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den Arbeiterquartieren helen. Die Unterernährung der Arbeiter macht sie für Unfälle leichter empfänglich, aber auch ihre Leistungsfähigkeit wird eingeschränkt, und das sicher nicht zum Nuzen der deutschen Wirtschaft. Das Mindeste, was zur Ver­hütung der Unterernährung geschehen muß, ist eine wesentliche Erhöhung der Unterstügungssäge, wie sie die sozial­demokratische Fraktion in folgendem beantragt:

1. Die Bezüge fämilicher Hauptunterſtügungsempfänger um 30 Proz, die Familienzuschläge um 20 Proz. zu erhöhen.

2. Jm§ 7 den Abfah 1 der Verordnung über Erwerbslosen­fürsorge vom 16. Februar 1924 mie folgt zu fassen: Eine be. dürftige Lage ist vorbehaltlich der Bestimmungen in den Abfägen 3 bis 5 nur insoweit anzunehmen, als die Einnahmen des zu Unterstützenden derart geringe find, daß er nicht imftande ist, damit den notwendigen Lebensunterhalt zu bestrei ten. Der Besitz von Hausrat, einem kleinen Eigenheim oder eines landwirtschaftlichen, handwerklichen oder gewerblichen Zwerg­betriebes darf nicht zur Berneinung der Bedürftigkeit führen. mit tiefer Erschütterung, so fährt der Redner fort, haben wir den Bericht über den Prozeß gegen die Attentäter von Leifer de gelejen. Wir mußten hören, wie sie durch ganz Deutschland umher­irrten, wie sie in einem Raum unterkommen follten, der 20 Schlaf­gelegenheiten hatte, aber 50 Menfchen aufnehmen mußte. Das Essen wurde ihnen verweigert, und so nimmt es nicht Wunder, daß zu dem Elend der Erwerbslosigkeit auch noch die moralische Ver­nichtung hinzutrat. Ich richte eine Warnung an die Regierung. Ratastrophen ereignen Tag und Tag, wenn auch nicht mit fo folgen: fawerem Ausgang wie in Leiferde , aber nicht weniger tragisch. Ich erinnere an die vielen Selbstmorde, an die Familientragödien, wo Mann und Frau aus dieser Welt hinausgehen und die Kinder mit sich nehmen, weil sie an ihrem Fortkommen verzweifeln. Kein Tag vergeht, wo nicht in der Presse über derartige Tragödien berichtet wird. Diese Zustände müssen auch zu Folgen politischer Art führen. Ein vorsichtiger Mann wartet nicht, bis ihm die Fenster fcheiben eingeworfen sind, sondern er schützt sich rechtzeitig durch Fensterläden. Nach diesem Bilde muß die Regierung handeln, fie muß rechtzeitig der Not der Erwerbslosen steuern, bevor diese zur Ver­zweiflung getrieben werden.( Sehr wahr bei den Sozialdemokraten.) In der Unternehmerpreffe fann man lefen, daß die Erwerbslosen­unterstützung vielfach zu einer Sinefure werde. Ich möchte den Leuten, die jo etwas schreiben, wünschen, daß fie einmal ein Jahr lang in den Genuß einer solchen Sinefure tommen follten. ( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Unter dem Vorwand des Abbaues find vor allem die Löhne niedrig gehalten worden, und bei Lohnstreitigkeiten haben die Schlichtungsstellen immer mehr eine Notlage der Unter­nehmer als der Arbeiter angenommen. Die Unternehmerverbände meffenen Anteil am Ertrage der Arbeit zu nehmen. Die häufig fo wollen die Arbeiter und Angestellten daran hindern, einen ange­geringen Arbeitslöhne dürfen nicht maßgebend fein für die Meffung der Erwerbslosenunterstügung; wenn die Löhne zu niedrig find, so müssen sie eben erhöht werden. Nun wird behauptet, daß die Er­höhung der Unterstügungen zu einer Verringerung der Arbeitsluft führe. Mir find Aeußerungen prominenter Persönlichkeiten befanni, aus denen gerade das Gegenteil hervorgeht. So hat am 15. Oktober der Landrat Kaiser , ein früheres Mitglied dieses Hauses, aus­geführt, daß sich die Erwerbslofen zu jeder Arbeit geradezu drängen, und mag fie noch so schmuhig sein. Jeber Erwerbslose wolle bei Not­standsarbeiten berücksichtigt sein, er fühle fich benachteiligt, wenn er nicht eingestellt wird. Diese und ähnliche Aeußerungen zeigen doch, daß der Borwurf, die Erwerbslosenunterstützung beeinträchtige die Arbeitsfreudigkeit, völlig ungerechtfertigt ist.

