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Stimme des beleidigten Rechtsempfindens? Hier ist das Urteil von Breslau . Wird die ,, Tägliche Rundschau" dazu be

fennen:

,, Wer einen Begriff von Gerechtigteit nach deut scher Auffassung hat, der wird das Urteil im Prozeß Ma­giera faum faffen fönnen. Die Berhandlung ergab unzweifel haft, daß Magiera ein Totschläger, wenn nicht ein Mörder war." Bird die Kreuz- 3eitung" schreiben: ,, Solche Urteile liefern Freibriefe für Mörder Und was wird die Deutsche Tageszeitung" fagen, in der man über das Urteil von Landau lesen kann:

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,, Auch dieser Geist ist eine Realität, an der wir jedenfalls nicht vorübergehen werden. Verurteilt aber wurde in Landau gestern die französische Justiz, die sich in all ihrer Er bärmlichkeit vielleicht noch niemals so hüllenlos gezeigt hat." Bird sie diefelbe Sprache gegen jene deutsche Justiz anwenden, die sich im Falle Magiera enthüllt hat?

| unter ganz anderen Berhältnissen verübt wurden, heute ein| fach mit der Elle des Gefeßes mißt, mag für die Justiz etwas Natürliches sein. Für den gesunden Menschenverstand ist es etwas Unerträgliches.

Diese Hochverratsjustiz schüßt nicht den Staat, fie ge­fährdet ihn, weil sie den Arbeitern den Glauben an das Recht nimmt. Die Arbeiter sehen Tag für Tag Klassen­genoffen in das Zuchthaus und ins Gefängnis wandern, weil fie vor Jahren aus unflarem Idealismus verworrenen und unsinnigen Parolen folgten; sie sehen aber auch, daß den Hochverrätern von der anderen Seite der Barrikade, den faschistischen Heldenjünglingen, nur selten ein haar gefrümmt

wird.

Der Fall Magiera ist ein Fall. Täglich werden in Deutschland Urteile gesprochen, die das Rechtsempfinden des Boltes beleidigen, aus parteiischer Gesinnung heraus. Poli- wendung des Hochverratsparagraphen auf neue Fälle- in tische Zwedurteile, geboren aus Raftengeift und Klaffenge­finnung, mit der Spitze gegen das Volk und die Republik . Im Namen des Boltes."

Nein, es ist nicht das deutsche Bolt, das diese Ur­teile spricht! Es ist eine Rafte von Nationalisten und Reaktio­nären, die Prestige über Recht, politische Kameraderie über die Rechtsgüter des Boltes stellen. Wir flagen nicht das deutsche Bolf an ob solcher Urteile mir geißeln sie, damit die Stimme des Bolkes selbst, das Rechtsgefühl des Voltes sich durchsetzen foll in der Rechtsprechung.

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Unsere Kritit geht nicht gegen Landau allein. Fort mit der nationalistischen Schandjustiz- hüben und drüben! Fort mit den Volksverhezern, die heuchlerisch an die Gerechtigkeit appellieren, um die Ungerechtigkeiten des Völkerhaffes zu fördern!

Hochverrateprozesse.

Die Justizmaschine des Reichsgerichts arbeitet. Ende 1923 wurde in ein Pulverhäuschen in Nedar­steinach in Baden eingebrochen und eine größere Menge Schieß- und Sprengpulver gestohlen. Jetzt, nach drei Jahren, verhandelte der 4. Giraffenat des Reichsgerichts gegen neun Kommunisten, die an dem Einbruch beteiligt waren und dann aus den Sprengstoffen Handgranaten hergestellt hatten. Auf die Tür des Pulverhäuschens hatten sie geschrieben: Das Dynamit ist für Rußland !" Im Keller eines der Angeklagten lagerten gestohlene Pulvermengen; später, als die Taftit der KPD - Zentrale sich wieder einmal änderte, wurden die Handgranaien in einen See geworfen.

Begen Borbereitung des Hochverrats, Bergehen gegen das Republitschutzgeseh, Berbrechen gegen das Sprengstoff­gefeß und schweren Diebstahls verhängte der Senat Strafen pon 10 Monaten Gefängnis bis 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus . Das ist eine der Nachrichten, mie man fie in furzen Zeit­ebftänden immer wieder in der deutschen Presse findet. Da fie fich in ödem Gleichmaß wiederholen, findet man sie nicht mehr sensationell. Selbst die kommunistische Presse behandelt fie nur noch in tnappen Notizen.

