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Die Annahmedes Schundgesetzes

Nach dem Schundgesch Erwerbslosenfürsorge.

Nach der Rede des Abg. Breitscheid ( Soz.), die wir gestern im Abendblatt ausführlich wiedergaben, wurde der Kompromiß­antrag der bürgerlichen Rechtsparteien zum Schund- und Schmutz­gefet gebrudt vorgelegt. Er ist von allen bürgerlichen Parteien, auch von den Bölkischen, unterzeichnet. Nur die Unterschrift der Demokraten fehlt.

Bon den Kommunisten ist folgender Mißtrauensantrag eingegangen: Der Reichsinnenminister Dr. Rülz besitzt nicht das

Bertrauen des Reichstages."

Abg. Dr. Rosenbaum( Komm.) wendet sich gegen den Innen­minister. Wenn Lächerlichkeit in Deutschland töten würde, so wäre Dr. Külz heute schon ein toter Mann.( Sehr guf! links.) Als der Redner aus einer Zeitschrift die Bemerkung zitiert, Gegler sei mur ein Trottel, aber Külz der reaktionäre Treiber, rügt Präsident Löbe diese Bemerkung. Als ein Beispiel für Schund verliest Abg. Rosenbaum Stellen aus der Schrift einer chriftlichen Jugendorganisation über das Werden des Menschen im

Mutterleib".) Zuruf: Küla glaubt ja an den Klapperſtorch!"

Heiterkeit.)

Abg. Frau Dr. Bäumer( Dem.) verteidigt noch das Gesez, er­flärt aber selbst: Bei der jetzigen Gliederung der Prüfstellen liegt allerdings die

Gefahr vor, daß das Gefeh zu rein fulfurfämpferischen Zweden und zur Unterdrüdung der Meinungsfreiheit gemißbraucht wird. Das Mißtrauen gegen das Gefeß wird verstärtt, wenn es an­genommen wird mit einer Mehrheit von ganz bestimmter fultur­politischer Tendenz.

Damit schließt die allgemeine Aussprache. In der Spezial­debatte bgründet Abg. Dr. Löwenstein( Soz.) die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion. Er wendet sich insbesondere dagegen, daß das Hau fieren und öffentliche Feilhaiten auf der Liste stehender Schriften verboten sein soll, denn das habe nichts mehr mit Jugend­fchuh zu tun. Ferner müßten nicht nur politische" Beitungen und Zeitschriften von dem Gesetz ausgenommen werden, sondern all e. Der Redner protestiert dann gegen das Berbot des Films ,, Nathan der Weife" durch die bayerische Prüfstelle, das mit der Begründung erfolgte, eine solche Verherrlichung der Juden könne politisch aufreizend wirken. Abg. Hörnle( Komm.) tritt nochmals für die Ablehnung der Vorlage ein. Er erhält einen Ordnungsruf, weil er der Rechten Heuchelei vorgeworfen hat.

Die fozialdemokratischen Abänderungsanträge zum§ 1 werden gegen Sozialdemokraten, Demokraten und Kommunisten abgelehnt. Danach wird§ 1 in namentlicher Abstimmung mit 249 gegen 158 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Dagegen haben die Sozialdemokraten, Kommunisten und die meisten Demokraten gestimmt.

Es folgen die§§ 2 bis 5, die von den Filmprüfftellen und deren Zusammenseßung handeln.

Abg. Lowenftein( Soz.) begründet einige sozialdemokratische Anträge, wonach die Entscheidung darüber, daß eine Schrift auf die Liste gesetzt werden soll, burch eine Prüfstelle des Retches erfolgen soll, die dem Reichsministerium des Innern angegliedert ist und die notwendige Sicherheit gegen Mißbrauch u. a. durch die Pflicht zur einstimmigen Beschlußfassung bietet.

Abg. Buchmann( Komm.) zeigt an einer Reihe von Fällen, wie in Bayern auch schon unter den bisher bestehenden Gesetzen gegen politische Schriften vorgegangen worden sei. Das werde fünftig noch schlimmer werden.

