Nr. 644. Jahrg.in Ausgabe A nr. 4
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Mittwoch, den 5. Januar 1927
Briands Vorstoß.
0.18
Räumungsfrage und deutsche Regierungskrise.
Baris, 4 Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Ministerrat, der am Dienstag flattfand, hat Briand nicht An dem feilgenommen. Es unterblieb deshalb eine Aussprache über die auswärtige Bolifit, wie fie fonft üblich ist. Der Tatsache, daß Briand über eine Woche, alfo bis nach den Senatswahlen, von Paris abwesend ist, wird jeht auch in den politischen Kreisen im Zusammenhang mit den Erklärungen, die er dem„ Matin" abgab, und die in den Regierungstreifen lebhafte Beunruhigung hervorgerufen haben, eine gewisse Bedeutung beigelegt. Briand fchein! abwarten zu wollen, ob die Senatswahlen eine Stärfung der Linken des Senats bringen und damit feine Stellung im
Kabinett stärken.
Daß die Partelen der Linken gewillt find, Briand and feine Politif weiter zu unterstüßen, beweist ein Artikel des„ Quofidien", in dem unumwunden und zum ersten Male la der nichtfozialistischen Preffe zugegeben wird, daß die Fortsehung der Rheinlandbefehung sich mit dem Geifte von Locarno nicht vertrage Das Blatt betont, daß die französische Demokratie fich jedoch zu einem Schriff wie dem der Räumung der befehten Gebiete nur bereiterklären könne, wenn sie jenseits des Rheins den gleichen Berföhnungswillen feststelle. Falls die gegenwärtige Regierungsfrise in Deutschland ein reaktionäres kabineft ans Ruder brächte, wäre diese Bedingung nicht erfüllt, und die franzöfifche Regierung würde ihm mit Recht ein solches 3ugeständnis verweigern, das sie einer frethettlichen Regierung gerne
machen würde.
Die Forderung Briands nach einer großen Aussprache über seine Außenpolitif iff angesichts dieser begrüßenswerten Schwenkung bel den Radikalsozialisten, die der„ Quotidien" verfriff, deshalb sehr verständlich. Poincaré läßt deshalb am Dienstagabend durch die Blätter verkünden, er werde sofort nach dem Biederzufammentritt der Kammern die Berafung der Heeresreform und anderer Borlagen, darunter der eines neuen Follfarlfes, vornehmen laffen. Die Krise bleibt danach vorläufig noch in der Schwebe, fie dürfte aber wahrscheinlich schon im
deutsche Politik zurückzuweisen, benutten sie sie als Argument fernt, folche Aeußerungen als unzulässige Eingriffe" in die zugunsten ihres Kanzlerkandidaten.is
französische Regierung in offizieller Form auf die Lösung Eine Einmischung würde nur dann vorliegen, wenn die der deutschen Regierungstrije Einfluß zu nehmen versuchen würde. Das ist in feiner Weise geschehen. Andererfeits fann man es feinem ausländischen Blatt vermehren, auch wenn es mehr oder minder offiziös ist, seine Ansichten über die außenpolitischen Folgen einer Regierungsbildung in diesem oder jenem Sinne zu äußern. Dieses Recht nehmen und wohl ebenfalls die Hugenbergpresse Doll in Anspruch, wenn anderswo Regierungsfrisen ausgebrochen find.
