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Nr. 581 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 296

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Sozialdemokrat Berlin"

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Freitag, den 10. Dezember 1926

Klärung vor Weihnachten .

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3 Boftschecktonto: Berlin 37.536 Bankkonto: Bant der Arbeiter, Angeftellten und Beamten. Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft. Depofitenkaffe Lindenstr. 3.

Soziales Wahljahr.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion wird eine Entscheidung herbeiführen. wirklichung harren, gehört auch der Artikel 161, der davon

Die Volkspartei hinter Scholz.

Die sozialdemokratische Reichstagsfrat. tion trat gestern nach der Plenarsizung des Reichstags zusammen, um über die politische Lage zu beraten. Sie hat folgenden Beschluß gefaßt:

1. Durch die Reden des Abg. Dr. Scholz, des Führers der Deutschen Volkspartei , in Insterburg und Königsberg find die Ver­einbarungen, die zwischen dem Reichskanzler und der sozial­demokratischen Fraktion über die Fühlungnahme mit den Regierungs­parteien getroffen waren, hinfällig geworden. Die fozial­demokratische Fraffion erhält dadurch freie hand für alle politischen Entscheidungen.

2. Zum Mißtrauensvotum gegen den Minister

Külz hat die Fraktion fofort Stellung genommen, und zwar durch die Rede des Abg. Dr. Breitscheid, durch ihre Erklärung zur dritten Lesung und durch ihre Abstimmung zum Schund- und Schmutzgesetz wobei ihr Mißtrauen gegen den Minister külz fcharf zum Ausdrud tam. Die Fraktion hält eine Ent fcheidung über die fünftige Gestaltung der Reichsregierung für notwendig und wird sie bei der driften Lesung des Rahtragsetats herbeiführen. Aus diesem Grunde wird fie fich bei der Abstimmung über den kommunistischen Mißtrauensantrag

gegen Dr. Külz enthalten.

Die Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei hielt gestern ebenfalls eine Fraktionsfigung ab. Darüber wird folgender Bericht ausgegeben:

Die Reichstagsfraktion der Deutschen Boltspartei nahm am Donnerstagabend u. a. den Bericht des Fraktionsvorsitzenden Dr. Scholz über seine Insterburger Rede entgegen. In der fich anschließenden Erörterung fam zum Ausdrud, daß die Fraktion einmütig die Haltung ihres Fraktionsvorsitzenden billigt"

I

Die Reichstagsfraktion der Deutschen Boltspartei billigt die provokatorische Rede ihres Fraktionsvorsitzenden. Sie verschärft die Situation. Dieser Beschluß war der sozialdemo­fratischen Reichstagsfraktion bei ihrer Beschlußfassung noch nicht bekannt er hätte aber an diesem Beschluß auch nichts geändert.

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Mit diesem Beschluß ist das Experiment der ,, Stillen Roalition " zu Ende. Es war ein Versuch. Dieser Versuch ift gescheitert an der Krisenmacherei der Volkspartei und ihrer Sehnsucht nach dem Bürgerblock.

Der Fall Külz ist nur ein Einzelfall, nachdem durch die Haltung des Herrn Scholz das Regierungsproblem in seiner Gesamtheit aufgerollt worden ist. Die damit zu­fammenhängenden Fragen bedürfen dringend der Klärung. Wenn die sozialdemokratische Reichstagsfraktion heute ein Mißtrauensvotum gegen Herrn Külz eingebracht hätte, so hätte fie die Entscheidung herbeigeführt, ehe die notwendige Klärung der Lage eingetreten ist. Deshalb wird sie sich bei der Abstimmung über das kommunistische Mißtrauensvotum der Stimme enthalten. Ihre Haltung gegenüber Herrn Rülz steht fest.

Die Entscheidung über die fünftige Gestaltung der Reichs­regierung wird noch vor Weihnachten herbeigeführt werden. Die dritte Lefung des Nachtragsetats findet in der nächsten Woche statt. Was noch zu klären ist, wird bis dahin geklärt sein dazu gehört auch der Puntt Geßler- Reichswehr .

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Die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung. zu jenen Verfassungsbestimmungen, die noch der Ver spricht, daß zur Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähig­feit, zum Schutz der Mutterschaft und zur Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Schwäche und Wechselfällen des Lebens das Reich ein umfassendes Versicherungs­wesen unter maßgebender Mitwirkung der Vera sicherten schafft.

Es ist merkwürdig still geworden um die Vereinheit lich ung der Sozialversicherung und den Ausbau ihrer Selbstverwaltung und Leistungen. Der mit schmettern= den Fanfaren angekündigte Gesamtumbau der Sozialversiche rung endete mit der Herausgabe eines dickleibigen Wälzers. Fein säuberlich war hier der Versuch gemacht, durch das tausendfältige Paragraphengeftrüpp einen Weg zu bahnen. des Reichsarbeitsblattes" vom 11. Dezember 1920, in der Er führte von der programmischen Ankündigung in Nr. 5 der Gatz stand: Das deutsche Bolt bedarf der sozialen Für­forge im besonders hohen Maße", geradenwegs zum Spar­tommissar, dessen Grundlinien für eine Vereinfachung und Verbilligung der Organisation der Arbeiterversicherung" un­beschwert von jeder Sachkenntnis waren.

