vlettstag 2. November 1H2S
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Drei öeutsche Markstücke. Eine Geschichte um britische Bergmannskiuder. von Max Dortu . Bochum . Im Sommer. Die Luft ist schwül. Ein Gewitter zieht nordher heraus. Die Industrie seufzt und poltert mit ihren tausend Maschinen. Die Zechentürme lassen ihre Seilrader wie Spindeln der Ewigkeit— sausen und sausen. Und Jupp Storm verspeist guten Appetits sein Margarinebrot. Jupp Storm ist sechs Jahre alt. Ein Bergmannskind. Jupp sitzt aus der Bank des kleinen Schreber- gärtchens, das grenzt ans Haus. Blumen blühen rot und blau und gelb. Nun donnert es, das Gewitter ist da. Hagel prasselt hart vom Himmel herab, die Rauchfahnen der Fabrikschlote senken sich unterm Druck des Windes wie schwarze Leichentücher auf die arbeitende Stadt Bochum . Blitze blau und Blitze schwefelsorben— Klein- Jupp bekommt Angst— hu, dieser Donnerschlag! Und weinend läuft Jüppchcn hinein ins Elternhaus— der Donnersturm jagt hinter d-m Kinde Storm einher. Abends am Bette sagte Jupps Mutter:.Junge, du hattest Angst vor dem Gewitter, warum?"—.Ei. ich weiß nicht," erwidert Klein- Jüppchen.— Mutter:.Fürchte du nicht den Donner, und fürchte du nicht den Blitz, Jupp, ober fürchte du Hunger und Rot. Unser Bater arbeitet noch im Pütt, wir haben Brot, in England aber— die Bergmannskinder, die hungern. Gute Nacht. Herzblatt." Jüppchen schlief«in. Die ganze Nacht hin träumte er von Brot, er grisf nach Brot, wollte er aber zupacken, schwuppdil war's Brot weg. Vater sagte am nächsten Morgen:.Wir müssen Geld sammeln, für die hungernden Kinder der Kollegen in England."— Da ging Klem-Jupp an den Küchenschrank, dem entnahm er seine Sparbüchse: .Da Vater," sagte er,.gib du das den Kindern, die kein Brot haben." Vater küßte feinen Zungen, Mutter nahm' ihn auf den Arm, sie weinte, eine heiße Trän« siel auf die blanke Wange ihre« Knaben. In der Sparbüchse war rund eine Mark drin, lauter Kleingeld, Dater wechselte das ein— es gab eine Silbermart, und die wanderte den internationalen roten Gewerkschastsweg— hin nach England. Jüppchen, schön Dank! Leipzig . Sommer. Strahlende Sonne über dieser großen Ucißigen Stadt. Die Rotationsmaschinen summen und summen. Buch wird um Buch. Aennchen Schilf aber geht im Johannapark spazieren. Aennchen ist dreizehn Jahre alt. Der Wind rauscht in den hohen Ahornbäumen. Der gelbe Kies knirscht unter dem Schritte des Mädchens. Halt! Aennchen bleibt plötzlich hart stehen— sie schaut scharf in den Kies des Weges— hei noch einmal, da funkelt was in der Sonne. Aennchen hebt's aus— es war ein funkelnagelneues Einmarkstück. Zu Hause sogt Aennchen, Aennchen das Buchdruckerkind:„Du, Mutter, dies Markstück, das ich im Park fand, das bringe ich an die Sammelstelle für die streikenden Berg- lcute in England."—.So ist recht, mein Töchterlein," sagte Aennchcns blasse Mutter,„man muß immer sozialistisch denken und handeln: Gemeinschaft, Solidarität!" Stadt Chemnitz . Im Sommer. Die Webstühle greifen und greifen, nach Garn und Garn. Da wird Tuch, da wird Musselin- stoff, da wird Kammgarn. Webe! Webe! Webe! Sommer. Es regnet. Fester Land- und Stadtregen. Alles grau, schlechte Seelen- stimmung. Das ziegelrote Schulgebäude. Und der sozialistisch« Lehrer sagt:>Na, Jungens, habt ihr'n paar Groschen mitgebracht, siir die notleidenden Kinder der englischen Bergleute?"