Und doch ist es höchste Zeit, gegen die Gedanken Tofigkeit diefer operratsjustiz Front zu machen. Denn sie hat, mag fie auch am Buchstaben des Ge­feges fleben, mit wirklicher Gerechtigkeit nichts zu tun und ist, politisch gesehen, direkt unsinnig.

Der Zweck des Hochverratsparagraphen ist, die Staats­ordnung vor gewaltsamem Umsturz zu schüßen. Es ist daher politisch verständlich, wenn dieser Paragraph in 3eiten der Gefahr streng gehandhabt wird. Solche Reiten der Cefahr waren die lezten Monate des Jahres 1923- jetzt find sie längst vorüber. Daß man Taten, die vor Jahren

Schiller- Theater.

( Drei Schwestern " von Tschechow .)

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Biniorta, Biniorta. Die Mädchen, die aus dem heutigen Rußland zu mir zu Besuch tamen, erzählten, daß sie eine Biniorfa feien, zu deutsch : eine Pionierin. Sie wollten damit sagen, daß sie an die Zukunft glauben. Die Lebensfreude gehöre ihnen. Sie fürchteten nicht, eines Tages durch Selbstmord enden zu müssen. Die Lehrer haben ihnen beigebracht, daß jede von ihnen eine Pini­orta sei. Die Lehrer werden von der Staatsräjon zu solchem Opti­mismus gezwungen, mögen sie sich selber auch noch sehr stark vor der Zukunft fürchten. Dech bie fleinen Mädchen, die mir die Hand reichten, fürchteten sich nicht, fie glaubten nur mit aller Inbrunst, daß jede von ihnen wirklich eine Piniorfa sei.

Mie war es einfimals? 25 Jahre ist dieses Tschechowsche Schauspiel von den drei verzweifelten Sd; western alt. Alle Philo jophie und alle Moral des Stückes find entwaffnend und nieder drückend. Nur Berzweiflung, Entjagung und Tränen. Glück, das einstmals fommen fönnie, wird erst in hundert oder zweihundert

Sahren in Aussicht geftellt. Das galt als russische Moral der er lefensten Köpfe vor einem Bierteljahrhundert.

Schwer, undramatisch und trozdem dramatisch aufwühlend, wirken diese Sittensprüche. Jeder Mensch in diesem Moral. und Seelenstüd, jeder Golbat unter der zugeknöpften Uniform, erschließt fich in einer unerschöpflichen Ueberschwenglichkeit der geredeten Beichte. Alle diese Menschen reden unendlich viel, vier Afte lang. Sie reden trotzdem nicht zu viel und nicht zu lang. Denn sie reden das meiste derart, daß es uns alle angeht. Db wir nun Russen sind cder aus anderem Blut.

Bir sind aus anderem Blut. Deshalb waren wir so heftig erschüttert, als vor einigen Jahren Stanislamskis Künstler dieses Schauspiel aufführten. Sogar die ftummen Szenen bewegten fo start, daß man die Tränen nicht zurückhalten fonnte. Eine unter­gehende Menschenklasse innerhalb eines unverwüftlichen Bolles, das man sah, und man weinte vor Trauer, obwohl man gar nicht zur Sache dieser verschwindenden Menschenschicht gehörte.

feit.

Heute, in der deutschen Aufführung, wirkt dieses Stüd nicht mehr so untermühlend und aufwühlend. Es lähmt die Aufmerksam. Es fordert den Widerspruch heraus. Lag es an der Auf­führung, die Jürgen Fehling vorbereitet hatte, und die in bebrückendem Naturalismus Dormarts ging? Die Leistungen waren noch zum Teil vorzüglich Besonders die Frauen, Frau Höflich, Frau 2offen, Fräulein Mannheim und Frau Gerda Müller , vermieden jede falsche Nole der Empfindung. Sie wirk ten trobem oft nur als Virtuofinnen.

Das geschah eben deshalb, meil dieses ganz ruffische Schauspiel niemals vollkommen in das internationale Theater übertragen wer. den fann. Es ist allzu starkes Nationaltheater. Es hängt zu innig mit russischen Schauspielern zusammen, die auch vollkommen russische Menschen sind, herausgewachsen aus dem russischen Boden und ver­hängnisvoll wiederum zurüdftrebend nach ihrer Heimaterde.