Bei der Beurteilung der Erwerbslosennot fönnen wir auch nicht Folgen der Rationalisierung

an den

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Vor dem Ende.

Klärung im englischen Grubenkonflikt. London , 5. November. ( Eigener Drahtbericht.) Der Freitag, der 189. Tag des Kohlenkampfes, stellt insofern eine entscheidende Etappe in der Kohlenkrise dar, als die Berhandlungen nunmehr in ein Stadium getreten sind, das zum erstenmal seit Beginn des Streits eine Beilegung des Konflifts binnen wenigen Tagen als wahrscheinlich erscheinen läßt. Der ganze Tag war von einer großen Anzahl von Sigungen und Ber­handlungen ausgefüllt. Zunächst trat die Erefutive der Bergarbeiter zusammen und fam, wie in der Meldung vom Donnerstag voraus­gesetzt wurde, zur Feststellung, daß als Ergebnis der gestrigen Dele­giertentonferenz der Generalrat zur Fortsetzung seiner Be­sprechungen mit der Regierung offiziell ermächtigt werden könne. Inzwischen war die Delegiertenversammlung der Bergarbeiter wieder entgegen­zusammengetreten, hatte den Beschluß der Exekutive genommen und offiziell bestätigt. Das mit den Verhandlungen mit der Regierung betraute komitee des Generditats der Ge­werkschaften begab sich hierauf zur Downinigftreet 10, wo es vom Ministerpräsidenten und dem erweiterten Kohlentomitee des Ministerrats empfangen wurde. Kurze Zeit, nachdem der Generalrat sich zum Ministerpräsidenten begeben hatte, fiderte es durch, daß Baldwin auf Grund der Mitteilungen des General­rats sich in der Lage fähe, eine Abordnung des Berg­arbeiterverbandes zu empfangen. Die Vertreter der Berg­arbeiter- Erefutive begaben sich hierauf zum Ministerpräsidenten, wo sie bis mittags verhandelten. Diese Verhandlungen wurden nach­mittags neuerdings auf die Dauer von zwei Stunden wieder auf­genommen. Es handelt sich um Vorschläge, die das Prinzip der von den Unternehmern geforderten distriktsweisen Regelung der Arbeits­zeitbedingungen mit dem Prinzip des nationalen Cohnabkommens, das die Bergarbeiter fordern, vereinigt. Es handelt sich um den distriktsweisen Abschluß von Berträgen, die später national zufammengefaßt werden sollen. Außerdem follen diejenigen Grundsätze festgelegt werden, die bei sämtlichen Distrikts­verträgen angewandt werden sollen.

am

Die Bergarbeller begaben sich hierauf neuerdings nach Kings­wayhouse, wo die Delegiertenkonferenz der Bergarbeiter auf die Vertreter des Generalrats gewartet hatte. Die Unterredungen mit der Regierung werden Sonnabend nachmittag wieder aufgenommen. In der Zwischenzeit wird eine tere Besprechungen zwischen den Bergarbeitern und dem Sihung des vollen kabinettsrats einerseits und wei­Generalrat andererseits flattfinden. Der Generalrat wird bei der Sonnabendfihung, die allgemein als entscheidend ange­fehen wird, mitanwesend sein. Die Regierung war ununterbrochen mit den Unternehmern in Verbindung, und auch die Unternehmer follen eine nachgiebigere Haltung als bisher eingenommen haben.

anderswo junge Leute zuweisen läßt und auch nationalistische Organisationen für diesen 3wed heranzieht.( hört, hört.) Ich frage noch einmal, was soll aus den Opfern der Rationalisierung, aus den Opfern des jezigen Wirtschaftssystems werden? Es ist flar, daß die Erwerbslosenuterſtüßung allein nicht genügt, daß auch die Arbeitsbeschaffung nicht alles decken kann, was die Erwerbslosen verlangen müssen.

