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Nr. 589 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 300

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Mittwoch, den 15. Dezember 1926

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Stresemanns Heimkehr.

Heute Kabinettssigung, dann Parteiführerkonferenzen.

und der Reichswehr ?

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Was wird mit Geßler

Der Reichsaußenminister Dr. Stresemann| In der Zentrumsfrattion des Reichstags wurde am Dienstag ist am Dienstag nachmittag um 5 Uhr wieder in Berlin abend eingehend die innerpolitische Lage besprochen. Die demo­eingetroffen. Er erstattete sofort dem Reichspräsidentratische Entschließung über die Reichswehr fand in den Grundzügen ten Bericht über den Gang der Genfer Verhandlungen. Dem die Billigung der Fraktion. Reichskabinett wird Dr. Stresemann am Mittwoch vor­mittag Bericht erstatten. Anschließend oder in einer neuen Späteren Sigung dürfte die innerpolitische Lage zur Debatte gestellt werden. Gegen Abend beabsichtigt dann der Reichskanzler, die Führer der Sozialdemokratie. zu empfangen.

Auch Hindenburg ist befriedigt!

WTB. meldet: Der Herr Reichspräsident empfing gestern ant Spätnachmittag Reichsminister Dr. Stresemann zum Bor­trage über die Genfer Konferenz. Im Verlauf der sich hieran an­fnüpfenden Unterhaltung Sprach der Herr Reichspräsident mit Borten des Dantes für die hingebende Arbeit des Herrn Reichsaußenministers Jeine Befriedigung über die in Genf erreichten Fortschritte aus. Er gab zugleich der Erwartung

Zwei Stimmen.

Die deutliche ,, Germania " und der diplomatische Herr Külz .

Aus den Pressestimmen, die sich mit der Scholz- Krise und den Möglichkeiten ihrer Lösung beschäftigen, verdienen zwei festgehalten zu werden. Die eine ist die Stimme der Ger mania". Sie schreibt:

"

Wir möchten aber gerne flar sehen, wohin die Reise gehen soll. Darum schlagen wir dem Abg. Scholz vor, das geben soll. Darum schlagen wir dem Abg. Scholz vor, das Rebelgebilde der ,, neutralen Regierung der Mitte" zu beseitigen und uns auf die Alternative zu einigen: Politit der Mitte mit der Sozialdemokratie oder Rechtspolitit mit den Deutfcnationalen....

Die neuen Arbeitsgerichte.

Ein erfolgreicher Kampf.

Der Kampf um die Gestaltung der fünftigen Arbeits­gerichte ist beendet. Hoch gingen die Wogen dieses Rampfes, und mehr als einmal war das Schicksal des Gesetzes ungewiß. Im Mittelpunkt der legten Auseinandersetzungen stand die Anwaltsfrage. Mit einer beispiellosen Ge­schäftigteit wurde immer wieder versucht, ihre Zulassung in der ersten Instanz und den Anwaltszwang in der zweiten Instanz zu erreichen. Die Sozialdemokratie blieb unnach­giebig. Wenn etwas sie in diesem Kampfe bestärken mußte, dann war es die Erklärung der Richter und Anwälte, in der sie sich als Hüter einer unbestechlichen Rechtspflege auf­spielten. Sie meinten den tapitalistischen Geist ihrer Rechts­pflege, der sie auch der Notwendigkeit enthob, mit dem gleichen Eifer gegen die politische Klassenjuftiz, gegen die sich in einem Rechtsmäntelchen hüllende Tariffabotage, gegen die Maß­regelung von Betriebsräten und Gewerkschaftsfunktionären und gegen die sonstigen täglich im Arbeitsleben auftretenden Rechtsbeugungen zu protestieren. Und so verbarg sich hinter diesem Kampf um die Anwaltsfrage mehr: es war im Grunde ein Kampf um den sozialen Geist der fünftigen Arbeitsgerichts­barfeit. Die parlamentarische Phase dieses Kampfes ist dank der energischen und zielflaren Führung durch die Sozial­demokratie siegreich bestanden. Die Schwere des Kampfes Demokraten und Volkspartei mit den Deutschnationalen marschierten. Bei den Demokraten fehlte selbstverständlich nicht Gertrud Baumer und Dr. Külz.