Ein Beispiel, das alles beleuchtet: Wenn die Russen diefes Etüd Spielen, stehen am Ende die verzweifelten Schwestern so da,

Nach den Grundsägen einer vernünftigen Rechtspflege dürften die Justizopfer des Jahres 1923 feinen Tag länger in den Gefängnissen bleiben! Man hat in Juristenkreisen gegen zu häufige Amnestien Bedenken- aber welches andere Mittel bleibt, um die durch den maschinenmäßigen Ablauf der Justiz verletzte Gerechtigkeit herzustellen, als die Amnestie? Zunächst aber follte die Reichsanwaltschaft in der An­denen es sich ausschließlich um Meinungs delikte handelt -die allergrößte Borsicht walten laffen. Es geht so nicht weiter, daß bei jeder Gelegenheit der Glaubenssatz herunter gebetet wird, die Kommunistische Partei verfolge als Ziel ben gewaltsamen Umsturz, also sei alles, was mit Kommunis mus etwas zu tun hat, hochverräterisch oder zum mindesten hochverratsverdächtig. Ueber solche Juristenweisheit I acht doch heute jeder politisch Unterrichtete. Die Verhältnisse haben fich feit 1923 gründlich gewandelt, und mit ihnen hat sich die KPD. gewandelt. Sie wird sich nicht mehr so leicht dazu verstehen, den bewaffneten Aufstand zu predigen, seit fie weiß- fie weiß das natürlich troll alles Leugnens daß die deutsche Reichswehr mit russischer Munition schießt. Tragisch ist der Fall des gläubigen Eiferers, der auf das Pulverhäuschen in Nedarsteinach schreibt: Das Dynamit ist für Rußland ." Vielleicht war es aus Rußland ! Es gibt in Deutschland feine fommunistische Umsturz­gefahr". Dafür haben die russischen Munitionsfabriken ge­forgt. Das Reichsgericht braucht sich nicht weiter zu bemühen. Seine Tätigkeit auf diesem Gebiet bringt nur Familien ins Unglüd, dem Staat und dem Recht bringt sie keinen Nußen. fondern nur Schaden. Darum Schluß mit der Hochverrats­juftiz!

$ 218 und das Schwurgericht". Statt einer Milderung eine Verschärfung? Unser juristischer L. R. Mitarbeiter schreibt uns:

Unter dem Druck der öffentlichen Meinung hat der Reichstag im Mai dieses Jahres fich endlich entschließen müssen, den§ 218, die Quelle so großen Unheils für ungezählte Frauen, zu mildern. Ronnte eine Frau, die aus sozialen oder anderen Gründen sich ihrer Leibesfrucht entledigte, auf Grund der alten Fassung dieses Para­graphen bis zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt werden, so sollte fie nach der neuen Faffung des Gefeßes nur eine Gefängnisstrafe treffen. Das entsprach noch lange nicht den Forderungen der prole. tarischen Frauen; es war aber das höchfte, was von diesem Reichs. tag zu erreichen war. Eine Aenderung traf auch die Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Abtreibung. Der Unterschied zwischen Lohn und Freundschafts" abtreibung wurde aufgehoben und an Stelle des be­grenzten Zuchthauses bis zu 10 Jahren stand nur einfach zu lesen: Mit Zuchthaus wird bestraft..." Nach§ 24 des Strafgesetzbuches ist aber das Höchstmaß der Zuchthausstrafe 15 Jahre, wenn, wie es der§ 14 des Strafgesetzbuches fordert, nicht lebenslängliches Zucht haus speziell vorgesehen ist.