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Bon den Geschehnissen des öffentlichen Lebens in Deutschland berühren teine in solchem Maße die innere fein ernsthafter Bolitiker der Reichswehr als Werkzeug der Bolitit unseres Landes wie die Borgänge, die mit der Reichswehr zusammenhängen. Im Ausland wird eine der Grundlagen der tatsächlichen Macht. äußeren Politik Bedeutung beimessen, aber innenpolitisch ist ein glänzend ausgerüstetes Heer von hunderttausend Mann Um die Reichswehr ist jetzt ein politischer Kampf entbrannt, heftiger als je in den Jahren zuvor. Dieser Kampf wird auch auf die kommenden Etatsberatungen sich erstrecken. Denn bei der Be ratung des Nachtragsetats für 1926 ist offen zutage getreten, ratung des Nachtragsetats für 1926 ist offen zutage getreten, daß im Reichswehrministerium hinter der demokratischen Ruliffe des Herrn Dr. Geßler von unverantwortlichen Kräften aus dem Offiziertorps versucht wird, den Reichstag zu Die Nachtausgabe bringt in ihrer Balfenüberschrift intergehen, so daß es zur Pflicht geworden ist, schärf zum Ausdrud, daß der Suotidien mit seinem Artikel tes Mißtrauen gegen Angaben des Wehrminifteriums zu Hilfe für Briand in Berlin " fuche. Denn Briand Der Haushalt des Reichswehrministe= stehe im schweren Kampf mit Poincaré und hoffe auf eine riums für 1927 zerfällt, mie in den früheren Jahren, in Stärkung seiner Stellung durch die Bildung einer Links- vier große Abschnitte, Reichswehrminister, Heerwesen, nicht regierung in Deutschland . Wenn dem so ist und wir zu den Streitkräften gehörende Heereseinrichtungen, Marine. find die letzten, die das bestreiten werden dann ergibt sich wie alle übrigen Haushalte ist er in den ordentlichen und die Konsequenz von selbst: Da Deutschland im Intereffe einer außerordentlichen Etat gegliedert. Der ordentliche Etat wieder früheren Rheinlandräumung nur wünschen kann, daß nicht so Poincaré , sondern Briand die Oberhand behält, jo tönnen derfällt in die fortdauernden und in die einmaligen Ausgaben. Die Gesamtausgaben im ordentlichen nur die, die Poincarés Sieg erfehnen, die Bildung eines Haushalt machen aus: bei den fortdauernden Ausgaben rechtsorientierten Kabinetts in Deutschland wünschen. Wir wünschen den Sieg Briands. Aber die Deutsch fionen, insgesamt also 645,9 millionen. 572,2 Millionen, bei den einmaligen Ausgaben 73,7 Milnationalen wünschen den Sieg Poincarés. Ihnen sind eben die Ministerportefeuilles wichtiger als die Rheinlandräumung. illq si tolador d Sozialistische Disziplin bei den Senatswahlen.
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Paris , 4. Jamuar.( Eigener Drahtbericht.) Der Führer der so zialistischen Rammerfrattion 2éon Blum hatte die sozialistischen Senatswahl männer von Paris und Umgebung für Dienstag zu einer Aussprache zusamunenberufen, wobei er fie nochmals Laufe der nächsten Wochen schärfere Formen annehmen. fozialistische Wähler müsse beim ersten Wahlgang für die sozia zu strenger Einhaltung der Parteidisziplin aufforderte. Jeder listische Liste und im zweiten Wahlgang für die Kartellifte, wo eine solche mit den anderen Linksparteien aufgestellt ist, ftimmen. Der Parteivorstand hat den füdfranzösischen Abgeordneten Bayra aus der Partei ausgeschlossen, meil er, entgegen der Parole des Nationalrats, in seinem Departement( Oftpyrenäen) dafür eingetreten ist, daß die Sozialisten gleich beim ersten Wahlgang gemeinsam mit den Radikalen vorgehen.
Die oben wiedergegebene Aeußerung des Quotidien" deckt sich dem Sinne nach mit Wendungen, die seit Ausbruch der deutschen Regierungskrise in allen französischen Linksblättern erschienen sind. Noch nie ist allerdings in so beut licher Form die Räumung der befegten Gebiete als eine notwendige Folge der Locarno Politit bezeichnet worden. Zugleich aber wird in scharf pointierter Form die französische Bereitwilligkeit zur Räumung von dem fünftigen Kurs der Reichspolitit, also von der bevorstehenden Lösung der Regierungsfrise abhängig gemacht.
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Mißtrauensvotums des Landtags zurückgetretenen Falt ernannt. Schwellnus hat bisher zwei neue Landesdirektoren ernannt, und amar den bisherigen Landesdirettor Borchert und den Kaufmann 53 esfleba. 3mei weitere Direktoren sollen die Parteien der Einheitsfront des Memellandtages vorschlagen.
Memel , 4. Januar. ( WTB.) Wie zuverlässig bekannt wird, hat Dieser Artikel des Quotidien", dessen Bedeutung, wie der Gouverneur des Memelgebiets unter Nicht beachtung von in unserem Bariser Telegramm mit Recht hervorgehoben Vorschlägen der Landtagsparteien Oberstaatsanwalt Schwellnus wird, dadurch erhöht wird, daß er in offenkundigem Zu- zum Präsidenten des Landesdirektoriums an Stelle des infolge des wird, dadurch erhöht wird, daß er in offenkundigem Zufammenhang mit dem auffehenerregenden Neujahrs- Mißtrauensvotums vorstoß von Briand steht, spricht eigentlich nur das aus, was alle republikanischen Parteien Deutschlands längst erkannt haben: daß nämlich eine erfolgreiche Fortsetzung der Politik von Locarno und Thoiry durch eine deutsche Rechtsregierung ausgeschlossen ist. Das hat schon bald nach dem Surz der Regierung Marg die ,, Germania " zum Ausdrud gebracht und es sogar als entscheidendes Argument gegen die Bildung des Rechtsblodes angeführt. So wird man sich nicht wundern dürfen, wenn hier im Hinblick auf die Aussichten einer früheren Rheinlandräumung die Bürgerblockpläne als objettiver Landesverrat bezeichnet wurden. Briands Borstoß und die daran ge= knüpften Pariser Kommentare stellen die beste Bestätigung dieser Kennzeichnung dar.