Der Zeitpunkt dürfte jedoch gekommen sein, der allge­meinen Sozialversicherung und insbesondere ihrer Selbstver waltung erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Die Gelegen­heit dazu bietet der dem Reichstage vorliegende Entwurf eines Gefeßes über Wahlen nach der Reichss versicherungsordnung und dem Angestell tenversicherungsgefeß. Der soziale Ausschuß des Reichstages mird sich bald und eingehend mit ihm zu beschäf tigen haben.

Die Regierungsvorlage entstammt einer Initiative der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion. Bei der letzten größe Der Reichskanzler Dr. Mary wird am Sonnabend mit ren Novelle zur Angestelltenversicherung forderte die Sozial den Parteiführern verhandeln.

Einigung über die Kontrolle in Genf .

Die Regelung des Nachforschungsrechts des Völkerbundes.

Paris , 9. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Die Havas - Agentur meldet, daß zwischen der deutschen und den alliierten Delegationen in Genf eine Einigung in folgen den drei Punkten erzielt worden sei:

1. Ueber die Aufgaben der Nachprüfungstom missionen: Das getroffene Abkommen betone ausdrücklich, daß der Bersailler Artikel 213 Investigationen( Nachforschungen) in be= stimmten Fällen und unter bestimmten Umständen, welche die Bermutung gestatten, daß Deutschland seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, erlaubt, daß aber dieser Artikel ständige oder periodische Nachforschungen nicht rechtfertige. Anders ausgedrückt: Bon Genf aus fönne eine Nachforschung nicht beschlossen merden ohne eine ausdrücklich vorliegende RI age, die durch einen Beschluß des Völkerbundsrats rechtskräftig geworden ist. 2. Ueber die Vollmachten der Investigationskommissionen: Die deutschen Einwände gegen die Vollmachten, die man diesen Kommissionen in ihren Beziehungen zu den deutschen Behörden oder Staatsangehörigen zu erteilen beabsichtigte, wurden als be. rechtigt anerkannt. Die Bestimmungen des Investigations­planes von 1924 wurden also, anders ausgedrückt, insbesondere in der Frage der Haussuchungen, der deutschen Gesetzgebung angepaßt, und es wurde beschlossen, in solchen Fällen die Unter­suchungsbeamten des Völkerbundes von deutschen Gerichts. behörden begleiten zu lassen.

3. Ueber die Hinzuziehung deutscher Offiziere zu den Nachforschungen, genau wie bei den anderen in Frage kommenden Ländern, so Deutsch- Oesterreich, Ungarn und Bulgarien . Diese Zulassung ist die natürliche Folge der Tatsache, daß Deutsch land Mitglied des Völkerbundes geworden ist.

Die Frage der Einsegung sogenannter ständiger Kon trollelemente" in den entmilitarisierten Zonen, womit die Rheinlandbesetzung eng verknüpft ist, wurde zurück­gestellt. Der Temps " erklärt, daß diese Berschiebung für spätere Verhandlungen deshalb erfolgt sei, weil Briand diese Frage mit der deutschen Forderung einer vorzeitigen Räumung der Rheinlande verknüpft habe.

Das Berfahren in Genf wird nach der Entscheidung der Botschaftertonferenz laut ,, Temps" wie folgt weitergehen: In der nächsten, und wahrscheinlich legten Sihung des Völker­bundsrats, in der die Borsigenden der Kommissionen bestimmt merden, foll Stresemann einige Borbehalte zum Investigationsplan von 1924 norbringen. Dann solle die

von den juristischen Sachverständigen ausgearbeitete Aus­legung verlesen werden. Darauf wird der deutsche Ver­treter seine Zustimmung zu dem hierdurch ergänzten Investigationsplan geben. Der Gedanke, die Erfüllung der Bersprechungen Stresemanns, den Restforderungen der Bot­schaftertonferenz in bezug auf die Entwaffnung nachzufom­men, durch den General Destider und die Investigationskom­mission nachprüfen zu lassen, scheint aufgegeben zu sein; vielmehr soll damit ein besonderes Berbindungs­tomitee, aus einigen Sachverständigen bestehend, beauf­tragt werden.

Genf , 9. Dezember. ( WTB.) Die juristischen Sach­verständigen haben die Vorbereitung einer authentischen Interpretation des Investigationsprotokolls heute abend in voll­tommener gegenseitiger Uebereinstimmung ab­geschlossen. Ihr Bericht, der vor Abschluß dieser Tagung dem Bölkerbundsrat zur Beschlußfaffung unterbreitet werden wird, wird morgen vormittag den beteiligten Ministern vorgelegt werden. Im Laufe des Freitags werden Vertreter der fünf Rheinpatt­machte wahrscheinlich zu einer zweiten gemeinsamen Besprechung zusammentreten.

