor Gericht kommen und suchen erst einen Ihnen unbekannten Anwalt auf.'— Zeuge:„Ich habe nicht gewußt, daß in dem Hotel, In dem ich war, Herr Dr. Sack wohnte.(!) Jedenfalls erkläre ich Ihnen nochmals, meine Aussagen»or dem Untersuchungsrichter kann ich nicht mehr aufrecht erhalten."— Nach Anhören der Sachverständigen und der Mutter des Angeklagten wird die Beweisaufnahme geschlossen. Nach einer kurzen Pause hiett daraus Oberstaatsanwalt N o h r- l a ck»in« Anklagerede. Er beantragt« nach halbstündiger Rede gegen den Angeklagten Kowalewski wegen Beihilf« zum Morde
sechs Jahre Zuchthaus, ferner wegen Hehlerei eine Gefängnisstrafe von IX Monaten, umzuwandeln in 1 Monat Zuchthaus und die ganze Strafe zusammenzuziehen in sechs Jahre, drei Tage Zuchthaus. Vas Urteil. Nach dem Plädoyer des Verteidigers und kurzer Beratung des Gerichtshofs verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Wetz- l i n g, folgendes Urteil: „Der Angeklagte kowalewski wird wegen Beihilfe zum Morde zu sechs Zahreu Zuchthaus und fünf Zahren Ehrverlust verurteilt, von der Anklage der Hehlerei jedoch freigesprochen. Die Untersuchungshast wird auf die Strafe nicht angerechnet.' Die Segrünöung. In der Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende, daß das Gericht die Frage der Mittäterschaft verneint habe, obwohl Zweifel über das Tun und den Willen des Angeklagten vorhanden sein könnten. Kowalewski sei sonst ein guter Mensch, aber dadurch. daß er mit Fahlbusch auf Brauer geschimpft habe, hätte er sich die Willensrichtung des Fahlbusch zu eigen gemacht. Er mag dann mit sich gekämpft haben, aber schließlich wollte er sich des Vertrauens würdig zeigen, das Fahlbusch in ihn setzte. Fahlbusch hat sicher nicht alles allein getan. Er Hai bestimmt die Leiche nicht allein in den Sack gesteckt und fortgeschafft. Das Gericht nimmt als sicher an, daß Kowalewski ihm dabei behilflich gewesen Ist. Mittäter an dem Mord wollte er vielleicht nicht sein, aber bei der Fortschaffung der Leiche hat er sich, wie das Gericht bestimmt an- nimmt, dem Willen des Fahlbusch gefügt. Der Angeklagte hat eine schändliche Tat begangen, und er hat auch kein Gewissen ge- habt, denn er hat nach dem Verbrechen weder den Mut gehabt, seinem Vorgesetzten, noch seiner Mutter, die ihn sehr liebt«, reinen Wein einzuschenken. Der Antrag des Oberstaatsanwalts scheint daher nicht zu hart. Das Gericht hat entsprechend dem Antrage des Staatsan- waltes erkannt. heute Prozeß Schiburr. Darauf wurde die Sitzung geschlosten. Am Donnerstag morgen beginnt der große Prozeß gegen Schiburr und Ge- nassen wegen Ermordung des Unteroffiziers Gröfchke um 9 Uhr morgens. Der Prozeß gegen Oberleutnant Schulz. K l a p p r o t h und Leutnannt Hayn, der am Dienstag abge- brachen war, wird voraussichtlich in der kommenden Woche im An- schluh an den Prozeß Schiburr das Schwurgericht noch einmal be- fchäftigen. Das Gericht müßte allerdings erst weitere Anträge der Verteidigung des Oberleutnants Schulz, R. A. Dr. Sack und Justizrat Hahn abwarten, da diese eine Anzahl Zeugen laden wollen, die die Darstellung von Schulz, daß die zuständigen Behörden von der Existenz der Arbeitskommandos gewußt hätten, stutzen sollen.
