Erwerbslose, Arbeiter, Angestellte.
Die Regelung der Zulagen in den Ländern.
Die Bewilligung der Notzuwendung für die Reichsbeamten hat zu verschiedenen Vorgängen geführt und manche Probleme berührt, die ernstester Beachtung wert sind. Es handelt sich um den Zufammenhang zwischen der Beamtenbesoldung, der Entlohnung der Arbeiter im öffentlichen Dienst und der Fürsorge für die Erwerbslofen.
Auf Antrag der sozialdemokratischen Fraftion des Reichstags wurden die Reichsarbeiter in die Notzuwendung für die Reichsbeamten mit einbezogen. Auch die Erwerbslosen sind auf Drängen der sozialdemokratischen Fraktion berücksichtigt worden. Gegen den Willen der Fraktion wurden auch die Beamten der Besoldungsgruppen VII bis einschließlich XII bedacht, und zwar stärker bedacht als die Beamten der Gruppen I bis VII.
Verschiedene Länder haben eine abweichende Regelung ge troffen. So hat Ba den den besonderen Frauenzuschlag nicht gezahlt, sondern dafür den Erwerbslosen zu der Reichsunterstützung eine besondere Zulage gegeben. Dagegen stimmten ollein die Kommunisten! Hessen hat die Notzuwendung auf die Beamten der Gruppen I bis VI beschränkt. Bayern hat zwar die Maßnahme für das Reich übernommen, aber vom Reichsfinanzminister fategorisch die Erstattung der Auslagen in Höhe von 4 Millionen Reichsmark verlangt. Und in Mecklenburg find den Beamten der Gruppen VII bis XII lediglich die Frauen- und Kinderzuschläge gezahlt worden.
An sich ist es gewiß unerwünscht, daß die Beamten des Reichs und der Länder unterschiedlich bedacht werden, nachdem sich die grundsätzlich gleiche Behandlung einmal eingebürgert hat. Doch darf nicht übersehen werden, daß eine ganze Reihe von Ländern ihren Beamten erhebliche Bevorzugungen vor den Reichsbeamten sowohl vor Schaffung des Besoldungssperrgesetzes als auch nach seiner Aufhebung zugestanden haben. Eine völlige Gleichstellung wird undurch führbar fein, solange die Länder existieren.
Wenn jetzt nicht alle Länder ebenso wie das Reich vorgegangen find, so geschah dies aus finanzieller Not und weil noch andere Menschen da sind, die noch größeres Elend leiden als die Beamten. Dafür sollten die Beamten Verständnis haben. Mit einer grundsätzlichen unterschiedlichen Behandlung bei der kommenden Neuregelung der Besoldung hat diese einmalige Notzuwendung nichts zu tun, auch wenn sie als Teil der Besoldung anzusprechen ist.
In Mecklenburg ist nun diese anderweitige Regelung der Notzuwendung der Anlaß zu einem Sturm auf die Linksregierung geworden. Die im Mecklenburgischen Beamtenbund( Mitglied des Deutschen Beamtenbundes) organisierten Beamten der Gruppen VII und darüber und der Bund der höheren Beamten haben gegen die Linksregierung eine heftige Agitation ent
faltet. Beauftragte dieser Beamtenbünde reiſten im Lande umher und hielten in Versammlungen, die vom„ Mecklenburgischen Beamtenbund"," Deutschen Beamtenbund" und dem Landesverband des Reichsbundes der höheren Beamten" einberufen waren, Protest reden. Das Motto der Versammlungen war:„ Das Haus brennt!" Man forderte die Reichsregelung und sprach von Antaftung des Gerechtigkeitsgefühls".
Es gibt auch andere Beamte. So hat eine Landeskonferenz der soziaästischen Beamten Badens die Maßnahmen der badischen Regierung mit allen gegen eine Stimme ganz ausdrücklich gut geheißen. Diese eine Stimme war die des Geschäftsführers des Deutschen Beamtenbundes in Baden.
In Mecklenburg ging der Ruf der Beamten nach Einberufung des Landtages, der, darüber konnte sich kein Mensch im unflaren sein, eine andere Regelung der Notzuwendung beschließen und dadurch die republikanische Linksregierung ftürzen sollte! Die Deutschnationalen und die Deutsch - Bolksparteiler haben diesen Ruf
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nur zu gerne aufgegriffen. Der Landtag hat getagt, und Regierung ist nicht gestürzt. Es verbleibt bei ihrer Maßnahme.
