5re!tag 2ö. November?H2H
nterhaltung unö
issen
Seilage öes vorwärts
Pitz,'. Von Dittor Sanguessa.
Der Eingang zu ihrer Wohnung war ein rundes Loch in der Mauer, kaum so groß, daß ihr zartes, walzenförmiges Körperchen hindurchkonnte, und lag hinter einem schweren Bucherkasten oer- steckt. Diesem Umstand hatte es Pitz! vornehmlich zu verdanken, daß sie noch nicht dem Ordnungssinn der Frau Ofsizialstelloertretcr Ligsti zum Opfer gefallen war. Pitzis Reich war das ebenerdige chofzimmer. das Frau Ligeti als. garantiert ungezieferfrci" billig vermietete. Artgenosscn der kleinen Maus, die sich, vom chos kommend, hie und da auf diese dürftige Weide verirrten, erzählten ihr von wogenden Feldern, von Wald und Sonnenschein. Pitzi hörte sie an und blieb: nicht? ver- mochte st- von ihrer liebgewonnenen Heimat wegzulocken, denn auch Pitzi hatte die unerklärliche Borliebe der Mäuse zu ihrem orößten Fcind, dem Menschen, im Blut. Die große Sehnsucht in Pitzis Leben war, mit einem Menschen Freundschaft schließen zu können—, von ihm beachtet, aber nicht bedroht zu werden: aber die Menschen verstanden offenbar nicht. was sie wollte—. oder vielleicht aßen sie Mäuse besonders gern, denn sobald sich Pitzi nur irgendwo zeigte, machten sie gleich große Jagd auf sie! Wenn die Nacht kam und die Lichter verlöscht wurden, steckte Pitzi vorsichtig den kleinen Kopf aus ihrem Mauerloch und horchte gespannt, ob die Atemzüge des Menschen, der gerade in dem Zimmer wohnte, ruhig und gleichmäßig Nongen—. dann schlief nämlich der Mensch, das wußte Pitzi. War das der Fall, dann lief sie zuerst vorsichtig, der Mauer entlang, unter das Bett und begann umständlich Toilette zu machen. Die blanken, kleinen Stecknadel- Augen wurden sorgfältig ausgewischt, das Fellchen mit den Krallen gebürstet, und wenn das geschehen war, setzte sich das Mäuschen auf die Hinterfüße, strich sich die Schnurrbarthaarc zurecht und leckte Schwanz und Pfoten sorgfältig rein. Pitzi war eben ein bißchen eitel, wie alle Mäuse, und hielt viel auf sich und auf Rein- lichkeit. Nach der Toilette ging sie aus Nahrungssuche und Abenteuer aus. An den Borhängen neben dem Fenster konnte man ganz leicht in die Höhe klettern und auf den Tisch kommen. Dort untersuchte Pitzi gründlich alle hsrumllegenden Papiere. Oft fand sich der Rest einer Mahlzeit—, eine Speckschwarte oder auch nur«in paar Brot. krumen. Aber selbst wenn auf dem Tisch nichts zu finden war, stand es um Pitzi noch nicht schlecht, denn gewöhnlich hatte sie so in ihrer Höhle ein bißchen Vorrat. Und in den ärgsten Zeiten der Not mußte eben die Seife auf dem Waschtisch herhalten,... aber wirklich nur, wenn's nicht mehr anders ging, denn sie schmeckte zwar nach Fett, aber gewöhnlich hatte sie einen für Pitzis feine Nase höchst widerlichen Duft und außerdem bekam man davon Bauch- grimmen!