—„Jawohl, sicher!" Und Hans Schmal, der grünäugige neunjährige Hampel- mann, der geht zum Pulte des Lehrers, und am Pulle läßt er'n silbernes Markstück springen:„Das Hab' ich mir verdient!"— „Womit?"—„Ich trage die Arbeiterzeitung aus."—.Brav'. Junge," sagt der rote Lehrer,„du wirst mal'n guter Sozialift. Die Bergmannskinder in England danken dir durch meinen Mund!" Herbst. Der Sturm wühlt die See auf. Die Nordsee hat weiße grimmige Zähne, sie beißt auf Schiff und Schijs. Manch armes kleines Fischerfahrzeug muß hinab in die Tiefe, drunten warten Neptuns grünhaarige Töchter, sie packen den Hochseefischer in ihre weißen lallen Arme, sie lieben den Seemann — nie wieder kommt er ans Licht des Tages, für alle Ewigkeit muß er wohnen im Wasserschloß Neptuns, im roten Korallenschloß, da drunten in der Tiefsee. Herbst. Sturm! Sturm! Sturm! Sturm auf der See. Sturm über Land. Schottland . Uebers Hochland hin reiten Normannenheere, Er- oberer, Wolkenzüge und Wolkenzüge. Di« wilden Kriegshörner gellen schrecklich— der Sturm überm Hochmoor. Wer schreitet da durchs Moor, in seinen roten weiten Mantel gehüllt? Das ist der Dichter der Arbeit: Robert Burns! Wohin schreitet Robert Vurns? Zu den streikenden Bergleuten. Hunger schaut weißgerippig aus allen kleinen Bcrgmannshöusern Alt-Schottlands. Die Kinder haben tiefliegend« Augen, sie lachen nicht mehr, sie weinen aber auch nicht. sie haben gar kein rechtes Leben in sich. Der Streik. Die Not. Die Hoffnungslosigkeit. Hoffnungslosigkeit? Ja, bei vielen. Aber mancher streikende Bergmann beißt die Zähne aufeinander, daß es knirscht: Wir beugen uns nicht— mag's splittern oder brechen. Das einsame Bergmannshäuschen in Schottland . Schwarzgc- brannter Backstein, eine kleine Türe, vier kleine Fenster: dunkel, ohn« Gardine, weißgerippig schaut der Hunger heraus. Im Stalle meckert eine magere Ziege. Auf der Türschwelle des kleinen Berg- mannshäuschen sitzt der Knabe John O'Roak. zehn Jahre alt. er horcht auf den Gesang des herbstlichen Sturmes: Revolution schwingt dieser Gesang! Gelbe Herbstblätter vom Erlenbaume her wirbeln im Sturme -wie gelbe Schneeflocken. Hier kommt der Mann im roten Mantel, der Dichter Alt» Schottlands , der Dichter der Arbeit, der Trutzendc:„Trotz alledem und alledem!" Hier kommt Robert Burns zu dem Knaben Jon O'Roak, der da auf der granitenen Türschwelle de» kleinen schottischen Bergmannshäuschens sitzt. Robert Burns im roten Mantel, lein schnecbleichcs Antlitz— der Knabe erschreckt, da greift Burns in feinen Lederbeutel, der am schwarzen Mantelgurt hängt: Und Burns schenkt dem Knaben Jon OMook ein blankes Silderstück. einen Schilling— der war das eingewechselte Markstück des Knaben Jupp Storm aus Bochum im deutschen Ruhrland. Bums sagt:„Die, Geld kommt von deutschen Kindern" Dann geht er weiter. Der Knabe aber stürmt ins Haus:..Mam'! Loofcy here, Ope Shilling frorn gor man children. Ein eouberschilllng von deutschen kind«rnl Abend» gab«» weiße»»rot und Fmchtmarmelade— soviel der Jon O'Roak immer essen mochte: Das war gekaust für das Mark-
