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weihnachtsfpenöe für Sie städtischen Arbeiter. Ein Beschlutz der Stadtverordnetenversammlung.
Nun hat die Berliner Stadtoerordnetenver- s a m m l u n g, nachdem sie in der vorigen Sitzung den Beamten und Angestellten der Stadt ein« Weihnachtsspende zugebilligt hatte, gestern auch für die städtischen Arbeiter einen ähnlichen Beschluß gefaßt. Als W i r t s ch a f t s b ei h i l f e, die noch vor Weihnachten gerade recht kommt, soll jeder Arbeiter S0 Mark, die Ehefrau 10 Mark und jedes Kind 5 Mark erhalten. Dieser vom Ausschuß empfohlene Beschluß fand nicht den Beifall der rechtsstehenden Parteien, aber sie konnten seine Annahme nicht hindern. Die Unterstützung versagten sie ihm, nachdem sie für einen eigenen Antrag, mit dem sie als„Arbeiterfreunde" dazustehen glaubten, keine Mehrheit erlangt hatten. * Sie gestern abgehalten« außerordentliche Sitzung der Stadt- verordneten beschäftigte sich zunächst mit der aus dem vorbereitenden Ausschuß zurückgekommenen Vorlage wegen der Errichtung eines haUenbaSes im Seztrk Mitte. Das Bad soll aus dam Gelände des städtischen Grundstückes G a r t« n st r a ß e 5 und Bergstraße 78 gebaut werden. Dieses Grundstück spielt jetzt die Roll« eines Grünplatzes im Bezirk, wenn auch in sehr bescheidenem Maß«. Di« Magistratsvorlag« gibt zu, daß ein kleiner Teil der Grünfläche verloren geht, daß aber andererseits der Bau des Hallenbades eine zwingende Notwen- d i g k« i t fei. Der übrigbleibend« Platz soll dann bester ausgestattet werden. Das Bad selbst soll«ine SO Meter lange Schwimmbahn erhalten, daneben natürlich alle sonstigen Einrichtungen eines neuzeitlichen Volksbades. Di« Kosten werden etwa 2,KMillion«n Mark betragen. Stadtv. Merten(Dem.) lehnte die Lorlog« ab, da er und seine Freunde sich mit dem Verlust eines Teiles der Grün- fläche nicht abfinden könnten. In der Abstimmung wurde aber die Ausführung des Projektes mit großer Mehrheit beschlossen.— Im Sonnner d. I. hatte sich die Stadtverordneten- Versammlung gegen den Bek#?Ugungszwang der Schwestern in den städtischen Kranken-, Heil- und Pflegeonstalten ausgesprochen. Der Magistrat hat sich diesem Beschluß nicht angeschlossen, sondern der Versammlung zur Kenntnisnahm« mitgeteilt, daß er an der Beköstigung der in den Anstalten wohnenden Schwestern durch die Anstalt festhalten müste. An die Mitteilung des Magistrats schloß sich eine länger« Aussprache. Schließlich wurde mit den Stimmen der Linken die Zurückverweisung an den Magistrat beschlossen.— Der Ausschuß zur Durchberawng der Geschästsordnung hatte seine Arbeiten beendet und den Dorsteher der Versammlung, Genossen£>«ß, mit der Berichterstattung beauftragt. Die Aenderungen der Geschäfts- ordnung des Hauses beziehen sich auf die Geschäftsführung und die Stellung der Ausschüsse, die Zusammensetzung der Ausschüst«, Sluf- sichtsratsposten in städtischen Gesellschaften und repräsentativer Ver- tretungen nach dem Verhältniswahlsystem und neben«inigen anderen unwesentlichen Punkten auf die Behandlung von Anfragen aller Art im Plenum und durch den Magistrat. Ohne Debatte stinunt« die Versammlung diesen Aenderungen zu. Di« Wirtschaftsportei hatte