Abg. Fleißner( Soz.) wendet sich gegen einen inzwischen ein gegangenen neuen Abänderungsantrag der Rechtsparteien, der ge­eignet ist, das Gefeß noch weiter zu verschlechtern und die Ober prüfstelle ganz illuforisch zu machen. Hier mache fich schon

gsm:

older bayerische Einfluß poddock monotne

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deutlich bemerkbar. Gerade die Möglichkeit, dieses Gesetz zu pali­fischen Zweden mißbrauchen zu können, habe bei dem Kompromis parteien die Begeifferung für die Vorlage erwedt. Der Redner ruft zum Schluß: Nieder mit diesem Scheufal, werft es in die Wolfsschlucht.

Die von den Sozialdemokraten gestellten Abänderungs anträge werden abgelehnt. Die Abstimmung über§ 2 ist wiederum namentlich. Dieser Paragraph wird mit 237 gegen 146 fozialdemokratische und tommunistische Stim­men bei 29 Enthaltungen der Demokraten in der Fassung des Rompromißantrages angenommen.

Die Pariser Vorbesprechungen.

Briand Chamberlain- Zatleffi- Vandervelde.

-

Noch keine volle Einigung.

Paris , 3. Dezember. ( Eig. Drahtber.) Die Aussprache zwischen eine Herabsetzung um mehr als 8000 Mann. Mehr als 2000 Woh Chamberlain und Briand , an der auch zeitweise Poin- nungen sind der Bevölkerung zurückgegeben worden. Biele öffent caré teilnahm, die sich an das am Freitag im Außenminifterium liche Gebäude find den Gemeindebehörden wieder zur Verfügung veranstaltete Frühstück anschloß, dauerte bis gegen 6 Uhr. In der gesteilt worden. Ein Reichskommissar ist ernannt worden. darüber ausgegebenen amtlichen Mitteilung wird erklärt, die beiden Eine sehr weitgehende Amnestie wurde den Deutschen bewilligt, ußenminifter hätten eine herzliche Unterhaltung über die die während der Periode der Spannung verurteilt wurden.. Endlich verschiedenen Probleme der auswärtigen Politik und über die Fragen, find angenehmere. Beziehungen auf allen Gebieten die auf der Tagesordnung der Völkerbundstagung stehen, gehabt. zwischen den Besatzungstruppen und der rheinischen Bevölkerung her­Es sei ihnen gelungen, eine völlige Einigkeit in allen diesen gestellt worden. Ein Vertrag fann ini mer menschlicher ge= Problemen festzustellen. Man habe beschlossen, die Besprechungen ft a Ltet werden entsprechend der Einstellung des Geistes der daran über Einzelheiten in Genf fortzusehen, da dazu keine Zeit interessierten Nationen, deren gegenseitiger guter Wille nicht ver mehr gewesen sei. fehlen kann, die Durchführung zu erleichtern. Aber das sind kom= Bertrag fieben Jahre besteht, so darf man nicht vergessen, daß das plizierte Dinge, die 3eit erfordern. Wenn jedoch der Versailler Abkommen von Locarno erst seit drei Monaten in der Ausführung begriffen ist, und zwar durch den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund. Was wollen Sie noch mehr? Die internationale Politik fann doch

Optimismus, mit dem man in Paris der Besprechung Briands mit Aus dieser lafonischen Meldung scheint hervorzugehen, daß der Chamberlain entgegensah, taum berechtigt gewesen ist. Vielmehr ist der Schluß erlaubt, daß eine Einigung zwischen der französischen und der englischen Auffassung hinsichtlich der Militärkontrolle und der Abrüstung Deutschlands noch nicht restlos erzielt werden fonnte. Diese Annahme wird auch bestätigt durch die Tatsache, daß feine zweite Aussprache, wie sie für Sonnabend angekündigt war, anberaumf worden ist.