Wir müssen zu einer Aenderung des ganzen wirtschaftlichen Syftems fommen, den Arbeitern und Angestellten muß das Mitbestimmungsrecht in der Wirtschaft gegeben werden, um die Möglichkeit zu schaffen, entsprechend der Rationalisierung neue Arbeitskräfte einzustellen, in Berbindung mit einer Berkürzung der Arbeitszeit.

vorübergehen, wie sie jetzt durch unser ganzes Wirtschaftsleben hindurchgeht. Die Bergwertszeitung" berichtet, daß im Bergbau von mechanischen Kräften im Jahre 1913 5 Proz., im Jahre 1925 aber 45 Proz. der Arbeit geleistet worden sei. Es voll. zieht fich also hier eine ungeheure Berdrängung der menschlichen Arbeit. Ein anderes Beispiel: Das Continental- Wenn zu der wirtschaftlichen Not nicht noch eine weitere Beein­Werk in Hannover hat 1920 23 500 Arbeiter beschäftigt, 1925 15 300, trächtigung der moralischen Zustände treten soll, dann müssen end­jetzt find es nur 7500. Die Rationalisierung des Betriebes hat es lich wirksame Maßnahmen getroffen werden. Diese Notwendigkeit bewirkt, daß mit diefer geringeren Arbeiterzahl die Warenerzeugung muß endlich die Regierung einsehen, solange es noch Zeit dazu ift. gedeckt werden konnte. Jn abt Stunden wird heute mehr geleistet,( Lebhafter Beifall bei den S03.) als 1913 in zehn Stunden geleistet worden ist. Da drängt sich doch die Frage auf, was foll aus diefen Opfern der Krife werden? Nun folgt die Continental- Fabrit dem Beispiel anderer Großbetriebe, indem sie bei der Wiedereinstellung nicht auf die alten Arbeitsfräfte zurückgreift, sondern sich von der Post und

Gitter der Großstadt.

CCVon Erwin Frehe.

Aus dem dumpfen Laden hatte der Tierhändler einen Käfig hinausgestellt ins Freie der Straße. Umspült von Staub und Schmus, umbrauft von fremdem Gewühl und Leben, hing er dort als anpreifendes Schauftüd; furchtsame Tiere äugien aus ihm in eine unbekannte Welt. Berbannt aus den lichten, grünen Bezirken der Waldheimat, schreckte sie die wilde, unraftvolle melodie des Werktages zurück in die äußerste Ecke ihres engen Berließes.

Eichhörnchen fauerten im Käfig; verwirrt durch die niegeschaute Umgebung buckten sie sich an den Boden, Körper an Körper ge­schmiegt. Nur ein Tier saß auf der kleinen Vogelstange, wippte grazios mit dem braunbuschigen Schwanz und schien dem trubelnden Treiben ganz unbefümmert zuzusehen.

