Einzelbild herunterladen
 

Sonnobenö 4. Dezember 1926

Unterhaltung unö jOSiffcn

Settage ües vorwärts

Der tödliche Schuß. 3' Von D. Luschnot. (Schluß.) Das Seltfomc und Gefährliche seiner Lage stimmte den jungen Mann feierlich. Zmn erstenmal auf Vorposten, ein ernster, unoer- reßlicher Augenblick! Seine Haltung straffte sich. Hier wurde etwas verlangt, das nicht jedermanns Sache war. Wer es verlangte und zu welchem Zweck, das waren unnütz« Fragen. Denn er mußt« ja, ob er wollte oder nicht. Er war«in- gespannt in das Räderwers des Krieges und konnte nicht ausweichen. Reslexionen über Endzwecke und eventuell« Moraltendenzen des gesamten Unternehmens befreiten ihn von der Angst um sein Leben. Er würde schießen und töten, wenn die Russen kamen; gewiß, das würde er, ob sein« Erwägungen noch so fein und abgründig lächelnd waren. Er, ein freier, gesunder Mensch, der Antworter auf zwiespältige Fragen, der in Lieb« zu ollem Fernsten und Ewigen brannte, er wurde gezwungen, er mußte! Ohnmacht und Qual rangen mit *cr feierlichen Kirchenstimmung der Verantwortung um die Oberhand. Währenddessen krochen die Minuten gespenstisch hin. Die Bein« erkalteten und fingen an zu schmerzen. Sie verloren all« Empfindung und wurden steif, als wären sie eingeschlafen. Auch Schultern und Arme wurden vom Frost erfaßt. Der Oftpreuße zog ein flaches Fläfchchen mit einer wasserhellen Flüssigkeit aus der Manteltasche, tat«inen Schwck und reichte es seinem Nebenmann. Der roch daran, kämpfte den Ekel nieder und goß gleichfalls eine gehörige Portion in sich hinein. Feuer und Lebensfreude durchrauschten sein« Glieder. Mut überkam ihn. Mit herzlichem Dank reichte er das Fläfchchen zurück. Jo," meinte der andere,wat de Minfch bruukt. dat mott he hebbe". Das stimmt.' Wi motte jo all« ftarwe.' 3a, sterben müssen wir wohl all« einmal, das läßt sich nicht leugnen." Mond und Schnee gaben so helles Licht, daß man eigentlich keine Leuchtkugeln brauchte, aber dennoch wurde ab und zu eine hoch- gepufft, um das Frostschweigen durch einen wärmenden Anblick zu unterbrechen. Man tat es eben. Irgendetwas mußte man doch tun. Der junge Mann hatte beschlossen, die Denktätigkeit vorläufig einzustellen und dem Gesang des Alkohols in feinem Blute zu lauschen. Trotz allem war es unübersehbare Wonne, dazusein und Dinge zu betrachten, seien es Mondwolken oder eigener Atemrauch oder der Tropfen an der knolligen Nase des Nebenmannes. Trotz Krieg und Sriegsgeschrei, Hunger, Frost und Läusebissen gab es zweifellos Nettigkeiten in der Welt. Nicht nur das, die ganze Welt war überhaupt wunderbar, mit Einschluß von allem Elend. Dieses Gefühl, das Leben als persönliches Eigentum zu besitzen, ergriff ihn mit solcher Gewalt, daß Tränen seine Augen bedrängten. Er stand ganz still und genoß die Nacht dieser neuen Freude. Sein Herz war wie in Einklang mit dem Weltgeschehen. Da trat ein Ereignis ein, das ihn jäh herabstieß vom Turm seines Wohlbehagens. Der Kern seines Wesens erfuhr schreckliche IlmgestaUung. Wenn späterhin das Geschehnis ihm wieder ins Gedächtnis kam, so geriet er in siebrige Erregung, als wäre er noch dabei und als könne sich alles irgendwie anders wenden, als es sich damals