gcftcuerf gewesen fei. Die Regierung hatte sich bereit erklärt, f ü r die Ausgesteuerten eine besondere Krisen für- sorge einzurichten, die ihnen dasselbe gibt wie die Erwerbslosen- sürsorge. Das ist praktisch dasselbe wie eine Verlängerung der Bezugsdauer; grundsätzlich muh die Regierung aber den größten Wert darauf legen, dah die Bezugsdauer nicht über ein Jahr ausgedehnt wird. Das ist wichtig auch mit Rücksicht auf die kommende Gesetzgebung.<Bravo !> Inzwischen ist ein kommunistischer Mißtrauens- a n t r a g gegen den Reichsarbeitsministcr eingegangen, was vom Zentrum mit Heiterkeit aufgenommen wird. Abg. Ihiel(D. Vp.) weist darauf hin, daß zwar die Zahl der erwerbslosen Arbeiter zurückgegangen sei, die Erwerbslosenzahl bei den Angestellten habe aber noch weiter zugenoinmen. Der Antrag der Sozialdemokratie müsse wegen der finanziellen Aus- Wirkungen abgelehnt werden. Der Redner bezeichnet die ch a l t u n g der Wirtschaftlichen Vereinigung im Ausschuß als sozialreaktionär, sie verstehe zwar draußen Agitationsreden zu halten, in der praktischen Arbeit aber versagte sie. Wiederholt hätten sie sich von den Kommunisten als Vorspann benutzen lassen. Gegen 6'A Uhr vertagt das Haus die weitere Beratung auf Sonnabend, mittags 12 Uhr. Der fozialüemokratWe Antrag. Die sozialdemokratisch« Reichstagssraktion beantragt: „Der Reichstag wolle beschließen: 1. die Bezüge sämtlicher Houptunterstützungsempfänger um 3 0 vom Hundert, die Familienzuschläg« um 2l> vom Hundert zu erhöhen. 2. Im§ 7 den Absatz 1 der Verordnung über Erwerbslosensürsorge vom 16. Februar 1924 wie folgt zu fassen: Ein« bedürftige Loge ist vorbehastlich der Bestimmungen in den Absätzen 3 bis 5 nur insoweit anzunehmen, als die Einnahmen des zu Unterstützenden derart geringe sind, daß er nicht imstande ist, damit den notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Besitz von Hausrat, einem kleinen Eigenheim oder eines land- wirtschaftlichen, handwerklichen oder gewerblichen Zwergbetriebes darf nicht zur Verneinung der Bedürftigkeit führen."
Eine gelbe Grünüung. Die Gesellschaft gegen Gewerkschaften und Sozial- Politik. Gestern nachmittag fand im Reichswirtschaftsrat die Gründungs- Versammlung der„Gesellschaft für deutsche Wirt- schafts- und Sozialpolitik"(GWS.) statt. Wir haben gestern bereits darauf hingewiesen, welche reaktionäre Persönlich- ketten hinter dieser Gründung stehen. Wenn auch der Borsitzende, der bekannte Scharfmacher Generaldirektor Dr. Horst, in seiner Begrüßungsansprache betonte, er wolle keine Irredenta gründen, keine Bereinigung derjenigen, die mit den Arbeitgeberverbänden unzufrieden sind, so wurde es während der Referate doch nur allzu deutlich, daß es sich um nichts weniger handest, als um eine Oppositionsgründung gegen die von Silverberg auf der Dresdener Jndustrietagung vertretenen Tendenzen. Generaldirektor Dr. H o r st, der Borsitzende der neuen Gründung, versuchte die Bersammlung davon zu überzeugen, daß die G e w e r k- s ch a f t e n an Bedeutung verloren hätten, weil sie dem Arbeiter nicht mehr soviel wert seien wie früher. Die Gegensätze zwischen Arbeitern und Unternehmern seien nicht weltanschaulicher Art, son- dern nur solche des Bertragsverhältnisies und könnten deshalb über- brückt werden. Durch die Gesetzgebung nach der Revolution seien den Gewerkschaften zuviel Recht« eingeräumt worden, wodurch sich in der Oeffentlichkeii die