stück des Jupp Swrm in Bochum . Diesen Abend schlief der kleine schottische Bergmannsjunge ohne Hunger ein. die Nacht träumte er. an seinem Bette stände ein deutsches Kind, mit großen runden Augen, wie Feuer glühten die. Und Jupp Storm in Bochum träumte, daß er unter einem blühenden Kirschbaum schlafe, die Bienen summten, die Sonne tanzte im goldenen Kleide aus der blauen Himmelswiesc— das alles war so sehr schön, so recht, recht beglückend.-- Die Grafschaft Forkshlre. In Mittelengland . Herbst. Der Fluß Ouse geht sehr hoch, gelbgraugelbe Regenfluten, manche Wiese ist überschwemmt. Die alle Stadt Aork. Mit gotischen Kirchen und Klöstern, efeuumsponnen. Es regnet. Der Sturm. Der Herbst. Bormittags. Ein mächtiger Regenschirm wandert durchs Land. Unter dem Regenschirme geht Mary Sin, die Bergmannstochter, zwölf Jahr« alt, schön wie eine Rosenknospe. Es regnet, es stürmt, aber Mädchen Mary Sin trillert für sich ein kleines feines Liedchen, denn heute Mittag gibt's satt zu essen. Im Hcnkelkörbchen trägt Mary Sin— Fische, gekauft für ein silbernes Schillingstück, dieses silberne Geldstück wurde im Johannapark zu Leipzig von dem deut-
küstrin.
schen Arbeiterkinde Aennchen Schilf gesunden, als silbernes Mark- stück im gelben Kies des Weges. Aennchen in Leipzig fand Nahrung für Mary in Porkshire. Es stürmt,«s regnet, der Fluß vuse wellt wild mit gelbgraugelben Fluten— aber Mädchen Mary Sin singt und singt ihr kleines feines Liedchen: Heute Mittag gibt's Fisch, Dank den sorgenden Kindern in Deutschland !-- Irland . Irland: die freiblütige grüne Insel im stürmischen, herbstlichen Ozean. Der Atlantik spielt Orgel. An den Klippen Irlands tanzen zum Orgelspiele die flackernden Drandungsmädchen. weißleibig. sturmgischend, kaum geboren: schon sterbend! Um im nächsten Augenblick« wiederum zu sein. Gischtl Gischt! Gischt! Aus- wirbeln um schwarze Klippen die weißen Zungen der See. Schaum. Traum— Sein und Tod! Irland. Da» Bergmannsdorf. Mitten im Dorf« drin sitzt der alle graue Spielmann, der spielt auf buchsbaumhölzerner Flöte, der Sagcnmann, der Volksmann, der den Kindern die allen schönen, gälischen Märchen erzählt. Da vergeht den Bergmannsktndern dann de� Hunger.— Streik auf den Zechen! Trilltütü— tütitrill! Der Pfeifer im Dorfe zu Irland. Die Kinder horchen und horchen. Am Himmel jagen die grauen wilden Esel: angstgetrieben! Löwe Sturm verfolgt die Wolken. Der Spielmonn endigt sein Lied. Er steht aus, er schüttelt sich, das ist: als ob der Sturm einen Pappelbaum schüttele.— Und so sehet doch das Wunder, aus den allen grauen Kleidern des irischen Spielmann» fallen heraus— lauter blank» silberne Schillingstücke. Kinder, greift zu! greift zu! Und Klein-Nelly eroberte sich im Gestrudel des Kinderbalgens auch«in Silberstück, das war die umgewechselt« Silbermart des grünäugig«» Knaben Hans Schmal in Chemnitz . Hans Schmal, freue du dich! Dein Markstück wird heute Mittag das achtjährige Bergmannsmädchen Nelly Cheß sättigen. In Irland ! Mittag. Im irischen Bergmannshuus. Heute ist Feiertag. Heute gibt's australianischcs Hammelsleisch mit Potatoes, mit Kartoffeln. Das Fleisch ist bemessen, aber Kartoffeln gibt's heute so viel als ihr wollt, Kinderlein, freut euch— und speiset! Nelly Cheß ließ sich das nicht zweimal sagen, jetzt hat die Mutter ihr den Teller schon zum dritten Male mit