wandte. In Wirklichkeit war die ganze Sache einfach und natürlich; in seiner alkoholischen Herrlichkeitssttmmung jedoch traf sie ihn wie ein Stoß. Ein Gewehrschuß fiel. Darauf sprach der Ostpreuße : ..Duck di, Schietpanjes hebbe ans jesehne." Mechanisch knickte er in den Hüften ein. Dann ratterte ein Maschinengewehr und hörte wieder auf. Voll Erfahrung bemerkte er:..Ich meine, die können nicht richtig zielen bei dem Mondschein." Der Ostpreuße schwieg. Als eine Zeitlang alles ruhig blieb, begann der gekrümmte Körper den jungen Mann zu quälen und er meinte: Wir können uns wieder aufrichten, was?" Da er auch jetzt keine Antwort erhielt, wandte er den Kopf, den er wegen der Enge des Grabens nach der andern Seite gehalten hatte, zu seinem Gefährten und sah, daß der ganze Kerl auf merk- würdige Weise in sich zusammengerutscht war, als hätte der Fusel ihn überwältigt. Als er die Schulter packte, um ihn zu schütteln, klappte der Kopf nach rückwärts, so daß der Mond in die offenen Augen schien..Nein, er kann doch nicht tot sein," dachte er halblaut. stierte auf die monderfüllten Augen und fuhr mit dem Zeigefinger in dem Blut herum, das im Gesicht war. In trostloser Verstörtheit wiederholte er fortwährend:Er kann doch nicht tot sein, er hat doch eben gesprochen!" Bis er schließlich durch dauerndes Anstarren und Betasten der Schußwunde unter dem Auge die Ueberzeugung gewann, daß es sei. Er war wie gelähmt. Nichts regte sich an Gedanken, Gefühlen und Sehnsuchtsklängen, die seine Seele erst vor Kurzem symphonisch durchorgeltcn. Seine Alleinheit mit dem Tod« ließ das Bewußtsein, daß er selber lebe, gar nicht aufkommen. Alles weitere kam und ging wie im Traum. Die Ablösung tauchte auf, leise rufend. Sie brachten den Toten zum Wäldchen, wo man ihn in eine Zeltbahn knotete und einen starken Ast zum Tragen durchsteckte. Zwei Mann hoben die Last auf die Schultern und schritten voran. Die anderen folgten in Abständen von je zehn Metern, damit bei Artilleriebeschießung nicht die ganze Schar auf einmal getötet würde. Gewehrschüsse knallten. Irgendwo stotterte wieder ein Maschinengewehr endlos an einem Buchstaben. Wenn es still war. konnte man den Schnee unter den Tritten knirschen hören. Der Tote schaukelte in seiner Zeltbahn. Allmächlich wich die Starre infolge der Körperbewegung. Wunderlicherwcise entglitt das Erlebnis ins Ferner« und Allgemeine. Obwohl er sich noch nicht hatte entschließen können, seine gewohnten Denkübungen wieder aufzunehmen, begann er schon freier zu atmen. Es schien fast, als wäre er selbst gar nicht daran beteiligt. Aber sein Schädel war wie ausgehöhlt, als hätte er niemals kostbaren Träumereien als Behausung gedient. Das Worttot" blickte ihn immerwährend an wie ein fernes Auge. Sonst weder Qual noch Frage. Er hatte die unklare Empfindung, wie wenn es auf der Welt noch Dinge gäbe, deren Existenz er bis heute nicht einmal geahnt hatte. Tot? Was heißt das, tot? Ein Mensch, der lebt und spricht, kann doch nicht plötzlich tot sein! Dieses sonderbare Totsein zuckte wie eine Wunde, brannte und zuckte. Sein Weltgebäude, in wenigen Jugendjahren kunstreich erbaut, schien ihm weniger auf Erlebnisse gegründet als auf Denkbarteiton.