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Die Stadt tofte im Rausch eines gigantischen Arbeitstattes. Jedoch in dem kleinen Waldtier zuckte teine Mustel. Mit starrem Auge, wie von einer namenlofen Erinnerung durchzogen, sah es nach der anderen Seite der Straße, wo ein breitästiger Baum im smaragdenen Blätterschmud hochgriff in den Raum, den das Hoch­haus ihm ließ. Wer achtet auf so einen armseligen Baum in der Großstadt Aber in den fleinen dunkelschwarzen Augen des Eichhörnchens glomm es mit unfagbar wehmütigem Glanz auf. Ein Baum ein grüner Baum: dunkel dämmerte da im Gedächtnis das wogende Meer der vom Wind bewegten Kifernfronen auf, das versteckte Neft im schwankenden Geäste, die rasenden, spielerischen Jagden von Baum zu Baum, oder die Liebeskämpfe, wenn der Frühling in den Wald zurückkehrte. Jezt ragt bort drüben eigentlich nur etwas Grünes hoch, seltsam gebrochen durch eine Reihe ver gitterter Stäbe, aber es ist doch der rätselhafte Ruf einer nahen Bergangenheit, die Farbe der Freiheit, vor der der Blid des rost. braunen Tieres erstarrt und der Leib erzittert wie von jäher Be­gierde aufgeftachelt fauchend schnellt der fleine Körper auf und wirft sich mit wildem Sprung an die eiserne Bergitterung: wie anders stießen die Krallen sonst in die Baumborte, daß sie Splitterte

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Abg. Schulh- Bromberg( Dnat.) verliest eine Erklärung, wonach die Erwerbslosigkeit nur durch eine völlige Neueinstellung der deutschen Wirtschaftspolitit überwunden werden fönne. In erster Linie müsse die landwirtschaftliche Produktion dem deutschen Volke Verdienst und Arbeit schaffen. Ernsthaft sei

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sauft des Hammers gleichmäßiger Schlag wie ein begleitender Akkord hinein. Als an jenem Tage der Letzte der Arbeitslosen es war ein Greis, ein Patriarch der Arbeit aus dem Tore trat, blieb er von der Helle des Lichts geblendet stehen. Vor ihm ragte der Dampf­hammer auf, dessen trogigen Schlag er erschauernd in sich aufnahm, der sein Blut heftiger wallen ließ in sehnendem Zurückdenfen. Und oben, die Jungen, wie sie singend im stampfenden Rhythmus schafften, wie der Hammer auf und nieder flog und das Eisenstüd fich in den Sand preßte: mit unbeweglichem Gesicht schaute der Alte hinauf.

Nur seine Augen brannten lohend, mie bei jenem Tier, vom Feuer einer jäh erwachenden Sehnsucht entzündet: warum stand er nicht da oben? Als er sich selbst die Antwort geben wollte, stieß man ihn fort, weil er den Gehenden im Wege stand.

Das Eichhörnchen aber saß längst aṁ Käfigboden bei seinen

zitternden Geschwistern.

Tristan Bernard macht Wize. Tristan Bernard ist der witzigste Franzose, der heute lebt. Er ist in Frankreich ebenso berühmt wie Bernard Shaw in England. D. h.: er verträgt sich etwas besser mit seinen Landsleuten als der bissige Irländer. Kein Wunder, denn er ist ein fröhliches Haus, er lächelt stillvergnügt in sich hinein und spielt sich selber und seinem Publikum die Komödie von der Torheit des Lebens vor. So hat er es auch überstanden und nicht sehr schmerzlich empfunden, daß er es auch überstanden und nicht sehr schmerzlich empfunden, daß er von seinem Freunde und Lobredner in der Komödie" so vor­geftellt wurde, als wenn er eine hochwichtige Kornphäe der Bathetit wäre. Nachdem er so einem Nachmittagsteepublifum mit literarischen Allüren vorgestellt worden war, kritisierte er höchft eigenzüngig das deutsche Preislied, das ihm im Namen Mar Reinhardts gewidmet war und meinte, daß er sich vorfäme wie ein Seehund, der im Tingeltangel von seinem Manager präsentiert wird. Nun, Tristan Bernard ist ein so luftiger Mann, und außerdem in seinem Aeußeren ein so robuster, vollbärtiger Bärenbeißer, daß er die ihm an­getragene Ehrung ohne Schädigung seiner guten Laune ertrug. Dann setzte sich Tristan Bernard massiv auf einen zierlichen Theaterfauteuil, um über das zu plaudern, was er die Psychologie Komödienschreibers" nennt. Man denke bei solchem Titel, den die Schlafmüzen der Philologie sehr schön finden werden, durchaus nicht an etwas Akademisches! Tristan Bernard hat das lebendige Theater im Blut, und bevor er sich den Patriarchenbart wachsen ließ, hat er selber auf mancher guten und schlechten Schmiere gestanden. Schein bar nicht immer sehr erfolgreich. Darum legte er sich auch auf das Stückeschreiben und machte es wie fein Vorfahr Molière , dem er eine entzückende, ins technische Detail gehende Charakteristik widmete. Anekdoten aus der eigenen Theaterpraris, ein fröhliches Begraben von allem, was Bedanterie heißt, und Tristan Bernard hatte seine Stunde ausgefüllt und beeilte sich, seine Hörer und Zuhörerinnen zum gedecten Teetisch zu entlassen.

