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Abendausgabe

Nr. 55443. Jahrgang Ausgabe B Nr. 274

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Vorwärts

Berliner Dolksblaff

10 Pfennig

Mittwoch

24. November 1926

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Hilfe den Erwerbslosen !

Antrag der sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktion.

Maßnahmen gefordert.

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Durchgreifende

In der Berliner Stadtverornetenverfristig erwerbslose Angestellte unter Berüdsichtigung sammlung legt die sozialdemokratische Frat der wirtschaftlichen Lage, des Familienstandes und der Eignung in tion ein umfassendes Programm zur Linderung des Betracht zu ziehen. Elends der Arbeitslosen in folgendem Dring= lichkeitsantrag vor:

5. die Nofstandsaffion fortzusehen;

Die Not der Berliner Erwerbslosen, die infolge der langs andauernden Wirtschaftskrise ins Ungemessene steigt, erfordert schnellstens neue energische Maßnahmen, durch die die Zahl der Arbeitslosen herabgemindert und die Not des Augenblic's gemilschaften als Arbeitgeber auftreten, dafür zu sorgen, daß nur die dert wird. Die Stadtverordnetenversammlung wolle daher be

schließen: Der Magistrat wird ersucht:

1. ausreichende Arbeitsgelegenheit zu beschaffen a) durch eine wesentlich verstärkte Förderung des Wohnungsbaues, b) durch so fortigen Beginn des Baues aller notwendigen Berwaltungsgebäude, c) burch Neubau und gründliche Renovierung von Schulgebäuden, d) burch Neu- und Ausbau von Badeanstalten. Zur Förderung des Wohnungsbaues ist darauf hinzuwirken, daß der Hauszinssteuer anteil Berlins entsprechend dem Berliner Aufkommen erhöht wird. Da die bisherige Bergebung von Hauszinssteuerhypothefen ben

6. die Fürsorge für die arbeitende Jugend zu verbessern und bei den zu treffenden Maßnahmen eine enge Berbindung zwischen Be­rufsberatung, Berufsschule und Jugendamt anzustreben; 7. bei allen Arbeiten, bei denen die Stadt oder ihre Gefell­öffentlichen Arbeitsnachweise benutzt werden. tarifliche Entlohnung gewährleistet und der Achtstundentag ftritt eingehalten wird;

Ein Weltreich im Umbau.