Das Empfinden einer grauenhaften Leere stellte sich ein, zunächst im Kops und schließlich auch im Magen. Und ein starker Hunger, hervorgerufen von frischer Schnecluft und Gemütsbewegung, verdrängte stegreich jede Betrachtsamkeit. In den Unterstand zurückgekehrt, machte er sich neben einigen Kommiß- brotschnitten auch die Gewißheit zu eigen, daß das Leben etwas anderes sei als ein Iünglingsgefühl, daß noch manches, vieles zu lernen fei, und daß Bescheidenheit dem jetzigen Zustand seiner Seele entspreche. Was auch immer ihm begegnen mochte, er wollte jeder Kritik und Ucberträumung entsagen, denn er ahnte ihr« Unzuläng- lichkeit erlebt. Krieg war da und zerstörte Menschen. Dieses war gewiß. Gleichgültig, wie man ihn nannte, vernünftig oder unver- nünftig. Er war und wirkte Tod! Wirkte Tod? Was heißt das eigentlich? Was bedeutet das,

Spanische Zrauen. (So n derbe richt für denB o r w ä r t s*.) Von Richard huelsenbeck . Rein äußerlich ist die spanische Gesetzgebung eine männerrccht- liche, in der Ehe wird die Frau wie hinter einem goldenen Gitter gehalten, sie ist wie ein kostbarer Bogel in einem Käsig. Sie darf sich nicht allein in öffentlichen Lokalen zeigen, ohne ihren Mann ins Theater zu gehen, oder ohne ihren Mann zu reifen, würde für sie eine grobe gesellschaftliche und moralische Taktlosigkeit bedeuten. Bon einer Emanzipation der Frau ist in Spanien so gut wie nichts zu merken, eine Frau, die eine politische Bersammlung be- suchen wollte, würde sich der gesellschaftlichen Aechtung aussetzen. Politik ist in Spanien ausschließlich für Männer bestimmt. Der Einfluß der katholischen Religion, der ja in Spanien größer als anderswo ist, bestärkt die Frauen in ihrer Abgeschlossenheit, dlnlier taceat in ccclesia, das Weib hat in der Kirche zu schweigen, sagte das Mittelalter. Das gilt hier heute noch und wenn man den Begriff der Kirche auf das gesamte öffentliche Leben erweitert, so hat nian das richtige Bild von dem Einfluß oder vielmehr von dem fehlenden Einfluß der Frau. Die Frau ist hier, wie das so schön heißt, das Aushängeschild des Mannes, er behängt sie mit Schmuck und seidenen Kleidern, soweit sein Portemonnaie es gestattet. Die Frau läßt sich diese Stellung gern gefallen, denn sie weiß, daß ihre Macht trotz der äußeren Rechtlosigkeit ungeheuer groß ist. Alles dies gilt natürlich nur von den Frauen der wohlhabenden Kreise, die Proletarierin, die mit dem Mann in einer Reihe arbeitet, hat auch seine Rechte. In den Borstadtkncipen sieht man häufig Ehe- paare hinter der Weinkaraffe sitzen, auf den Balustraden der kleinen Borstadttheatcr, wo man die echten spanischen Tänze lcl)en kann. sind immer viele Arbeiterinnen. Eine glänzende Gelegenheit, die Grazie und Schönheit der spanischen Frauen zu beobachten, geben die Corridas, die Stier- gefachte. In den kleineren Städten und Dörfern erscheinen die Frauen bei den Stievgcfcchten noch in der Mantilla, dem berühmten Umhängetuch aus Spitzen, das in Madrid nur an den hohen Feier- tagen der Lemana sants, der heiligen Woche, angelegt wird. Es ist bekannt, daß die Matadore die größten Frauenlieblinge Spaniens sind, jeder von uns kennt ja die Geschichte von Carmen und demtapferen Torero". Nun sind die Frauen in Spanien trotz ihres besonderen Lieb- reizes, was den Charakter angeht, in gewissen Zügen von ihren Schwestern in der ganzen Welt nicht sehr verschieden. Geld ist Geld. Und die Toreros und vor allem die berühmten Matadore sind die bestbezahltcn Mäimer des Königreiches. Daß die Frauen hier auch andere und bewundernswerte Eigen- schoflen haben, beweist ein Borgang, der sich vor kurzem in der Stierarena einer großen spanischen Stadt zugetragen hat. Bei einem Stiergefecht passierte ein merkwürdiges Unglück. Der Kamps hatte einen durchaus normalen Verlauf genommen, die Toreros hatten den Stier mit ihren roten Tüchern gereizt, die Picadores hatten ihre mit Feuerwerk besetzten eisernen Widerhaken in den Nacken des Stieres versenkt, die Banderilleros waren nicht faul gewesen und nun wollte der Matador, ein bekannter Liebling der Menge, demToro" mit seinem Degen den Rest geben. Die ganze Kunst des Matadors besteht darin, den erschöpften Stier mit einem Stich in den Sand zu legen und dabei kommt es natürlich sehr darauf an, wo der Dogen angesetzt wird. Der Stier bewegt sich vor dem Matador hin und her, er wechselt, soweit er dazu noch fähig ist, zwischen vorsichtiger Defensive und plötzlichem kühnen Angriff, der Matador muß, während er den wütenden Attacken der Bestie, die den Sand mit ihrem Gebrüll aufwühlt, ständig ausweicht, die todbringende Degenspitze placieren. Der Stierkampf hat genaue Spielregeln, wenn ein Matador einen ungeschickten Stich macht, oder wenn er sich nicht genau so benimmt, wie die hochgespannten Erwartungen des Publikums das

