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Abendausgabe
Nr. 598 43. Jahrgang Ausgabe B Nr. 296
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10 Pfennig
20. Dezember 1926
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Inquisitionsprozeß.
Die kommunistische Oppofition vor dem Tribunal der Komintern . Ruth Fischer ein übles Geschwür.
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Die Mitglieder des alten Rabinetts find, einer MTB.- Depesche Scholem und Urbahns, find vom Ekki endgültig aus der
Polnische Militärvorbereitungen.
Riga , 20. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Der bisherige| Staatspräsident von Litauen , Dr. Grinius , hat am Sonnabend zufolge, inzwischen in Freiheit gefeßt worden. unter dem Drud der Umstürzler fein Amt zur Verfügung gestellt. In einer Sondersitzung des litauischen Sejm wurde daraufhin Sme. tona mit angeblich 38 Stimmen zum Präsidenten der Republik Warschau , 20. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Wie der gewählt. Gegen ihn stimmte nach den hier vorliegenden Meldungen niemand, weil jämtliche 45£ intsabgeordnete fehl- sozialistische Robotnik" erfährt, find die gegen das litauische Militär vorgehenden Arbeiter nicht Kommunisten, sondern Sozia ten. Smetona wurde fofort vereidigt und dann in das Präfi- listen. Die Diktatur des Landes gebe die Arbeiter lediglich dem dentenpalais geleitet. Er ist der Führer der Umstürzler und war non der früheren Regierung erst fürzlich wegen hochverräterischer Ausland gegenüber als Kommunisten aus, um die öffentliche Meinung irrezuführen. Pläne in Haft genommen worden.
Jn Kowno felbft foll, ebenso wie im Lande, bisher völlige Ruhe herrschen. Dagegen wird andererseits weiterhin gemeldet, daß die Gefolgschaft der Truppen für das neue Regime längst noch nicht restlos gesichert sei. Es verlautet nach wie vor, daß eine ganze Zahl von Regimentern, die zu der alten Regierung stehen, im Un mari auf Kowno find. Eisenbahner, die angeblich in Kowno zu der Möglichkeit eines Streifabwehrbeschlusses Stellung nehmen wollten, wurden von dem Militär der Umfturzregierung verhaftet. Auch wird gemeldet, daß zwischen den beiden um die Macht fämpfenden Rechts- und Linksgruppen bereits heftige Kämpfe im Gange find.
Unnötige Sorgen in Paris . Kombinationen über eine Begegnung Stresemanns mit Mussolini .
Paris , 20. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Die Blätter befchäftigen sich heute mehrfach mit den deutsch - italienischen Be ziehungen. Der„ Quotidien" speziell widmet der Zusammen funft, die Stresemann, den italienischen Blättern zufolge, für den 29. Dezember mit Mussolini verabredet hat, einen längeren Artikel. Das Blatt weist darauf hin, daß ohne Zweifel in Deutsch land eine chauvinistische Partei" bestehe, die diese Zusammenfunft wünsche und in jeder Form zu einem Militärabkommen Deutschlands mit dem faschistischen Italien dränge. Es gäbe aber in Deutschland auch eine Partei, die diese Politik verwerfe und von solchen Kombinationen nichts wiffen wolle. Diese Partei habe. so wolle man in Frankreich hoffen, zu der beabsichtigten Reise Strefemanns noch ein Wort zu sagen, und sie werde, so sei man in Paris überzeugt, dieses Wort fagent.
Der Petit Parisien" hat sich in Rom an zuständiger Stelle längere Ertlärungen über das abzuschließende deutschitalienische Abkommen geben lassen. Es ist dem Berichterstatter ausdrücklich betont worden, daß die französische öffentliche Meinung in teiner Weise beunruhigt zu sein brauche. Der Vertrag habe einen ausgesprochen juristischen Charakter und bedeute nur eine Etappe in der Berbesserung der Be= ziehungen zwischen Rom und Beriin. Der Vertrag sei unter teinen Umständen in Berbindung mit den Schwierigkeiten zu bringen, die Italien gegenwärtig in Franfreich habe. Jtalten beabfichtige nur, allgemeine Verträge im Rahmen des Paftes von Lo carno abzuschließen. Wenn auch französischerseits ein solches Abtommen noch nicht bestehe, da der Horizont noch einige schwarze Wolken aufweise, so sei man in Rom überzeugt, daß dies nur vorübergehend sein wird.