Kartoffeln aufgefüllt. Schade, daß das Fleisch schon alle ist, der gefrorene Hammel aus Australien . * Meine lieben Freunde. Ich habe nichts mehr zu sagen, die Ge- schicht« ist um. Hier sprach das Kinderherz Deutschlands und das Kinderher, Britannisns. Ein leichtes Gcjprudel von Herbstbächeu. das Wasser floß dahin, und di« Wolken flössen dahin: sturmge- trieben! Alles ist nun fort. Blieb gar nichts? Doch, etwas blieb. Was denn? Das Bewußtsein der Solidarität, die Internationale der Liebe— die blieb! In ihrer schönsten Prägung, im gütigen Herzen der Kinder. Keine schönere Verbundenheit von Bolk zu Volk— von Mensch«u Mensch— als die Internationale der roten gütigen Kinderherzen. Das Kind ist in seiner Liebe immer rein und hilfereich, wollen wir nicht werden wie die Kinder? Da braust der Herbststurm sein donnernde»: IaI Ja! Ja!
flllsrseelen. Pcn Hermann Schützing«!. Jeder Mensch hat in der Einöd « seine» AlUcgskalenders einen Tag, an dem plötzlich gegen alle Konvention in seinem Innern ein« Satt, ms Schwingen kommt und ihn, je mehr«r an di« Vergangen- beit denkt, mit einem lauten, immer stärker anwachsenden Ton erfüllt. So geht es mir alle Jahre an Allerseelen, wenn die übliche Herbst-
Seitag» öe» vorwärts
stimmung über die kahlen Wälder und die festgefroreneu Aecka herunterfällt und die Totenstarre des Wimers di« Natur erfaßt. Dieses starke Erinnern an unsere improvisierte Aller- seelenfeier im Herbst 1314 am Ban de Sapt Hot bei Gott nichts mit der kitjchig-sentimentalen KirchhofsromaMik im Stil der„Rasenbank am EUerngrab" oder ähnlichen Allerseelen-Senti- Mentalitäten zu tun. Damals, als mit dem Einbruch des Novembernebels die große Schlacht im Westen plötzlich zum Stehen kam und sich die Front zusammen mit der sterbenden Natur mit einer gespenstigen Stille in den Boden fraß, da waren wir eigentlich allesamt kein« normalen Menschen mehr, da schwebten wir unter dem Druck des Ungeheuer- lichen, das in zwei kurzen Monaten über uns hinweggestampft war, stimmungsmäßig zwischen Leben und Tod! Da waren die lünfhunderttousend Menschen, die diese eine Schlacht gefressen hat, unter dem Boden noch gar nicht recht erkaltet und wir— wir dachten, dos geht nun so weiter, bis wir allesamt da unten sind! Kein Wunder, daß wir i» dem Trancezustand der großen Schlacht nach Irgendeinem Schallrohr suchten, durch das wir das Ungeheuerliche brüllen konnten und so begingen wir, wie Kinder (oder wie vor dem Tod erschlaffte Greise), wie wir's zu Hause gesehen hatten, das„Allerseelensest. Die Kompagnie bestand aus katholischen Bauern und aus pro- testantischen Proletariern: ein paar lüdische Handlungsgehilfen waren auch dabei. Als der protestantisch« Feldgeistliche , den wir damals zum erstenmal zu Gesicht bekainen, vor unserem Abmarsch zur Ab- lösung an die Front zu uns in di« Dorfkirche von Chatas kam. waxen wir allesamt seelisch so ausgebrannt, daß uns die Erscheinung des Divisionsgeistlichen in unserem Massenstall zunächst wie ein' Witz vorkam. Wir schoben die Mäntel und Decken, die wir zum Trocknen über die Kirchenbänke gespannt hatten, hinten zusammen, räumten die Gewehre, die Wischstricke, Werg und Oel etwas zur Seite und hockten uns mit untergeschlagenen Beinen um den Pastor. Wenn da plötzlich ein