irrtümliche Meinung von einem natürlichen Gegensatz zwi- schen Arbeitern und Unternehmern festgesetzt habe. und nur deshalb würden die Gewerkschaften als die selbstverständliche Bertretung der Arbeiterschaft angesehen. Roch deutlicher wurde Dr. Horst, als er feststellt«, das einzige Ergebnis der Silverbergschen Rede sei, daß man jetzt in der gesamten Wirtschaft die Auffassung des Generaldirektors Vogler teile, man habe sich in der Arbeiterfrage f e st g e f a h r e n. Es komme jetzt darauf an, Wissenschaft- lich zu beweise«, daß eine Jnteressensolidarität zwischen Arbeitern und Unternehmern bestehe. Die Studenten müßten mit der Idee der Werkgemeinschaft erfüllt werden, man müsse die Oeffentlichkeii im wirtschafts- friedlichen Sinne aufklären, und zwar dadurch, dah man der Idee der Werksgemeinschaft gesetzgeberischen Ausdruck ver- leihe, das Monopol der Gewerkschaften brechen. Der Referent gab zu. daß man dabei im Gegensatz zur Dereini- gung Deutscher Arbeitgeberverbände kommen könne, weil diese Verbände durch Gesetzgebung und als Kontrahenten der Gewerkschaften nicht genügend Bewegungsfreiheit hätten. Die Reu- gründung soll dieses freie Betätigungsfeld schaffen, ohne dabei ein Sammelbecken für die mit den Verbänden Unzu- friedenen zu fein. Die Bersammlung hörte sich noch ein sehr Pastorales Referat des Professors Dr. D u n t m a n n an. Dagegen hatte sie kein Interesse für einen Vortrag über das Thema„Können besondere Arbeitsmethoden eine engere Zusammenarbeit zwischen Unter- nehmertum und Arbeiterschaft im Betriebe herbeiführen". Wir sind wohl richtig informiert, wenn wir annehmen, daß der für diese Frage vorgesehene Referent sie verneint, und deshalb durfte er wohl auch nicht sprechen. In der Diskussion wandte sich ein Bertreter des„Bundes für nationale Wirtschaft und Werksgemeinschaft" gegen die Neugründung. Sie sei nur aus einem Führerstreit ge. boren und schade der wirtschaftsfriedlichen Sache. Syndikus S ch y d a ist auch gegen die Neugründung und verlangt die Unter- stützung der„Deutschen Bereinigung" in Bonn . Auf den Ilnlversiläls. lehrstühlen werde die Sozialpolitik nur vom Gesichlspuntt des Ar- bellers belrachlel: das müsse anders werden. Herr Dr. von der Linde gab für die Bereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände die Erklärung ab, daß diese alle Bestrebungen unterstützen, die die Spannungen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern abschwächen, sie könnlen sich aber an dieser Neugründung nichl beteiligen. Prof. Dr. Müller sprach für die Gründung, deren Erfolg sein müsie die Verhinderung einer U e b e r s p a n n u n g der Sozialpolitik und der Arbeitsgesetzgebung. Darauf wurde die Gründung der„Gesellschaft für deutsche Wirtschafts. und Sozialpolitik" beschlossen. Don den Anwesenden stimmten etwa 30 dafür, 2 dagegen. 40 enthielten sich der Stimme. In den geschäftsführenden Borstand wurden gewählt: General- direktor Dr. Horst, Generaldirektor Dr. Büren. Professor Dr. Dunk mann. Wenn man weiter noch weiß, daß eine Anzahl Redakteure von Unternehmerzeitungen, darunter Dr. Schmidt- H o e p k e von der„Deutschen Bergwerks, eitung". und andere Scharfmacher und Reaktionäre, wie Professor Voigt- Franksurt am Main , Professor R i e p p e l- München, zu den Aktivsten der neuen Gründung gehören, dann weih man, daß die GWS. eine gelbe Unternehmer gründung gegen Gewerk» schaften und Sozialpolitik ist.