Die Meldung des Petit Parisien" aus Rom zeigt, daß man sich selbst dort vor den Folgen sorgt, die ein Besuch Stresemanns bei Mussolini haben müsse. Also sogar der frühere Alliierte Frankreichs muß fürchten, daß seine Beziehungen sich verschlechtern, wenn es zum gegenwärtigen Zeitpunkt fich Rombinationen über sein Zusammengehen mit Deutsch land aussetzt. Trifft das aber für Italien zu, so würde es dopprit für Deutschland zutreffen.
Die Truppenkonzentrationen an der litauisch- pol. nischen Grenze werden fortgesetzt. Der Abmarsch des Militärs aus den Garnisonen erfolgte feldmarschmäßig. Der polnischen Bresse find Meldungen hierüber von der Regierung strengstens unter fagt; im entgegengesetzten Falle droht die Regierung mit der Konfiszierung des Blattes.
Pilsudski konferierte am Sonntag mit dem Außenminister Balesti; das Ergebnis wird geheimgehalten. Er bestellte ferner sämtliche Armeeinspektoren für Montag zum Bericht nach Warschau .
Nachwahlerfolg des nationalen Blocks.
Paris , 20. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Die Reaktion hat gestern einen neuen Wahlfieg im Departement Nievre davon getragen. Der Kandidat des nationalen Blocks ist mit rund 32 000 Stimmen gewählt worden gegen 27 000 Stimmen für den fommunistischen Kandidaten, zu dessen Gunsten der Kandidat des Linkskartells nach dem ersten Wahlgang zurückgetreten war.
Der Prozeß gegen den französischen Unterleutnant Rougier wegen der Erschießung des Emil Müller in Germersheim und weitere Gewalttätigkeiten gegen Deutsche wurde auch am Sonntag fortgefeßt. Im Mittelpunkt standen die eigentlichen Straftaten, die der Antiageschrift zugrundeliegen, die Verlegung von Matthes und der Totschlag an Emil Müller. Die Anflage selbst hat die von Rouzier behauptete Notwehr nicht als wahr angenommen. Unwahrschein lich wird sie auch dadurch, daß Rouzier, als er sich bedroht fühlte, ein französischer Unteroffizier zu Hilse tam und bereits in dichter Mähe war, trotzdem schoß Rouzier. Der Helfer mußte in einem Torbogen Deckung suchen, um nicht selbst der Gefahr einer Berlegung ausgesetzt zu sein.
Einen 3 wischenfall gab es, als aus dem Protokoll der Voruntersuchung festgestellt wurde, daß ein Zeuge namens echter behauptet habe, in der Lage des Rouzier hätte er selbst geschossen. Der Beuge bezeichnete diese Darstellung als falsch, es ist auch mög lich, daß ein Uebersetzungsfehler des Dolmetschers vorliegt, weil diese Aeußerung in einem ganz anderen Zusammenhang gefallen ist. Als der Beuge und der Dolmetscher einander gegenübergestellt wurden, erklärte der lettere, daß er sein Protokoll beschwören wolle. Demgegenüber betonte der Zeuge: Ich habe die Wahrheit gefagt! und brach dann erschöpft zusammen.
Die langen Bernehmungen gehen nun in die Einzelheiten darüber, ob Rouzier sich bedroht fühlen konnte. Wiederholt stehen die Protokolle der Voruntersuchung im Gegensatz zu den Angaben der 3eugen, wie sie bereits durch frühere Veröffentlichungen bekannt find. Es scheint also, daß man die Protokolle nicht sehr gründlich auf gestellt hat oder nicht aufstellen fonnte. Die meisten Bernommenen haben sich auch geweigert, die Berhandlungsprotokolle zu unter schreiben.