-- Die Mieter Frau Legitis wschscüen oft. Pitzi hatte schon viele Ersahrungen mit Menschen gemacht ohne daß die Leute wußten, mit was sür einem reizenden Tierchen sie die Wohnung teilten.. Junge Leute vom Lande hatte Pitzi am liebsten—, sie zeichneten sich nämlich vor allem dadurch au», daß sie Lebensmittelpakete von zu Hause bekamen. In solchen Zeiten lebte die kleine Maus im Ueberfluß. Einmal—, da hatte sie ganz besonderes Glück! Es kam ein Bausrnfohn— er studierte, um Pfarrer zu werden—, der ausfallend nachlässig war. Sechs Nüsse, drei Speckschwarten, ungezählte Apfel- kerne und sogar ein halbes Stückchen Zucker konnte Pitzi in dieser Zeit in ihre Wohnung schleppen. Lange Zeit bildeten diese Schätze ein stolz und eifersüchtig bewachtes Dcrmögen in Pitzis Mauseloch. Dann kam wieder ein Trunkenbold, der wenig zu Hause war und nie in seinem Zimmer aß, und Pitzis Wohlstand war dahin. Eines Tages war der Hunger besonders groß: seit zwei Tagen lag nämlich nicht einmal ein« Seife auf dem Waschtisch, und das Mäuschen vergaß alle Vorsicht. Im Bestreben, irgendetwas Genießbares zu finden, das besser schmeckte als die langfaserigen Holzfüße des Bücherschrankes, die sie in dieser bitteren Zeit zur Sättigung benutzt hott«, lief sie, während der Mensch an seinem Tische saß und las, durch's Zimmer. Krachend schlug bald ein Buch hinter ihr auf den Boden und hätte sie sicherlich umgebracht, wenn die Hand, die es geschleudert hatte, nicht so unsicher gewesen wäre. Pitzi beeilte sich, in ihre Höhle zu kommen und traute sich trotz des Hungers lange Zell nicht hervor. Als ihr Schicksal schon eine Wendung ins Hoffnungslose zu nehmen begann, änderte sich wieder der Mieter. Em stiller Mensch zog in Pitzis Bereich ein: er studierte viel und hatte d»e angenehme Gewohnheit, dabei viel Tee zu trinken. Herrliche Zeiten kamen, in denen Pitzi häufig Zucker und Reste von Bockwerk fand, und ihr abgemagertes Körperchcn wurde wieder schön rundlich und das Fcllchen bekam neuen Glanz. Und noch eine sympathische Eigenschaft hatte der neue Mensch. In einsamen Stunden spielte er Violine, und zwar wehmütig und schluchzend—, und das brachte das kleine Mäuschen immer ganz außer Rand und Band Wenn die Töne durchs Zimmer schwangen, dann zog et sie mit unwiderstehlicher Gewalt aus ihrer Höhle. An- dächtig lauschend streckte sie das Schnäuzchen aus dem Loch, und wenn die Musik gar zu rührend wurde, dann fang sie dazu: es klang wie das kaum hörbare Zwitschern eines träumenden Bogels, und zwar so leise, daß man es im Zimmer gar nicht hören konnte. Aber Pitzi erschien ihr Gesang doch mächtig und wunderbar schön... und darauf kam es ja an! Auch das Gefühl ständiger Sättigung trug wesentlich dazu bei, Pitzis Temperament leichtsinnig und übermütig zu gestalten. In hellen Mondscheinnächten, noch angenehmer Mahlzeit, suchte sie jene Stellen auf, auf die das Licht besonders stark fiel, und tanzte, tanzte jenen geheimnisvollen Sehnsucht?» und Freudentanz der Mäuse, der in einem Herumhopsen aus zwei Füßen besteht, und bei dem man mtt den Dorderpfoten in der Luft fuchteln und mit dem Schwanz gar sonderbare Bewegungen ausführen muß—, denn das Leben ist dann so herrlich, so wunderbar, daß es schier nicht zu ertragen wäre, wenn man sich die viele Freud - nicht vom Leib hopsen könnte! Eines Tages trat wieder eine kleine Veränderung ein. die noch eine wettere Verbesserung von Pitzis Lage nach sich zog. Der junge Mann wurde krank, verließ da» Zimmer überhaupt nicht mehr und ließ sich dos Essen zum Bette bringen. Man konnte zwar dazu nicht so bequem gelangen wie auf den Tisch, aber dafür gab es auch regel- mäßig ganz besondere Herrlichkeiten, wie sie nur Menschen erfinden können, um kleine Mäuse damit zu beglücken. Pitzi wußte bald, wie sie zu ihrem neuen Weideplatz gelangen tonnte: Man mußte zuerst so hoch hüpfen, daß man«inen vom
