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Bei Annahme eines besonders leichten Falles(§ 75) ist es jedoch möglich, nur 3 Mart Geldstrafe gegen den Angeklagten auszusprechen. Andererseits ist für besonders schwere Fälle Strafverschärfung vorgesehen. Diese ist aber nicht wie die Strafmilderung allgemein zulässig. Das Gesez bestimmt viel­mehr jeweils, ob und wie die Verschärfung der Strafe vor­zunehmen ist(§ 76). Die hier vorgesehene Sicherung ist durchaus zu begrüßen. Ebenso ist es dagegen abzulehnen, wenn als Kriterium für das Vorliegen eines besonders schweren Falles neben dem ungewöhnlich starken verbreche rischen Willen dessen Verwerflichkeit und Strafwürdigkeit gelten foll. Damit würde eine Auffassung in das neue Strafgesetz­buch hineingetragen, die weder an dieser, noch an einer ande­ren Stelle Raum haben darf, die Auffassung als vergel­tende Maßnahme. Zweck der Strafe soll nicht Vergeltung, sondern Besserung des Täters und Sicherung der Gesell­schaft vor dem Verbrecher sein. Durch Einschaltung von Wertbegriffen wie Berwerflichkeit" und Strafwür­digkeit" würden alte Betrachtungsweisen wieder einge­schmuggelt, was aus erzieherischen Gründen schon unsachgemäß wäre. Sie würde aber vor allem den Richter veranlassen, seine eigenen moralischen Wertungen, die natürlich durchaus klassenbedingt sind, dem Urteil zugrunde zu legen. Es bliebe eine gefährliche Quelle für Fehlurteile, die ver­stopft werden muß.

Die Entscheidungsfreiheit, die der Entwurf dem Richter zubilligen will, ist mit der Berechtigung zu weitgehender Mil­derung oder Verschärfung der Strafe feineswegs erschöpft. Er gibt dem Richter unter gewissen Voraussetzungen die Mög­lichkeit, gegen eirien Straffälligen noch besondere Maßnahmen der Besserung und Sicherung zu ergreifen. Die bedeutsamsten davon, die hier einer näheren Betrachtung unterzogen werden sollen, weil sich bei ihnen alles Grundsätzliche sagen läßt, sind einmal die Sicherungsverwahrung für die der öffentlichen Sicherheit gefährlichen Gewohnheitsverbrecher und die Unterbringung von vermindert zurechnungs­fähigen in einer öffentlichen Heil- und Pflegeanstalt.

Wenn man schon der Strafe den Zweck der Besserung und Sicherung setzt, dann ist es entweder eine Infonsequenz oder eine unwahrhaftigkeit, Strafen und Maßnahmen zu trennen. Die Maßnahmen sind in Wirklichkeit nichts anderes als Strafen; sie sind sogar zum Teil noch viel einschneidender als diese. Denn die Sicherungsverwahrung oder Unter­bringung in einer Heil- und Pflegeanstalt bedeutet doch nichts anderes als die grundsäglich lebenslange Heraus­nahme eines Individuums aus der sozialen Gemeinschaft, also eine Art lebenslanger Freiheitsstrafe. Wie Zuchthaus und Gefängnisstrafe heute praktisch dasselbe sind, was nebenbei ge­sagt der Unterscheidung im Entwurf die Berechtigung nimmt, so wird man sich auch die Sicherungsverwahrung in ihrem Bollzug als das gleiche darstellen. Sie wird sogar in den meisten Fällen in der gleichen Anstalt durchgeführt werden. Durch eine Zusammenfassung von Strafen und Maßnahmen tann das neue Strafgeseß nur an Klarheit gewinnen. Die jetzige, den Berfassern wahrscheinlich bewußte Un­flarheit liegt in der Kompromißnatur des Entwurfs begründet. Er will sowohl die klassische wie die moderne Strafrechtsschule zufriedenstellen. Es wäre aber an der Zeit, daß man über diesen Streit der Theoretifer endlich einmal zugunsten praktischer Gesichtspunkte hinweggeht. Er ist nicht nur die Ursache der Trennung von Strafen und Maßnahmen, sondern auch der unbefriedigenden Regelung, wie die Maß­nehmen angewandt werden sollen.