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Die Maslow- Gruppe, Maslom, Ruth Fischer , Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden. Ihre Berufung ist verworfen, sie sind auf ewig verdammt. Der Inquisitionsprozeß wird in der Roten Fahne" veröffentlicht. Inquisitor war der Finne Kuusinen , der vor dem Ekki über den Prozeß referierte. Der Prozeß war nicht kurz: ,, Die Kom= mission hat diese Leute viele Stunden lang verhört." Diese Leute das sind die Scholem , Urbahns und Ruth Fischer , einst gefeierte Führer der deutschen Kommunisten, vor zwei Jahren zu Reichstagsabgeordneten gewählt, Fürsten der Komintern . Nun: diese Leute. und bloß, allen Ruhmes bar, als kleine Menschlein vor dem Inquisitionstribunal, den Finnen Kuusinen als Richter vor Brot Mostaus noch schmedt. Ein schlechter Beruf, Berufssich, dem die Gnadensonne Moskaus noch strahlt und das Brot Moskaus noch schmeckt. Ein schlechter Beruf, Berufsrevolutionär zu sein, wenn der Dienstherr unzufrieden ist. Man wird zu leicht aus großen Führern zu diesen Leuten". Diefe Leute wurden also verhört. Maslow war nicht dabei. Kuusinen sagt über ihn:
Nadt
,, Maslow, der Kapellmeister, fehlte. Er hatte
vorgezogen, unter dem Schutz der deutschen Polizei
seine weiteren Anklagen gegen die Komintern auszutüfteln, anstatt feine Politit vor dem Ekki zu vertreten. Bekanntlich hatte sich Maslow schon einmal wegen eines, eines Kommunisten unwürdigen Verhaltens gegenüber der Berliner Polizei vor der Internationalen Kontrollkommission zu rechtfertigen. Sein böses Gewissen hat ihm wohl gesagt, daß man ihm das zweite Mal nicht verzeihen würde. Er hat also wohl llrsachen, eine vollständige Ent. larvung zu fürchten. Wir sagten den Leuten selbstverständlich, daß die Internationale Kontrollkommission ja bloß moralische Mittel befize. Diese antworteten darauf: Wir haben kein Bertrauen zur Sowjetregierung." Golche Kommunisten" wagen es also, gegen den Ausschluß zu appellieren."
Bertrauen zur Sowjetregierung, unbegrenzt und kritiklos, ist also oberste Pflicht jedes Kommunisten. Die Sowjetregierung ist unfehlbar mag mun Lenin, Stalin oder ein anderer den Kurs bestimmen.
Die Inquisition erstreckte sich darauf, ob diese Leute" den richtigen Glauben haben:
Frage: Erkennen Sie die KP D. als eine Kommu nistische Partei im Leninfchen Ginne?
Antwort Ruth Fischers: Wir sind der Meinung, daß die jetzige Führung vom Leninismus abweicht.
Frage: Erkennen Sie an, daß fein Gegensatz zwischen der Sowjetunion als einen Staat der proletarischen Diktatur und der Politit der Komintern besteht?
Ruth Fischer : Wir stehen in dieser Frage auf dem Standpunkt der ruffischen Opposition.
Frage: Erkennen Sie an, daß die Gegenüberstellung der Interessen des Sowjetstaates den Prinzipien des Kommunismus falsch und schädlich ist?
Ruth Fischer : Natürlich.( Heiterkeit.) Frage: Erkennen Sie an, daß der Standpunkt von Koric tonterrevolutionär ist?
Antwort: Diese Frage ist sehr schwer.( Seiterkeit.) Ruth Fischer sagt: Ja, dieser Standpunkt ist reformistisch und liquidatorisch, aber nicht konterrevolutionär. Wir halten den Ausschluß von Korsch nicht für richtig und kämpfen daher gegen alle solche Ausschlüsse.
Der richtige Glauben wurde nicht bekannt, also Verdammnis. Nun ging es um die Unterwerfung:
Frage: Ertennen Sie die Gültigkeit und die Berbindlichkeit des Beschlusses des Etti über Ihre Angelegenheit an, wie er auch ausfällt?
Antwort Ruth Fischers: Wir sind bereit, jede Aktion der Partei zu unterstüßen und mitgumachen, wir werden aber unsere politische Auffassung nicht ändern.
Feststellung des Inquisitionsrichters: Die Ant.