Die Fenster auf der anderen Seite der Straße sind auch bewehrt mit einem dichten Kranz von Eisenstäben. Eine feine Verbindung führt von dem Käfig der Waldtiere hinüber in die gegenüberliegendes den Räume. Wenig Licht bricht dort durch die schmalen Fenster. Das von keiner Hoffnung, feinem Glauben beseelte Gesicht stumm in die Hände gedrückt, fizen hier Menschen in langen Reihen. Klatschend fallen Spielfarten auf einen improvisierten Tisch; manchmal fommt ein halblautes Geflüster zwischen Nachbar und Nachbar auf: meist endet es in matten, niedergedrückten Bewegungen. Langsam schwimmen Schwaden blauen Rauches an der Decke hin dem Aus­gange zu, mie Wolfen, die Freiheit suchen.

Am Mittag entleert sich der Arbeitsnachweis. Einen Augenblick überschwemmt der schwarze, mutlose Zug die Breite der Straße, um gleich darauf zerstreut zu sein. Auf dem Damm aber wuchtet ein Dampfhammer mit harten, dröhnenden Schlägen schwere Eisenbohlen in den Straßensand. Junge Burschen, geschmeidig und start, bedienen ihn mit einer lauten, offenen Fröhlichkeit, die oft in Lachen ausklingt. In ihre Freude

Borher sprach er noch seine Zufriedenheit darüber aus, daß die Welt wieder sehr angenehm ist. Er meinte, vier Jahre lang haben wir scheußliche Dinge rechts und links vom Rhein erlebt und er verschwieg sogar mit seinem braven Herzen die anderen acht Jahre,

aber diese Aufgabe von der Regierung bisher noch nicht angepact worden. Sie habe die Arbeitslosigkeit als eine afute Krankheit be­handelt, obwohl es sich längst um ein chronisches Leiden am deutschen Volks- und Wirtschaftskörper handele. Die deutschnationale Fraktion sei auch jetzt wieder bereit, öffentliche Mittel zur Linderung der Not zu bewilligen, aber man müsse erst für diejenigen sorgen, die vor ihrer Erwerbslosigkeit in höheren Lohn- und Gehaltsstufen standen und infolgedessen von höheren All­gemeinausgaben, wie z. B. Miete usw., nicht herunter fönnen. Die Regierung und der Soziale Ausschuß habe diese Forderung abs gelehnt. Angesichts dieser Sachlage werde die deutschnationale Fraktion in ihrer überwiegenden Mehrheit die Vorlage ab= lehnen.