Ausdrud, daß auch die noch offenen Fragen balb einer guten Rundgebungen des Zentrums in der letzten Zeit und mit den Aeuße. wird gefennzeichnet durch die Tatsache, daß auch ein Teil der

Lösung zugeführt werden.

Reichswehr und Regierungsparteien.

Eine demokratische Entschließung.

Die Regierungsparteien beabsichtigen, bei der dritten Lesung des Reichswehretats pon der de motratischen Frattion eine Entschließung einbringen zu lassen, in der eine scharfe Trennung zwischen den Rechtsverbänden und der Reichswehr verlangt, sowie eine Ent politisierung in dem Sinne gefordert wird, daß die Reichswehr ein Instrument desrepublikanischen Staates wird. Bon diesem Gesichts­punkt aus follen Bestimmungen über den Offiziers und Mannschaftserfaß in der Reichswehr festgelegt werden, die fich den entsprechenden Forderungen der Sozialdemokratie nähern. Schließlich wird gefordert, mit aller Entschiedenheit dafür Sorge zu tragen, daß die Offiziere und Mannschaften die Hoheitszeichen der Republik achten und schützen, andernfalls soll gebührend eingeschritten werden.

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Entscheidend an dieser Entschließung ist natürlich der Bort laut. Im übrigen aber steht nicht nur das Reichswehrproblem, sondern außerdem wie es in der befannten Entschließung der fozialdemokratischen Reichstagsfraktion heißt die künftige Gestaltung der Reichsregierung" bei der dritten Lesung des Nachtragsetats zur Debatte.

Wie er es auffaßte.

Warum Michaelis den Reichstag betrog. Der Reichstag ist im Herbst 1917 von der kaiserlichen Regierung betrogen worden. Das steht nach den Ge­Regierung betrogen worden. Das steht nach den Ge­ständnissen, die der Reichskanzler a. D. Michael is gestern ständnissen, die der Reichskanzler a. D. Michael is gestern im Untersuchungsausschuß ablegte, eindeutig fest.

Man vergegenwärtige fich den Tatbestand! Ein Siebener­ausschuß wird berufen, um auf die diplomatische Kriegfüh­rung Einfluß zu nehmen, ein Ausschuß von siebenmal Ge­fiebten, weil man dem großen Hauptausschuß teine Geheim­niffe anvertrauen will. Diefer Siebenerausschuß redigiert mit der Regierung zusammen eine Antwort auf die Friedens­note des Papstes. Der Ausschuß glaubt schließlich der Ant mortnote eine Form gegeben zu haben, die geeignet ist, die Friedensaktion des Papstes zu fördern. Die Regierung erfährt, daß die Kurie diese Antwortnote für ganz un­möglich und unbrauchbar hält, sie sagt aber davon dem Ausschuß, der doch angeblich aus ihren besonderen Ver­trauensleuten besteht, fein Wort.

Hätte der Siebenerausschuß erfahren, wie die Antwort note die noch nicht veröffentlicht war von der Kurie be­urteilt wurde, so hätte er höchstwahrscheinlich die Note in aller Stille zurückgezogen und durch eine bessere ersetzt. Die Re­gierung aber ließ den Ausschuß in dem fröhlichen Glauben, ein gutes Werk für den Frieden vollbracht zu haben, während doch, wie sie wußte, das Gegenteil der Fall war.