einen Antrag«ingereicht, nach dem der Magistrat die Reichs- und Staatsregierunq ersuchen soll, den Finanzausgleich bis zum April 1027 durchzuführen, ein Steuersystem mit einem Zuschlogsrecht für Länder und Gemeinden«inzusllhren, die Gewerbesteuer und die Hauszinssteuer zu beseitigen und Schluß zu machen mit dem„Ein- dringen der öffentlichen Hand in die Wirtschaft". Stadtv. Dr. Faltz <D 25p.) trat namens seiner Partei für einen Abbau der Ge- werbe steuern«in. Er betont«, daß die Volkspartei diese Steuer als«in« ausgesprochen« Sondersteuer ansehe, und daß sie gegen Sonde rsteuern sei. Die ausfallenden Betröge ließen sich sehr wohl durch Zuschläge zu anderen Steuern wieder einbringen. Der Volks- parte! liege unter allen Umständen an der Erhaltung einer kräftigen Mittelstandsschicht. Di« Erziehungsarbeit des Handwerks an Lehr- lingen und Gesellen sei nicht zu unterschätzen. Schließlich wurden ein« Reihe Ausschußentschließungen einstimmig onge- nommen, nach denen der Finanzausgleich bis April 1SZ7 durchgeführt werden soll unter stärkerer Berücksichtigung der
kommunalen Bedürfnisse,«in klares, übersichtliches Steuer» s yst« m eingeführt und die angekündigt« Verwaltungsreform baldigst durchgeführt wird. Dann sollen noch die jetzigen, völlig un- haltbaren Veranlagungsbestimmungen zur Gewerbesteuer geändert werden. Das alles soll nach dem einstimmigen Beschluß der 25«rsammlung der Magistrat bei den Reichs- und Staatsbehörden durch- zusetzen versuchen.— Im weiteren 25erlauf der Sitzung wurde der Ankauf des Rittergutes Groß-Ziechen zur Erweiterung der Riesel- guter Wodmannsdorf und Klein-Ziethen beschlossen. Ein Antrag der Rechten, den Ankauf noch einmal in einem Ausschuß durchzuberaten, verfiel der Ablehnung. Zum Schluß der Sitzung wurde noch die Auszahlung einer Weihnachtsbeihilfe für städtische Arbeiter beschlossen. Der Ausschuß schlug vor, jedem Arbeiter 50 M. zu geben, für die Frau 10 M. und j«d«s Kind 5 M. Das wurde angenommen. Ebenfalls angenommen wurde ein Antrag der Kon,- mnnisten, der den Magistrat ersuchte, seinen Einfluß bei den städtischen Gesellschaften und den gemischtwirtschaftlichen Betrieben dahingehend geltend zu machen, daß diese sich dem Vorgehen der städtischen Ver- ivalhmg anschließen._ die Geschästsgriinüungen der Familie Koch. Ein Jnflationsprozeß größten Stiles. Nach oiereinhalbwöchiger Verhandlung ging am Dienstag ein Betnigsprozeß gegen siebzehn Angeklagte, der unter dem Vorsitz von Amtsgerichtsrat Liebegott vor dem Erweiterten Schöffengericht Mitte geführt wurde, zu Ende. Es handelt sich um echteInflationsauswüchse.die aber bis in hos Jahr 1025 ihre Fortsetzung fanden. Die Hauptangeklagten waren sieben Mit- glieder einer Familie Koch: der alte Franz Koch, dessen Sohn Alfons, eine Tochter, der Schwiegersohn, eine Schwiegertochter, ein Schwager und ein weiterer Verwandter. In der Zeit von 1021 bis 1025 wurden in Berlin und in der weiteren llmgebung bis nach Wittenberg « Verkaufsgeschäste sowie Import- und Exportgroßhandlungen errichtet, als deren Inhaber Strohmänner benutzt wurden. Teilweise wurden auch alte bekannte Firmen, so u. a. in Freienwalde , Wittenberg «, Blankenburg , Schwedt , Angermünde , Stettin , Hamburg , Blankenese , Stralsund aufgekauft. Die als Geschäftsinhaber benutzten Strohmänner waren vonmegend Arbeiter und Straßenhändler, deren erste Geschäftstätigkeit war, Pakete von Blankowechseln und Referenzen zu unterschreiben. Es wurden dann von den Finnen Warenbestellungen aller A r t gemacht und gegenseitig gab man sich d i e g ü n st i g st e n Auskünfte und bezahlt« mit den Wechseln der anderen Firmen. Die Warensendungen selbst gingen von den Filialen uneröfjnet an die Koch'sche Zentrale, die zuerst in der Markgrafenstraßc in Berlin war, dann aber ihren Sitz ständig wechselte, da nach den Worten von Alfons Koch dafür gesorgt werden mußte, daß die Anzeigen zu immer neuen Polizeirevieren kämen, bei denen die alten Vorgänger noch unbekannt waren. Die Strafanzeigen liefen aber gegen die Koch'sche Familie massenhaft ein, denn die Lieseranten wurden nicht bezahlt» und die„Kundenwechsel" blieben uneingelöst. Die Waren selbst wurden schnell verschleudert. Waren Fabrikanten so vorsichtig, die bei ihnen bestellten Waren gegen Nachnahme zu liesern, so erhielten sie voller Entrüstung ein Schreiben, daß sie sich aus Prinzip nicht darauf einlassen könnten, da sie mit Nachnahmen zu schlechte Ersahrungen gemacht hätten. Di« Strohmänner wußten sich schließlich, als sie fortgesetzt mit Strafanzeigen, Pfändungen und Vor- ladungen zu Offenbarungseiden verfolgt wurden, keinen anderen Rot mehr, als sich zusammenzutun und in einer gemeinsamen Ein- gabean dieStaatsanwaltschaftdas Treiben ihrer Hinter- männer, Koch und Genossen, aufzudecken. Das Schöffengericht ver- urteilte den 50jährigen Franz Koch zu vier Jahren Gesängnis, gab ihm aber für die letzten drei Jahre der Strafe Bewährungsfrist und rechnete ihm auch noch acht Wochen aus das zu verbüßend« Jahr an. Alfons Koch wurde zu drei Iahren Gefängnis verurteilt unter An- rechnung von elf Monaten Untersuchungshaft und unter Zubilligung von 21 Monaten Bewährungssrist. Frau Koch erhielt zwei Jahre Ge-
sängnis, der Schwager Krämer ein Jahr Gefängnis, beiden wurde aber auch für einen größeren Teil der Strafe Bewährungsfrist gegeben. Bis auf einen Freispruch erhielten die übrigen zwölf Angeklagten Gefängnisstrafen von einem bis zu sechs Monaten mit teils völliger. teils halber Bewährungsfrist.
Schau der Geisteswissenschaften. Projekte zur Berliner Ausstellung 1930. Di« Märkische Arbeitsgemeinschaft der Freien Deutschen Ata- demie des Städtebaues veranstaltete am gestrigen Dienstagnachmittag eine Kundgebung, in der neue Vorschläge zu dem Projekt einer Internationalen Ausstellung im Jahre 1030 in Berlin gemacht wurden. Nachdem der Geschästsführer Walter Lehweß die Vertreter der Ministerien und den Vertreter der Stadt Berlin , Stadtbaurat Dr. Wagner, begrüßt hatte, entwickelte Prof. Bruno Möhring seine Gedanken über die Verwirklichung de» Ausstellungsprojekts. Er betonte, daß der Gedanke der großen Weltausstellungen im früheren Sinne über- l e b t sei und die deutsche Industrie gaher zu vollem Recht eine solche Ausstellung abgelehnt hätte. Eine reine Bauaus st ellung aber, wie sie die Stadt Berlin jetzt plane, bilde einen viel zu engen Rahmen. Berlin müsse etwas Größeres unternehmen, um