Der Polkwitzer Springer.
Der Musterrichter wegen Beleidigung zu 30 Mark Geldstrafe verurteilt.
Mehrfach haben wir uns schon mit einem besonderen Exemplar von Richter, dem Amtsgerichtsrat Dr. Springer in Boltwiz beschäftigen müffen. Springer hat es nicht nur fertig gebracht, die standalösesten Urteile gegen Landarbeiter zu fällen und in der Begründung die hohen Strafen wegen ihrer Zugehörigkeit zu linksstehenden Organisationen begründet, er hat auch in einem anderen Urteil den Reichs- und Landtag beleidigt. Reben seiner Tätigkeit als Richter war er Großmeister des Jungdeutschen Ordens. Als solcher führte er ein Mussolini "-Regiment. Wer nicht seiner Anschauung war, war sein Feind. Eines Tages schrieb er an ausgetretene Mitglieder der Gefolgschaft Oberzauche Briefe scharf beleidigenden Inhalts, Eines dieser ausgetretenen Mitglieder stellte Strafantrag wegen Nötigung und Beleidigung. In der am 11. September ftattgefundenen Verhandlung vor dem Schöffengericht Glogau wurde der famose Richter freigesprochen. Man sprach ihm den Schutz bes§ 193 Strafgesetzbuches zu.( Wahrung berechtigter Interessen.) Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Glogau Be rufung ein.
Am 24. November erfolgte vor der großen Straffammer des Landgerichts Glogau die Berufungsverhandlung. Die Beugen er flären durchweg, daß sie sich durch den erhaltenen Brief beleidigt fühlten. Der Staatsanwalt plädierte auf Nötigung und Be leidigung. Er erachtet jedoch die Handlungen als eine einheitlich begangene. Unzweifelhaft hatte die Beweisaufnahme ergeben, daß einige Mitglieder sagungsgemäß ausgeschieden sind. Somit hatte der Angeklagte fein Recht mehr gehabt, sie mit 3wangsmaßnahmen zu belegen. Sein Antrag ging dahin, den Angeklagten wegen vollendeter Nötigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und Beleidigung in cinem Falle zu 60 m. Geldstrafe zu verurteilen. Der Verteidiger des Angeklagten beantragte die Verwerfung der Berufung und die abermalige Freisprechung des Angeklagten. Das Gericht fällte nach etwa zweistündiger Beratung folgendes Urteil:
Das Urteil des Schöffengerichts vom 11. September 1926 wird aufgehoben. Soweit sich die Anklage auf Nötigung be zieht, muß Freisprechung erfolgen, da dem Angeklagten die Dorgeworfene Nötigung nicht erwiesen ist. Jedoch ist wegen Beleidigung des Lehrers Strempel der Angeklagte zu be= strafen. Schon die bedingte Unterstellung einer Beleidigung ist ftrafbar. Der Schutz des§ 193 steht dem Angeklagten nicht zur Seite, da er nicht mehr das Recht hatte, einem ausgetretenen Mitgliede derartige beleidigende Aeußerungen in dem Briefe vorzu werfen. Was das Strafmaß anbetrifft, so ist auf eine niedrige Strafe erfannt worden, da der Angeklagte aus edlen Motiven heraus gehandelt hat. Der Angeklagte wird daher wegen Beleidigung des Lehrers Strempel zu 30 m. Geld. stra fe verurteilt. Im Nichtbeitreibungsfalle an deren Stelle ein Tag Haft tritt.
Das Urteil ist sehr milde ausgefallen. Man darf neugierig sein, wann man von neuen edlen" Taten des Springers von Peltwiz hören wird.
Die Verwaltung der Reichsbahn. Luther aus dem Verwaltungsrat ausgeloft. In der letzten Sigung des Berwaltungsrats der Reichsbahn fand die statutenmäßig festgelegte Auslosung non sechs Mitgliedern fatt. Das Los traf u. a. das erst vor furzem von der Reichs regierung ernannte neue Mitglied Dr. Luther, den jezigen Präsidenten des Verwaltungsrats v. Siemens, den Oberpräsidenten Batodi. Das Mandat der Ausgeloften erlischt mit dem Ende des Jahres.
Wie der„ Demokratische Zeitungsdienst" mitteilt, soll die Reichs. regierung die Absicht haben, das Mandat der Ausgeloften zu perlängern. Danach würde also Herr Luther, der sich seit Monaten in Südamerika aufhält, auch weiterhin Verwaltungsrat der Reichsbahn bleiben.
Um die Aufhebung der Militärkontrolle
Kein Fortschritt der Verhandlungen.