Die Konferenz der britischen Dominien. ( Bon unserem Londoner Rorrespondenten.) E. W. London , 23. November. Mit der Veröffentlichung des Berichts der Kommission der Ministerpräsidenten des britischen Weltreiches ist die Auf­gabe der Weltreichstonferenz abgeschlossen. Sie endet mit der Formulierung von einer Reihe von Neuerungen, die beweisen, daß die angelsächsischen Staatsmänner das Ber­ständnis für die Notwendigkeiten der Stunde nicht eingebüßt haben. Wenigstens, soweit die Beziehungen zwischen Mutterland und den sich selbst regierenden Domi­nions in Betracht kommen. Im Gegensatz zu den Er­martungen und Befürchtungen haben sich in den entscheidenden Fragen des Umbaues der Beziehungen zwischen Mutterland und Dominions die tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Aufassungen Londons , Kanadas . Südafrikas und dem Irischen Freistaat nicht als unüberwindbar gezeigt. daß a) die Säge der Erwerbslosenunterstüßung weiter Berbesserung der Beziehungen zwischen Groß­8. umgehend auf die Reichsregierung dahin einzuwirken, Die Arbeit der Konferenz schließt mit einer entschiedenen erhöht werben, b) die Befristung der Unterſtüßungsdauer britannien und Irland und Südafrika . Während die vor drei außer Kraft gefekt wird, d) der Richtfag eine enderung in einer geistigen Ronfusion, einer feelischen Abkühlung und aufgehoben wird, c) die Bedürftigkeitstlaufel Jahren abgehaltene Konferenz nach einem Worte Garvins erfährt, e) die Pflichtarbeit fortfällt, f) die not stands einer Lähmung in allen wesentlichen Entscheidungen" endete, arbeiter in ein freies Arbeitsverhältnis mit tariflicher hat die gegenwärtige Konferenz diesen toten Bunft, auf dem Interessen der wohnungslosen minderbemittelten Bevölkerung nicht Entlohnung treten, g) der Benugungszwang der öffent das Weltreich angekommen zu sein schien, überwunden. Frei Arbeitsvermittlung in Frage kommen. genügend entsprach, sind in Zukunft Hauszinssteuerhypotheten meit mehr als bisher im Zusammenhang mit städtischen, durch Anleihen geführt wird, h) besondere Mittel für die Kommunen zweds Maßlich nur, soweit London und die Dominions in Frage kommen. An die eigentlichen Lebensfragen des britischen Weltreiches, zu beschaffenden Zusatzhypothefen zu vergeben. Bei der Bergebungnahmen zur gewerblichen Schulung der Altersstufen von der Lösung der indischen und ägyptischen Frage, des un­folcher Bauvorhaben sind nur gemeinnützige Gesellschaften zu berüd über die Arbeitslosenversicherung in einer Form ver­14 bis 16 Jahren bereitgestellt werden, i) schnellstens das Gefeß geheuren Fragenkomplexes der gelben und schwarzen Rassen fichtigen; 2. die Borlage neuer Projekte, die einer möglichst großen Zahl Fürsorgezustand aufweist, k) der Anmelde- und Benugungs, größeren mit Südafrika ist das Empire" hier in seinem abschiedet wird, die eine Werbefferung gegenüber dem jetzigen und ihrer Stellung zum Empire" hat die Konferenz nicht gerührt. Troß der Schwierigkeiten mit Irland und den von Arbeitnehmern Lohn und Brot verschaffen, fofort vorzubereiten, wang bes öffentlichen Arbeitsnachweises bei der Angestelltenver: Bestande nicht bedroht und nur völlige Unkenntnis der Da die Zahl der jetzt beschäftigten Arbeiter durch die Fertigstellung mittlung eingeführt und das Verbot der Chiffreanzeigen ausgesprochen Tatsachen hat die kulturelle und teilweise wirtschaftliche Durch­verschiedener Arbeiten in den nächsten Wochen erheblich sinken dürfte; wird, wobei der Arbeitsnachweis berechtigt sein soll, in besonders bringung ka na das von den Bereinigten Staaten her zu 3. geeignete Maßnahmen auch zur Beschäftigung weiblicher gearteten Fällen die anderweitige Beschaffung der gesuchten Arbeits­Arbeitnehmer zu treffen, da in verschiedenen Industriezweigen in fräfte gegen Sichtvermerk freizugeben, 1) die Elektrisierung gestempelt. Die wirkliche Lebensfrage des Empire liegt nicht einem unmittelbaren, das Empire gefährdenden Problem absehbarer Zeit überhaupt nicht an eine Wiedereinstellung der ber Stadtbahn schleunigst durchgeführt wird. weiblichen Arbeitskräfte zu denten ist. In erster Linie müssen Mittel hier, in den Dominions, sondern in Indien und Aegypten , bereitgestellt werden, um es den Berliner Anstalten zu ermöglichen, in Malatka, Sudan usw. Dieses Problem ist von den füh ihre Belleidungs- und Wäschebestände aufzufüllen. renden Staatsmännern faum angeschnitten, gefchweige denn gelöst worden. Darum ist es zu früh, wenn wohlmeinende fonservative Kreise jubelnd feststellen, daß die Auflösung des Empire durch diese Konferenz gebannt sei.

Diefer Antrag geht in seinen Forderungen nicht über das Mögliche und Durchführbare hinaus. Es ist drin 4. zur Milderung der Not der Angestellten die Einrichtung der gend nötig, daß die Stadtverordnetenversammlung durch An­Beithilfen grundfäßlich zu beseitigen, das lebernahme des Antrages den Magistrat auf seine Pflicht hinweist stundenunwesen in der städtischen Verwaltung abzu und die Notwendigteit einer raschen und schaffen und bei der Einstellung in erster Linie lang. durchgreifenden Hilfsattion ihm vor Augen rückt.

Nationalistischer Wahnwih.

Borbereitung landesgefährlicher Abenteuer.

Erklärung Mahrauns.

Eine

Herr Artur Mahraun , der Hochmeister des Jungdeutschen Ordens , veröffentlicht gegenüber den halben Ausführungen des Reichswehrminifters eine ausführliche Erklärung. Aus dieser Erklärung geht hervor, daß die nationalen Attiviften in den Jahren 1923-1925 eine Reihe von wahnwihigen lan­desgefährlichen Abenteuern vorbereitet haben, die Deutschland in das fieffte Unglüd geffürzt haben würden. Wir ver­öffentlichen diese Erklärung auf der driften Seite dieses Blattes.