seine frühere Stellung in der Welt wiederzuerlangen und den deutschen Wiederausbauwillen zu zeigen. Der Redner schlug nunmehr eine Ausstellung der Universitäten vor, um als Gegensatz zu unserer aufs Materielle und zu einer Ueberschätzung der rein körperlichen Fähigkeiten neigenden Zeit eine S ch a u d e r G e i st e s- Wissenschaften aller Völker und Zeiten zu schassen. Mit dieser Ausstellung der Geistigkeit, die von allen Universitätsstädten der Welt beschickt werden soll, müßte als Nutzanwendung der gei- stigen Arbeit eine„Neue Stadt" verbunden werden, und zwar eine wirtlich bewohnbare Stadt, die nach den neuesten Anschauungen des Städtebaues angelegt ist, und die als rauchlose Stadt, als die Stadt im Grün, mit allen Erfindungen der Zeit und mit allen dazugehörigen össentlichen Gebäuden und Anstalten ausgestattet werden müßte, um gleichzeitig der Wohnungsnot abzuhelfen, und Berlin um einen mustergültigen Stadtteil zu bereichern. Professor Möhring scÄägt als Ausstellungsgelände den jetzigen Kunstaus- stellungspart nebst Gebäude vor, zu denen Lagerplätze vom Zoll- güterbahnhos hinzugenommen werden sollen. Selbst der Tie r- garten soll zur Erweiterung des Zlusstellungsgeländes heran- gezogen werden. Schloß Bellevue soll Empfangshaus der Stadt Berlin und repräsentativer Mittelpunkt des Ganzen werde». Für die„Neue Stadt" brachte der Vortragende das Gelände am S p a n d a u e r Bock in Vorschlag. Auf der Spree , die beide Aucstellungteile verbindet, soll ein Verkehr mit elektrisch betriebenen Wasseromnibussen eingerichtet werden. Zur Bebauung von Siemensstadt gab dann der Geschäftsführer Walter Lehweß noch ein Projett bekannt, das von Stadtbaurat, Taut stammt und das sich im wesentlichen mit den Gedanken des Vortragenden deckte. In der Diskussion wurden von einigen Red- nern die Ausführungen unterstrichen, während von anderer Seite der Gedanke einer Ausstellung der llniversitäten nicht als zugkräftig genug erachtet wurde. „Nauke ". Einer der größten Fijchfresser Berlins ist zurzeit wohl, obgleich sein Appetit seit dem Sommer stark zurückgegangen ist.„Nauke. der S e e- E l c s a n t des Zirkus Carl Hagenbeck. „Rauke" fraß im Sommer 150 bis 150 Pjund, jetzt jedoch nur„noch" 7 5 b i s 8 0 Pfund Fische den Tag. und zwar Schellfische und Heringe. Dieser Zee-Elefant ist gegenwärtig 3,20 Meter lang und 1575 Pfund schwer, er reist bereits seit einem Jahr mit dem Zirkusunternehmen in einem sonderlich für ihn hergestellten fahrbaren Wasserbassin. Ge- fangen ist dieses eigenartige Tier, das sich unbedingt verschwommen haben muß, in Südafrika.„Rauke" soll in Zukunjt die Sensation der Sensationen werden, er ist nämlich in Dressur genommen, wes- halb für ihn ein Sonderwagen gebaut wurde, der ihn in die Manege fährt. Mit dem Koloß ist nicht gut zu arbeiten, er greift gerne an. Doch mit unendlicher Geduld ist bei der Tierdressur vieles zu er- reichen und so liegt der natürlich noch nicht manegesichere„Nauke " bereits aus einem Postament, hält eine Peitsche im Maul und gibt Fuß, das heißt, er haut sich mit einer Flosse vor den Bauch.„Nauke " hatte einen kleineren vielversprechenden Reisekollegen, der aber im Sommer einem Hitzschlag erlag.