R o m, 5. November. (EJIB.) 3m Minislerral machte Mussolini die Milteilung, daß Federzoni und dl S c a l e a ihn gebeten haben, ihre Demission als Innenminister bzw. kolonial- minister anzunehmen. Mussolini hat die Demission unter Dank für die geleisteten Dienste angenommen und dem König vor- geschlagen. Federzoni als Kolonialminister zu ernennen. Das Innenministerium wird von Mussolini über- nommen. Der Minislerrat beschloß außerdem einen umfang- reichen Wechsel in der Besetzung der Posten der llnlerslaalssekretäre. * Mussolini hat selbst wiederholt das faschistische mit dem bolschewistischen Regime verglichen und dabei aus seiner Sympathie für das Moskauer Diktatursystem kein Hehl gemacht, sondern vielmehr die Wesensver- w a n d t s ch a f t zwischen den bolschewistischen und den faschistischen Feinden der Demokratie mit Behagen unter- strichen. Das neue Gewaltprogramm des Faschismus er- innert in der Tat in vielen Punkten an die schlimmste Zeit des leninistischen Terrors. Eine derartige Steigerung der Gewalt ist stets ein sicheres Zeichen dafür, daß sich die Regierungsmacht u n- sicher fühlt. Die Führer der französischen Revolution haben den Terror erst proklamiert, als Frankreichs innen- .und außenpolitische Lage verzweifelt war. Auch die schlimmste Periode des bolschewistischen Terrors fällt in die Zeit des extremsten innen- und außenpolitischen Drucks, die die Sowjetregierung in den Iahren 1919 bis 1921 durchgemacht hat. Daraus läßt sich schlußfolgern, daß auch die italienischen Faschisten, obwohl sie täglich das Gegenteil versichern, an die Festigkeit und Dauerhaftigkeit ihres Regimes nicht glauben, sondern es für e r n st h a f t bedroht halten. Wenn man nun bedenkt, daß diese neue Steigerung der faschistischen Gewaltherrschaft durch das angebliche Attentat von Bologna veranlaßt wurde, dann wird man un- willkürlich daran erinnert, daß schon das erste Stadium dieses Terrors nach der Zaniboni-Affäre genau auf den Tag vor Jahresfrist einsetzte. Bereits damals hat es sich aber sehr bald herausgestellt, daß der angeblich vom früheren sozialistischen Abgeordneten Zaniboni geplante Anschlag in Wirklichkeit nur eine Polizeispitzelaffäre übelster Sorte war. Mussolini brauchte eben schon damals diesen V o r w a n d, um am Vorabend des Matteotti-Prozesses in Chieti seine wichtigsten Gegner, iiie Sozialistische Partei, die Demokraten und die Freimaurer , zu unterdrücken. Bei dem jetzigen„Attentat" weiß man aber nicht einmal, ob es überhaupt tatsächlich verübt wurde. Man weiß aber auf der anderen Seite durch die gerade zur rechten Zeit bekannt- gewordene Entlarvung Ricciotti Garibaldis, daß die Lockspitzelei zu den vornehmsten Regierungsmethoden Mussolinis gehört. Diese Garibaldi -Affäre ist vielleicht einer der größten Skandale der letzten Jahre. Sie stellt sogar jene traurig-berühmte A z e w- Affäre in den Schatten, die in den Augen aller anständigen Menschen den moralischen Todesstoß dem zaristischen Regime versetzte. Jetzt ist der Beweis erbracht, daß Musso- lini„Attentate" braucht, daß er„Komplotte" gegen sich selbst und seine Regierung im Auslande inszenieren und mit staatlichen Mitteln subventionieren läßt, um dann sowohl seinen innenpolitischen Terror wie auch seine außenpolitische Hetze entfalten zu können. Im Lichte des Geständnisses Ricciotti Garibaldis, dieses verkommenen Trägers eines großen Namens, erhalten die Andeutungen, die wir vor drei Tagen über die Unwahrscheinlichkeit der Attentatsgeschichte von Bologna machten, eine überaus starke Bestätigung. Mehr denn je bezweifeln wir, daß über- Haupt ein Revolverschuß dort gefallen ist, mehr denn je glauben wir fest daran, daß die Nachricht vom Revolverschuß von A bis Z. erfunden wurde, nicht nur um die Niedermetze- lung eines unschuldigen ISjährigen Knaben nachträglich zu de- gründen, sondern auch und vor allem, um eine neue Aera des„legalisierten" faschistischen Terrors einzuleiten. Schon das, was sich in den letzten vier Tagen in Italien , zwar nicht„legal" aber unter Duldung der Behörden abge- spielt hat, übertrifft alles bisher Dagewesene. Sogar der römische Berichterstatter des„Lokal-Änzeigers", der bisher dem Faschismus keineswegs unfreundlich gesinnt war, hat in einer zwei Spalten langen Aufzählung von Gewalttaten ausschließlich