Der Gesetzgeber hatte bei der Festlegung des Tertes einen fleinen Umstand außer acht gelaffen, nämlich die Emmingersche Justizreform. Diese hatte die Fälle der Abtreibung von dem ,, Schwurgericht" an das Schöffengericht verwiesen, da letzteres ja nun alle Verbrechen abzuurteilen hatte, die mit einer Zuchthausstrafe von nicht über

daß jede in ihrem Schmerze vereinsamt bleibt. Jede sucht sich mit dem Reste ihrer Kraft ohne Hilfe der anderen ihre Zukunft zu fchaffen. Eine jede der Schwestern ist sichtbar in dieser besonderen Berlassenheit Bei der deutschen Aufführung schmiegen sich die drei Schwestern so aneinander, als wenn eine einzige Tragödie sie ver. bündete. Gegen diesen Einfall des deutschen Regisseurs läßt sich feinerlei Einwand aus fünstlerischer Ursache erheben. Dech man merkt, daß den Deutschen nur der fünstlerische Einfall bewegte, während der russische Regiffeur nur seinem Instinkt und der un­geheuren Empfindung folgte. Bei den Russen das sublimierte Herz, bei den Deutschen das fleißige Gehirn- da lag der Unterschied der Stile. Mar Hochdorf.

Kunstankäufe der Stadt Berlin .

Der Berliner Magistrat lud zur Besichtigung der von der Kunstdeputation( vermutlich vor kurzem) erworbenen Kunstwerke" in der Magistratsbibliothet ein; man mußte fich sputen, die ge­strengen Herren hielten die Kostbarkeit nur einige Stunden eines Nachmittags hin.

non Berliner Künstlern hielten ein ganz refpeftables Niveau von Handwert. Erschreckenden Rückfall in wilhelminische Großspurigkeit zeigten eigentlich nur die 10 000 m. für eine lebensgroß und natur­getret in Del gemalte Bierlöwengruppe von Kuhnert an.

10 Jahren bedroht werben. Nach der neuen Saffung des Gefeges fann aber die gewerbsmäßige Ausführung der Abtreibung durch eine dritte Person eventuell auch mit 15 Jahren Zuchthaus bestraft werden. Folglich ist für diese Sachen das Emmingersche Schwurs gericht" zuständig, das aber in Wirklichkeit nichts anderes ist als ein erweitertes Schöffengericht, bestehend aus sechs Laienrichtern und drei Berufsrichtern. Somit werden auch Frauen, die an sich Abtreibungen vornehmen ließen, bei einer gemeinsamen Aburteilung mit Frauen, die ihnen die Hilfe geleistet haben, vor dem Schwurgericht" erscheinen müssen.

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Vor einigen Tagen ist bereits der erste derartige Fall eingetreten: das Schöffengericht hat sich für nicht zuständig erklärt und die Straf fache an das Schwurgericht" verwiesen. Dadurch entsteht aber für diefe angeflagten Frauen eine Verschlechterung ihrer Lage, die nicht im Sinne des Gesetzgebers sein fonnte. Denn während das Schöffen. gericht noch eine zweite Instanz kennt und diese in der Lage ist, ein allzu hartes Urteil abzuändern die Vorderrichter greifen ja in der Regel allzu gern zu einem härteren Urteil im Glauben, ein Erempel statuieren zu müssen, find die Urteile des Schwurgerichts" end­gültig. In Wirklichkeit bedeuten aber die sechs Schöffen bei den drei Berufsrichtern unter Umständen eine sozial noch weniger vertrauen­erwedende Inftitution als die zwei Schöffen mit den zwei Laien­richtern. Es erscheint daher erforderlich, daß der Gesetzgeber so schnell wie möglich sein Uebersehen gut macht und zu der am Mai erschienenen Strafgesegnovelle eine Ergänzung schafft.

Chinas Schulden beim Völkerbund. Es möchte bezahlen- kann aber nicht ohne Zollerhöhung. Genf , 21. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) China schuldet dem Bölkerbund an rüdständigen Jahresbeiträgen über vier mil. lionen Goldfranten. Das veranlaßte die legte Völkerbunds­versammlung, die chinesische Regierung um Vorschläge zu ersuchen, in welcher Weise sie die Rückstände zu zahlen gedente. Der chin e- fifche Staatspräsident Bai Tschang Bu erklärt nun in einer Antwort, daß die chinesische Regierung die Absicht gehabt habe, die rückständigen Beiträge in die Konsolidierung der nichtgarantierten chinesischen ausländischen Schuld einzu beziehen und den laufenden Jahresbeitrag aus dem Ertrag der 3011. erhöhungen zu bestreiten, die von der Zolltariffommission der Mächte zu genehmigen gewesen wäre. Da die Kommission sich jedoch inzwischen auf unbestimmte Zeit vertagt habe, mache die chineſiſche Regierung nunmehr sowohl für die Rückstände wie für den Beitrag des Jahres 1927 den neuen Vorschlag, den 3olltarif für die Dauer eines Jahres um ½ Proz. zu erhöhen. Allerdings könne dieser neue Zoll erst nach Ablauf des gegenwärtigen Sonderzolls zur Bekämpfung der Hungersnot in Kraft treten. Wann dies der Fall ist, wird in der Antwortnote nicht gefagt. Jedoch wird darauf hingewiesen, daß auch diese Bollerhöhungen von der Genehmi gung des diplomatischen Korps in Pefing abhängig ist. gung des diplomatischen Korps in Pefing abhängig iſt.

