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Fcsdie jugendliche Formen und kleid­same Frauenhüte m. flotten Garnituren, in vielen Modefarben und schwarz
JAN DORF
Die Jemebeftien von Küstrm vor Gericht. Ein grauenvolles Knlturbild. Tagelang gefoltert, dann ermordet.
In der Nachmittogsverhandlung verhörte der Vorsitzende weiter den Angeklagten S ch i b u r r, der den ermordeten G r ö s ch t e in der grausamsten Weise gefoltert hatte. Länger als acht Tage täglich gefoltert! Vors.: Ich frage Sie nochmals, Angeklagter, wie st e l l t e n Sie denn fest, daß die Aussagen falsch waren? Angekl.: Sie waren falsch, wenn er mit seiner Aussage zögert«. Vors.(heftig): So, wenn er zögerte, dann bekam er Prügel und dann wußten Sie auch, daß die Aussagen falsch waren und dann haben Sie auf diesen armen wehrlosen Mensch losgeschlagen? Angekl.: Ich habe nur den Befehl meiner Vorgesetzten ausgeführt. Vors.: Sie sind Soldat gewesen, Sie mußten ganz genau wissen, daß zu einer unrechtmäßigen Handlung, zu der auch das Schlagen eines anderen gehört. Sie kein Vorgesetzter in der Welt zwingen konnte. Mann, haben Sie denn gar kein Ehrgefühl im Leibe? Angekl.: Gröschke war doch aber als Kommunist bekannt. Vors.: Das ist ja das Schreckliche. Es ging das Gerücht, er sei Kommunist und schon war dieser Mann überführt. Das nenne ich in der Tat ein abgekürztes Verfahren. Hat denn der arme Gröschke nicht geweint und gebeten: S ch l a g t m i ch d o ch n i ch t�? Angekl.: Nein. Vors.: Was muß das für ein tapferer Mann gewesen sein. Er hat nicht geweint und geklagt und wie haben Sie ihn geschlagen. Es werden Zeugen kommen, die bekunden, daß Sie mit dem Koppel derart auf den Wehrlosen eingeschlagen, daß das Koppelschloß sich im Fleisch ab- zeichnete. Angekl.: Herr Vorsitzender, der Mann ist nicht sehr geschlagen worden. wenn er eine vierwöchige ärztliche Behandlung gehabt hätte, wäre er wieder gesund geworden. (Große Bewegung im ganzen Saal.) Vors.: Angeklagter, diqser Gröschke hat sicherlich sein Gehirn zermartert, um Ihnen etwas sogen zu können, damit die Marter aufhöre. Er hat ausgesagt und ausgesagt, aber alles war Ihnen nicht genug. Nicht einen Funken Mitleid haben Sie im Herzen mit Ihrem Opfer gehabt. In jedem Menschen regt sich doch schließlich einmal das Mitgefühl. Er geht an seinen Gefangenen heran und sagt: Nimm doch Vernunft an, sage aus." Nichts haben Sie getan. lag für Tag haben Sie den Gröschke im Arrest geschlagen. Haben Sie denn niemals irgend«inen anderen Menschen gefragt, ob das denn richtig fein könne, was man über Gröschke behauptete? Angekl.: Es ging das allgemeine Gespräch, daß etwas an den Beschuldigungen sein sollte. Vors.: Es ging dos allgemeine Gespräch, daß etwas an den Beschuldigungen sein sollte, das hat Ichuen genügt. I n mittelalterlicher Form haben Sie den arme» Menschen geplagt. Hat denn dieser niemals vor Schmerz und Qualen geweint. Angekl.: Er hat sich zusammenge- krümmt und gestöhnt.(Große Bewegung.) Vors.: An wieviel Tagen haben Sie denn den wann geschlagen? Angekl.: Acht bis... (nach kurzem Ueberlegen). Ich kann das nicht mehr genau sagen. Vors.: Wie haben Sie denn nun erfahren, daß Gröschke au» der Zelle verschwunden war. Angekl.: Eines Morgens hieß es, er sei ausgerissen. Aus die weitere Frage des Vorsitzenden, ob sich auch Schulz in die Zelle des Gröschke begeben habe, erklärte der Angeklagte, er hdbe gesehen, wie Schulz zusammen mit Raphael in der Richtung der Zelle durch den Gang im Fort gegangen sei. Ob er tatsächlich in der Zelle war, wisse er nicht. Trotz«indringlicher Vorhaltungen des Vorsitzenden, daß er in der Voruntersuchung aus- drücklich angegeben habe, Schulz sei in der Zelle gewesen, bleibt der Angeklagte bei dieser Darstellung. Die Verteidiger werden nervös. Im Anschluß hieran kam es zu einem scharfen Zusammen- st o ß zwischen der Verteidigung und dem Vorsitzenden. Dieser bezeichnete es dach als sehr komisch, daß man sich über die angebliche Flucht des Gröschke so beruhigt habe, denn man habe diesen doch für einen Kommunisten geholten und hätte nun seine Rache fürchten müssen,(vors,(zum Angeklagten Schiburr): Sie hotten wohl eine gewisse Befriedigung darüber, daß Gröschke tot war und daß er Ihnen nicht mehr schaden könne. R.