Bett herabhängenden Deckenzipfel erhaschen konnte, dann vorsichiig über das Bett schleichen, und schließlich von dort auf den Seliel springen, auf dem das Esten stand. Sie hatte wieder einmal diesen l'dchwe:lichen Weg glücklich überstanden, als ,'ic ig einem Elase au' dem Sessel e n wunderbares Gett inl fand.... Pitzi konnte ganz leicht trinken, wenn sie sich auf die Hinterfüße stellte. Es schmeckte süß und feurig zugleich; Pitzi hatte noch nie so etwas Gutes ge- trunken und so trank sie nach Herzenslust von dem Likör! Uebermut und fröhliche Sorglosigkeit befielen sie und sie begann wispernd zu tanzen. Aber schon nach den ersten Sprüngen geschah plötzlich etwas ganz Fürchterliches: Ein Löffel, den Pitzi beim Tanz mit dem Schwanz gestreift hatte, fiel mit Geklirr zu Boden. Der Mensch im Bett erwachte und bemerkte das Mäuschen im Mondschein. (Schluß folgt.)
Der„öimö für Freiheit und Rechts
Reichswehrminisker(sieglet: vlamler' mich nicht, mein schönes Sind und grüß' mich nicht Unter de« Linden.
5eröinanö Ewalö. Zu seinem 89. Gedurtstage. »Der letzte der ersten Fünf"— so dürfen wir den Mann nennen, der heute sein achtzigstes Lebensjahr vollendet. Uns alten Genosten steht noch lebhaft in Erinnerung, wie 1883 die Sozialdemokratie als»Arbeiterpartei" zum ersten Male bei den Berliner Kommunalwahlen austrat und eigene Kandidaten aus» stellte, und welch Triumph eo sür uns war. daß fünf von ihnen gewählt wurden. Bon ihnen sind inzwischen vier, Tutzouer, Herold, Singer, Görcki, ins Grab gesunken. Der fünfte aber, und gerade der, welcher die Beteiligung an der Wahl am allerentschiedensten be- trieben hat, lebt noch. Es ist unser Ferdinand Ewald , besten wir heute dankbar gedenken. Geboren am 26. November 1846 in Berlin , wuchs er hier in bescheidenen Berhältnissen auf. Cr ergriff den Berus de» Der- golders. Die Bismarckscheu Kriege beriefen auch ihn unter Waffen, er mußt« olle drei Feldzüge mitmachen. In solch ernster Zeit lernte er unsere große Bewegung kennen und schloß sich dem„All- gemeinen Deutschen Arbeiterverein" mit Begeisterung an. Eine gründliche Tätigkeit entwickelte er zur Zeit des Sozialistengesetzes. Berlin erhiell noch 1878 den Belagerungszustand, der uns die politische Bewegung doppelt erschwerte. Doch verzagten wir nicht, sondern betrieben an Stelle der öffentlichen die geheime Agitation. zuerst in kleineren Zirkeln durch Sammeln von Parteigeldern, Per- breitung verbotener Druckschriften und ähnliches. Ewald erwies sich dabei besonders rührig, wurde dann auch bald der Pslizei ver. raten und am 13. Januar 1880 mit zwölf Genosten in Schinkels Lokal verhaftet. Doch führte der daran geknüpfte Geheimbund- prozeß vor dem Landgericht I zur Freisprechung, da bei dem allzu voreilig geführten Schlage noch nicht das nötige Material gegen die Angeklagten beschafft war. Als nun in der folgenden Zeit die