Eine ausreichende Begründung dafür, daß neben der Sicherungsverwahrung noch auf eine Strafe erkannt werden foll, läßt sich nicht finden. Die Maßnahme der Sicherungs­verwahrung soll ja nur ergriffen werden gegen ganz asoziale Individuen, vor allem gegen Berufsverbrecher, von denen man bei Fällung des Urteils überzeugt ist, daß sie durch Strafe im Sinne des Entwurfs, also durch Gefängnis oder Zuchthaus nicht gebessert werden können. Trotzdem ist

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nach§ 48 des Entwurfs die Strafe grundsätzlich zu vollstrecken. Wenn man in Wirklichkeit etwa das Gegenteil will, muß man es auch sagen. Die Strafe" ist dann aber nichts weiter als eine nichtssagende Formel. Auch der§ 47, der von der Unter­bringung in einer Heilanstalt handelt, ist ein schauerliches Ge­bilde von gefährlicher Halbheit.

Deutschnationale Verleumder. Material aus der deutschnationalen Vertriebsstelle.

Die Strupellosigkeit des Berleumbungsfeldzuges gegen der Volksentscheid zur Fürstenenteignung wurde grell beleuchtet durch eine gegen den verantwortlichen Redakteur des deutschnationalen Bremer Anzeiger" gerichtete Beleidigungsklage. Das Blatt hatte einen Artikel abgedruckt, in welchem dem Bremer Genossen Karl Behme nachgesagt wird, er habe im Jahre 1916 als damaliger Angestellter des Metallarbeiterverbandes, Ortsverwaltung Bremen , dafür gesorgt, daß Hunderte von Genoffen ins Feld ge schickt wurden. Das Mitglied der Sozialdemokratie, Rhein , habe eine Liste über die mißliebigen Genossen, die in den Schüßengraben gebracht werden könnten, durchsehen sollen. Er habe auch prompt reagiert und sei dann zum Lohn dafür zum Berwaltungsdirektor der Allgemeinen Ortskrankenkasse Bremen gemacht worden. Vor Gericht machte der Privatbeklagte nicht den gering­ften Versuch, den Wahrheitsbeweis für seine Behauptungen an zutreten, beschränkte sich vielmehr auf die Erklärung, daß er sein Bedauern aussprechen müsse, wenn die behaupteten Tatsachen nicht der Wahrheit entsprechen sollten. Der Artikel sei dem Material ent­nommen, daß der bürgerlichen Presse zur Zeit des Volksentscheides als Rüstzeug" betitelt von der deutschnationalen Ver triebsstelle Berlin zugegangen sei, und der Privatbeklagte habe angenommen, daß das, was in diesem Rüstzeug" mitgeteilt fei, um die Bevölkerung gegen den Volksentscheid einzunehmen, auch der Wahrheit entspreche. Die Gerichtsverhandlung ergab, daß nicht ein einziges Wort an der von den Deutschnationalen aus tommunistischen Zeitungen entnommenen Schauermär wahr ift. 3war fam das Gericht nur zu der auffallend geringen Geld­ftrafe von 25 M und Publikationsbefugnis, stellte aber ausdrücklich fest, daß die Deutschnationalen bei ihrer Fürstenpropaganda das mittel der Lüge angewandt hätten.