-A. Dr. Sack (springt auf): Ich muß beanstanden, daß hier an dem Verhalten des Angeklagten eine abfallende Kritik geübt wird, und daß Suggestivfragen gestellt werden. Ich bitte doch, die Vor- schritten der Strafprozeßordnung zu beachten. Vors.: Ich habe nicht die Absicht, wich in meinem Fragerecht einschränken zu lassen. In Suggestivfragen wird wohl auch von der anderen Seite gesündigt. Wenn der Angeklagte antwortet, dann ist es mein Recht, ihn zum Sprechen zu veranlassen. Wenn Sie wünschen, können Sie ja dar- über eine Entscheidung des Gerichts herbeiführen. Iustizrot Hahn: Auch die Verteidigung hat de» Wunsch, alles aufzuklären. Aber die letzte Bemerkung des Vorsitzenden sei keine Frage. Auch Rechtsan- walt Bvemer-Angermünde schloß sich diesem Protest an. vors,(sehr scharf): Eher lege ich den Vorsitz nieder, als daß ich irgendetwas unterlasse, das ich zur Aufklärung sür notwendig erachte.(Große Bewegung.)
R.-A. Dr. Sock: Es ist in der Strafprozeßordnung verbrieft, daß der Vorsitzende dem Angeklagten nur Vorhaltungen zu machen hat. Vors.: Das ist auch geschehen, ich habe weiter keine Frage an den Angeklagten. Vors.: Was dachten Sie sich dabei, als Sie hörten, daß Gröschke im Walde als Leiche gesunden worden war? Angekl.: Gar nichts! Ich habe auch nicht danach gefragt. Vors.: Sie haben den Unter- suchungsrichter gesagt, daß Sie in der Zelle Gröschke Oberleutnant Schulz und Oberleutnant Raphael gesehen haben. Wann war das? Angekl.: Bei dieser Aussag« habe ich mich geirrt. Vors.: Hat Oberleutnant Raphael eine Aeußerung getan. aus der Sie entnehmen konnten, daß Gröschke ermordet worden war? Angekl.: Es war am nächsten Morgen nach seinem Verschwinden das allgemeine Gespräch, er sei mit dem Auto herausgeholt und ermordet worden. Vors.: Endlich kommen Sie damit heraus. Wurde auch erzählt, daß Oberleutnant Raphael d en Gröschke ermordet hätte? Angekl.: Das nicht, aber man hatte beobachtet, daß Klapprolh und vüsching in dem Auto sahen. Vors.: Das Auto konnte ja doch auch den Gröschke möglicherweise nach Küstrin   bringen. Warum dachte man denn allgemein an Mord? Angekl.: Weil der Wagen zur Nachtzeit kam und nachts wegfuhr. Dazu mußte er, um aus dem Fort herauszukommen, die
ienehmigung von
Oberleutnant Raphael haben. Vernehmung ües Angeklagten Hraetz. Der Angeklagte Hans Graetz schildert«, daß er in Küstvin sich zu einer 12jährigen Dienstzeit verpflichten mußte und daß er auf Fort Goraast abkommandiert worden sei. Ich wurde als einfacher Soldat eingestellt, bekam Gewehr und Uniform Nach kurzer Zeit wurde ich Unterofsizierdienst- wer. Ick hielt militärischen Unterricht ab und bildete viele Studenten aus, mit denen wir Schießübungen usw. machten. Vors.: Sie selbst sind auch einmal fürchterlich miß- handelt v?orden, schildern Sie das einmal. Angekl.: Das mar im August 1923. Ich wurde damals auf die Schreibstube gerufen. Ich war dafür bekannt, daß ich ein sehr strammer Soldat war, der seinen Dienst streng tat und sich nichts zuschulden kommen ließ. Um so mehr war ich überrascht, als auf der Schreibstube mir ein Mann mit einem Revolver In der Hand entgegentrat. Ich sagte: Nanu, was wollen Sie denn? Der andere entgegnete: Halt das Maul, jetzt wird pariert und das Weitere wirst du sehen! Kurze Zeit darauf kam mein Vorgesetzter, Feldwebel Mus, der auch nicht wußte, weshalb er gerufen war. Plötzlich tat sich eine Tür