Der Temps" bestreitet zunächst die Richtigkeit der Bermutung, die Dr. Stresemann im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages ausgesprochen hat, daß Frankreich das Ende der interalliierten Militärfontrolle von der vorherigen Regelung des Investi gationsrechtes des 2ölferbundes abhängig machen wolle. Das Blatt fügt aber sofort hinzu, es liege auf der Hand, daß die Alliierten das absolute Recht befäßen, Vorsichtszwischen der Kontrolle der Kommission und dem normalen Funktionieren der Völkerbundskommission entstehe. Es erscheine keineswegs wünschenswert, daß die Mission der Interalliierten Rommiffion zu Ende gehe, bevor die Frage des Investigations= rechts endgültig geregelt fei". Diese Regelung bestehe übrigens feit 1924 und fei seinerzeit Deutschland mitgeteilt worden, das nur einige prinzipielle Vorbehalte erhoben habe. Die Genfer Besprechungen würden vielleicht Gelegenheit geben, eine Formel zu finden, um die unbedingte Notwendigkeit einer wirksamen Kontrolle mit dem Wunsche in Einklang zu bringen ,,, die deutsche Eigenliebe zu schonen".
Paris , 25. November. ( Eigener Drahtbericht.) Die Besprechun gen über die Aufhebung der Militärkontrolle, zu denen der Deutsche Legationsrat Forster nach Paris gekommen ist, haben noch nicht zu einem nennenswerten Ergebnis geführt. Man kann sich des Einbruds nicht erwehren, daß die Lösung dieser Frage, die im Prinzip bereits vor längerer Zeit geregelt schien, in Pragis neuerdings verschleppt wird. Dafür soll nicht ohne weiteres Briand verant wortlich gemacht werden. Es ist sicher, daß Briands Bermaßregeln zu ergreifen, damit feinerlei Unterbrechung ständigungswille durchaus ehrlich und rüdhalt los ist. Das Ergebnis bleibt allerdings dasselbe, wer auch verantwortlos ist. Das Ergebnis bleibt allerdings dasselbe, wer auch verantwort lich dafür ist, daß die Berhandlungen von Thoiry an einem toten Buntt angelangt, ja so verfahren sind, daß man um die Entwicklung der deutsch - französischen Verständigung ernstlich be sorgt sein darf. Der deutschen Regierung einen Borwurf für die bisherige Erfolglosigkeit der Verhandlungen machen zu wollen, wie das die Pariser Blätter mit einer auffallenden Einmütigkeit, der ,, Temps" an der Spitze, versuchen, ist umso weniger angebracht, als gerade aus einem Temps" Artikel am Donnerstag abend deutlich hervorgeht, daß der französische Widerstand gegen die Abberufung der Militärkontrolle lediglich darauf berechnet ist, einen Drud auf die deutsche Regierung auszuüben, um sie in der Interpretation des Versailler Artikels 213 gefügig zu machen.
Länder Träger der neuen Gerichtsbarkeit sind. Diese sonderbare Koalition blieb in der Minderheit.
Eine recht lebhafte Debatte löften alsdann die Demokraten, ver. treten durch Abg. Dr. Fischer aus, indem fie mit aller Leidenschaft entgegen den Beschlüssen erster Lesung die Zulassung der Rechtsanwälte in erster Instanz für alle berufungsfähigen Streitfälle und den Rechtsanwaltszwang in zweiter Instanz for. derten. Abg. Aufhäuser( Soz.) fennte nachweisen, daß dieser Antrag für die Arbeiter und Angestellten noch schlimmer wirten müßte als eine generelle Zulassung der Rechtsanwälte. Die von Dr. Fischer verlangte Bestimmung würde dazu führen, daß die Unternehmer schon bei Beginn eines Streitfalles möglichst hohe Streit. fumm en angeben, auch wenn nachher eine Herabsetzung derselben festgestellt werden muß, um eben in jedem Falle einen Rechtsanwalt hinzuziehen zu können, während dem Arbeitnehmer das Geld für einen solchen Rechtsbeistand fehlt. Er wandte sich mit aller Entschiedenheit gegen die Zumutung, daß in zweiter Instanz bei dem gewünschten Rechtsanwaltszwang die wirtschaftlichen Berbände nur noch angehört werden sollen. Es zeige gerade nicht von besonderem demokratischen Geschmack, daß ausgerechnet die Partei des Abg. der Reichsver. Dr. Fischer glaube, den Artitel 165 fassung unwirksam machen zu können. Auch der Bertreter der preußischen Regierung setzte sich mit allem Nachdruck für den deutschnationalen Antrag ein, der in diesem Falle im wesent lichen dem Inhalt des demokratischen Antrags entsprach. Die Arbeit nehmervertreter der Demokratischen Partei waren diesmal nicht anwesend. Die Deutschnationalen, Demokraten und Deutsche Boltspartei blieben aber erfreulicherweise in der Minderheit. Ben den Regierungsparteien war auch in dieser entscheidenden Abstimmung nur noch das Zentrum für die Vorlage der Regierung eingetreten.