Die Sicherungsverwahrung bedeutet einen äußerst schwe­ren Eingriff in die persönliche Freiheit des einzelnen, von dem nur Gebrauch gemacht werden soll, wo man der festen Ueberzeugung ist, daß die üblichen zeitigen Freiheitsstrafen nichts nutzen, der aber in solchen Fällen auch angewandt werden muß, um den Verbrecher unschädlich zu machen. Hier ist der Entwurf wiederum infonfequent. Nach seiner Regelung würde die Sicherungsverwahrung nur auf die Dauer von drei Jahren wirken. Darüber hinaus soll sie nur auf neue Anordnung des Gerichts zulässig fein. Das ist eine unangebrachte Milde und Rücksichtnahme, wenn die Sicherungsverwahrung nur auf ganz schwere rüd­fällige Rechtsbrecher Anwendung finden soll. Hier bestehen teine Bedenken, eine grundsäglich lebenslange Berwahrung auszusprechen. Dem Verbrecher muß als Ausgleich nur die Befugnis zuerkannt werden, nach Ablauf einer vom Gericht bei Fällung des Urteils zu bestimmenden Frist die Entschei­dung eines Gerichts über die Fortdauer der Verwahrung an­zurufen. Auf diese Rechtsgarantie einer mündlichen Ver­handlung hat auch der Verbrecher Anspruch, denn das Aften­verfahren bietet feinerlei Gewähr für eine wirkliche gründ liche und sachgemäße Nachprüfung. Vor allem fehlt dann der überaus wichtige persönliche Eindrud. Ueberhaupt dürfte meines Erachtens nur ein Kollegialgericht auf Sicherungs­verwahrung erkennen. Daraus ergibt sich von selbst die For­derung nach einer Aenderung der Emmingerschen Reform, von der die Sozialdemokratie unter allen Um­ständen ihre Zustimmung zu dem Entwurf abhängig machen sollte. Es ist ein unerträglicher Gedante, daß ein Einzel­Länder und Reichsfinanzen. richter auf Sicherungsverwahrung oder Unterbringung in einer Heilanstalt sollte erkennen fönnen. Es wäre auch gar Badens Finanzminister über den Finanzausgleich. nicht im Intereffe der Sache gelegen, da die meisten Richter­Karlsruhe, 15. November.( Eigener Drahtbericht.) Der badische sich scheuen würden, diese Verantwortung zu tragen. Finanzminister Dr. Köhler äußerte sich am Montag in dem zu Wendet sich die Sicherungsverwahrung" gegen den ge­fährlichen aktiven Berufsverbrecher, so trifft die Unterſtändigen Landesausschuß über die Finanzlage Badens, bringung" eine Kategorie von Menschen, die in der Regel den Finanzausgleich und die Frage des Unitarismus und Föderalis weniger gefährlich als lästig sind: die Bettler und Landstreicher, die das Gros der vermindert zurechnungs­fähigen stellen. Da die Voraussetzungen für die Unterbrin­gung, wie die Begründung zum Entwurf selbst sagt, von wesentlich geringerer Strenge find als bei der Sicherungsver wahrung, so wird die Folge die sein, daß fie weit öfters an­gewandt wird, zumal sich die vermindert zurechnungsfähigen meist nicht in gleicher Weise geschickt verteidigen können wie die in der Regel gerissenen Berufsverbrecher. Es müssen des halb auch hier ebenso wie bei der Sicherungsverwahrung o b= Der dem Zentrum ang ehörende Minister setzte sich feftive Voraussetzungen als Rechtsgarantien geschließlich für einen gefunden Föderalismus ein. Die Ueberweisun fordert werden. Im übrigen gilt finngemäß das für die Sicherungsverwahrung Gesagte.

Die Zubilligung fo roeitgehender Ermeffensfrei heit an die Justiz wird vielen nicht leicht fallen. Wenn man sich aber schon entschließt, ihrer Erteilung zuzustimmen, dann muß man aber auch eine Gewähr verlangen, daß durch eine entsprechende Personalpolitik die bestehenden Mängel in der Justiz behoben oder doch wenigstens nach Möglichkeit gemildert werden.

Die Regia Ambasciata d'Italia"( Rönigliche italienische Bot­schaft) verjendet an die Berliner Preffe eine Mitteilung in italienischer Sprache. Wir sind hier nicht in Südtirol . Die deutsche Presse ist frei. Sie braucht also nur die Mitteilungen zu berücksichtigen, die ihr in deutscher Sprache, oder in der in der Sprache zugehen. Das gilt ganz besonders für solche Fälle wie den internationalen Diplomatie allgemein anerkannten französischen vorliegenden, wo die italienische Regierung im Interesse des infolge des Faschismus schwer leidenden Fremdenverkehrs die Hilfe der des Faschismus schwer leidenden Fremdenverkehrs die Hilfe der deutschen Bresse benötigt.

mus. Der Minister bezeichnete die Finanzlage des Landes als ernst. Die Reichssteueranteile sind um 2 Millionen ge einnahmen zu verzeichnen. Der erste Entwurf des Reichsfinanz­ministers zum Finanzausgleich habe auf die Lebensnotwendigkeiten der Länder und Gemeinden feinerlei Rücksicht genommen. Die bei der Besprechung der Finanzminister der Länder mit dem Reichs­finanzminister gewährten Zugeständnisse tönnen nicht befrie­bigen. Auf die Dauer sei die plumpe Alimentationspolitik für kein Land möglich.