auf und heraus stürzten 15 Mann mit langen jj'umier. seikengewehrev. Man packte mich bei der Kehle, drehte mir die Handgelenke um und schleppte mich auf den Korridor. Ich klam- merte mich, nachdem ich zu fliehen oersucht hatte, an das Treppen- eländer, und um mich loszubekommen, brach man mir die _ i n g e r um. Dann wurhe ich auf den Rücken gelegt, einer kniete auf mir und ich wurde so geschlagen, daß beide Brustwarzen ausbrachen und das Blut nur so den Körper herunterlief. So wurde ich etwa 20 Minuten geprügelt, als einer rief: Jetzt dreht das Schwein um und das noch mal. Das geschah auch, und ich war zum Schluß nicht mehr fähig, mich selbständig aufzurichten. Mit letzter Kraft schleppte ich mich aus mein Zimmer, fiel auf mein Bett und dann weiß ich nichts mehr. Als ich aufwachte, standen Sanitäter um mich herum, die mich be- handelten. Vors.; Weshalb sind Sie denn so furchtbar ver- prügelt worden? Angekl.: Das weiß ich bis heute nicht. Ich lag 14 Tage auf meinem Zimmer, bis ich wieder einigermaßen gehen konnte. V a r f.: Nun erzählen Sie uns ein- mal etwas von Gröfckke. Angekl.: Ich kam eines Abends auf die Wachtstube, weil dort ein furchtbarer Radau war. und sah in der Mitte der Kameraden den Gröschke stehen, der kein Jackett an- hatte und dem das Hemd in Fetzen herunterhing. Der Angeklagte Becker sagte: Diesem Schwein müßte man eins mit dem Gewehr über den Kopf geben. Daraufhin sprang ein Mann mit dem Gewehr auf Gröschke zu und wollte schlagen. Da aber bekam Becker Angst und sprang dazwischen. Gröschke wurde dann in die Zelle geführt und mehrere Tage lang hörte man gar nichts. Dann wurde ich eines Tages zu Raphael gerufen und ging in die Zelle Gröschkes. wo sich Oberleutnant R a. phael, Becker, Borchardt, Schiburr und«in Mann namens A n d e l a n g befanden, der hier überhaupt noch nicht ge- nannt worden ist. Klapproth redet öazwisthen. In diesem Augenblick beugt sich der Angeklagte Klapprvth, der hinter Grätz sitzt, vor, offenbar, um ihm etwas zuzurufen oder den Angeklagten Graetz zu warnen. Graetz fährt heftig herum und ruft Klopproth zu: Reden Siö mir nicht immer da- zwischen, Herr. Vors.: Fahren Sie in Ihrer Erzählung fort. Angekl.: Ich kannte Gröschke, der auch noch den SpitznamenSchwarzer Pup" hatte, ganz genau von Frankfurt   her, wo wir uns oft auf dem Arbeitsnachweis getroffen haben. Gröschke wurde nun in der Zelle von klapprolh gefragt, ob er Spitzel sei
und was er über die Kommunisten sagen könnte. Als Gröschke nichts sagte, sprangen A n d e l a n g und« ch i b u r r auf ihn zu und schlugen ihn so lange, bis Raphael sagte: Aufhören.(Mit er- hobener Stimme) Schiburr war der Haupkläter, der Gröschke strangulierte und immer wieder geschlagen hat. Einige Tage später mußte ich dann wieder in die Zelle kommen, und Gröschke bekam immer wieder Schläge auf Schläge. Ich bekam einen Gummiknüppel zum Schlagen, aber Sch.» burr drängte sich mit seinem Ochsenziemer immer wieder vor. Vors.: Als Gröschke dann verschwunden war, haben Sie da keine Blutspurcn in der Zelle gefunden? Angekl.: Nein, ich habe auch wirklich geglaubt, daß er ausgerückt sei. Ich habe dann erst viel später in Küstrin   an den Anschlagsäulen gelesen, daß er tot sei. Es folgte dann die Vernehmung des dritten Angeklagten, des Landwirts vierner Rehm, der aus Riga   stammt, jedoch in Berlin  wohnt. Seine Aussagen enthalten nichts wesentliches. Hierauf trat die Mittagspause ein. Schwere Belastung von Schulz. Die Nachmittagsverhandlung im Prozeß Schiburr und Genossen begann mit der Vernehmung des früheren Fähnrichs, jetzigen Land- wirts Heinz Becker, die mit besonderer Spannung erwartet wurde, da Becker in der Voruntersuchung bereits Schulz schwer belastet hatte. Becker blieb auch in seiner gestrigen Aussage in allen wesentlichen Punkten bei seiner Darstellung. Ende