Es ist richtig, daß eine Beamtenbesoldung nicht Erwerbslojen fragen zur Grundlage haben kann. Ebenso wie bei Tarifverhand: lungen im Privatbetrieb muß für die Bemessung der Entlohnung des Beamten, auch dessen Leistung maßgebend sein. Grundfalsch ist es abe:, wenn der Deutsche Beamtenbund in seinem Organ erklärt, „ daß die Frage der Sozialrentner und die Erwerbslosenfrage mit der Beamtenbesoldung nichts zu tun haben". O ja, diese Fragen haben mit der Beamtenbesoldung erheblich zu tun, wie die Vorgänge bei der Notzuwendung bewiesen haben. Denn so sehr auch die Leistung des Beamten bei der Bemessung der Besoldung berücksichtigt werden muß,
die Beamtenbesoldung findet ihre natürliche Grenze an der finanziellen Ceiflungsfähigkeit des Reichs und seiner Pflicht, nicht Millionen von Volksgenoffen verhungern und verkommen zu laffen.
Solange öffentliche Mittel zur Linderung der unsagbaren Not der Erwerbslosen, der Klein- und Sozialreniner in Anspruch genommen werden müssen, wird und fann es nichts anderes geben, als daß auch bei der Bereitstellung von Mittein für die Besoldung der Beamten hierauf Rücksicht genommen werden muß. Kein Finanzminister, ganz gleich, von wo er kommt, würde anders handeln können; er würde, wenn er es nicht wollte, vom Reichstag dazu
gezwungen werden.
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Wenn der Deutsche Beamtenbund glaubt, daß nach seinem Organ bei einer Behandlung des Besoldungsproblems die erste Frage niemals lauten darf: welche Mittel stehen für eine Er höhung der Beamtenbezüge zur Verfügung", und wenn ein Redner des Deutschen Beamtenbundes in Mecklenburg jagte:„ Die Er tlärung, es ist kein Geld da, fann bei uns nicht mehr verfangen," so. zeigen diese Aeußerungen von einem solchen Mangel an staatspolitischer und sozialer Einsicht, daß man darüber nur den Kopf schütteln kann. Die Dedungsfrage ist mit solchen Redensarten nicht gelöst.
Der Lohnkampf in der Textilindustric.
Nach der Verbindlichkeitserklärung.
Die Textilarbeiter haben in den lezten Wochen in Thüringen , Sachsen , im Rheinland und in der Lausis Lohntampfe durchgeführt, in denen große Arbeitermassen in Bewegung waren und die Frage entstand, ob nicht durch Gewaltmaßnahmen der Unternehmer große Teile der Tertilwirtschaft zum Stillstar ges bracht werden. In Thüringen waren bereits 26000 Tertit. arbeiter durch die Unternehmer ausgesperrt worden, obwohl das Enigungsverfahren noch nicht zum Abschluß gebracht worden war. In Sachsen famen über 200 000 Textilarbeiter in Betracht, die, wenn es hart auf hart ging, auf die Straße getommen wären.
In
Was war die Ursache dieser gewaltigen Lohnkämpfe? Thüringen sowie in Sachsen waren noch die Löhne, die im August 1925 durch Schiedsspruch festgelegt worden waren, in Geltung. Diese Schiedssprüche hatten damals schon starten Widerspruch bei der Arbeiterschaft gefunden, weil sie nur eine minimale Lohnaufbesserung für die Zeitlöhne brachten, und die Afford arbeiter, ungefähr 60 bis 70 Pro3. der Arbeiterfchaft, leer ausgingen. Die Arbeiterschaft nahm damals mit großem Widerwillen die Schiedssprüche an, in der Hoffnung, fie
bald durch eine Neuregelung forrigieren zu können. Diese Hoffnung
ging leider nicht in Erfüllung, da die kurz nach Weihnachten 1925 einsetzende Krisis jede Aussicht auf eine günstige Durchführung einer Lohnbewegung illusorisch machte. In Thüringen roar der Tarif feit Februar 1926 abgelaufen und kein neuer wieder zum Abschluß gekommen. In Sachsen galten die Löhne vom August 1925. Die Arbeiterschaft war also gezwungen, über ein Jahr zu außerordentlich niedrigen Löhnen zu arbeiten, die in der Spitze 53 bis 54 Pfg. pro Stunde betrugen, wozu noch 10 bis 20 Broz. Affordzuschlag hinzufam. In dieser Zeitspanne find die Lebens mittel und Mieten start gest tegen. Es ist deshalb verständlich, daß die Arbeiterschaft bestrebt war, burch höhere Löhne einen Aus. gleich für die verteuerte Lebenshaltung herbeizuführen. Beachtung verdient dabei noch, daß die Arbeiter durch Einführung neuer Maschinen zum Teil beträchtlich mehr leisten müssen als vor Abschluß der Lohntarife vom August 1925. Angesichts dieser Tatsachen war das Verhalten der Unternehmer, die jede Lohn haben eben wieder einmal der Welt gezeigt, daß ihnen jede Lohnaufbesserung ablehnten, um so unverständlicher. Die Unternehmer ausbesserung, und wenn sie noch so berechtigt ist, abgerungen
werden muß.