steigert worden. Andererseits sei eine ganze Reihe von Minder­

gen, besonders aus denjenigen Steuern, die früher den Ländern zu­standen, müßten nach Artifel der Reichsverfassung an einer Höhe erfolgen, die noch ein eigenstaatliches Leben gestattet. Notwendig sei eine baldige Klärung über die Verteilung der Zuständigkeiten und Aufgaben des Reiches, der Länder und Gemeinden und eine entsprechende Verteilung der Steuerquellen. Klarheit sei nötig über die Frage, ob einheitsstaatliches oder bundesstaatliches System, und zwar nur auf dem Wege über die Weimarer Ber­faffung. In Süddeutschland werde man eifersüchtig darüber wachen, daß die in der Berfassung garantierten Rechte der Länder auch geachtet werden. Das Land Baden , so schloß der Minister, hat nie zu den Reichsverdroffenen gehört und ist gewillt, feine Pflich ten auch jetzt loŋal zu erfüllen. Es muß aber auch verlangen, daf tie finanz- und staatspolitischen Fragen unter Rücksichtnahme auf seine besonderen Verdienste behandelt werden.

Die Kantonregierung ist von Japan anerkannt, so wird aus Tokio inoffiziell gemeldet, und der japanische Botschafter in Pefing werde nächstens die Kantonregierung besuchen.

DON

Ein Mahnruf in letzter Stunde. abgeraten und dadurch den Intereffen der Staatsverwaltung ent 3. 2. Joseph tonzertierte in der Hochschule gestern mit sehr

Der Kunstbesitz der Schlösser und der preußische Staat. Durch den Briefwechsel, der im Anschluß an die Vermögens­auseinandersetzung des preußischen Staates mit der Hohenzollern­familie zwischen dem Finanzminister Höpfer- Aschoff und dem Leiter des Kaiser- Friedrich- Museums Wilhelm Bode über den Kunstbesitz der ehemals föniglichen Schlösser stattgefunden hat, ist die Deffentlichkeit in hohem Grade beunruhigt worden. Wir folgen einem Gebot der Pflicht, wenn wir, ohne auf die Einzelheiten des von uns veröffentlichten Briefwechsels einzugehen, den Kernpunkt der Sache, der dadurch zutage getreten ist, hier einmal flar zur Sprache bringen, nämlich die Tatsache, daß weder den staat­lichen Fachleuten, noch dem Landtag vor dem Ber: tragsabschluß und darnach zur Kenntnis gebracht worden ist, was aus dem alten Kunstbesiz der Schlösser dem Hohenzollernhause seit der Staats. umwälzung zugefallen ist und noch zufallen soll. Außer den im Bertrage namhaft gemachten 19 Runstwerten, die der Hohenzollernfamilie zugesprochen worden sind und auf Ber langen des Staates gegen ein von Sachverständigen bestimmtes Entgelt diesem übertragen beziehungsweise fraft des Vorkaufsrechtes zurückerworben werden können, ist eine erhebliche Zahl hervorragen­der Werke aus dem alten Schloßbesig den Hohenzollern ausgeliefert worden. Es ist zwar in der dem Landtag vorgelegten Fassung des Vertrages von einem besonderen Verzeichnis" abzugebender Kunst­merke die Rede, aber dieses Verzeichnis selbst ist dem Landtage bis heute vorenthalten worden.

Eine Reihe von Vorgängen, wie die teilweise schon im Herbst des vorigen Jahres erfolgte Entfernung von Bildern aus dem Neuen Palais , die gleichfalls vor Abschluß des Vertrages bewirkte Ueberführung anderer Stücke in das Palais Wilhelms I., mit dem fie vertragsgemäß am 1. November den Hohenzollern zufallen muß ten, das Auftauchen eines Landschaftsbildes des Niederländers Hobbema aus Schloßbesitz im Kunsthandel, endlich die Feststellung, daß eine größere Anzahl von franzöfifchen Gemälden aus den Sammlungen Friedrichs II. sich in Deorn befindet, mußten bei den Kennern die Befürchtung erwecken, daß die Absicht bestand, eine leberprüfung der endgültig zur Abgabe kommenden Kunstwerke aus den Schlössern durch die berufenen staatlichen Sachverständigen zu umgehen. Bode, als der anerkannte Fachmann, als der größte Renner von internationalem Ruf, versuchte in letzter Stunde durch dankenswerte Vermittlung des Oberverwaltungsgerichtspräsidenten Dr. Drews eine Fühlungnahme mit dem die Kronverwaltung leiten. den Ministerialdirektor Erythropel im Finanzministerium herbeizus führen, um eine Hinzuziehung der Museumspraktiker zu den Teilungsverhandlungen zu erwirken.