russischer Pope oder ein mohammedanischer Kirchenbonze vor uns gestanden hätte, hätten wir in unserer seelischen Bedrückung uns genau so andachtsvoll um ihn gesetzt. Der Herr Pfarrer entschuldigte sich zuerst, daß er als evangelischer Geistlicher zu einer rein katholischen Truppe gekommen sei— doch da protestiert ganz hinten aus der Bank ein hagerer, fränkischer Proletarier: �Herr Pastor, hier sind auch evangelische Christen!" Der Satz klingt mir heute noch im Wortlaut in den Ohren, so hat ei sich mir in da» seelisch ausgelockerte Hirn gefressen. Es lag kein froher Bekennermut in dem schlichten„Zwischenruf" des Proleten, sondern die stille Frage:„Mein Herr, ibr habt uns im evangelischen Glauben erzogen— was sagst d u zu dem. was hinter uns liegt?" Am Spätnachmittag sind wir dann in die Stellung am Ban de Sapt eingezogen, mit Sack und Pack haben wir uns in die Schützen- löcher und in die kalten Gräben gelümmelt und erwancn die Nacht. Da kommt der„Sanitätsschnapser", ein Weltenburger.Laienbruder" zu mir und verkündet mir geheimnisvoll:„Am Berg oben feiern's Allerseelen. Kommens doch mit uns!" Tatsächlich stand der Reserve- und Berettschastszug. mit dqm Gewehr in der Hand— wir waren vielleicht vierhundert Meter vom Feind— um irgendein Soldatengrab(ein Sanitätsunwroffizier vom 8. Bayerischen Ersatzbataillon lag drin) und richtete sich sein»Aller- seelen , so gut es eben geht, zurecht. An den vier Enden des Grab- Hügel» brannten vier kümmerliche Lichter, wahrscheinlich aus dem Packwagen geklaut, und ein Kranz aus Tannenreisig hing an dem üblichen, mit der Pickelhaube geschmückten Soldatenkreuz. Mit brennenden Augen starrt die ganze Kompagnie, die gewohnt war. daß man die Toten wie lästiges Aaszeug zur Secks wirst, auf das ungewohnte Bild, die Oberfranken singen ihr„Jesus , meine Zuvxr- ficht!" wie man die» in der Schule gelernt hat, und die bayerischen Bauern beten mit singender Stimme ihren Rösenkrank. ein„Ave" um das andere hinter dem„Vorbeter" her. Mit Religion hat das nichts zu tun: das fühlen wir allesamt! Es ist, wie wenn ein mit Gift und Galle überladener Körper plötzlich zu kotzen beginnt, wie wenn uns das achtwöchige„Menschenschlacht- Haus" plötzlich die Kehle heraufsteigt und sich in einem heiseren Brüllen aus unseren Kehlen löst. Und so bellt der Sterbechoral eiysr verzweifelien und verstörten Jnfanteriekompagnie wie eine grimmige Anklage gegen Gott und die Welt über den Berg. Bor einigen Wochen stand ich zum erstenmal wieder am selbe» Platz. Es war bereit» Herbst und derselbe frostige Abendnebel zog wie damals zum Hurbache-Bach hinab. Ueber dem Chaos der Schützengräben wuchert eine schützend« Decke von Ginster. Busch- werk und Moos und an derselben Stelle, an der wir„Allerseelen" feierten, dehnt sich ein riesiger Soldatenfriedhof. Der Friedhüf- Wächter nimmt sich meine Zigarre, steckt sie in Brand und erzählt: „Wann wir den meisten Betrieb hier haben? O— an Allerheiligeyl Da kommen die Kriegervereine des ganzen Devartsmeuts und die „Sociätä cke tir!"—„Was ist denn das?"„Der Eckiützenverein!" »So, da« gibt's bei euch auch?"»Jawohl, mein Herr!" Da ist es mir, als wenn ich aus dem Massengrab heraus die alten Soldaten voller Ingrimm bellen und singen hörte:»Jesus, meine Zuversicht!"