Krassin gestorben.

Ein schwerer Verlust für die Sowjetregierung. London , 24. November. ( WTB.) Der Geschäftsträger der

Sowjet- Union,& raffin, ist gestorben.

Der plötzlich verstorbene Kraffin war einer der fähigsten und energischsten Vertreter der bolschemistischen Regierung, der sich in den letzten Jahren insbesondere im diplomatischen Dienst einen Namen gemacht hat. Krassin stammte aus der alten Garde" der bolichemistischen Partei und gehörte schon vor der Abspaltung der Bolschemisten von der Sozial demokratischen Partei zu dem engeren Kreise Lenins , ohne allerdings immer mit ihm fonform zu gehen. Er war lange Zeit Mitglied des Zentralfomitees der Sozialdemokra tischen Barter Rußlands, zog sich aber in den Jahren vor dem Kriege non der aktiven Parteiarbeit zurüd.

Damals war er in der Firma Siemens u. Halste in Berlin als Ingenieur tätig, ging bei Ausbruch des Krieges als Bertreter der Firma nach Stockholm und beteiligte fich erst nach Ausbruch der bolichewistischen Revolution wieder aktiv an der Parteiarbeit. Rraffin war damals in vielen Bunkten ein entschiedener Gegner der von Lenin betriebenen Politik, die er vom wirtschaft lichen Standpunkte aus als ein Unglüd für Rußland be trachtete. Er stellte sich jedoch in den Dienst der Moskauer Regierung und wurde von ihr im Sommer 1918 als lnter händler nach Berlin gesandt, um den deutsch­russischen Zusatzvertrag zum Brest - Litowsker Friedensvertrag zustandezubringen.

In den nachfolgenden Jahren ist er dann von der Sowjet regierung für die wichtigsten diplomatischen Miffionen im Auslande, insbesondere in England, verwandt worden. Seine gründlichen wirtschaftlichen Kenntnisse und feine diplomatische Geschicklichkeit sicherten ihm hierbei manche

Erfolge. Politisch gehörte er zu dem gemäßigten Flügel der Kommunistischen Partei, und gerade feine Kenntnis der außenpolitischen Verhältnisse veranlaßte ihn mehrfach, gegen die verhängnisvolle Butschpolitik der von Sinowiem geleiteten Kommunistischen Internationale zu opponieren. Sein Tod bedeutet für die Moskauer Regierung einen schweren Verlust.

Gegen das Schund- und Schmutzgeseh.

Ein Protest des Vorsitzenden der Dichterakademie. In der B3." veröffentlicht Wilhelm v. Scholz eine Erklärung gegen das Schund- und Schmuggesek. Die Erklärung ist deswegen von besonderer Bedeutung, weil der Berfasser fürzlich zum Vorsitzenden der Dichterakademie ge­wählt wurde. Es heißt darin:

Schmußliteratur zu schützen, jedes Dichters, jedes geistigen

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das ist das Schrifttum immer!

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Was die Konferenz inhaltlich an neuem gebracht hat, das ist in den abschließenden Feststellungen des Berichts der Mini­sterpräsidenten wie folgt zusammengefaßt: Nichts wäre da­mit gewonnen, wenn man versuchen wollte, eine Verfassung für das britische Empire festzulegen. Seine so weit ausein­anderliegenden Teile besigen äußerst verschiedenartige Eigenheiten, sie haben eine äußerst verschiedene Geschichte und befinden fich in äußerst verschiedenen Entwicklungs­ftadien. Die Gruppe der sich selbst regierenden Gemeinwesen, bestehend aus Großbritannien und den Dominions. find auto­nome Gemeinwesen innerhalb des britischen Empire, sie befinden sich in gleicher Stellung, sind in keiner Weise was ihre Innenpolitik und auswärtigen Beziehungen an­belangt einander untergeordnet, jedoch durch ihre gemein­same Zugehörigkeit zur Krone geeinigt und aus eigenem Millen heraus als Mitglieder verbunden. Jedes tglied des Empire, das fich selbst regiert, ist nunmehr Herr seines eigenen Schicksals. Es iſt, in facto, wenn auch nicht immer in der Gleichheit in der Stellung ist somit das Grundprinzip, das für Form, feinerlei irgendwie geartetem wange unterworfen. maßgebend ist. Damit ist in aller Form die Freiheit und die interstaatlichen Beziehungen der Mitglieder des Empire Gleich it e I lung ber selbstregierenden Dominions erklärt.