Das Ergebnis der Schiedssprüche, die durch die Ver bindlichkeitserklärung durch das Reichsarbeitsministerium den Wirtschaftsfrieden zwischen den streitenden Parteien hergestellt haben und die eine Lohnausbesserung von 6 bzw. 6½ Proz. vorsehen, wird in feiner Weise den Ansprüchen der Arbeiterschaft gerecht; schon nicht im Hinblick auf die Löhne, die in anderen Jr duſtric zweigen gezahlt werden und die ebenfalls unter Berücksichtigung der Gesamtwirtschaft festgelegt worden sind. Wenn für die Höhe des
Lohnes die Verhältnisse der Gesamtwirtschaft maßgebend sein sollen,
dann müßten die Löhne der Textilarbeiter wesentlich höher stehen. Denn die Textilindustrie gehörte in den letzten Jahren zu den
Ein weiterer grundlegender Irrtum ist es, anzunehmen, daß cine Trennung der Frage der Beamtenbesoldung von der Frage der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten möglich sei. Wer diese Trennung fordert in der Hoffnung, babei eine beffere Besoldung der Beamten zu erreichen, übersieht, daß die Arbeiter und Angestellten bei gleicher Dienstleistung selbstverständlich den Anspruch auf die gleiche Entlohnung haben wie die Beamten. Auch ist es gar nicht zu vermeiden, daß zwischen der Besoldung der Beamten und der Entlohnung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst und in den privaten Betrieben Vergleiche gezogen werden. Dies ist immer gemacht worden, auch schon unter dem Kaiserreich. Es muß ja schließlich eine Basis gefunden werden, auf die die Besoldungsstala aufgebaut werden kann. Dies geschieht eben durch das Vergleichen. Auch hieran tommt fein Finanzminister vorbei, ganz gleich, von wo er her iſt. Oder, der Reichstag und die Gewerkfchaften aller Richtungen würden ihn dazu zwingen. Mit einer ,, unpolitischen" Beamtenschaft- der sehnlichste Wunsch der Deutschnationalen, die sich unter dem Deckmantel angeblicher Neutralität von Drahtziehern der Rechten gegen lingsgerichtete Kabinette mißbrauchen läßt, ist der Republit nicht gedient. Ebensowenig fönnen die breiten Massen der republikanisch gefinnien Arbeiter und Angestellten einer Beamtenschaft gewogen fein, die auf sie um egoistischer Ziele willen feine Rücksicht nimmt, und nur dann geneigt ist mit ihnen zu marschieren, wenn dies den Beamten zum Borteil gereicht. Wo der Feind der Beamten sitzt, haben sie in den letzten Jahren zur Genüge erfahren und es tausendmal in ihren Fachzeitschriften ausgesprochen. Das sind die großkapitalistischen Wirtschaftsfreife! Sie sind der gemeinsame Feind der Arbeiter, Angestellten Wolffmeldung veröffentlicht, wonach der Schiedsspruch für den
die und Beamten.
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Willy Steintopf, Oberpostinfpeftor.
Handwerkskammer und Handwerksjammer. faal von Versailles , als der Kaiser den Mann, dem er alles zu ver
Reaktionäre Umtriebe.
Vor furzem ging durch die reaktionäre Presse eine denunziatorische Notiz gegen ein Lesebuch für junge Handwerker", das von der badischen Handwerkskammer herausgegeben wurde und angeblich keizerische Ansichten gegen die Götzen der Reaktion enthalte. Diese Notiz verursachte Aufregung bei allen, die das Handwerk" am liebsten in die Zeiten eines Hans Sachs zurückschrauben möchten. Wie sie auf die bloße Andeutung, es fönnte einer ein Republikaner werden, reagieren, zeigt folgendes Rundschreiben der Harburger Handwerkskammer , das uns auf den Redaktionstisch fliegt:
Handwerkskammer zu Harburg Igb. Nr. I 16 674. Rundschreiben Nr. 191.