Bei§ 12, der die Gebühren regelt, ist geçen die Stimmen der Arbeiterparteien eine wesentliche Verschlechterung beschlossen worden, und zwar derart, daß die billigen Gebühren des Arbeitsgerichts nur noch in der unteren Instanz Geltung behalten, in der Berufungs - und Revisions. instanz jedoch das allgemeine Gerichtstoftengefeh maßgebend sein foll. Die Rechtsparteien versuchten auch bei den Bestimmungen über die Berwaltung und die Dienftaufficht die Mitbestimmung der wirtschaftlichen Verbände, mie fie in erster Lesung beschlossen war, wieder umzustoßen, fonnten aber feine Mehrheit auf ihren Antrag Dereinigen.
Noch eigenartiger mutet es an, daß man auch daran denkt, Herrn von Siemens der Reichsbahn zu erhalten. Wir wollen Man berichtet uns aus Italien : Seitdem die Faschistenbanden die Verdienste des Herrn von Siemens nicht schmälern. Wir meinen die materiellen Verdienste; von anderen fönnen wir nicht gut reden. wieder losgelassen sind, ist der frühere Rechtsanwalt Salvadori. Es ist kein sonderliches Berdienst, in ein großes Bermögen und in Toskana verschwunden. Bisher hat noch fein faschistisches den Besitz eines großen Unternehmens hineingeboren zu sein. Die Blatt es gewagt, diefes Berschwinden aus dem Berkehr irgendwie materiellen Verdienste des Herrn von Siemens aber werden durch zu erwähnen. Salvadori saß ahnungslos in seinem Arbeitszimmer, den Verlust eines Jahreseinkommens von 60 000 m. gewiß kaum um eine Straffache zu bearbeiten, die am nächsten Tage vor dem berührt, denn was Herr von Siemens allein an der Reichsbahn Gericht in Viareggio verhandelt werden sollte. Ein junger Mensch, Sache dringende mit ..verdient", übersteigt dieses Einkommen sicherlich nicht unerheblich. der vorgab, in dieser Sache dringende MitWenn das Los dem Standal ein Ende machte, daß der Vorteilungen machen zu fönnen, wurde in das Arbeitszimmer ein. sigende des Verwaltungsrates gleichzeitig der größte gelaffen und feuerte bei seinem Eintritt fofort auf Salvadori, Lieferant der Reichsbahngesellschaft ist, dann sollte der getroffen auf seinen Schreibtisch fiel. Gleichzeitig stürzten sich fich jedermann darüber freuen, daß Herrn Siemens endlich Gelegen zehn andere Milizlerle in den Raum und bearbeiteten das Opfer, heit gegeben wird, sich mehr mit dem Konzern zu beschäftigen, an als fie es noch lebend vorfanden, mit ihren Meffern, bis es dessen Spize er steht und der allein hunderttausend Arbeiter be- tot war. Der Leichnam des Ermordeten ist auf die schändlichste fchäftigt. Soweit natürlich die verschiedenen anderen Aufsichtsrats Weise verstümmelt worden. posten Herrn v. Siemens Zeit dazu lassen. Geld hat er auch ohne die 60 000 m. genug.
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Rio de Janeiro , 25. November. Dr. Luther unternimmt zurzeit einen mehrtägigen Rundflug durch Brafilien; er murde überall von den brasilianischen Regierungsvertretern und von den deutschen Kolonien herzlich begrüßt.