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Ich brauche nicht zu betonen, daß das angegebene Ziel des Ge­feges, die Jugend vor den efelhaften Erzeugnissen widerwärtiger Menschen innigfter Wunsch ist; daß eine erfolgreiche Bekämpfung Stellung und nicht allgemein auf die Funktionen der einzel­Aber dieses Prinzip der Gleichheit" bezieht sich auf die der Afterliteratur für die Dichtung nur förderlich sein kann. Aber ein Gesetz, das mit seinem Chirurgenmesser in die Nähe Mutterlandes bei diplomatischen Berhandlungen und nen Glieder. Das heißt z. B., daß die Funktion des des Herzens und des Gehirns der Kultur und des Geisteslebens hinsichtlich der militärischen Aufgaben bedeutungsvoller bleibt zu schneiden unternimmt, muß als etwa Kanadas oder Australiens , und an dem bisherigen in sich, durch eine flaffische, eindeutige, jede Willfür ausschließende Bustand, wo London für die Reichsverteidigung im wesent­Faffung ver Mißbrauch geschüßt sein! Der Gefehentwurf, der jetztlichen verantwortlich war und in entscheidenden diplomatischen vorliegt, bietet in jedem Paragraphen fast dem Mißbrauch Hand und Möglichkeit. Ja, ich habe den Berdacht, daß bei manchen Be fürwortern des Gesezes gerade diese Möglichkeit, das Gesetz zu Barteizmeden, für Obffurantenwünsche, gegen die Geiftes. freiheit zu mißbrauchen, das ist, was ihre Begeisterung für den Entwurf geweckt hat.

Fragen als Treuhänder des Empire auf eigene Fauft gehan­Indien finden diese Erklärungen teine Anwendung. Indiens Bedelt hat, grundsäglich nichts verändert werden soll. Auf Stellung ist durch den, Government of India Act 1919" be stimmt. Das Komitee empfiehlt dagegen eine leichte Alende­runo im Titel des Königs. Anstatt der bisherigen Formel, die von einem ,, Bereinigten Königreich" sprach, ist Georg V. nunmehr Rönig Großbritanniens und Irlands und der britischen Dominions" usw. Der vertraute Begriff des United Kingdom ", der Bereinigten Königreiche", hat damit offiziell zu existieren aufgehört. Ein legter Nachhall der einstigen engeren Berbindung Großbritanniens und Irlands ist allerdings auch im Titel übrig geblieben, wo Irland im Gegensatz zu den übrigen Dominions heraus­gehoben und vor den übrigen britischen Dominions aufgeführt

Würde dieser Entwurf je Gesetz. so wäre der Kunstfeindschaft an sich, die einer der grundlos bösen Triebe in der Merschheit und leider sehr häufig ist, eine schlimme Waffe in die Hand gegeben. Eine ungefährdet freie Kunst und Dichtung ist eine Lebensfrage für das deutsche Volt, ist einer der Werte, die uns die Freundschaft der anderen Bölker wieder zu gewinnen im Begriff find. Bir dürfen sie nicht durch schlechte Gesetze in Gefahr bringen! Diese Erklärung ist ein weiterer Beitrag dazu, wie schmere Gefahren der fünstlerischen Betätigung aus diesem in jeder Beziehung bedenklichen Gesetzentwurf erwachsen.

im Dezember besteht aus Außenminister 3 aleski, dem diploma­Die polnische Delegation für die Sigung des Bölferbundsrates tifchen Bertreter in Danzig , Minister Straßburger, und dem Abteilungschef im Außenministerium, Adam Tarnowski. Zum erstenmal nimmt bekanntlich Bolen an der Sizung als Ratsmit glied teil

"

wird. Wichtiger ist die nächste Empfehlung. Der Bericht betont, daß die Generalgouverneure der Dominions, Bolitik des Landes einzunehmen haben, wie der britische die von London aus ernannt werden, die gleiche Stellung zur König innerhalb Großbritanniens . Sie hören also von dem Augenblick der Verwirklichung dieser Empfehlung auf, Ver­treter oder Agenten" ber britischen Regierung, aber nicht bes