nach faschistischen Quellen zum Ausdruck ge- bracht, daß die von einigen römischen Blättern angedrohte „Bartholomäusnacht " eigentlich bereits im vollen Gange ist. Dieser Berichterstatter unterstreicht insbesondere die Tatsache, daß Mussolini , im Gegensatz zu seiner Haltung nach früheren Anschlägen, dieses Mal seine Horden ruhig gewähren läßt. Man hört oft auch von nicht faschistischer Seite die Mei- nung, daß der Faschismus gegenwärtig unerschütterlich sei. Zweifellos verfügt er unbeschränkt über die physische Ge- walt. Eine offene Auflehnung der Opposition erscheint in der Tat auf absehbare Zeit völlig aussichtslos, und auch ein wirkliches geglücktes Attentat auf Mussolini dürfte an diesem Zustand kaum etwas ändern. Und doch erscheint es immer mehr zweifelhaft, ob Mussolini außer den Schwarzhemden das Volk auf seiner Seite hat.(Sogar den Schwarzhemden traut er nicht mehr, sonst würde der Punkt 6 seiner neuen Maßnahmen keinen Sinn haben.) Was nun die Stimmung des Volkes betrifft, so gibt es nach der Aufhebung aller konstitutionellen Freiheiten keinen sicheren Gradmesser dafür. Trotzdem läßt sich aus einer bestimmten Erscheinung eine deutliche Schlußfolgerung ziehen: Alle großen Blätter, die der Faschismus seit einem Jahre gezwungen hat, faschistische Politik zu machen, haben einen ungeheuren Rückgang ihrer Auslage in kürze- ster Zeit erlebt. Solange der Mailänder„C o r r i e r e d e l l a Sera" im Besitz und unter Leitung des oppositio- nellen Senators Albertini stand, hatte er eine Auflage von nahezu drei Viertel Millionen. Diese Ziffer ist seit der Ver- drängung Albertinis und seit der Einsetzung einer faschisti- schen Redaktion um die Hälfte zurückgegangen. Das gleiche gilt für den„Secolo" und viele, viele andere Blätter.' Die Auflage des„P o p o l o d' I t a l i a", des Leibblattes Mussolinis, das unter Leitung seines Bruders Arnaldo steht, ist jämmerlich zurückgegangen. Ein ähnliches Schicksal hatte zunächst die einstmals demokratische, sodann faschistische Turiner„Stampa" erfahren, als sie sich jedoch
von diesem Joch wieder befreite und eine, wenn auch vor- sichtige, unabhängige Haltung wieder einnahm, stieg ihre Auflage plötzlich sprunghaft wieder in die Höhe! De.?cha!b ist sie auch jetzt verboten worden. Ein anderes Beispiel: In Genua erschien bis vor wenigen Tagen die einzige Tageszeitung, die auf dem Boden der sozialistischen Einheits- Partei steht, der„L a v o r o". Früher war es ein wenig de- deutendes Blatt. Erst im Laufe des vergangenen Jahres nahm es einen ungeheuren Aufschwung und seine letzte Auflage(110 000 bis 120 000) übertraf die Auflage- Ziffern aller übrigen Blätter von Genua zusammengenommen? Jetzt versteht man auch, warum die Faschistenbanden die Druckerei des„Lavoro " völlig zerstört haben. Ueberhaupt vermag man in jedem einzelnen Punkt des neuen Terrorprogramms den präzisen Zweck jeder Be- stimmung zu erkennen. So war zum Beispiel gerade in diesen Tagen die Neubildung der Soziali st ischen Partei unter Einschluß jenes Flügels der Maximalisten geplant, der den Zustand der Spaltung, besonders in der jetzigen Zeit, für sinnlos hält. Diese Absicht soll nun durch eine besondere Bestimmung des neuen Dekrets vereitelt wer- den. Am tollsten ist aber die letzte rückwirkende Bestimmung des„Gesetzes zum Schutze des Staates", wonach die rein faschistischen Sondergerichte(die nur aus Offi- zieren der faschistischen Miliz bestehen) auch bei den bereits anhängigen Prozessen in Tätigkeit treten werden. Der Zweck der Uebung ist sehr deutlich: Demnächst sollte der Prozeß Zanibont-Capello stattfinden. Mussolini fürchtete sich offenbar vor der Aufdeckung dieser elenden Polizeispitzel- mache. Deswegen soll nun ein faschistisches Sondergericht über diese dunkle Affäre, womöglich hinter verschlossenen Türen„Recht" sprechen. Gegenüber dieser Orgie von Gewalt und Ge- m e i n h e i t sind Erbitterung und Haß nicht am Platze. Rur zwei Gefühle sind angebracht: Mitleid für das arme italienische Volk und Ekel für seine verbrecherischen Tyrannen. Haribalüis Geftänönis. Seit 18 Monaten als Lockspitzel tätig! Paris , S. November.