Staatssprachenzwang im Gefängnis. Verzweiflungsausbruch der Wilnaer Gefangenen.

Warfchau, 22. Dezember .( EPB.) Nachdem 400 Gefangene des Staatsgefängnisses in Wilna einen mehrtägigen Hungerstreit ver­sucht hatten, ist es zu einer Meuterei gekommen, die nur durch ein großes Polizeiaufgebot, jedoch ohne Anwendung von Schußwaffen unterdrückt werden konnte. Die Gefangenen fordern, daß sie ihre Briefe nicht nur in polnischer, sondern auch in ruffischer, weißrussischer und litauischer Sprache abfassen dürfen, da sie zum größten Teil nur ihrer Muttersprache mächtig sind. Ein Teil der politischen Gefangenen wurde in ein anderes Gefängnis trans portiert. Politischer Einbruch in Warschau.

Warschau, 22. Dezember .( EP.) In die Wohnung des Senators Gaszinsti wurde ein politischer Einbruch verübt. Während die Wertgegenstände unberührt bleiben, entwendeten die Einbrecher aus einer feuerfesten Kaffette politische Dokumente.

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Ein neuer Pawlowa- Abend. Meyer- Helmunds Prima. Dera", mufifalisch schon so wundervoll schmalzig, von glŋzinen­tragenden Jungfrauen in griechischen Gewändern und im alten Ballettstil getanzt, wäre nur dann entschuldbar, wenn die Tänze­rinnen der Pawlowa- Truppe nichts anderes bieten fönnten. Daß sie aber mit Befferem aufwarten und trotzdem solche Geschmadlosigkeit als gleichberechtigt auf ihr Programm stellen, beweist am besten, wohin Ballettkultur führt. Bielleicht das schlimmste Beispiel dafür zeigt die Pawlow a felber. Sie, die echte Kunst schenfen kann, die in

vielen ihrer Tänze wirklich ein Geschöpf aus einem Guß ist, das tanzt, wie es lächelt, und lächelt, weil es tanzt, bringt in einem einaftigen Ballett Amarilla" zuerst einmal alle ihre Zirkus. fünfte, die gewiß in ihrer Art des Beifalls würdig sind, die aber irgendwelchen feelischen Inhalt nicht haben oder haben können. Sie will ihn hineinlegen und macht damit aus einer technisch intereffanten Angelegenheit unerträglichen Kitsch. Aber warum zeigt sie diese Fähigkeiten überhaupt, besonders, da ste fie doch in jedem Tanz ent­middelt? Sie sollte nur tanzen, ohne tragische Boje, mit süßem Lächeln oder leiser Melancholie. Dann wirkt sie wie ein Menschen. munder auf der Bühne, das, losgelöst von aller Schwere, von allen

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Nun aber waren sie da, die erworbenen Kunstwerke, mit gründ- Gesetzen, die unsere Bewegungen hemmen, uns Augenblicke glüd. licher Lieblosigkeit irgendwo hingepappt in die graufige Pseudogotik pollen Staunens schenkt. Dann belebt sie auch ihre Partner, daß fie aus Balletipuppen zu Menschen werden. Freilich ihr ebenbürtig diefer Ratsbibliothek, und, sollte man es glauben, sie enttäuschten angenehm auf den ersten Blid. Delbilber, Aquarelle, Gfulpturen find fie nicht, fönnen sie nie sein. Das Wunder Pawloma ist ein. malig. Ihr Ballettensemble, technisch sehr routiniert, gehört auf eine Revuebühne Die Orientalischen Eindrüde", in einzelnen Teilen die beste Leistung des Ensembles an diesem Abend, bewiesen das am deutlichsten. Die prunfvell getanzte und aus gestattete Hindu Hochzeit" würde dort verdienten Erfolg haben. Außerordentlich anmutig und reizend wirkten die Tänze aus Japan", die dem Ballelt am fernsten standen. In den kleinen rührenden Trippelschritten und den weichen, anschmiegenden Bes wegungen entbedte man sogar etwas, was die Tänzerschar sonst nicht zeigte: Seele.