An die Handwerksämter im Rammerbezirf und an die Kreishandwerkerbünde in Bevensen und Harburg. In Nr. 576 der„ Berliner Börsenzeitung" vom 10. d. M. befindet sich ein Artikel überschrieben„ Moderne Geschichtsschreibung ", im dem gegen das angeblich von einer füddeutschen Handwerkstammer herausgegebene Lesebuch für junge Handwerte polemiſiert wird. Es wird in diesem Artikel der schwerwiegende Vorwurf erhoben, daß diese Handwerkskammer den Sozialisierungsge danken in ihrem Schrifttum vertrete, und damit in Widerspruch mit der Wirtschaftseinstellung gerät, die sie grundsätzlich haben sollte. Wir haben die Richtigkeit dieser Ausführungen geprüft und konnten feststellen, daß dieses Lesebuch für junge Handwerker im Auftrage des badischen Handwertstammertages von dessen Geschäftsführer Herrn Karl Haußer herausgegeben worden ist. Die von der Berliner Börjenzeitung" gemachten Mitteilungen entsprechen leider der Wahrheit.
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Von Friedrich dem Großen wird grundsätzlich nur als Friedrich dem zweiten gesprochen. der gern seidene Kleider trägt und Weibergeschichten hat. Sein Vater, Friedrich I., ist ein Rohling, dessen Politik den Horizont eines Kleinbürgers hat. Bismard wird als ein Mann dargestellt, der in jeder Hinsicht Autodidakt ist. Es werden bei der Schilderung seiner Persönlichkeit folgende Worte geprägt:„ Nur mit dem Kabinettsrevolver in der Hand, d. h. der Drohung, seine Entlassung zu fordern, ringt er dem König, der wie Bismard einmal im vertrauten Gespräch fagt, die politischen Ansichten eines Quartaners hat, notwendige Entschlüsse ab. Der Helbentaifer ist alles andere als ein Heldenfaiser. In den größten Situationen reines Herrschertums läßt er feinen Kanzler im Stich, in Nifolsburg, ais Bismard die Demütigung Desterreichs verhindert, im Spiegel
Industrien, die die günstigsten Gewinne abgeworfen haben. Leider ist von den Schlichtungsbehörden diese Tatsache nicht genügend beachtet worden. In der Textilindustrie wurden in den ersten Nachkriegsjahren Löhne gezahlt, die sich von denen in anderen Industrien kaum unterschieden. Erst bei der Markstabilisierung bltében die Löhne zurück. Die Schlichtungsbehörden haben vielfady der Tertilarbeiterschaft nicht nur die Löhne, sondern auch den Achtstundentag verfümmert.
Die Zwölfftundenschicht verbindlich. Aber nicht die Untersuchung auf Beseitigung.
In unserer heutigen Morgenausgabe haben wir bereits die Mitteldeutschen Braunkohlenbergbau vom Reichsarbeitsminister für verbindlich erklärt worden ist. Diese Meldung ist, wie wir inzwischen festgestellt haben, irreführend. Der Reichsarbeitsminister hat nur einen Teil des Schiedsspruches für perbindlich erklärt und zwar den zweiten Teil, der mit ganz geringfügigen
danken hat auf provolanteste Weise schneidet, weil er mit dem Titel Abänderungen die bisher geltende Arbeitszeit bis zum 1. April " Deutscher Kaiser" nicht zufrieden ist.
ein uneingeschränktes Lob für seine Persönlichkeit, seinen Charakter und seine Taten zuteil. Hier findet man u. a. folgenden Satz: Bevor das Bolt noch für ihn sprechen kann, greift der Tod nach ihm, er muß fich operieren laffen, der Körper ist nicht mehr widerstandsfähig. 2m 26. Februar 1925 verläßt er diese Erde und nun geschieht etwas ganz großes, der Planet hält für einen Augenblick den Atem an, Deutschland fühlt, bis auf die, die niemals eine Leistung an sich zu ehren verstehen werden, was es an diesem Mann verloren hat und das Ausland bestätigt es Deutschland , indem es diesem Sattler das beste nachruft, was ohne jeden diplomatischen und zeremoniellen 3wang jemals einem Politiker über das Grab nachgerufen worden ist."
aufrecht erhält.
Den ersten Teil des Schiedsspruches, der ausdrücklich ausspricht, daß die Verkürzung der Arbeitszeit erwünscht ist und feftfeßt, daß eine Kommission einzusetzen ist, die bis zum 15. März 1927 Bericht zu erstatten hat und die technischen Möglichkeiten über die Verfürzung der Arbeitszeit untersuchen soll, diesen Teil des Schiedsspruchs hat der Reichsarbeitsminister nicht für verbindlich erklärt.