In den Abendblättern wird behauptet, daß sich Polen auf Grund der Besprechung zwischen Briand und dem polnischen Außenminifter 3alesti der französischen Auffaffung in der Frage der Kontrolle und. Abrüftung Deutschlands völlig angeschloffen habe. Außerdem wird die Vermutung geäußert, daß auch Bander­velde, mit dem Briand am Sonnabend nachmittag eine Unter­redung haben wird, seine Zustimmung im Namen Belgiens er teilen wird.

Briand über das Rheinland .

Paris , 3. Dezember. ( WTB.) Nach Schluß seiner Unterredung mit Chamberlain empfing Briand Bertreter der französischen und der englischen Preffe und gab folgende Erklärungen in Beantwortung

von an ihn gestellten Fragen, ab:

,, Wir haben über die

"

Entwaffnung Deutschlands

gesprochen, aber ich kann hierüber feine Einzelheiten geben. Die interalliserte militärische Kontrollkommission in Berlin ist ebenso wie die Botschafterkonferenz damit befaßt. Man muß fie ihre Aufgabe vollenden lassen. Die Regierungen werden alsdann eine Entscheidung treffen. Sie fragen mich, so fuhr Briand fort, ob der Völkerbundsrat im Verlaufe feiner nächsten Sigung die Frage des Investigationsorganismus regeln wird, der an die Stelle der Interallierten Kontrollkommission treten soll, wenn ihre Aufgabe beendet sein wird? Das ist möglich, obwohl die Tagesordnung die Prüfung dieser Frage nicht enthält, aber fie fann, aufgeworfen werden, besonders anläßlich der Ernennung des Vorsigenden der Investigationkommission, der gegenwärtig General Deftider ist, dessen Vollmachten ablaufen. Das wird vor allem vom Stande der Arbeiten der Sachverständigen abhängen, Uebrigens hat sich der Böllerbund bereits über den gesamten Fragenkomplex der einzu richtenden Organisationen ausgesprochen, um das Investigationsrecht in Deutschland auf Grund des Artifels: 213 des Friedensvertrages| in Kraft zu fehen. teber bie jüngsten Erklärungen Dr Streses mann's und Dr. TTs antwortete Briand : Ich fann den deutschen Ministern nicht das Recht absprechen, die Auslegung des Friedensver trages zu erörtern. Indessen darf man nicht vergessen, daß wir schon, bevor der Vertrag von Locarno zur Ausführung gekommen ist, durch sehr viele Erleichterungen Deutschland unseren guten willen bewiesen haben. Ich bin in der Tat bei Unterzeichnung dieses Abkommens der Ansicht gewesen, daß der neue Geist, der darin zur Geltung fommt, die Durchführung der Klauseln des Versailler Ver­trages erleichtern könnte. Auf diese Weise ist in den besetzten Ge­

bieten eine

beträchtliche Herabsehung der Truppenbestände durchgeführt,

feineswegs befriedige. Besonders bestehe immer noch die Gefahr, daß die Ansprüche der Erwerbslosen aus der Arbeiter und Angestelltenversicherung geschädigt werden fönnen. Nachdem durch unsere Initiative die heutige Vorlage erschienen ist, erwarten wir, daß im Laufe der allernächsten Zeit auch unsere weitergehenden Wünsche erfüllt werden. Einzelne Regierungen, wie Bayern und Württemberg , haben sich auch bei diefer Gelegenheit wieder als

Beim§ 3, der die Zusammenseßung der Prüf­stellen regelt, wird ein sozialdemokratischer Antrag, der die be sondere Berücksichtigung der Kirchenvertreter streichen will, in namentlicher Abstimmung mit 238 gegen 168 Stimmen der Sozial­demokraten, Demokraten und Kommunisten abgelehnt. Auch diefer Paragraph wird dann in der Kompromißfassung angenommen. 3um§ 4( Verfahren der Prüfstellen) beantragen die Sozial­demokraten Streichung der Bestimmung, daß bei geschäftlichen An preisungen nicht auf ein schwebendes oder abgeschlossenes Verbots­verfahren hingewiesen werden darf. Dieser Antrag wird in namentlicher Abstimmung mit 255 gegen 151 Stimmen bei 2 Ent­haltungen abgelehnt,§ 4 selbst in der Fassung der zweiten Lesung gegen Sozialdemokraten, Demofraten und Rommunisten angenommen. Gegen dieselbe Minderheit betätigt. Gegen diefelbe Minderheit gelangt auch§ 5( Kosten des Verfahrens) zur Annahme. Zum§ 6( Strafen) führt Frau Abg. Plum Düsseldorf ( Komm.) aus, die Macher dieses Gesetzes verdienten selbst Gefängnisstrafe. Unter Ablehnung sozialdemokratischer und fommunistischer An­träge werden auch die§§ 6 und 7( Ausführungsbestimmungen) an­genommen.