Wie groß ist ein Regentropfen! Durch die Untersuchungen des Pariser Meteorologen Faydeau ist die Größe eines Regentropfens bis aus kleinste Teile festgestellt worden. Nach dem Ergebnis der Untersuchungen muß man aller- Vings sagen, daß von der Größe eines Regentropfens nicht gesprochen werden kann, denn die Regentropfen haben eine durchaus vcrschie- dene Größe. Festgestellt ist nur, daß die Durchmesser nicht kleiner werden als V» Millimeter und nicht größer als 31S Millimeter. Zwischen diesen beiden Grenzen schwankt also die Größe der Regen- tropfen, die wir besonders an heißen trockenen Tagen für viel größer zu halten geneigt sind, wenn die ersten Tropfen auf die trockenen Steine fallen und dqrt feuchte Kreise von drei bis vier Zentimeter Durchmesser bilden. Faydeau gibt auch genau an, wovon die Größe der Regentropfen abhängig ist, mann der Regentropfen größer und wann sie kleiner sind. Die größten Regentropfen hat der Hoch- sommer auszuweisen, während der sogenannte seine Sprühregen in der kälteren Jahreszeit fast ausschließlich vorkommt. Im Hoch- sommer, besonders nach einer langen Trockenheit, sind die Lustschich- ten ziemlich hoch über dem Erdboden erwärmt und lassen Wolken- bildungen nicht zu. Die Wolken können sich erst in einer beträcht- lichen Höh« bilden. Sowi » der Wasserdamps in der Lust, an» dem die Wolken bestehen, sich verdichtet, bildet er ganz kleine, feine Tröpfchen von'/->» bis Millimeter Durchmesser. Diese kleine» Tröpfcycn vereinigen sich mst den dicht daneben befindlichen zw größeren. Ist die Wolkenbildung recht hoch, dann findet die Qer. einigung von recht vielen kleinen Tröpfchen statt und e« entsteht auf diese Weise«in recht großer Regentropfen. Au» diesem Grunde kommen di« großen Regentropfen soft nur Im Sommer öor, weil nur in dieser Jahreszett die Wolken die g, eignete Höhe haben. Bei kaltem Wetter ist die Wärmeausstrahlung der Erde einer Wolken- bildung in verhältnlsmäßiq tiefen Lustschichten nicht hinderlich. Der Regen fällt bei kalter Witterung also au» verhältnismäßig viel ti-ieren Höhen als bei warmem Wetter. Die Regentropfen sind nickt in der Laue gewesen, beim Durchmessen einer großen Luft- sirecke viel feine Tröpfchen in einem einzigen zu sammeln, son- dcrn fallen sehr schnell nach ihrer Bildung aus Wasserdamps zur Erde meder. Daher kommt im Herbst der unangenehme und feine Sprühregen, der ansang» von un» wenig bemerkt wird und uns trotzdem ganz genau so durchnäßt«i» ein richtiger Sturzwgen. vor dem wir unter das schützende Dach der Häuser fluchten.