von ihm oerlangen, wird er ausgepsiffen und dann ist seine Laufbahn zu Ende. Ebenso schnell, wie man sich hier in der Arena die Gunst des Publikums erwerben kann, ebenso schnell kann man sie ver- scherzen. Der Matador befindet sich also in einer begreiflichen Nervosität. In dem Falle, von dem hier erzählt wird, war der haarscharfe Degen dem Stier zwar in den Nacken gedrungen, war aber dort wahrscheinlich auf einem Schulterblatt hängen geblieben. Der Stier machte einige Sprünge, schleuderte mit gewaltiger Kraft den Degen heraus und schleuderte ihn jetzt beginnt der merkwürdige Zufall, in die vorderen Sitzreihen der Zuschauer. Hier saß ein biederer Kaufmann mit seiner Frau. Der Kauf- mann wurde von dem Degen getroffen, das furchtbare Instrument fuhr ihm durch die Brust und tötete ihn auf der Stelle. Als die Frau des Verunglückten sah, was geschehen war, riß sie den Degen aus der Brust des Toten und stieß ihn sich ins Herz. Dabei sagte sie, daß ihr das Leben ohne ihren Geliebten nichts bedeute. Die Zeitungen haben lange Beschreibungen dieses Unglückes gebracht und haben nicht vergessen, die edle Charakterseite der Frau hervorzuheben, die ohne den Mann, der durch einen plötzlichen Schicksalsschlag an ihrer Seite starb, nicht weiterleben wollte. Sie wird mit antiken Vorbildern oerglichen und als eine wahre Spa. nierin gefeiert.

Lehrlinge. Von Emil Rath.