der enÜgültiae Reichswirtstbostsrat. Aufgabe und Zusammensetzung nach dem RcgicrungSentwurf. Der„Soz. Prestedienst" ist in der Lage, aus dem Entwurf eines Gesetzes über den endgültigen Reichswirtschaftsrat, der bereits dem Kabinett vorliegt, folgendes mitzuteilen: Der Neichswirtschaftsrat hat die Ausgabe, die Reichsregierung, den Reichsrat und den Reichstag bei wirtschaftspolitischen und sozial- politischen Maßnahmen zu beraten, solche Maßnahmen anzu- regen, Untersuchungen auf diesem Gebiet vorzunehmen und die Reichsregicrung bei der Durchführung wirtschaftspolitischer und sozialpolitischer Maßnahmen zu unterstützen. Er wirkt außerdem bei der Vorbereitung einer reich sgesetzlichen Regelung der öffentlich-rechtlichen Berufsvertretung für Handel und Industrie, Landwirtschast, Handwerk und Kleingewerbe mit. Wirtschaftspolitische und sozialpolitische Gesetzentwürfe von grundlegender Bedeutung sollen von der Reichsregterung vor ihrer Vorlegung dem Reichswirtschaftsrat zur Begutachtung unter- breitet werden. Die Reichsregierung hat die Gutachten dem Reichs- rat und dem Reichstag zusammen mit den Gesetzentwürfen zu unter- breiten. Reichsregierung sowie Reichstag, Reichsrat und deren Aus- schllste können verlangen, daß Dollversammlungen oder Ausschüsse des Reichswirtschaftsrats ihre Gutachten vor dem Reichsrat, dem Reichstag oder ihrer Ausschüste durch Beauftragte mündlich er- läutern lassen. Auf Grund eines Beschlusses des Reichstags oder eines seiner Ausschüste haben Mitglieder des Reichstags zu den im Beschluß bezeichneten Verhandlungen der Ausschüsse und der Voll- Versammlungen des Reichswirtschaftsrats, mit Ausnahme der für vertraulich erklärten Sitzungen des Ermittlungsausschusses, Zutritt. Sie sind berechtigt, hierbei Fragen an Mitglieder des Reichswirt- schaftsrats und Sachverständige zu richten. Der endgültige Reichswirtschaftsrat soll sich aus IIS ständi- gen Mitgliedern zusammensetzen. Sie werden von der Reichsregierung auf Grund von Dorschlägen der Vertretun- gen der Unternehmer, der Arbeitnehmer und sonst beteiligten Volks- kreise oder aus Grund von Ernennungen durch die Reichsregierung oder den Reichstag einberufen. Außerdem können für einzelne Sitzungen oder Verhandlungsgegenstände nichtständige, aber stimmberechtigte Mitglieder nach Maßgabe des Ausführungsgesetzes berufen werden. In dem Entwurf ist an der Gliederung, die sich im Vorläufigen Reichswirtschaftsrat herausgebildet hat, festgehalten worden. Die Abteilung l(Arbeitgeber) setzt sich aus 12 Vertretern der Landwirtschaft usw., 19 Vertretern der Industrie, 4 Vertretern des Handwerks, 5 Vertretern des Handels, 3 Vertretern der Danken und de» Versicherungswesens und 5 Vertretern de» Verkehr» zusammen. Aus die Abteilung II(Arbeitnehmer) entfallen 30 Vertreter, die von den Gewerkschaften usw. bestimmt sind. Unter den Der- tretern müsien sich mindesten» 7 Vertreter der Arbeiter in der Land- und Forstwirtschaft und mindesten»«in Vertreter der Helmarbeiter befinden. Die Abteilung III setzt sich zusammen aus S Der- tretern der Städte, 3 Vertretern der öffentlich-rechtlichen Dersiche- rungs- und Kreditanstalten. 3 Vertretern der Konsumgenosienschaften und der Hausfrauen, 3 Vertretern der Landwirtschaft und der ge- werkschaftlichen Genossenschaften, 2 Vertretern der Tagespresse. 2 Vertretern des Beamtentums, 8 Vertretern(vom Reichsrat zu er- nennen), die Persönlichkeiten sind, die das Wirtschaftsleben der ein- zelnen Länderteile besonders kennen, und 1 Vertreter des Auslands- deutschtums. Dazu kommen 8 Persönlichkeiten, die durch besondere Leistungen die Wirtschaft des deutschen Volkes in hervorragendem Maße gefördert haben oder zu fördern geeignet sind.