Hier ist zunächst die Frage zu stellen, ob eine derartige Ber bindlichkeitserklärung, die willkürlich einen Teil des Schiedsspruchs wegläßt, rechtlich überhaupt zulässig ist. Aber ganz abgesehen von der juristischen Frage, ist es sehr bezeichnend für die Auffassung, die heute noch im Reichsarbeitsministerium über den Achtstundentag herrscht, daß der Reichsarbeitsminister den traurigen Mut gefunden hat, einen Schiedsspruch für verbindlich zu erklären, der die Arbeiterschaft zwingt, zwölf Stunden zu arbeiten und ihnen die Mög
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Bei nähere Durchsicht des Abschnittes„ Um Deutschlands Schicklichkeit nimmt, sich gegen diese Sklaverei zur Wehr zu setzen. fal", worunter acht kleine Bildnisse deutscher Männer gegeben werden, wird man zu der flaren Erfenntnis gelangen, daß die Handwerkerjugend durch diese Schilderung im politischen Sinne beeinflußt werden soll.
Wir warnen daher dringend vor dem Ankauf dieses Buches und find sofort an den deutschen Handwerks- und Gewerbekammertag herangetreten, damit durch diesen eine entsprechende Erwiderung an die„ Berliner Börsenzeitung" gerichtet wird. Sofern der Kammertag unserer Bitte nicht nachgibt, werden wir von uns aus an die Schriftleitung der Berliner Börsenzeitung" herantreten, um in aller Oeffentlichkeit darzutun, daß wir uns mit dem Inhalt des recht fragwürdigen Buches nicht einverstanden erklären können. Handwerkskammer zu Harburg
W. Lampe, Präsident.
Stadler, Synditus.
Von Sozialisierung" ist in dem langen Geheimschreiben der Harburger nun beim besten Willen nichts zu spüren. Aber daß in einem Lesebuch für junge Handwerfer in einer Republik die Wahrheit über monarchistische Halbgötter gesagt wird, bringt den Kalt zum Sieden. Und gar, daß in einem solchen Lesebuch über einen aus dem Handwerkerberuf hervorgegangenen großen Polititer, wie Ebert, lobendes gefagt wird, ist für die Leute von gestern revolutionäre Tat. Deshalb warnen sie vor einem Buch, das eine ihrer verwandten Berufsorganisationen amtlich herausgegeben hat.
Und der preuKleingeisterei in amtlichem Gewande! Und der preuBifche Staat zahlt den Handwertstammern mit solchen Anfichten, wie der Harburger , fräftige Unterstügungsfummen!
Gewiß kommt die Rote Fahne" hier dem Reichsarbeitsminister insofern zu Hilfe, daß sie erklärt, die Gewerkschaften hätten durchaus die Möglichkeit, einen Kampf geger einen verbindlich erklärten Schiedsspruch zu führen. Das kann das Bolschemiſtenblatt seinen Lefern erzählen. Der Reichsarbeitsminister und die Gerichte wissen es beffer. Die Gewerkschaften haben weder die Möglichkeit, bei einem für verbindlich erklärten Schiedsspruch ihre Mitglieder zu unterstützen, noch sonst irgendwelche Kampfmaßnahmen zu treffen. Benn eine Gewerkschaft ihre Mitglieder auch nur auffordert, die Arbeit niederzulegen, um die Erfüllung des Schiedsspruches zu ver Gewerkschaft für den den Unternehmern entstandenen Schaden hafthindern, so würde das jedem Gericht vollkommen genügen, um die pflichtig zu machen.
Gewiß kann keine Verbindlichkeitserklärung die Arbeiter be hirdern, nach achtstündiger Arbeitszeit ihre Arbeitsstätten zu vers laffen. Die Folge würde aber zweifellos die Entlassung dieser Arbeiter sein. Es würde zu einem Kampf fommen, bei dem der Gewerkschaft die Hände gebunden wären und die Arbeiter ohne den Rüdhalt der Organisation dastehen würden. Wie ein solcher Kampf ausgehen muß, liegt auf der Hand. Der Roten Fahne" mag ein solcher Ausgang höchst gleichgültig sein. Die KPD. operiert ja mit Borliebe mit den„ revolutionären Unorçarisierten". Das ist das richtige Menschenmaterial für Moskau .
Bir aber, die wir nur Vertrauen haben in den organisierten Rampf der Arbeiterschaft, erheben den schärfsten Protest gegen die Parteinahme des Reichsarbeitsministers, der einen Schiedsspruch für verbindlich erklärt, der die jetzt gültige Arbeitszeit um weitere drei Monate verlängert, von dem Schiedsspruch aber gerade den Teil. ausnimmt, der die Bertürzung dieser Arbeitszeit in den Bereich der Möglichkeit zieht.