(Eig. Drahtber.) Der Schwerpunkt der in Pcrpignan aufgedeckten Verschwörung gegen Spanien ist nunmehr nach Nizza und von dort nach Paris verschoben worden. Die Festnahme und Entlarvung von Ricciotti Garibaldi . des geistigen Inspirators der italienischen Emigranten in Frankreich , gibt der ganzen Angelegenheit das Gepräge eines Polizeiromans. Garibaldi hat an, Freitag nach längerem Verhör durch die fran- zösische Polizei gestanden, daß er seil IS Wonalen im Dienste der politischen Polizei Mussolinis stand und für die Angeberdienste, die er von Frankreich aus geleistet hat, bisher über 400000 Lire erhielt. Dieses Geständnis wirft ein jämmerliches- Licht auf den Charakter dieses angeblichen republikanischen und saschistenfeindlichen Führers Garibaldi , erhellt aber auch blitzlichtartig die Gepflogenheiten der Polizei Mussolinis. Garibaldi , der arm aus Italien geflüchtet war. lebte seit einiger Zeit in Saus und Braus an der französischen Rivicra. In dieser Zeit beschuldigte die italienische Fcrschistcnpresse zwar die französische Regierung, ihn als Gegner Mussolinis mit Mitteln zu unterstützen: in Wirklichkeit war es die faschistische Polizei selbst, wie jetzt klar zutage tritt, die ihm die Geldmittel zufließen ließ für die doppelte Rolle, die er in Frankreich zu spielen hatte. Aus der einen Seite suchte er das Vertrauen der Emigran- t e n zu ihm auszunützen, um die gefährlichsten unter ihnen der Polizei Mussolinis zu d e n u n zi e r e n, auf der anderen Seite organisierte er in Frankreich eine starke Propaganda gegen die F a s ch i st e n. die er jetzt mit einer Verschwörung gegen die spanische Monarchie verband. Aus diese Weise gab er den Faschisten die Möglichkeit, jedesmal, wenn ein Attentat gegen Mussolini geschah, lärmend zu verkünden, die Mörder seien aus Frankreich gekommen oder von Frankreich unterstützt. Totsächlich war es Mussolinis Polizei selbst, die durch ihre eigenen Geldunter- stützungen diese Propaganda künstlich vorbereitet hatte. Der Bruder des verhafteten Garibaldi ist von einigen Pariser Blättern über das Verhalten Riccicttis befragt worden und hat dabei, peinlich verlegen, einen schwachen Versuch gemacht, sich für seinen bloßgestellten Bruder einzusetzen. Der Ehef der Familie Gärtbaldi, General P e p p i n o Garibaldi, ist am� Freitag aus Amerika in Frankreich eingetroffen. In den sozialistischen Kreisen Frankreichs hak man Ricciolli Garibaldi nie für stubenrein geHallen und schon lange den verdacht gehegt, daß er unter den italienischen politischen Flüchtlingen eine Rolle spielt.(Wir können aus eigener Kenntnis hinzufügen, daß auch in italienischen Antifaschistenkreisen von Paris ein gewisser Verdacht gegen ihn bestand, und daß die ernst- haften Führer der Emigranten sich von ihm fernhielten. Red. d.„V.")
Genfer �brüftungsftuüier De Brouck7res Bericht. Gens, Z. November.(Eigener Drahtbericht.) Nach Schluß der letzten Sitzung der Militärkommission A der Vorbereitenden Ab- rüstungskommission hat deren Präsident, de Brouckere- Bei- gien, den Journalisten emen kurzen lieberblick über die Beratung»- ergebniste gegeben. Der Bericht umfaßi etwa 400 Seiten Maschinen- schrift. In etwa der Hälfte ihrer Beschlüsse oermochte die Kom- Mission sich nicht zu einigen. De Brouckere hat die bestimmte Hoffnung ausgesprochen, daß sich die Politiker in der Vor- bereitenden Abrüstungskonferenz auch in den Fragen, in denen noch die größten Meinungsverschiedenheiten bestehen, so Beschrän- kung der Reservisten beim Landheer. Total- oder Klassentonnag« bei den Kriegsflotten und Zioilflugzeugen, einigen werden. Dabei wies de Brouckere u. a. zur Marinediflerenz auf einen letzten össentlichen Vorschlag hin, der die Möglichkeit eines Kompromisses bereits andeute. Auf verschiedene Fragen erklärte de Brouckere u. a., daß er nicht in dem Sinne Optimist sei, als ob die Abrüstung von selber kommen werde, wohl aber in dem Sinne, daß sie kommen müsse, weil z. B. eine wirtschaftliche Berständi- gung und Reuorganisierung der Welt und namentlich Europas nicht möglich sein werde,, ohne eine bestimmte Abrüstung, lieber den Umfang der letzteren sprach er sich dahin aus, daß em Wcltvertrag über die Beschränkung der Landrüstung nur in sehr bescheide- n e m Maße möglich erscheine, dagegen aber werde man sich über regionale Rllstungsabkommen weit mehr einigen können. Da- mit deutete de Brouckere an, daß die Abrüstungskonferenz wahr- scheinlich beide Wege beschreiten werde.