Die Zörüerung öes Exports nach Raßlanö. Die bisherigen Ergebniffe der Rußland -Kredite. \ Im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogramm» hat bekannt- lich die deutsche Reichsregierung unter Zustimmung des Reichstages eine Ausfallgarantie für den Warenexport nach Rußland übernommen, von der zu hoffen ist, daß sie in der nächsten Zeit noch erweitert werden kann. Bisher standen 129 Millionen M.'rt für den Rußlandexport zur Verfügung, und es ist damit zu rechnen, daß dieser Betrag noch insgesamt um einen bedeutenden Betrag erhöht werden wird. Man hofft, von deutschen Banken noch weitere 69 Mill. M., ferner unter Heranziehung ausländischer Kreditguellen Sv Mill. M. für Exportkredit« zu erhalten, so daß dann für Waren- ausfuhr nach Rußland , bei Ausnutzung der Reichsyaranti«, 2 3 9 M i l- lionen Mark zur Verfügung stehen würden. Nachdem das Geschäft anfangs infolge der Haltung der deutschen Banken nur schwer in Gang kam, sind bisher nach russischen Angnbcn insgesamt Verträge über einen Wert von 9 3 bis 94 M i l l i o- n e n Mark abgefchlosien worden. Rund 89 Millinnen davon sind langfristige Kredite, die zur Ausrüstung der russischen Industrie dienen und die in späterer Zukunft auch Nachbestellungen der russischen Importeure nach sich ziehen werden. Vom deutschen mter- ministeriellen Ausschuß, der die Anträge zu prüfen hat, sind ins- gesamt Anträge auf Exporte von 89,5 Millionen Mark be- handelt worden: davon sind 76 Millionen Mark bereits ge- n e h m i g t, während die anderen noch von den beteiligten Stellen nachgeprüft werden. Den Löwenanteil der russischen Aufträge hat die deutsch « Maschinenindustrie erhalten, die allein über 60 Millionen Mark an Bestellungen für sich buchen kann. In weitem Abstand folgen die Elektroindustrie, die Fahrzeug'ndichtrie und die Hütten- und Walzwerke. Bei den Verhandlungen über die Genehmigung der Exportanträge suchten die amtlichen Stellen darauf hinzuwirken, daß diese Bestellungen dem Arbeitsmarkt voll- auf zugute kommen: insbesondere wurden Abkommen ge- troffen, nach denen zur Herstellung der Fabrikate kein« Ueber- stunden geleistet werden sollen. Außer den mit Hilfe des Reichs bewirkten Exportaufträgen wurden in kleinerem Umfange auch ander« Bestellungen aus Rußland hereingeholt, die o»n Privatfirmen finanziert werden. Eine Sonderaktion der Reichsregierung zielt daraus ab, auch den Ein- und Ausfuhrhandel mit Rußland auf denjenigen Gebieten zu beleben, auf denen Deutschland schon vor dem Kriege eine große Rolle gespielt hat. Es handelt sich insbejon- dere um den Wall- und Baumwollhandel, den Pelzwarenhandcl, die Einfuhr russischer Tabake nach Hamburg , den Export van Pferden nnd Saatgui nach Ostpreußen . Hier soll durch eme besondere Expartkreditvcrsicherung unter Aussallgarantie des Reichs und der Länder, die außerhalb des Rahmens der übrigen Aktionen liegt, die Finanzierung des Handels erleichtert werden. Da insbesondere durch den Umschlags- und Deredelungsoerkehr in den deutschen Hofenstädten auch das beteiligte Transport- g e w e r b e und andere Industrien daraus Nutzen ziehen können, wird dieser Plan gleichfalls dem Arbeitsmorkt eine Stütze sein. Selbstverständlich ist dabei, daß der Handel einen wesentlichen Teil des Risikos übernimmt. Dieser trägt die Hälft«, während Reich und Länder 30 Proz. und auf die Exporloersicherung 29 Proz. entfallen. Die Beträge, die hier in Betracht kommen, sind verhält- nismößig gering und ermöglichen nur einig« Geschäfte, die für die deutsche Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind.