Abg. Andre( 3.) erwidert hierauf, daß diese Erklärung den Erwerbslosen nichts nügen fönne. Die Deutschnationalen hätten im Ausschuß nicht mitgearbeitet, sondern sich immer nur der Stimme enthalten. Warum sind die Deutschnationalen nicht in der Regierung geblieben, um ihre Gedanken durchzusehen? 3wei Millionen Erwerbslose bedeuten einen Verlust von 4 Mil­liarden, die der Produktionskraft verloren gehen. Es ist nicht eine Parteifrage, sondern eine Frage der Wirtschaft, wie wir aus diesem Zustand herauskommen können. In Amerika sind die Proletarier zu Bürgern geworden, bei uns werden die Bürger immer mehr zu Proletariern. Diese Ent­wicklung darf nicht so weitergehen. Wir brauchen Lohn­fteigerungen, weil sie die ganze Wirtschaft beleben. Wir halten grundsäßlich am Achtstundent ag fest. Die deutsche Arbeiterschaft zeigt starken Arbeitswillen. Von der Rationalisierung der Wirtschaft müssen auch die breiten Arbeitermassen Nugen haben. Wir begrüßen das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Regierung. Der Redner wendet sich dann gegen die Wirtschaftliche Vereinigung, die die Krisenfürsorge für die Aus­gesteuerten zu Fall gebracht habe. Durch die Haltung der Wirtschaftlichen Vereinigung und der Deutschnationalen sei im Aus­Tariflöhne vorsieht. Weder dem Mittelstand noch den Erwerbs­Schuß ein Antrag angenommen worden, der für Notstandsarbeiten losen werde durch eine solche Politik geholfen.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns ftellt fest, daß die Zahl der unterstüßten Erwerbslosen gegenüber dem 1. März b. 3. um 700 000 abgenommen habe. Bei den männlichen Erwerbslosen betrug die Abnahme 30 Proz., bei den weiblichen 23 Proz. Der Anteil des weiblichen Geschlechts an der Arbeitslosenziffer ist von 1924 mit 10,4 Proz. auf 19,6 Proz. im Jahre 1926 gestiegen. Eine wesentliche Besserung des Arbeitsmarktes ist aber nicht zu verkennen. Die Bemühungen der Regierung zur Arbeitsbefchaffung haben einen gewiffen Anteil an ber Genfung der Arbeitslosenzahl. Bei Reichsbahn und Reichspost des Produktionsprogramms, das die Deutschnationalen verlangten. find Arbeiten im Gange und auch an den Siedlungen und den Land­arbeiterwohnungen wird gearbeitet. Darin liegt schon ein gut Stüd Die dauernde Besserung des Arbeitsmarktes fann nur aus der Wirts fchaft heraus erwachsen.

Es wirkt beunruhigend, wenn bei der schlechten Lage des Arbeits­martis in einzelnen Betrieben noch viel Leberarbeit geleistet wird, um die Einstellung neuer Arbeitsfräfte zu erfparen.

Die Ministerien machen schon bei der Bergebung von Arbeiten zur Bedingung, daß Ueberstunden nicht gemacht werden dürfen. Sollte das feinen Erfolg haben, so wird das Mittel der Gesez­gebung angewandt werden müssen. Das gilt auch für die bedauer. liche Erscheinung, daß bei der Rationalisierung meist ältere Angestellte und Arbeiter entlassen werden, daß man nur den Rechenstift, nicht aber das menschliche Gefühl an­wendet. Die Arbeitsnachweise haben ein gewaltige Arbeit geleistet. Wo ihre Einrichtung in fleineren Gemeinden nicht genüge, hat die Reichsregierung eingegriffen. Die Arbeitslosenuntere stübung in ihrer gegenwärtigen Höhe hat im allgemeinen den Willen zur Arbeitsannahme nicht vermindert; anders würde es aber sein, wenn man den Kreis der Unterſtüßten er­weitert und die Bezüge so erhöht, daß sie höher find, als der Normale John des Unterstützten. Schon jetzt ist dieser Zustand bei vielen Ar beitslosen erreicht. Bei weiteren Erhöhungen muß man also mit einer gewiffen Borsicht vorgehen.

Die Mehrheit des Ausschusses ist bei den alleinstehenden Ledigen über die von der Regierung vorgeschlagene Erhöhung hinaus­gegangen und hat 15 Proz. beschlossen. Ich erkenne an, daß diefe Gruppe der Erwerbslosen bisher besonders schlecht ge­stellt war.