Darauf gab Abg. David( Soz.) für die sozialdemokratische Reichstagsfraktion die auf der Spize des Blattes abgedruckte Protester flärung ab.

Nummehr beantragt Abg. Schred( So.) die Schlußabftim mung auszusehen, bis die Beschlüsse der dritten Lefung zu fammengestellt, gedruckt und dem Hause verteilt sind. Eine solche Mög­lichkeit sieht§ 46 der Geschäftsordnung des Reichstags vor, wie Prä­sident Löbe darauf feststellt. Unter dem betretenen Schweigen der Rompromißparteien wird die Schlußabstimmung zurüdgestellt, bis die Beschlüsse der dritten Lesung im Drud vorliegen.

Die Neuordnung der Erwerbslosenfürsorge.. Inzwischen fährt das Haus in der Tagesordnung fort, und zwar mit der ersten Beratung eines Gefeßentwurfs zur Abänderung der Berordnung über die Erwerbslosenfürforge. Nach der Vorlage sollen die Leistungen der Wochenhilfe nicht mehr angerechnet, außerdem einige Härten bei der Prüfung. der Bedürftigteit gemilbert werden.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns erflärt, daß die Reichsregierung it dieser Vorlage ihr Versprechen einlöst, daß fie am 9. November dem Reichstag gegeben habe. Die Vorschriften felbft, die die Reichsregierung nach dem Gesetz zu erlaffen hat, liegen auch schon im Entwurf vor, sie werden noch mit den Ländern beraten und fönnen voraussichtlich in nächster Zeit erlassen werden. Außerdem bringt der Entwurf die Erhaltung der Anwartschaft für die Sozialversicherten bei längerer Erwerbslofigteit. Den in dieser Beziehung weitergehenden fozialdemokratischen An trag bitte ich abzulehnen, ba bie Länder und Gemeinden die durch ihn hervorgerufene Belaftung für untragbar erflären. Der Minister bittet, es bei dem Regierungsentwurf zu belaffen.

Abg. Brey( Soz.)

begründet den sozialdemokratischen Abänderungsantrag. Der Redner erfiärt, daß der Entwurf die Forderungen der Sozialdemokratie

Hemmschuhe des sozialen Fortschrittes

betätigt. Bei der Prüfung der Bedürftigkeit sind unsere Befürch tungen, daß rigoros verfahren werden fann, noch nicht beseitigt. Die Ausführungsbestimmungen zur Krisenfürsorge stehen zum Teil im Widerspruch mit den Beschlüssen des Ausschusses und des Reichstags. Wir werden dafür sorgen, daß die Arbeitsämter so vorgehen, wie mir es hier beschlossen haben. Auf den Zuruf von den Rom munisten erwidert der Redner: Sie können den Erwerbslofen auch nicht mehr verfchaffen, als bei den Machtverhältniffen des Reichstags möglich ist, aber Sie haben nicht die Courage, das den Erwerbslojen draußen zu sagen.( Sehr richtig! bei den Goz.) Die Maßnahmen für die Erwerbslosen fönnen noch nicht als abgefchloffen gelten. Wir stimmen dem Gesezentwurf zu und erwarten, daß unser Antrag im Ausschuß angenommen und damit die Lage der Erwerbslosen verbessert wird. Wieder steht der Winter und Weihnachten vor der Tür, wir müssen den Erwerbslosen sagen können, daß ihre Er­wartungen nicht getäuscht werden.( Lebhafter Beifall b. d. Soz.)