Regierung das Sozialistengesetz etwas gelinder handhabte, konnte auch Ewald sich gründlich betätigen. In der wieder erwachenden Bewegung bewährte er sich durch gut« Redegabe, zäh« Ausdauer und namentlich viel Umsicht und Be- sonnenheit. So wurde er 5)auptschöpf«r der Fachver- «in«, von denen als erste die der Vergolder und der Holzarbeiter in» Leben traten, und damit der neuen qemerlschaftlichen Bewegung, die uns bald einen geeigneten Ersatz für die unierdrückte politische Bewegung bot. Bald ging Ewald weiter, indem er allgemeine Ar- beiterversammlungen abhiell und über Tagessragen referiert«, immer- bin mit jener Vorsicht, die das Sozialistengesetz nötig machte. Unter seiner Leitung wurde 1881«ine Petition um Arbeiterschutz, deren Kernpunkt der neunstündig« Arbeitstag bildet«, an Reichstag und Reichsregierung beschlosten und damit ein« rege Agttation verbunden. Gleichzeitig wirkte Ewald für ein neues Organ der Arbeiter- vartei. Im Beginn des Jahres 1883 erschien in seinem Berlage die„Berliner Arbeiterzeitung': sie mußte aber infolge Geldmangels bald eingehen. Diel zu solchen Schlägen trug die an- dauernde Verdächtigung bei, als ständen Ewald und Genosten in Verbindung mtt dem Hofprediger S t ö ck« r imd den Regierungstrelsen. Ewald begegnete solchen Verleumdungen mit besonderem Nachdruck in der großen Versammlung vom 8. Januar 1883 in der »Alten Linde", wo aucki Stöcker sich genötigt sah, ihn von dieser Beschuldigung zu entlasten. Als alle Bemühungen der Konser- vativen. Ewald und die Gewerkschafter auf ihre Seit« zu ziehen, scheiterten, wurden gegen diese Prozeste wegen Vergehens gegen da» Vereinsgesetz und ähnliches angestrengt. Sie führten anfangs nur
zu leichten Strafen, nahmen aber später größere Dimensionen au, Auch Ewald hatte darunter zu leiden, ging ober unbeirrt auf dem als richtig erkannlen Wege vorwärts und betrieb mit aller Macht die Beteiligung der Arbeiterpartei an den Kommunal- wählen, die dann auch ihm und den vier anderen zu Sitzen in der Stadtverovdnetenverfammlung verhalf. Dar große Aufschwung der Be- wegung, der sich mit de» Kommunalwahlen verband, ermöglich«- sodann die Schaffung eines neuen Organs, des„Berliner V o l k s b l a t t es". Seit Ostern 1884 erschien es in Berlin in Ewalds Verlag, und aus ihm Ist später unser„Vorwärts" erwachsen. Bei den nächsten Reichstagswahlen entwickelten wir in Berlin eine gründliche Agttation, und Ewald war stets einer der Hauptredner. Der Erfolg blieb nicht aus, denn wir brachten es zu einer gewaltigen Stimmenzabl und zu einer Reichstagsfraktion von vierundzwanzig Mann, wobei der v i« r t e und der f« ch st e Berliner Kreis wiedererobert wurden. Am Abend des 13. Dezember hielt die Partei unter Ewalds Vorsitz im Saale der Norddeutschen Brauerei in der Chausseestraß« eine Riesenver- sammlung ab, bei der die Polizei von vornherein eine feindliche Miene an den Tag legte. Ewald macht« die ersten Teilresultat« be- könnt und erteilte dem Abgeordneten Auer das Wort, da erfolgte die Auflösung und führte zu einem solchen Tumult, wie selbst Berlin ihn selten gesehen hatte. Schon tags darauf erhielt Ewald die polizeiliche Weisung, binnen drei Stunden Berlin zu