Gaus- Scialoja wiesen wir bereits darauf hin, daß jeder Staat Dortmunder Schulstreik vor dem Abbruch. mert auf die Frage ist weber ja noch nein. Man stellt sich
international anrüchig wird, der sich mit dem Faschismus in politische Vertragsverhandlungen einläßt. Wenn es fich dabei um ein so grundsäglich zu billigenden Bertrag wie einen reinen Schiedsvertrag handelt, so wird man dies im Interesse neuer völkerrechtlicher Bindung für den Augenblic in Rauf nehmen fönnen. Wie bei den politischen Verträgen mit der Sowjetunion wird, wenn es sich wirklich nur um einen bloßen Schiedstertrag mit Italien handelt, das Verständnis hierfür fich international durchsetzen. Etwas ganz anderes aber ist es, wenn die einfache Unterzeichnung eines Bertrages zu einer hochpolitischen Haupt- und Staatsaftion durch die Begegnung des deutschen Außenministers mit dem italienischen Diktator aufgebauscht wird. Es ist dan unvermeidlich daß sich daran Gerüchte über Bündnisverhandlungen und Berab redungen militärischer Zusammenarbeit fnüpfen, die sich schwer zerstreuen und widerlegen lassen.
Die deutsche Außenpolitik würde sich selber ins Gesicht schlagen, wenn sie derartige Pläne verfolgte.
Amtlich wird heute morgen erflärt, daß bisher nur die Tatsache einer Urlaubsreise Stresemanns nach dem Süden feststünde. Reiseziel und Reiseweg lägen noch feineswegs feft. Irgendwelche Ab machungen über cine Begegnung mit Mussolini seien feines pegs getroffen.
Starkes Abflauen der Bewegung.
Dortmund , 20. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Der Schul. streit im westfälischen Industriegebiet steht vor dem Abschluß. Die evangelische Geistlichkeit ist angesichts des allgemeinen Abflauens des Streifs bereit, den Streit abzublajen, nachdem auch der Kultusminister feine Neigung zeigte, in der Frage der Bejezung der Schulratsstelle in Dortmund nachzugeben. Voraussichtlich wird der Streit noch vor den Weihnachtsferien beendet sein.
Die Freigabe deutschen Eigentums. Endgültiger Beschluß im Januar.
Das norbamerikanische Freigabe gefes für deutsches Eigentum, bas das Repräsentantenhaus angenommen hat, wird wahrscheinlich im Januar vom Senat beraten werden und zwar noch in seiner alten Zusammensetzung.
Das beschlagnahmte deutsche Eigentum in der portugiesischen Kolonie Monzanbique soll durch ein portugiesisches Regierungsdefret, das am 21. Dezember erscheinen soll, freigegeben werden. Bei den jezigen unklaren Verhältnissen in Portugal ist das aber noch nicht sicher,
vollkommen taub. Es ist die gleiche Diplomatie, wie schon das letzte erweiterte Effi festgestellt hat.
Frage: Sind Sie bereit, sich allen Beschlüssen der KPD. zu
fügen?
Ruth Fischer : Natürlich.( Heiterkeit.) Feststellung des Inquisitionsrichters: Dies
fagt also die Unterschreiberin des Offenen Briefes . Nicht nur ja,
sondern natürlich". Wir wissen, was für einen Wert dies besigt. Man hat ihnen aus ihren eigenen Schriften be wiesen, daß sie mit Korsch verbündet find.
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Ein echter Inquifitionsprozeß! Delinquent weicht aus also ist er verdammt. Delinquent leugnet also ist die Anklage richtig und er verdammt. Delinquent will sich unterwerfendas ist natürlich gelogen, Beweis feiner Verworfenheit
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er wird verdammt.
Und verdammt werden diese Leute:
Die Kommission hat festgestellt: Diese Leute stehen auf ber anderen Seite der Barritabe. Unsere Kommission versichert die ultralinken Arbeiter der KPD . mit voller Ueberzeugung davon, daß diese Leute völlig unwürdig sind, mit= glieder einer fommunistischen Partei zu sein.
Noch eine letzte Tatsache, die den meralischen Tiefstand dieser Leute zeigt. Am Ende des Verhörs haben sie gedroht, der Partei durch Beröffentlichung von vertraulichem Material zu