Die Zahl der Ausgesteuerten wird gewaltig überschäßt. Am 15. September standen 5531, also 4,9 Proz. der Erwerbslosen in der 50. Unterstüßungswoche, würden also am 1. Oktober aus­

| die schließlich in bezug auf Sorgen und Inflation und andere Ber­gnügungen nicht von Bappe gewesen sind. So reichte er seine durchaus gewichtige Freundschaftshand symbolisch ins Parkett hinunter, nicht so donnernd wie sein Prophet, trotzdem sehr herzlich. Und außerdem versprach er noch, daß er uns nächstens seinen Bruder in der Heiter­feit, George Courteline, nach Deutschland schicken wird. Courteline soll nur tommen. Das wird sehr hübsch werden. m. H.

,, Die vierundzwanzig Unfferblichen." Zu unserer Notiz in der Donnerstagabend- Nummer schreibt uns der Präsident der

Akademie:

,, Die Akademie der Künste legt Wert darauf, festzustellen, daß bisher weder das Präsidium noch das Sekretariat oder Bureau der Akademie die Liste der tatsächlich gewählten neuen Mitglieder der wenig ist dies seitens der ersten an der Wahl beteiligten Mitglieder Sektion für Dichtkunst irgendeiner Stelle bekanntgegeben hat, ebenso­der Sektion geschehen. Alle bisher veröffentlichten Listen beruhen daher lediglich auf Kombinationen und Bermutungen."

Wiederbelebung des antifen Theaters. In Syratus ist unter Teilnahme von Regisseuren und Schauspielern aus ganz Italien eine Theatergesellschaft gegründet worden, zu dem Zweck, das ans tife Theater in seiner ursprünglichen Umgebung neu zu beleben. Es ist beabsichtigt, in der Zeit von Mitte April bis Mitte Mai kommenden Jahres Medea", den 3yklop", die Wolken" und das vor einigen Jahren gefundene" Satyrspiel des Sophokles " zu spielen. Ferner sollen im antifen Theater in Ostia Antigone" " Die Choephoren" und" Die Bacchantinnen" aufgeführt werden. Die Regie wird Ettore Romagnoli führen.

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Eine Standarduhr. Das amerikanische Bureau of Standards in Washington hat eine Uhr herstellen lassen, die das höchste an Genauigkeit leiftet, was bisher erreicht wurde. Sie ist als Eich­instrument für alle Uhrenfabriken des Landes bestimmt und arbeitet mit einem Bendel aus einem Spezialstahl mit minimalen Aus­dehnungskoeffizienten, das in einem nahezu luftleeren Raumi schwingt. Die Uhr ist in einem luftdichten Gehäuse auf dem Fun dament des Bureaus montiert. Die Regulierung erfolgt ausschließ lich durch genau bemessene Veränderungen des Luftdrucks. Fehlergrenze beträgt pro Tag ein bis höchstens zwei Hundertstel

einer Setunde.

Die

Gegen das Schundliferafurgefeh. Die Kampfgemeinschaft für Geistes. des Schindliteraturgesekes am Sonntag, vorm. 10 Uhr, im Orpheum", freiheit veranstaltet gemeinschaftlich mit dem Reichsausschuß zur Bekämpfung Hafenheide 32/38, eine umfangreiche Protestfundgebung.

Die November- Dezember- Ausstellung der Deutschen Kunstgemeinichaft im Blaitiken auswärtiger und Berliner Künstler, eine besondere Abteilung ist Schloß wird am 7. eröffnet. Die neue Ausstellung enthält Gemälde und der Gelegenheitsgraphit" in der Form von Erlibris, Glückwunschkarten, Familienanzeigen und Eigenmarken gewidmet.

15. November ab, wie in der Borkriegszeit, wochentäglich von 10-10 Uhr Die Staatliche Kunstbibilofhet. Brinz- Albrecht- Straße 7a, wird vom den Besuchern zugänglich sein. Die to ftümbücherei wird, außer an den Vormittagen bis 1 Uhr, nunmehr auch Dienstag und Freitag von 6-8 Uhr geöffnet sein.