Vie Wunder öer Klara van Haag. 38j Von Johanne» vuchholh. Aus dem Dänischen übersetzt von Erwin Magnus . Hedwig wandte den Kopf und fah, daß Johan lachte. Sie wurde so froh und lachte mit, aber da hörte er auf. Da freute er sich wohl über den Brief. Ja, ja. Aber sie hielt es nicht aus, zu schweigen. Was sollte sie sagen? Alles, was ihr einfiel, wurde so feierlich und ge- schraubt. Nun ja. „Wollen Sie irgendwo spielen?" „Ja. ja." Johan nickte und legte tiefe Bedeutung in seine kleinen Worte. „Es muß herrlich sein, spielen zu können— ich spiele ja Klavier— aber richtig, so wie Sie." „Nun ja, freilich— wieso eigentlich." „Weil man weiß, daß andere davon froh werden." „Da weiß ich eine, die es sich einmal verbeten hat!" Hedwig hob den Kopf und sagte mit ihrer festen Stimme: „Johan Fors— es ist töricht von Ihnen, soviel Wesens von der Sache zu machen. Ich hätte Sie damals ja vielleicht mit auf mein Zimmer nehmen sollen, wenn es auch mitten in der Nacht war, und ich wohl auch meine Stellung deswegen verloren hätte." „Solche Kleinigkeit im Verhältnis zu—" „Ja, ich sage ja auch, daß ich es hätte tun sollen. Wenn ich aber etwas falsch gemacht habe— ist es dann richtig von Ihnen, sich deshalb so blutig zu rächen? Ich meine, ist das ein männliches Benehmen von Ihnen?" „Doch, ich fand es gerade männlich," aber er sagte es mit hörbarer Unsicherheit in der Stimme. „Ich finde es dumm, einen ganzen Sommer wegen einer so unbedeutenden Sache zu vergeuden!" Hedwig hörte gleich, daß sie ein paar unglückliche Worte angewandt hatte, aber es war zu spät. „Vergeuden! Haha, vergeudenl Ich habe nichts ver- geudet!" „Doch! Für mich haben Sie viel vergeudet und ver- dorben," rettete sie sich.„Aber sagen Sie mir jetzt rein heraus: Wollen Sie lieber, daß ich-- Sie nicht weiter begleite?" Sie waren ungefähr am Haf«n angelangt. Johan hatte ein Boot, das gerade hier an einer Brücke vertaut war. Er
wollte hinaus auf eine seiner berühmten und geheimnisvollen Fahrten, um in der Einsamkeit zu spielen. Seit der Unter- redung mit Frau van Haag hatte er mit fieberhaftem Eifer geübt. Er hatte sich eine Schule gekauft und Noten gelernt und noch vieles mehr. Der Professor sollte keinen Idioten in ihm finden. Jetzt hotte er gedacht, Hedwig zum Zollamt zu bringen, sich zu oerabschieden und dann zu seinem Boot zu gehen, denn für eine Natur wie die seine war es unerträglich, in irgendeinem Punkte eine Unfertigkeit zu oerraten. Daher paßte es ihm außerordentlich schlecht, daß Hedwig die Frage von der Begleitung stellte und noch dazu auf diese Art. Sie wollte mit. Es hatte also keinen Zweck, sie nach dem Zollamt zu begleiten. Er vergaß, wie oft er sich nur einige Minuten Unterredung mit ihr gewünscht hatte. Er wurde zornig, weil seine Pläne im Augenblick gekreuzt waren. Doch kämpfte er dagegen an, weil er sich von ihren klaren Worten getroffen fühlte. „Ja, begleiten! Warum nicht? Aber ich muß hinaus." er zeigte mit dem Geigenkasten. „Ins Boot. Ja. aber dann kann ich ja mitkommen und Ihre Musik hören, wenn— Ha, Musik! Er wollte in einem Schuppen draußen im Walde sitzen und nach den elenden Punkten spielen, die man Noten nennt. Jetzt war der Professor da: es tonnte nicht auf- geschoben