Abg. Rädel( Komm.) begründet einen Antrag, den erwerbslosen Frauen neben den Beistungen aus der Wochenfürsorge auch die Er­werbslosenunterstügung weiter zu zahlen. Wenn Millionen für verabschiedete Minister und Generale übrig feien, so müssen auch die Gelder für die Erwerbslofen aufgebracht werden können. Reichsarbeitsminister Brauns gibt Auskunft darüber, wie die Arbeitsämter bei der Prüfung der Anwartschaft auf die Versicherung vorgehen sollen. Es müsse alles vermieden werden, was die Versicherten in ihren Ansprüchen schädigen fönnte.

Abg. Dr. Frid( Bött.) begründet einen Antrag, wonach die Erwerbslosenfürforge überhaupt aufgehoben werden

folle..

In der zweiten Befung tritt Frau Abg. Arendfee( Komm.) noch einmal für den kommunistischen Antrag ein.

Abg. Frau Schroeder- Schleswig- Holstein ( Soz.) weist darauf hin, daß wir dahin streben müssen, das Wochengeld so zu erhöhen, daß es möglich ist, sechs Wochen vor der Niederkunft die Arbeit niederlegen zu können. Das sei aber nicht bei der Erwerbslosenfür forge, fondern bei der Fürsorgepflicht zu erreichen. Im übrigen werde die Sozialdemokratie nicht ihre Hand dazu bieten, daß die Deutschnationalen noch einmal ein politisches Manöver auf dem Rücken der Erwerbslofen ausführen. Wir werden dafür fämpfen, daß nicht eine Scheinmehrheit, sondern eine wirtliche Mehrheit für den Antrag zustande kommt, den die Sozialdemokratie schon vor zwei Wochen zur Erhöhung der Unterſtüßungsfäße der Erwerbslofen fürsorge eingebracht hat( Beifall b. d. Soz.)

nicht mit der Schnelligkeit eines Filmstreifens ablaufen. Mit einem Wort: Unsere Unterredung hat uns gestattet, noch einmal die Gemeinsamkeit unserer Ansichten über den ge famten Fragenkompler der Probleme der auswärtigen Politik fest zustellen, und ich bin davon überzeugt, daß die gleiche Ueberein­ftimmung sich auch innerhalb des Böfferbundsrats. mit den anderen Kollegen wiederfinden wird.

Chamberlain für eine Viermächtekonferenz.

Paris , 3. Dezember. ( WTB.) Ueber die Erklärung, die Cha ma

berlain heute vor den Vertretern der angelsächsischen Preffe ab* gegeben hat, erfährt der Pariser Korrespondent des WIB. aus zu­verlässiger Quelle folgendes: Vor sechs Monaten habe er in Paris vor zu großen Hoffnungen auf sofortige Erfolge gewarnt. Diese Warnung gelte auch noch heute. Aber inzwischen hätten sich in Europa Strömungen für eine beachtliche Entspannung gezeigt und das würde sogar in den außereuropäischen Ländern bemerkt, zum Beispiel in den Vereinigten Staaten , wo Locarno als be sonderes Zeichen dafür angesehen werde, daß Europa dem Kriege den Rücken fehre und in eine neue geschichtliche Periode eintrete.

Chamberlain fuhr fort: Ich habe aus meiner heutigen Be sprechung und aus einer Nachricht, die ich aus Berlin erhalten habe, die Gewißheit erlangt, daß wir in der Lage fein werden, mit gutem Willen unsere Schwierigkeiten zu lösen und unsere Zusammenarbeit feffer zu gestalten. Das ganze System der Zusammenarbeit ist auf dem Bertrauen aufgebaut. Die enge englisch - französische Freundschaft ist die unerläßliche Grund lage, auf der dieses Gebäude errichtet werden muß. Es vere pflichtet uns, unseren früheren Gegnern näher zu tommen und auch Italien in diesen Kreis einzubeziehen, Es ist wefentlich, daß sich die vier Regierungen näher aneinander schließen und eine gemeinschaftliche Politit der Entspannung be­treiben und gemeinschaftlich an die Lösung ihrer Schwierigkeiten heranfreten und das Friedenswert vollenden. Mit einer offei nen Rolitif werden wir dieses Ziel erreichen. tione