verlassen. Er erreicht« mit Müh«, daß er wenigstens bis zum Abend bleiben durfte. Bei seiner Abfahrt war er Gegenstand einer starken Kundgebung. Der Zufall wollte, daß gleichzeitig der deutsche Kronprinz von dem- selben Bahnsteig abfuhr und sich einbildet«,, die brausenden Hochrufe sollten ihm gelten! In Brandenburg a. d. H. eröffnet« Ewald«in Zigarrengeschäft, taust« später die„Brandenburger Zeitung" an und führte den Kampf für unsere Sache mit gewohnter Energie. Di« Eenosten wußten seine Tätigkeit zu würdigen und entsandten ihn 1880 zum Internationalen Arbeiterkougreß in Paris ,. auf dem die Zweite Internationale entstand. 189S kehrte Ewald nach Berlin zurück und leitete hier eine Gastwirtschaft in der Schönleinstraße, zunächst zehn Jahre lang, um sie dann beim Ausbruch des Weltkrieges wieder zu übernehme!!. Das Lokal erfreute sich In Parteikreiscn großer Beliebtheit: auch diente sein unterirdischer Raum zu geheimen Zusummenkünften politischer Flüchtlinge. Unter seinen Kollegen wirkte Ewald agita- torisch als Vorsitzender des Verbandes der freien Gast- und Schankwirte und als Redakteur ihres Organs. In die Stadtverordnetenversammlung wurde er nach seiner Rückkehr noch Verlin wiedergewählt. Bei der Reichstagsnochwahl im Jahre 1912 siegte er im Zauch-Belziger Kreis« und betleidere das Mandat bis zum Ende der Monarchie. Der Weltkrieg brachte auch ihm schwere Er- fohrungen. ISIS verkaufte er Haus und Geschäft. Alt und von materiellen Sorgen geplagt, fand er schließlich Aufnahm« in einer städtischen Altersstiftung, wo noch mancher gute Genosse weilt. Nachdem er bis ins Greisenalter hohe körperlich« und geistige Frische an den Tag gelegt hatte, wurde er im letzten Sommer von einem Schlag- anfoll und weitsren Leiden heimgesucht und mußt« längere Zeit im Virchow-Krankenhnus zubringen. Jetzt ist er in sein freundliches Heim im Stift zurückgekehrt, und wir wollen hoffen, daß ihm, der so viel für unsere Sache getan und geduldet hat, noch manches schön« Lebensjahr beschieden ist. Max Schütte. Ehoscheidimgen im dunkelsten Afrika . Eine Reise durch dos Herz des dunklen Ertneils. und zwar durch Gegenden, die feit Wistmanns Expedition kein Forscher betreten und in die zum Teil außer einem verirrten Missionar oder Arzt überhaupt noch kein Weißer ge- kommen ist, hat der Amerikaner Hermann Norden unter- nommcn. Er berichtet über seine Erlebnisse und Abenteuer in einem soeben bei F. A. Vrockhaus erschienenen Werk„Auf neuen Pfaden im Kongo". Selbst in diesen Gebieten ist die Ehescheidung schon recht häufig geworden, und er konnte selbst an verschiedenen .Palavers" oder Gerichtssitzungen teilnehmen, bei denen Ehen der Eingeborenen getrennt wurden. Eine? Tages sah er aus dem Tisch des Dezirksoorstehers von Luluaburg im belgischen Kongo ein merk- würdiges Gemisch von„Wertsachen" liegen: ein paar Hosenträger, einige Kupfermünzen, einige Stücke Madibagewebe usw. Aus die Frage, was das zu bedeuten habe, evktärt« ihm der Porstehcr, die Sachen stellten die Kaufsumme dar, die ein Vater dem Mann, der sich von seiner Tochter hatte scheiden lassen, zurückzahlen miiste. „Mit Ehescheidungen habe ich sehr viel zu tun," sagte er.