werden. Der Teufel selbst mußte ihn in eine solche Klemme bringen. „Nun ja, dann kommen Sie mit!" Er ging voran auf die Brücke und trat ins Boot. Hedwig blieb wie in Gedanken auf der äußersten Plank« stehen, sie sah ihn den Violinkasten nehmen, ihn vorsichtig, als sei es ein Kind, unter die Mittelbank schieben. Weiche Kreise bildeten sich im Wasser bei jeder Bewegung, die er macht«. Jetzt legte er den Mantel ab, um zu rudern. „Na, beeilen Sie sich," kommandierte er und richtete sich auf. Der Bug des kleinen Bootes schaukelte ein paarmal an der Brücke auf und nieder. Wie verlockend, mit dem linken Fuß abzustoßen und zu ihm hinunterzukommen. Sie kannte die Sicherheit ihres Sprunges. Sie wußte, wie sich das Boot unter ihr neigen und sie wieder hinauftragen würde. Das Gefühl kannte sie ja von Kindesbeinen an. Furcht konnte es also nicht sein, was sie zurückhielt. Aber--- da stand nun Johan, legte seinen Mantel um seinen neuen Violinkasten — und für sie hatte er nur einige mürrische Worte. Keine
ausgestreckte, helfende Hand. Nein, so hatte sie sich das Glück doch nicht gedacht. „Aber, warum kommen Sie denn nicht?" „Auf Wiedersehen, Johan Fors," sagte sie still. Dann wandte sie sich um und ging langsam dem Lande zu. Sie sah. daß die Kreise vom Boot ihr folgten. Als sie aber die großen, flachen Steine eieichte, hob sie den Kopf und schritt rasch aus.> Johan sah ihr eine Weile nach. Das Boot bildete unter- dessen keine Kreise. Dann schleuderte er seinen Hut auf den Boden des Bootes, warf los und ruderte. Schaum vor dem Buge, fort. 12. Kapitel. Die Gnädige hatte in der Nacht nach all der Musik nicht zum besten geschlafen. Als Hedwig um zehn Uhr ins Schlaf- zimmer kam, fuhr sie verwirrt auf und runzelte kampfbereit die Stirn.„Ach, du bist es nur," sagte sie erleichtert.„Ist es schon furchtbar spät? Zehn! Liebstes Kind! Der Professor ist doch wohl nicht hereingekommen? Wie? Stell ja alles für ihn zurecht— aber mach' dir nichts aus seiner Morgen- Verdrießlichkeit. Das hat nichts zu sagen, was meinst du? Ein Mann! Mit mir sprechen! Was für neue Leute wim- mein in der letzten Zeit zu den Türen herein! Johan Fors! Aber du lieber Gott, den habe ich ja selbst auf zehn Uhr bestellt. Ach was— das Unglück ist nicht so groß. Du mußt ihn die fünf Minuten unterhalten, bis ich komme� Nimm' ihn mit in die Stube oder in die Küche, oder wo du willst. Red? mit Ihm. Du bist ja hier als Mädchen angestellt, und du mußt verrichten, was deine Herrschaft dir befiehlt. Geh' augenblick- lich und unterhalte Johan Fors. Hörst du!" Hedwig machte große Anstrengungen, die Mundwinkel nach oben zu ziehen und die Augen leuchten zu lassen. Es glückte soweit, daß die Gnädige es für gut Ware nahm. Dann ging sie hinaus und bat Johan Fors ins Wohnzimmer, wo sie ihn allein ließ. Frau Klara ließ sich Zeit; erst um halbels Uhr kdm sie aus dem Schlafzimmer. Im Korridor begegnete sie dem Professor. „Guten Morgen, gnädige Frau. Ja, Sie haben Recht. er ist ein Tier." „Ach, Sie haben schon mit ihm gesprochen? Ja, gewiß ist er ein Tier: das schrieb ich ja," flüsterte Frau Klara. „Ja, aber Sie schrieben ein merkwürdiges Tier. Das ist eine Uebertreibung, meine Gnädige." (Fortsetzung folgt.)