Auf die Frage, ob Briand und er sich über die Entwaffnung Deutschlands ver ständigt hätten, erwiderte Chamberlain, es fei unmöglich, in einer furzen Besprechung eine Lösung alter Fragen zu erreichen. Aber er fehe feine Unmöglichkeit, daß man zu einer Berständigung tomme, und zwar nicht nur zu zweien, sondern auch zu fünfen, womit er alle Unterzeichner des Abkommens von Locarno , einschließlich Italien und Belgien meinte.

Stresemann, Schubert und Gaus sind gestern abend nach Genf abgereift.

Darauf wird die Vorlage in zweiter und dritter Lesung a n In der zweiten Lesung stimmen die Kom­genommen. munisten dafür, indem sie bei der Gegenprobe figen blieben, in der dritten Lesung stimmen sie dafür; die Deutschnationalen ent­halten sich der Stimme. Der völkische Antrag auf Aufhebung der Erwerbslofenverordnung wird abgelehnt.

Die endgültige Annahme des Schundgesetzes.

Da inzwischen die Beschlüsse der driffen Lefung des Gesetzes gegen Schmuh und Schund gedrudt vorliegen, kann die Abschlußabstimmung vorgenommen werden. Sie ist auf 2n­frag der Sozialdemokraten und der Kompromißparteien nament­lidh. 250 Abgeordnete stimmen mit 3a, 158 Abgeordnete mit ein, 3 haben sich der Stimme enthalten. Das Ergebnis wird von den Kommunisten mit Pfuirufen aufgenommen. Einige Tribünen­besucher, die gleichfalls in die Pfuirufe eingestimmt hatten, wurden von Saaldienern aus dem Hause verwiesen.

Gegen 5% Uhr vertagt sich das Haus auf Donnerstag, den 9. De­zember, nachmittags 2 Uhr, mit der Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Beratung des zweiten Nachtragsetats, fleinere Vorlagen.

der Rechten.

Der FD- Zug.

4 Uhr nachmittags im Reichstag. Der Schunde und Schmug block hat sein Wert glücklich durchgepeitscht. Genoffe Dr. David ver liest die Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion. Schon tuten im ganzen Hause die Hupen und rufen die Abgeordneten zur Schluß­abstimmung zusammen. Da meldet sich Genosse Schred zur Ge schäftsordnung und beantragt Aussetzung der Abstimmung, bis die Kompromißfassung gedruckt vorliegt. Fünfzehn Abgeordnete würden genügen und 150 unterstützen den Antrag. Große Bestürzung auf Nicht, daß das Schicksal des Gesetzes irgendwie gefährdet wäre. Es handelt sich ja nur um eine Verzögerung von zwei Stunden. der FD.- 3ug fährt ihnen davon. Der FD.- Bug, der Aber Berlin um 4 Uhr nachmittags verläßt und mit dem man noch am gleichen Abend Westfalen und sogar das Rheinland erreichen fann! Alles war schon so schön vorbereitet. Die Autos waren bestellt und standen bereits vor dem Portal II. Der Stationsvorsteher yem 300 war telephonisch ersucht worden, die Abfahrt des Zuges eventuell um einige Minuten zu verzögern, damit die Herren deutschnationalen und deutschvolksparteilichen Generaldirektoren, Syndizi usw. nach vollbrachter Schund- und Schmugarbeit ihre Heimat noch am gleichen Abend wieder erreichen können.

Der schöne FD.- 3ug ist ohne sie abgefahren. Die Herren Syndizi und Generaldirektoren haben noch die Erwerbslosendebatte über fich ergehen laffen müssen. Arme rheinisch- westfälische Industriellen, welche Opfer verlangt der Külz - Block von euch!