Neuwahl in Danzig . Bürgcrblorknrehrheit im Senat. Danzig , 27. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Am Mittwoch er- folgte die Reuwahl des parlamentarischen Senat». Nach Ueberwindung mannigfacher Schwierigkeiten haben die bürgerlichen Parteien, von denen bisher die Miftelgruppen mit den Sozialdemokraten die Regierung stellten, sich zu einem Bürgerblock zu- sammengesiinden. Die von diesem präsentierte Senatorenliste ver- eimgie bei der Wahl 6 5 Stimmen von insgesamt 129 Abge- ordneten auf sich. Die Mchrhett der neuen Regierung ist also nur gering. Die Sozialdemokraten, Kommunisten, Hausbesitzergruppen und Polen blieben der Wahl fern. Bon den gewählten 14 nebenamtlichen Senatoren haben die Deuifchnationolen allein 7 für sich in Anspruch genommen, während Liberale 2, Zentnim 4 und die Beamtengruppe nur 1 Vertreter stellen. Zusammen mit den fast durchweg d e u t s ch n a t i o n a l gesinnten 8 Beamtensenatorcn oerfügt die R e ch t e über eine st a r k e Mehrheit im Senat. Bemerkenswert ist, daß es die Deutschnaktonaken vorgezogen haben, an Stelle ihrer„Parteigrößen' bisher dem öffentlichen und politischen Leben unbekannte Männer in den Senat zu entsenden, In der Hauptsache„Wirtschaftler" zweiten und dritten Grades. Als Senatsvizepräsident soll der politisch ganz unerfahrene Landesbaurat a. D. und Fabrikbesitzer Riep« figurieren. Anscheinend rechnet man in deutschnationalen Kreisen damit, daß der neue Senat infolge der ihm obliegenden Sanierungsmaßnahmen sehr schnell obwirt- schaften wird. Jnteresiant dürste es vor allem fem, wie sich die deutschnotionaien Anhänger mit der von ihrer Partei jetzt vorzu- nehmenden außenpolitischen Kursänderung abfinden werden.
Frankreich - Italien . Eine Abfuhr für einen Vorstoß Mussolinis. Paris , 27. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Am Dienstag stattete der italienische Botschafter in Paris Briand einen Besuch ab, der in der faschistischen Presse lärmend angekündigt «arden war und nach Auffassung dieser Kreise nnd vielleicht auch der italienischen maßgebenden Stellen eine große Bedeutung als Einleitung zu einer Aussprach« zwischen Frankreich und Italien über die Mussolini und seinen Expansionsplänen nahe liegenden Probleme beigemessen werden sollte. Bezeichnend ist demgegenüber, daß in der Pariser Press« diese Besprechung keinerlei Be- a ch t u n g fand und in der Mehrzahl der Blätter mtt einigen kurzen Zeilen abgetan wurde. Es besteht in der Tat iain Zweifel, daß die Pariser Presse die Besprechung nach ihrem wahren Wert eingeschätzt hat, denn es wird sogar an hiesiger zuständiger Stelle nicht ver- heimlicht, daß eine größere politische Bedeutung dieser Begegnung nicht beizumessen ist. Jedenfalls, so wird hinzugefügt, sei die Auffassung unrichtig, als ob diese Aussprache die Einleitung zu einer größeren diplomatischen Aktion zwischen Frank- reich und Italien bilden werde. Dozu sei der gegenwärtige Zeit- punkt noch.peerfrüht". Der„Temps " ist noch deutlicher, wenn er betont, daß eine Aussprache zwischen Briand und Mussolini gegen- wärtig nicht in Frage komme, daß der Besuch des italie- nischen Botschafters ein reiner Höflichkeitsbesuch war und man in Paris nicht gut sehe, über welche Probleme gegenwärtig eine französisch-italienische Aussprach« sich erstrecken könnte. Die Fragen, die zwischen Pari» und Rom beständen, seien klar und deutlich durch dl« Vertrage geregelt worden, und es liege keinerlei Grund vor, sie von neuem«ufzuroLen. Darin wird in höflicher, aber bestimmter Form wähl nur die Abfuhr verschleiert, die sich Mussolinis Botschafter am Dienstag bei Briand geholt hat. Man scheint, nachdem die faschistische Presse in den letzten Wochen Frankreich in der bekannten, überaus heftigen Weif« angegriffen hat, in Paris heute dem plötzlichen Annähe- rungsoersuch Mussolinis mißtrauisch gegenüberzustehen. Man
ist sogar geneigt, darin nur ein ziemlich plumpes Manöver der faschistischen Regierung zu erblicken, die sich den vorübergehenden Stillstand der Besprechungen von Thoiry nutzbar machen und sich zwischen Briand und Stresemann einschieben will. Weiter messt man in hiesigen politischen Kreisen darauf hin, daß man in Paris ohne Zweifel korrekte und höfliche Be- Ziehungen zu der ttalienischcn Regierung wünscht, aber In keiner Weise ein Anlaß vorlieg«, jetzt die Probleme aufzurollen, die Musso« lini besonders am Herzen liegen. Der Ouai d'Orsay dementiert vor allem die von der englischen Presse verbreiteten Nachrichten, als oss sogar ein« Abtretung des syrischen Mandats an Italien durch Frankreich bevorstehe. Das soin«in„W a h n f i n n".