Kampf um das Arbeitsgericht. Veränderungen im sozialpolitischen Ausschuß. Am Donnerstag wurde die Reichsregierung im sozialpolitischen Ausschuß bei der Weiterberatung des Arbeitsge= richtsgefeges, abgesehen vom Zentrum, wiederholt und abwechselnd von den eigenen Regierungsparteien im Stich gelassen. Zunächst machte sich die Deutsche Boltspartei in Gemeinschaft mit den Deutschnationalen noch einmal start, um die Gerichtsbarkeit in Arbeitssachen vollkommen den ordentlichen Gerichten auszuliefern. Die Regierungsparteien blieben indessen in der Minderheit. Die Anträge, die von den gleichen Parteien tamen, um die Erfinderstreitigkeiten von den Arbeitsgerichten wegzunehmen, wurde zurückgestellt, weil die Gewerkschaften der Technifer nochmals gehört werden sollen. Gegenüber dem Antrag der Sozialdemokratie auf Einbeziehung der Schiffsbefagungen machte die Regierung geltend, daß diese ganze Materie in der in Borbereitung befindlichen Seemannsordnung geregelt werden foll; eine Abstimmung ist auch hier noch nicht erfolgt.
Ein Antrag der Regierungsparteien, Streitigkeiten von wirtschaftlichen Vereinigungen mit ihren Mitgliedern aus der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte herauszunehmen, wurde mit Mehrheit angenommen. Ein sozialdemokratischer Antrag, Streitigkeiten aus§ 98 des Reichsversorgungsgesezes und des Schwerbeschädigtengefeßzes einzubeziehen, fand seine Erledigung in einer Regierungserklärung, dahingehend, daß alle Lohn fragen, auch soweit es sich um Kriegsbeschädigte handelt, unter die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen. 3u§ 8 stimmten Bayerische Boltspartei, Bölkische und Kommunisten ge meinfam für die lebernahme aller Rosten auf das Reich, obwohl die
In Neapel wurde der 14jährige Sohn unferes Genoffen Profeffor Arturo Cabriola von den Faschisten im Hause feines Vaters umbePleidet angetroffen und in diefem Zustande durch die Straßen der Stadt gepeitscht.
Der berühmte Historifer Guglielmo Ferrero follte an der Universität von Genf einige Vorlesungen halten. Mussolini hat angeordnet, daß ihm der Paß verweigert wird und läßt den Gelehrten auf Schritt und Tritt bewachen.
Aufgebracht darüber, daß die Zustände in Italien trop aller Gegenmaßnahmen im Auslande befannt werden, hat Muffolini die strengsten Ueberwachungsvorschriften für sämtliche Grenzbahnhöfe erlassen und ben Abschuß sämtlicher fliegenden Brieftauben in den Grenzdistrikten angeordnet. In der Tat hallen jetzt die Grenzgegenden wider von der staatlichen Brieftaubenjagd.
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Seit einigen Tagen ging in Rom das Gerücht, daß der neue Unterstaatssekretär für das Luftfahrwesen, Italo Balbo , Befehl erhalten hat,
Sonderapparate erbauen zu laffen, die im Falle des faschistischen Zusammenbruches der Flucht Mussolinis dienen follen.
Dieses Gerücht erhält nunmehr offiziellen Anstrich durch eine amt liche Bekanntmachung, nach der auf Initiative Balbos die neue Flugabteilung P. eingerichtet worden ist, sie soll aus Apparaten verschiedener Modelle gebildet werden, die zur aus. schließlichen Berfügung der Regierungsmit glieder und derjenigen stehen sollen, die unter besonderen Umständen zu einer Luftreise gezwungen werden.
Ein Hilferuf.
Ein großer italienischer Gelehrter, deffen Haus von den Faschisten völlig zerstört wurde, und der sich allen Gewalttaten der faschistischen Brutalität ausgesetzt ſieht, hat über die Schweiz einen ergreifenden Brief gerichtet, für den folgende Auszüge sprechen mögen. Er schreibt:
Man müsse aber in Berlin verstehen, daß das Investigationsrecht unter Bedingungen ausgeübt werden müßte, die der allgemeinen Sicherheit die weitestgehenden Garantien bieten.
,, Die Lage der Gebildeten in Italien muß heute als rein menschliches Problem betrachtet werden. Tausende und aber Tausende von Italienern , Gelehrten, Professoren, Schriftstellern, Politikern usw., befinden sich, eines Nichts angeklagt, in ständiger Lebensgefahr. Ihre Häuser sind überfallen worden und sie haben nicht einmal die Möglichkeit, irgendwelche Arbeit zu finden. Man fieht bereits eine ganze Anzahl von Gelehrten, die sich dem Faschismus nicht haben verschreiben wollen, in die Sorge um das trockene Brot für die Familie verstrict."
Diese Gebildeten, die durch Temperament, Erziehung und ihre foziale Stellung gegen jede Gewalt sind, möchten sich ins Ausland begeben, um leben zu fönnen. Aber man verweigert ihnen die Ausreisepäffe und erklärt, fie müßten als Geifeln zurückbleiben und mit ihrem Leben nicht nur für jeden Angehörigen des Faschismus, fondern auch für jedes geschict inszeniertes Attentat einstehen, das man erfinden würde."