Dunstige, verbrauchte Luft in dem überheizten, uberfüllten Abteil dritter Klasse. Durch beschlagene Scheiben rinnt ein trüber Tag mit violettein Grauen. Längst kenne ich sie, die zerfurchten, verwitterten, grau gewordenen Gesichter, die gekrümmten Rücken, die zerschlissenen Wachstuchtaschen, aus denen die Hälse der blauen Kaffeekannen aus Emaille hervorschauen. Nur die beiden Lehrlinge in der Ecke am Fenster sehe ich hier zum erstenmal. Liegt auch auf ihnen schon grauer Abglanz schwerer Tagcsarbcit? Oder täuscht mich der durch das Fenster einfallende violette Schein, der über ihre mageren, spitznasigen Gesichter huscht? Trotz der nassen Kälte stecken beide in einem mürben, sadenscheinigen Jackett, durch das sicherlich unbarmherzig der frische Morgenwind fuhr. Die Ellbogen lugen bei dem einen vorwitzig durch handliche Löcher, die Hosen an den Knien ireuz und quer geflickt. Plötzlich, wie auf Verabredung, greifen beide in das Wachstuch- täschchcn, das auch ihr Begleiter ist, und wickeln hastig aus Zei- tungspapier drei doppelte Brote. Belegt sind sie nicht das kann ich von meinem Platz aus gut sehen; ein feiner Duft von eigen- gebratenem Schmalz windet sich durch die Dunsthitze, und gierig mahlen Zähne und Kiefer das Brot hinunter. Keine herab- taumelnde Krume-entgeht dem wachsamen Blick. Unbarmherzig mahlen die Kiefer. Siein Wort wird zwischen beiden gewechselt. Endlich ein bedauernder Blick auf die gähnende Höhlung des leeren Zeitungspapiers, ein entschlossenes Knistern, und zusammengeballt verschwindet es in der obligatorischen Wachstuchtasche. Haben sie daheim nicht satt zu essen? Ist das Morgenfrühstück so karg, daß unbezähmbarer Hunger den Sieg davonträgt über die Vorstellung, den ganzen Tag mit knurrendem Magen zwischen anderen zu stehen, zuzusehen, wie dieser oder jener mit Wohlbehagen belegte Brote, ein Stück kaltes Fleisch verzehrt oder es mit einem Trunk Kaffee oder Bier würzt? Ausdruck unbekümmerter Jugend, die sich den Teufel schiert um das, was nachher wird?..... Apres notis le ckeluge?" Doch ihr Gespräch belehrt mich eines anderen. Sie sind ans den Deutschen Werken beschäftigt. Da weht ein gar scharfer Wind. Die neue Leitung, versteht ihr... da muß geschafft werden. Mehr als vordem, denn man hat ja erst wieder soundsoviel« Arbeiter entlassen. Wegen Einschränkung der Produktion, versteht ihr. Und eben weil man die Produktion eingeschränkt hat, müssen die, die der Abbau noch nicht fraß, werken, daß ihnen 5)ände und Rücken schmerzen, daß die Augen flimmern und brennen, daß der Schädel summt und brummt wie die Maschinen, die er meistern soll. Und daher der graue Ab- glänz auf den beiden Jungen, die zwischen den anderen stehen, im Dunkel, daß sie hager und niager, saft- und kraftlos aufschießen, um nur ein Stückchen vom blauen Himmel des Lebens zu erspähen wie die Kiefern in der Schmiung. Sie müssen leisten, was so,. st nur Erwachsene leisten. Das nennt man rationelle Wirtschaft. Rationell für den Untern chmcr, der billige Arbeitskräfte bis auf das äußerste anspannt, um seinen Profit zu vergrößern. Jrrationell allerdings für den Arbeiter, der aus dem Brunnen seiner Kräfte niehr Wasser schöpft, als zufließen kann. Und weil nun die Produktion eingeschränkt und soundsooicke Arbeiter entlassen worden sind in den Deutschen Werken deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen tun!, darum müssen soundsoviele Arbeiter in jeder Woche soundsoviele Ueberstundm machen, und die Lehrlinge sollen Schritt halten mit den Großen. Da bleibt nicht viel Zeit für leibliche Bedürfnisse. Die geistigen kommen allerdings auch recht kurz dabei. Denn wer abends um sechs wie zerschlagen daheim ankomint, dem ist olle Lust genommen. den Kopf noch mit anderen Dingen zu bemühen, wenn er müde ist, schwer, als sei er mit flüssigem Blei gefüllt. Hie Arbeitslosigkeit,Einschränkung der Produktion", hie Uebcrstunden und Lehrlingezüchtcrei. Und nicht nur in den Deutschen Werken. Bauunternehmeii bauen billig und kommen doch auf ihre Kosten. Allerdings: gelernte Maurer stehen nur an den Ecken des Neubaues, dazwischen Arbeitsburschen, lind das ileberhandmiuern nimmt auch überhand. Eineinhalb Millionen liegen auf der Straße. Hunderttausende üben zwei oder mehr Beschäftigungen aus. Pensions- und Wartegeldcmpfänger in der Blüte ihrer Jahre fressen das Brot von ebensoviclen anderen. Viele müssen noch In die Lehre gehen, ehe sie begreifen, daß sie ihr eigener Feind geworden sind durch Gleichgültigkeit gegenüber den Problemen der Wirtschast, der Politik. Zuviel Lehrlinge, zuviel Uebcrstunden. Gott schuf die Welt in sieben Tagen. Die deutschen Unter- nehmer würden dieselbe Sache in drei Tagen machen. Natürlich viel billiger. Mit Ucberstundcn selbstverständlich. Wegen Einschränkung der Produktion.

Der Aleischverbrauch der Kalionen. Das Internationale Statistische Amt gibt eine Aufstellung über den Fleischverbrauch in den verschiedenen Ländern heraus. Danach entfallen auf den Kopf der Bevölkerung in Deutschland im Jahre 1924 40,7 Kilo- gromm Fleisch(gegen 52,7 im Jahre 1907); bei England werden für 1922 35,8 Kilogramm angegeben, bei Frankreich 1904 36,3 Kilo- gramm. An erster Stelle der Tabelle steht im übrigen Argcntinie>> mit 172.2 Kilogramm, an letzter Italien mit 11 Kilogramm.