Die Entwaffnung Deutschlands .

Paris , 9. Dezember. ( WTB.) Havas berichtet, daß der heutigen Sigung der Botschafterkonferenz Marschall Foch und die übrigen Mitglieder des interalliierten, Militärkomitees von Versailles sowie der Vorsitzende der Militärfontrollkommission in Berlin , General Walch, beiwohnten. Die Botschaftertonferenz habe den Stand der Entwaffnung Deutschlands , die in der Mehrzahl der Punkte durchgeführt sei, in seiner Gesamtheit geprüft. Sie habe von dem Ergebnis der Unterredung Kenntnis genommen, die die alliierten militärischen Sachverständigen seit Montag mit General v. Bawels hatten.

Es scheine zurzeit nicht, daß die beiden Fragen, betreffend die Befestigungen Don Rönigsberg, Rüstrin und Glogau und die Herstellung von Kriegsmaterial voll­tommen geregelt feien.

Das Ergebnis der heutigen Beratungen der Botschafterton ferenz werde unverzüglich den in der Botschafterkonferenz ventretenen und gegenwärtig in Genf weltenden Außenministern zur Kenntnis gebracht werden.

demokratie auch einen Ausbau der Selbstverwaltung. Ins besondere handelte es sich darum, ein geradezu groteskes Pluralwahlrecht in der Angestelltenversicherung zu be seitigen. Das gegenwärtige Wahlsystem entrechtet insbeson dere die Angestellten in den Städten. Die versicherten Ange­stellten werden von der direkten Einflußnahme auf die wich tigsten Organe der Angestelltenversicherung ausgeschlossen, sie haben nur die Vertrauensmänner der Angestelltenversicherung zu wählen. Diese bilden den Wahlkörper für das wichtigste Selbstverwaltungsorgan der Angestelltenversicherung, den Verwaltungsrat, der wiederum die ehrenamtlichen Direktions mitglieder wählt. Die Vertrauensmänner sollen außerdem die Beisiger der Angestelltenversicherung für die Versicherungs­ämter, Oberversicherungsämter und das Reichsversicherungs­amt wählen. Diese Gesetzesbestimmung ist unbeachtet_ge­blieben, weil sie sich als undurchführbar erwies; die Beisiger wurden deshalb, entgegen den Vorschriften des Gesetzes, ben rufen.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion forderte die direkte Wahl nach dem Verhältniswahlsystem, damit jeder Versicherte einen gleichmäßigen Einfluß auf die Selbstverwaltung der Angestelltenversicherung aus­üben tann. Gegenwärtig ist es so, daß in einer unteren Ber­waltungsbehörde, wo etwa 100 Versicherte wohnen, diese 100 Versicherten drei Vertrauensmänner wählen, während in einem anderen Bezirt, der 10 000 Versicherte aufweist, diese 10 000 Versicherte ebenfalls nur drei Vertrauensmänner wählen können. Das ist nicht nur Theorie, sondern Praxis. Je nachdem, wo der Versicherte wohnt, hat er unter Umstän­den ein hundertfaches Stimmrecht.

Mit diesen unhaltbaren Zuständen räumt der Regierungs­entwurf erfreulicherweise auf. Er hält zwar, einem Wunsche der Reichsversicherungsanstalt folgend, an der Einrichtung der Bertrauensmänner fest, läßt jedoch in Zukunft den Berwal­tungsrat aus Urwahlen nach dem Verhältniswahlsystem her­porgehen. Damit bekommt jeder Versicherte einen gleich­mäßigen und direkten Einfluß auf das wichtigste Selbstver waltungsorgan. Der Verwaltungsrat soll dann nach den Grundsäßen der Berhältniswahl- ebenfalls ein wichtiger Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand die ehren­amtlichen Mitglieder des Direktoriums wählen.

So bedeutsame Fortschritte der Entwurf enthält, er räumt nicht mit allen Ungereimtheiten auf. Es klingt wie ein schlechter Wiß, wenn die Beibehaltung der 8000 Bera trauensmänner damit begründet wird, daß sich die Reichsver­ficherungsanstalt ihrer Hilfe in steigendem Maße bedient, zurzeit etwa in 100 bis 120 Fällen monatlich. Also: 8000 Ber­trauensmänner, damit 100 bis 120 Fälle monatlich begutachtet werden können. Da stehste machtlas vis- à- vis.

Die einzig positive Funktion der Vertrauensmänner, neben der Mitwirkung bei der Antragstellung auf Renten und Heilverfahren und beim Entzug von Renten, foll in der Bahl der Bertreter bet den Versicherungsämtern bestehen. Die Beisiger der Angestelltenversicherung bei den Oberversiche rungsämtern und beim Reichsversicherungsamt soll der Vers