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„ Wir sind in der Lage der Armenier zur Zeit Abdul Hamids." Ist es denkbar, daß diese menschliche Tragödie in Europa unbekannt bleibt?"
„ Die Armenier haben einen Gladstone gefunden. Und wir?"
Ulsters
Kritik an der Reichskonferenz. Titelsorgen- Australiens Bundesproblem. Indiens Unzufriedenheit.
Die in London versammelten Ministerpräsidenten der Dominien haben sich durch weg höchst befriedigt über die Neuordnung des Verhältnisses zum englischen Mutterland gezeigt. Im Unterschied dazu ist in mehreren Teilen des Weltreiches lebhafte Kritik laut geworden.
In Ulfter, dem nicht zum fatholischen irischen Freiftact gehören den nördlichen protestantischen Teile der Insel, hat man sich über die Aenderung des Titels feiner föniglichen britischen Majestät auf. geregt. Weil der Titel„ König der Bereinigten Königreiche"( nämlich England, Schottland und Irland ) abgeschafft wurde, da eben Irland selbständig geworden ist, und weil der König als König von Irland bezeichnet worden ist, haben die Ulsterleute befürchtet, daß damit eine Unterordnung Ulsters unter den irischen Freiftaat gemeint sei. Nach einer sehr lebhaften Kabinettsfigung ist deshalb der Ministerpräsident von Ulster nach London gefahren, um eine derartige Entwicklung zu beschwören. Den neuesten Nachrichten zufolge ist es gelungen, ihn zu beruhigen und davon zu überzeugen, daß in dem Königstitel Irlands nur die geographische und feineswegs die staatsrechtlich- politische Einheit gemeint, Ulsters Selbständigkeit also feineswegs angetaftet worden sei.
Die australische Kritik gegen die Konferenzergebnisse stammt aus derselben Quelle föderalistischen Unabhängigkeitsdranges. Nach den neu aufgestellten Grundsägen nämlich sollen die Generalgouverneure der Dominien nicht mehr Vertreter der englischen Regierung, sondern nur noch der britischen Krone sein. Die Stellung der Ministerpräsidenten der Dominien werden dadurch dem König dirett verantwortlich, ihre Stellung also erhöht. Das rief in Australien , das ja ein Bundesstaat ist, die Opposition der einzelnen australischen Länder hervor, die durch die Erhöhung der Ministerpräsidenten des Bundes ihre eigene Würde herabgebrüdt. glauben. Aber zweifellos werden sich die Bayern Australiens mit dieser Entwicklung abfinden.
Eine weitaus schärfere Opposition gegen die Ergebnisse der Reichskonferenz kommt aus Indien . Die indische öffentliche Meinung wendet sich ganz überwiegend gegen die Gleichstellung der Dominien mit dem Mutterland. Indien , das ja den Rang eines Dominions nicht hat, wenn es auch an der Reichskonferenz teilnahm und Bölkerbundsmitglied ist, fürchtet nämlich, in Zukunft die untergebene in einem Haushalt mit sechs Herrinnen, statt wie bisher mit einer zu sein". Indien weiß nämlich, daß England, wenn auch oft vergeblich, so doch jedenfalls versucht hat, seine indifchen Untertanen gegen die oft grausamen und immer harten Maßnahmen der Dominien zu schüßen. Die Verselbständigung der Dominien gegenüber England bedeutet daher für Indien , daß es nicht mehr nur England, sondern allen sechs Dominien unterte sein wird.
Der Sejm wird nicht unterrichtet. Warschau , 25. November.( DE.) Im Parlament wird lebhaft lage darüber geführt, daß der Sejm über die Außenpolitik völlig uninformiert bleibt. Die Unzufriedenheit hat bereits dazu geführt, daß die Sozialisten frattion Dembiti, den Vorsitzenden der Sejmfommission für Außenpolitit, ersucht hat, den Außenminister Zaleski aufzufordern, vor seiner Abreise nach Genf der Kommission eine Darlegung der gegenwärtigen Situation zu geben.
Marschall Pilsudski hat sich zu einer dreitägigen Militärinspektion nach Wilna begeben. Vor seiner Abreise hatte er eine Besprechung mit dem Außenminister, der thm über die Borbereitun gen für die Dezembertagung in Genf berichtete. Bolens Gesandter in Riga , Lukasiewicz, begleitete Pilsudski bis Wilna , von wo er auf seinen Rigaer Bosten zurückkehrt,