Der angebliche Erzberger-Mörüer. pari», 27. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Die Presse ver- öffentlicht nähere Einzelheiten über die in Colmar erfolgte Fest- nähme des mutmaßlichen Erzberger -Mörders Edelmann- F« u r n i e r. Der„Temps" meldet, daß zahlreich« in der Wohnung des Verhafteten gefundenen Dokumente den Berdacht bestätigen, daß es sich zum mindesten um einen Komplizen der Mörder Erzbergers handle. Vor allen Dingen fei ein Automobissahrschein auf den Namen Klein lautend In der Wohnung Edelmanns gefunden worden, ebenso ein Brief, in dem von einer Verurteilung Edelmanns zu fünf Jahren Gefängnis wegen Beihilfe zum Mord gesprochen wird. Vorläufig ist die Untersuchung noch im Gange. Die französisch« Polizei hat dl« Photographie und die Fingerabdruck« des Verhafteten u. o. auch der Berliner Polizeibehörde zugehen l"9l>n; sie wartet zunächst deren Antwort ab.
Die Parteikonferenz üer KPR. Die Opposition schweigt.— Einstimmige Beschlüsse. Moskau . 27. Oktober. (Telegraphcnagentur der Sowjetunion .) Nach kurzer Aussprache über das Referat B u ch a r i n s über die internationale Lage und die Tätigkeit der Kommunistischen Partei der Sowjetunion innerhalb der Kommunistischen Internationale, an der kein einziger Vertreter der Opposition teilnahm, billigte die Konferenz In einer einstimmig angenommenen Cnt- schließung die Tätigtest der Vertreter der Partei und ve r u r t e i l t e aus dos Entschiedenste die fraktionelle Arbeit der russischen Opposition gegen die Kommunistische Jnter- nationale. Die Konferenz billigte ferner die Beschlüsse einer Reih« von Sektionen der Kommunistischen Internationale sowie die kürzlich gefaßten Beschlüsse der Bollsttzung des Zentralkomitees und der Zentratkontrolltonmiission über die Entbindung S i n o w j e w s von der Arbeit in der Kommunistischeil Internationale. Enölich eine Stimme! Aber nicht für seine Rückkehr. Wir haben endlich eine Stimme für Wilhelm II. entdeckt. Wir fanden sie in der—„Täglichen Rundschau", demselben Blattes, da» ein ernstes Wort gegen Wilhelm veröffentlichte. Der Mitherausgeber der„Täglichen Rundschau", der Domprediger v. Doehrtng, erläßt folgende Erklärung gegen seine Zettung: „Zu den in der.Leitungsschau" der Nr. 498 gemachten Aus- führungen über Kaiser Wilhelm II. habe ich zu erklären, daß ich diese Ausführungen, die wie alle politischen Angelegenheiten der„Täglichen Rundschau' nicht zu meinem Mitwirkungsbereich gehören, aufs tiefste bedaure und aufs entschiedenste ablehne. Ich hätte gewünscht, daß die herb« Tragik im Leben Kaiser Wilhelms II. seitens des Verfasser» dieses Artikels mit mehr Gerechtigkeit und Voreingenommenheit behandelt worden wäre.' Endlich also eine Stimme für Wilhelm II! Vergebens aber lesen wie die Erklärung nochmals, um ein Wort für die Rückkehr Wilhelms zu finden. Dürfen wir fragen: ist Herr Domprediger D o e h r i n g für die Rückkehr Wilhelms II.— ja oder nein?