Nicht genug damit! Herr Michaelis setzt sich hin und schreibt dem Nuntius einen Brief, der durch die Art, wie er die Note tommmentiert, erst recht jedes Hoffnungsfüntchen zusammentritt. Von diesem Brief erfährt der Ausschuß nichts! Herr Michaelis gesteht das alles ein. Aber er hat es gut gemeint! Er glaubte, daß England durch den U- Boot­Krieg mürbe geworden sei, und daß es mit einem Friedens angebot herauskommen werde. Für diefen Fall wollte er Belgien als handelsobjekt behalten.

Bir befinden uns im Einklang mit allen programmatischen rungen seiner maßgebenden Politiker, wenn wir sagen: Die von dem Abg. Scholz herausbeschworene Krise mit dem offenen oder ver­steckten Bürgerblod abzuschließen, wäre, gemessen an der vor­aufgegangenen außen und innerpolitischen Entwicklung, der Gipfel der Unlogit."

Die andere ist die des Herrn Külz. Er schreibt in einem Dresdener Blatt:

Die Sozialdemokratie hat bisher der Politit der Reichsregierung teine besonderen Schwierigkeiten be reitet. Dieses Gesamturteil wird bei objektiver Würdigung auch nicht durch ihren Stampf gegen das Jugendschutzgesetz und den Reichs­innenminister als Berantwortlichen dieses Gesetzes beeinträchtigt. Die Deutsch nationalen haben zwar grundsägliche und praf. tische Opposition in schärfster Form angekündigt und teilweise, wie jüngst in der Erwerbslofenfrage, auch versucht, aber sie haben andererseits sich in anderen Fällen doch auch wieder zu positiver Mitarbeit verstanden, so daß weder rechts noch lints eine grundsägliche Ab­lehnung besteht. Es wird also für die Regierung der Mitte darauf antommen, wo sie für die politische Problematik der nächsten Sutunft die größeren Aussichten des Erfolges vorfindet."

Die Germania " will den Bürgerblod nicht, Herr Külz will es sich überlegen, ob er den Bürgerblod will oder nicht. Uns scheint, er nähert sich verdächtig Herrn Scholz.

Jedoch der schrecklichste der Schrecken politische Dilettant, der es gut meint.

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das ist der

In Wirklichkeit kann man diesem Michaelis nur einen Borwurf machen: daß er nicht Selbsterkenntnis genug besaß, um den ihm angebotenen Kanzlerposten mit hocherhobenen Händen abzulehnen. Der Untersuchungsausschuß sollte seine Nachforschungen über die päpstliche Friedensaktion abbrechen und sich der Hauptfrage zuwenden: Wie war es möglich, daß ein Michaelis Reichsfanzler wurde? Wie jab das politische System aus, unter dem so etwas passieren torte?

Die Frage wäre schließlich dahin zu erweitern: Wie war es möglich, daß ein Land, das von solcher Unfähigkeit regiert war, den Krieg erst nach vier Jahren verlor und nicht schon nach vier Wochen?

schon verloren, nur durfte das deutsche Bolt auch davon nichts Aber der Krieg war ja nach vier Wochen in Wirklichkeit Volk erfahren!

lich sieht er sich nach allen Seiten um Hilfe um. Er hat sich Diefer Michaelis ist ein fleiner armer Sünder. Mengft von seinem Kaiser einen Brief zu seiner Rettung schreiben lassen, und er ruft alle fünf Minuten in weinerlichem Ton nach seinem Kühlman en, der nun heute aussagen soll.

Er wird ihn nicht herausreißen! Wie follte er auch, da er selber geständig ist und nur noch auf mildernde Umstände plädiert? Gewähren mir fic ihm, fie stehen ihm in weiter reichendem Maße zu, als er selber meiß.

Aber, daß ein großes Reich in einem großen Krieg so regiert werden konnte... Man faßt sich an den Kopf.

Ueber die durch das Schundaefeh vorgeschriebene Einrichtung von Prüfstellen ist nach amtlicher Mitteilung eine Entscheidung noch nicht getroffen worden. Das gleiche gilt mit bezug auf die Ausführungsvorschriften Bor Erlaß dieser Vorschriften wird der Reichsminister des Innern einem ihm gegenüber aus den Kreisen der Berleger geäußerten Wunsche, fie anzuhören, nady

tommen.