„Sie würden staunen, wenn Sie wüßten, wie häufig." Diese Erscheinung ist ein deutlicher Beweis dafür, daß selbst im dunkelsten Afrika das selbständige Denken erwacht und man sich nicht mehr um die althergebrachte Tttte. die eine Ehescheidung nicht kannte, kümmert. Der Antrag auf Scheidung geht immer von der Frau aus, und sie hat ihren Vater gegen sich, der natürlich nicht Sern die Kaussumme wieder herausgeben will. Ein solcher Ehe- heidungsprozcß vollzieht sich unter Anwesenheit vieler Eingebore- ner, die alle mögliche» Zauberamulette mitbringen, wie Ziegen- hörner, Leopardenschwänze, Götzenbilder usw., um dadurch die Eni scheidung zu beeinflussen. Der Ehemann will di? grau nicht herausgeben.„Ich habe sie gekauft, sie ist mein Eigentum," sagt er. Di« Anwesenden unterstützen ihn und bringen gute Ratschläge vor: „Er soll sie nur tüchtig prügeln, dann wird sie schon bei ihm bleiben: sie gehört ihm." Die Frauen aber beharren meist mit großer Eni- schieaenheit auf ihrem Recht.„Tut mit mir, was Ihr wollt," er- klärte«ine solche schwarze Scheidungslustigc.„Ich gehe nicht wieder zu ihm: er hat zu viele Frauen und schlägt mich mit der Peitsche." Die Zahl der Ehescheidungegründe in Innerafrika ist zwar nicht sa groß wie bei uns, aber es werden doch sehr verschiedenartige Beweggründe vorgebracht. So verlangte eine sunge Frau, von ihrem Mann geschieden zu werden, weil er das Fleisch eines Tieres aß, das für ihren Stamm rabu war.„Wie kann ich die Frau eines Mannes sein, der Buschbockfleisch ist," klagte sie immer wieder, und au» ihren Worten klang der Abscheu eines in seinem Heiligsten verletzten Gemütes... Woher kommen die TNullermale? Ammenweisheit— Aberglauben weiser Frauen— überlieferte Vorstellung des Volkes— wie wirr und tastend greisen diese Gedankengänge des Menschen an die Geheimnisse der Natur heran. Heule, da die Wissenschaft eine ver- schlostene Tür nach der anderen in unbekannte Welten öffnet, gewinnen wir realen Boden unter den Füßen. Nicht mehr glauben und hinnehmen müsten wir die Dinge— sondern wir sehen und wissen, arbeiten mit Tatsachen. Das Seltsame ist, viele Ansichten, die im Milieu des Aberglaubens entsprungen sind und nur intuitiven Charakter haben,, viele solche Anschauungen entpuppen sich im strengen Lichte der wissculchaftlichci! Forschung als wahr. Di« For- schung bestätigt sie. So ist es auch mtt den Muttermalen. Woher kommen sie? Man sagt, sie seien vererbt. Erschrickt die Mutter während der Schwangerschaft, fällt sie oder stößt ihr sonst etwa? zu— dann können sich beim Kinde die Muttermale bilden. Nam- hafte Forscher— Meirowsky und Leven— bestätigen diese Ansicht: Mullermale sind keimplasmatisch bedingt. Sie sind aber nicht eine Aufprägung mütterlicher Erlebnisse am Körper des Kindes— sie sind meistens etwas anderes und mehr. Das„Erschrecken" der Mutier bedeutet nur das auslösende Moment des Auftretens, des Zustandc- kommen? eines Muttermales. Muttermale sind Rückschläge in den Zustand tierischer Ahnen. Es sind nicht-menschliche Zellen, aus denen sie bestehen. Auegedehntere Muttermale mtt starker Behaaruiig zeigen dies ganz deutlich. Es sind Ruckschläge auf den Hautzustand des Tieres, auf deren Behaarung und Färbung.