Sollte sich ein neuer Geist hier melden, wo bisher von Geift überhaupt noch nichts zu entdecken war? Beinahe sieht es so aus, als ob ein sachverständiges Auge und ein funsthändlerischer Kalkül gewaltet hätten, denn auch die Preise waren, mit Ausnahme jenes Löwenschreckens, durchaus angemessen. Allenfalls fonnte man 4000 m für einen Langhammer zu hoch finden, gemessen an den 2500 M. für das Riesenbild der Geschwister Wilfe" von Jäckel.

Dieses Gemälde bildet dann auch den Höhepunkt der Ankäufe in jeder Beziehung. Höher gehts nicht als bis zu Jäckel und Röhricht; es herrschen die Kampf, D. H. Engel, Heilmann und Kanser- Eichberg. Und man muß fragen: was nüßt eigentlich die Sachverständigkeit und die Geschäftsgewandtheit, wenn das Reiultat nichts weiter ist als tüchtiges Handwer? von gestern?

Bielleicht ist es ja heilsamer für die städtischen Kunstsammlungen, menn gute Kampfs drin hängen als schlechte Schmidt- Rottluffs. Vielleicht. Wird aber jemals die Stunde schlagen, wo man hier Willen zur Gestaltung fpürt, eine Energie, die ihre Zeit versteht und die Kunstwerke erwirbt, die das Geficht unferer Epoche darstellen an Stelle von akademischem Mittelmaß?

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Bon hier aus gesehen, von Standort beisen, was verlangt werden fann von einem Museum der Stadt Berlin, die sich sonst foviel auf ihre Modernität zugute hält, stellt allerdings der Kuhnert für 10 000 m den Pferdefuß dar, der aus dem schönen Gewand jener Qualitätsanfäufe als der eigentliche, der befreiende Sinn herauslugt, als die pièce de resistance, die den guten Bürger der Kunstdeputation tröstlich aufatmen läßt und einer unentwegt fort Iwurstelnden Zukunftsmisere versichert. Dr. Paul F. Schmidt.

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Ies.

Die flaotlichen Muleen( Altes und Neues Muleum, Kaiser- Friedrich Museum, Mufeum für Völlerfunde, Sommlung für dentiche Boltsfunde, Reugbaus, Schloßmu'eum und Museum Binz- Albrecht- Straße 7) find am Beihnachtsbeiligabend von 9-1 geöffnet.

In der Gemäldegalerie des Kaifer- Friedrich- Museums wird am 23. eine Ausstellung von Neuerwerbungen der letzten Zeit eröffnet. Es werden bauptsächlich bolländische Meiiter des 17. Kabrhunderts gezeigt, darunter der vielgenannte Hobbema aus früherem Kronbefit.

Eine Morgenfeler seranstaltet der Bezirk 8, Gau Berlin, Deutler Arbeiter Sangerbund, am 26.,( 2. Weitnachtsfeiertag), vormittags

10%, br, in der Philharmonie. Ausisbrende: Carl Jölen von der Staats­oper, Frik Seirer. Drgel, am Flügel Mufifdirektor Wilb. Knöchel, Maffenhor bes 8. Bezirks, Berliner Bolts- Chor und Männerchor Fichte- Georginia". Starten zu 1- M. einichl. Liederterte find an der Kasse erhältlich.

Balleff reit in Warschau. Da der Gemeinderat ie Aussoblung einer Beihnachtsanlane an das Perfonal des Pallets ablehnte, haben die Bullet­damen der Warschauer Oper beschlossen, in den Zanzitreif zu tieten.

Ein Pa'cis der Künfte in ondon. Am Rondone: Themie- Stai fo ein händigs Britisches Balais der Künite errichtet werden. Das Palais foll Räume für Ausstellungen von Gemälden und Efulpturen, ferner ein The ater und einen Konzertianl für Aufführungen lebender Kompon ſten und Autoren enthalten. Die Grundstüde für den Bau sind bereits gesichert.