Eine befonders traurige Rolle spielten die Kommu nisten. Sie lehnten zwar die Abänderungsanträge ab, ftimmten jedoch bei der Gefamtabstimmung über den entschei denden§ 11 mit den Deutschnationalen da gegen. Ein Glück für die Arbeiter und Angestellten, daß diefer national- kommunistische Haufe teine Mehrheit bekam. Die Folge danon wäre gewesen, daß die Anwälte ihr Ziel er­reicht hätten. So hob die zweite Abstimmung der Kommu­niſten die erste wieder auf. Man fragt sich: Verbrechen oder Dummheit. In beiden Fällen kommt eine Schädigung der Arbeiterflaffe heraus.

Die neue Regelung der Prozeßvertretung durch das Arbeitsgerichtsgefeh bedeutet einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem gegenwärtigen Zustand. In der ersten Instanz bleibt es bei dem Ausschluß der Anwälte. Bor den Landes­arbeitsgerichten find die Gewerkschaften fünftig berechtigt, ihre Rechtsstreitigkeiten selbst zu vertreten, während gegen­wärtig in allen Berufungsstreitigkeiten der Anwalts 3 wang herrscht. Die Kommunisten haben durch ihre zweite Abstim­denn die Ablehnung des§ 11 hätte nur diese Folge haben mung dokumentiert, daß es bei diesem Zustand bleiben sollte,

fönnen.

Die tommende Organisation der Arbeitsgerichte gliedert fich wie folgt: Erste Instanz find die selbständigen Ar­beitsgerichte; zweite Instanz sind die Landesarbeitsgerichte unter Anlehnung an die Landgerichte, die Revisions­instanz ist ein selbständiger Senat neben den Zivil- und Straffenaten beim Reichsgericht. Die wirtschaftlichen Ver­einigungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind vor Er­richtung der Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte zu hören. Die Beisitzer aus den Kreisen der Arbeitnehmer können nur von ihren tariffähigen Organisationen vor­geschlagen werden. Dadurch sind die Gelben von der Stellung Beifizer der Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit, handelt es von Beisigern ausgeschlossen. Im allgemeinen wirken je ein fich jedoch um Rollektivstreitigkeiten, dann wird die Kammer der Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte mit je zwei Bei­figern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzt.

Bei der Stellung der Vorsigenden für die Ar­beitsgerichte ist durch die Bemühungen der Sozialdemo lichen Richtern fönnen auch folche Bersonen bestellt werden, fratie das Richtermonopol durchbrochen. Neben den ordent­die die Befähigung zum Richteramt haben. Die hauptamt­weit sie bereits zwei Jahre tätig sind, sollen auf ihren Antrag lichen Vorsitzenden ber Gewerbe- und Kaufmannsgerichte, so­übernommen werden: diefe llebergangsbestimmung gilt aber auch für die Nichtjuristen.

Als Vorsitzende der Landesarbeitsgerichte können auch Personen berufen werden, die die Befähigung zum Richteramt haben, also auch hier kein unbedingtes Monopol der ordent­lichen Richter.

Bei den Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten find Beisigerausschüsse zu. bilden. Sie sind vor der Bildung von Kammern, vor der Geschäftsverteilung. vor der Verteilung der Beisiger auf die Kammern und vor der Auf­ftellung der Liften über die Heranziehung der Beifiker zu den gungen zu hören. Damit ist wenigstens der Anfang einer Selbstverwaltung gemacht.

Der soziale Ausschuß des Reichstanes hatte beschlossen, den Arbeitnehmerbeifikern den gleichen Schuß wie den Betriebs= pertretungsmitgliedern zuteil werden zu lassen Dieser Be­schluß ist durch das Verhalten der bürgerlichen Parteien ver