Juni 1923 habe er eines Abends aus der Wache Krach gehört, sei mit dem Wachtmeister dort- hin gegangen und habe einen Auflaus von Kameraden gesehen, die sich um einen Mann mit langen schwarzen Haaren drängten, der ziemlich entblößt und blutüberströmt zur Seite gedrückt war. Cr, Bocker, habe den Vorfall dem Fortkomman- danteu, Oberleutnant Raphael, gemeldet, der die Inhaftierung dieses Mannes, nämlich Gröschkes, anordnete. Am anderen Tage, so gab der Angeklagte weiter an, begab ich mich in die Zelle, und zwar gingen mit mir Schiburr und Graetz, welch letzterer den Gröschke ohrfeigte, als dieser bestritt, ihn, Graetz, zu kennen. Ich glaube nicht, daß ich den Befehl gegeben habe, Gröschke zu schlagen oder ihm denM u n d z u ö s f n e n". Ich habe ihm wohl nur geraten, er solle antworten, sonst werde ihm der Mund geöffnet werden. Ich habe dann ein Protokoll der Angaben Gröschkes über kommunistische Waffenlager aufnehmen lasten, und zwar gab er an, daß in Frankfurt   Flugzeuge vergraben seien, daß sich ein Waffendepot auf einem Kahn befinde. Als ich ihn nach dem Namen von Hundertschaftsführern fragte, nannte er mir eine Reihe von Berliner   Kommunistenführern, und zwar angeblich ehemaliger Eisenbahnoffizier« und Kavalleristen. Nachmittags vernahm ich ihn nochmals und habe ihn dann an Hand seiner Angaben vom Vormittag umgekehrt ge- fragt, nannte immer Straße und Hausnummer und ließ mir den dazu pastenden Namen nennen. Gröschkes Antworten waren so genau, daß ich den Eindruck hatte, er sage die Wahrheit. Ich er- stattete Oberleutnant Raphael wiederum Meldung, und dieser beauf- tragte Leutnant Schrenk und mich, zur Abteilung nach Küstrin   zu fahren, wo sich gerade Schulz befand, und ihm Meldung zu erstatten' und um weitere Weisungen zu bitten. Wir trafen Schulz im Geschäftszimmer der Abteilung. Er stellte verschiedene Fragen, worauf Schrenk den Vorschlag machte. Gröschke dem Gericht zu übergeben, was Schulz aber ablehnte, weil jener vorher in der Zentrale im Zeughos zuviel Einblick bekommen habe. Ziemlich unvcrmillell richlclc dann Schulz an mich die Frage. ob ich schon einmal jemand umgebracht habe. Ich verneinte das und sagte, ich hätte immer nur meine Pflicht getan. Darauf fragt« er mich weiter, ob in meiner neuen Heimat Moor- ch e r seien, was ich ebenfalls verneinte. Darauf machte mir
Schrenk heimlich ein Zeichen und wir entfernten uns bald daraus, um zum Fort zurückzukehren. Vors.: Ist nicht auch eine Andeutung von Gift gemacht worden? Angekl.: Ich glaube ja. In der Nähe der Kommandantur trafen wir dann Schulz noch einmal, und da sagte er, er habe kein Gift bekommen. Das war wohl an einem Freitag, am Sonn- abend ging ick dann auf Urlaub und sah Gröschke dann nicht mehr. Zu Hause stellte ich dann fest, daß die Namen der ehemaligen Eisen- bahnerofsizicre, die Gröschke mir als Hundertschaftsführer angegeben hatte, nicht stimmen konnten. Nachdem ich wieder zum Fort Gorgast  zurückgekehrt war, meldeten sich eines Tages zwei Mann bei mir auf der Schreibstube, und zwar K l a p p r o t h(Willi) und Vogel als abkommandiert zu unserer Kompagnie. Gleichzeitig wurde ,ch zum Geschäftszimmer besohlen, wo Raphael war und wo auch ein Feldwebel saß, der mir den Rücken zudrehte, so daß ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Vors.: Wann war das? Angekl.: Ich habe erst nachträglich erfahren, daß das der Tag war. an dem Gröschke aus dem Fort verschwand. Raphael sagte mir, die beiden abkommandierten Leute hätten sich etwas zuschulden kommen lassen und müßten auf Strafwache, und zwar 4 Stunden hintereinander, ziehen. Ich ließ sie sofort auf Posten aufziehen, und zwar amTorundanderArre st zelle. Am nächsten Morgen wurde mir schon srüh die Meldung erstattet, daß Gröschke von außen befreit und ausgebrochen sei. (Schluß im Hauptblatt.)