Nachdem das fehlgeschlagen war, richtete er durch den aus den angesehensten Berliner Kunstfreunden bestehenden Kaiser- Friedrich­Museums- Berein an den Finanzminister selbst die Bitte, ihn und feine Mitarbeiter vor den entscheidender. Abmachungen zu Rate zu ziehen. Auf den abschlägigen Bescheid hin tat Bode einen neuen persönlichen Schritt in dieser Richtung. der wiederum mit einer Absage beantwortet wurde, diesmal mit der Begründung, da Bede während der Borverhandlungen dem Hohenzollernhause von einem

seitens des Finanzministeriums beabsichtigten Tausch in einem Falle gegengewirkt habe, so hätten gegen seine Mitwirkung an den ab­schließenden Verhandlungen Bedenten vorgelegen.

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Mag Bode in diesem Falle, wie ihm dies häufig beim tempe­hier handelte es sich in Wirklichkeit um das Interesse der Bode unter­ramentvollen Eintreten für seine Sache begegnet ist denn auch stellten Sammlungen einen formalen Fehler begangen haben: eine Wirksamkeit gegen den Staat wird Bode niemand vorwerfen, Schon der Umstand beleuchtet den wirklichen Sachverhalt, daß Bode der seine 55jährige Tätigkeit im Dienste des Gemeinwohls fennt. nach der Staatsumwälzung mit aller Schärfe den beispielsweise von dem Ministerialdirekter der Kunstverwaltung im Kultusministerium, Rentwig, behaupteten Rechtsansprüchen des Hohenzollernhauses auf die Sammlung Solly, den Grundstock des Kaiser- Friedrich­Museums, aufs schärfste entgegengetreten ist.

Während das Kultusministerium nach der Staatsumwälzung mit sicherem Instinkt Bode in seinen Aemtern als Generaldirektor der Staatsmuseen bestätigte, glaubte das Finanzministerium, dem aus finanztechnischen Gründen die verwaisten Schlösser unterstellt wurden, Bode und die erfahrenen Praktiker der Museen von deren Bearbeitung ausschließen zu müssen. Es übertrug die Verwaltung der Schlöffer einem jungen theoretischen Kunstgelehrten Dr. Hüb. ner, der zur Bewältigung dieser äußerst schwierigen Aufgabe nicht die erforderliche Sachkenntnis und Erfahrung besaß. Aber daß Herr Dr. Hübner auch in anderer Hinsicht ungeeignet war, eine or­ganische und dem Besten des neuen Staates dienende Scheidung des ehemals föniglichen Kunstbefizes durchzuführen, beweist die schnelle politische Wandlung dieses Republikaners", der sich offen­bar nicht ohne Einfluß seiner mittlerweile erfolgten engen Füh lungnahme mit dem intimsten Freundeskreise der vormaligen Kronprinzessin inzwischen seweit fort entwickelt hat, daß er, der, Beamte der Republik , in der Deut schen Allgemeinen Zeitung" vom 31. Oftober 1926, am Vorabend der Durchführung des Abfindungsgefeges, unter dem Titel" Kunstwerke der Hohenzollern " geradezu und öffentlich den alten Kunstbesitz der Schlösser als Privateigentum der Hohenzollern deflariert, während felbst rechtsgerichtete Kreise zugeben, daß die Rechtsansprüche auf die beispielsweise von Friedrich II. erworbenen französischen Kunst­werke mindestens zweifelhaft sind.

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Wir erheben die Forderung, daß unverzüglich und unter hinzuziehung der in Frage kommenden Spezia listen der Museen, insbesondere unter Mit wirtung derjenigen Sachverständigen, die die Schlösser vor der Staatsumwälzung fennen zu lernen Gelegenheit hatten, eine Ueberprüfung der der Hohenzollernfamilie seit der Staats­umwälzung überwiesenen und der noch zu über­weisenden Kunstwerte aus den Schlössern unter parlamentarischer Oberaufsicht stattfinde. Die un­ersetzliche Erfahrung Bodes muß auf irgend eine Weise diese Arbeit unterstüßen. Die Mitwirkung der Sachverständigen ist auch not­wendig, um die Gefahr zu verringern, daß das auf einen Teil der Kunstwerte anzuwendende Vorkaufsrecht des Staates zu einer den Staat schädigenden Preistreibung durch Wettbewerb des Handels führt.

P.

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Der Meineckesche Männerchor unter der Direktion schönem Erfolg. Ein originelles Programm und präzise, energische Ausführung interessierte die zahlreiche Hörerschaft bis zu den letzten Bugaben. Chöre, wie das herrliche, funstvolle och empor" Franz Curtis, die beiden ungarischen Volkslieder Auf den Fluten des Balaton " und das unfagbar schöne von L. Sauer genial bearbeitete Hinterm Dorfe fließt der Samos ", der Verzauberte Wald" von P. A. Joseph, das lustige Walzerlied( mit Klavierbegleitung) zu hören. Dazu der große Zug, der rhythmische Nerv, die über­Lorgings und schließlich ein alter, lieber Koszat find nicht jeden Tag fichtliche und festgeformte Plastik in der Textbehandlung und das Feingefühl der Charakterisierung in der Wiedergabe! Bei einzelnen größeren Aufgaben( u. a. der bekannten" Maienzeit" von Julius Rizz) vermißte man vielleicht da und dort eine subtilere technische Trainierung, namentlich der Tenöre und eine weiter ausholende Musikalität. Aber das Gute überwiegt weitaus, und P. A. Joseph darf auf seinen Chor stolz sein. Die Soloeinlagen des bekannten, wohl populärsten Cellovirtuosen Armin Liebermann waren von feinster Auswahl und von gewohnter Meisterschaft in der Ausführung.

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h. m.

Empire und Biedermeier. Georg Hermann , der seine ver­ständnisvolle Liebe für das Biedermeier in seinen Werten ausgiebig dokumentiert hat, bewies in einem Vortrag der Lessing- Hochschule im Mommsen Gymnasium, daß auch der llebergangskunst des Empire sein Herz nicht verschlossen ist. Hermann, der eine sehr gründliche Kenntnis dieser Epoche entwickelte, fesselte die Hörer vor allem durch sein liebevolles Eingehen auf die Eigenart und die fünft­lerischen und fulturellen Motive dieser scheinbar entgegengesetzten Beitabschnitte Er zeigte, wie das Empire im Vergleich zum Barod und Rotofo schon in der Kunst wie in der Lebensführung eine starte Vereinfachung bedeutete, die einer neuen Kultur entsprang. Die Militäraristokratie des napoleonischen Frankreich , in Deutschland die Norddeutschen, die sich nicht erst wie die Süddeutschen von den Tra dtionen der voraufgegangenen Kunstepochen lösen mußten, und die Emigranten mit ihrer wurzellos gewordenen Kultur waren die Träger dieser Kunstrichtung. Damit ist aber das Empire schon der Vorläufer des Biedermeier, indem die einstigen Stügen der Kunst und der Kultur, die Kirchen und der alte Adel, völlig abgelöst wurden vom Bürgertum. Hermann gab dann einen lebendigen Einblick in das Biedermeier und zeigte am Schluß seines Bortrages in Licht­bildern Architektur, Skulpturen, Gemälde und Innenräume beider Epochen in einer knappen, doch außerordentlich glücklichen Auswahl. Sch.

In der Juryfreien Kunstschau Berlin , die im Frühjahr 1927 im Staat lichen Landesausstellungsgebäude stattfindet, werben wieder wie bisher eine Anzahl Sonderausstellungen sein von in Berlin wenig bekannten oder un­bekannten jungen Stünstlern, darunter besonders rheinische und Schweizer Künstler. Wie bereits gemeldet, wird eine Abteilung Stirchliche Run it" zeigen und zwar in Form einer musealen Kirche, mit evangelifchen, jatholischen und israelitischen Kulträumen.

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Ein Chopindenfmal in Warschau wurde Sonntag feierlich enthüllt. Die zu den Feierlichkeiten aus dem Ausland geladenen Gäste legten am Fuße des Denkmals Kränze nieder, im Namen der deutschen Mufit Dr. Weiß­mann- Berlin und der Rektor der Stuttgarter Mufithochschule Prof. Kämpf, im Namen Desterreichs der Rektor der Wiener Musikhochschule Prof. Marg