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Den Rechtstreifen sind diese Aeußerungen der fran zösischen Linfen außerordentlich fatal. Bisher hofften fie nämlich, daß es denen um Loebell und Westarp gelingen würde, dem Reichspräsidenten einzureden, daß es für die zufünftige Entwicklung der europäischen Bolitif ganz gleich gültig fei, wer in Deutschland regiere. Das ist ihnen jetzt nicht mehr möglich. Wenn Hindenburg seine Entscheidung trifft, dann tut er es nunmehr in voller Kenntnis der außenpolitischen Folgen seines Beschlusses.
Die Hugenbergsche Nachtausgabe" versucht diefen Schlag dadurch zu parieren, daß sie den Artikel des Quotidien als einen Eingriff in die deutsche innere Politie" hinstellt. Uns ist in Erinnerung, wie die Hugenbergblätter nach den Maiwahlen von 1924 englische PresseStimmen, die einer Kanzlertandidatur Tirpig nicht unfreund lich gegenüberstanden, mit großem Wohlbehagen abdrucktert. Damals waren sie nicht fo gimperlich und, weit davon ent
Konzentrationslager für Kommunisten!
Memel , 3. Januar. ( RD.) Nach einer Meldung der offiziösen litauischen Telegraphenagentur ist in Borny ein Konzentrationslager für Kommunisten errichtet worden. Dort werden alle untergebracht, welche die( Putsch-) Ordnung des Staates und die Ruhe der Bevölkerung stören.
Pressezwang.
Königsberg , 4. Januar. ( WTB.) Auf Grund von umlaufenden Gerüchten, daß das Landesdirektorium den Beamten nur einen Teil ihrer Gehälter werde auszahlen können, da wegen Ausbleibens des Finanzanteils aus Kowno , den das Memelgebiet ous den Einnahmen für Zölle, Monopole und Akzisen zu erhalten hat, die Rassen leer feten, bat die Redaktion der Memell. Rundschau" das Landesdirektorium um Aufklärung. Ihr wurde mit geteilt, daß das Landesdirektorium eine Auskunft hierüber ab lehne und beschlossen habe, der„ Memell. Rundschau" teinerlei amtliche Nachrichten mehr zukommen zu lassen. Der Militärtommandant von Hendefrug, unter dessen 3ensur das Blatt steht, hat durch den litauischen Gouverneur die Anweisung erholten, jede Melhung hierüber zu unterbrüden.
Steine geworfen haben follen, mi: bem Bajonett attadiert und 3n Hantau haben englische Matrofen chinesische Stulis, die mehrere verlegt. 20 Matrosen sollen durch Steinwürfe verwundet morben fein.
haben.
find( Einnahmen aus Dienstgrundstücken, Verkauf unbrauch Da die Einnahmen des Wehrministeriums mur gering barer Geräte usm. im ganzen 10,7 Millionen), beträgt der Zuschuß beim ordentlichen Haushalt 635,2 Millionen Mart. In der Höhe der fachlichen Berwaltungskosten marschiert der Wehretat, wie im Vorjahre, weitaus an der Spige aller anderen Reichsverwaltungen; in der Höhe der persönlichen Ausgaben wird er nur vom Reichsfinanzministerium übertroffen.
des Behrministeriums tritt dann noch für 1927 der Zuschus Zu dem angeführten Zuschuß beim ordentlichen Haushalt beim außerordentlichen Haushalt mit 61,7 millionen, so daß der Gesamtzuschuß beim ordentlichen und außerordentlichen Haushalt 697 millionen beträgt. Dieser Gesamtzuschuß ist von 1926 auf 1927 um 32,2 Millionen, von 1925 auf 1926 um 110,8 Millionen, von 1924 auf 1925 um 103,8 millionen gestiegen. In den drei Jahren seit 1924 sind also die Kosten des Wehrministeriums um 246,8 millionen, d. h. um einen Betrag angewachsen, der um mehr als 50 Millionen höher ist, als die gesamten inneren Kriegslasten Deutschlands in 1927 und fast 30 Proz. der Reparationszahlungen beträgt, die aus dem Etat von 1927 aufzubringen sind.
Heer in 1927 aus 3798 Offizieren, 20 671 UnterNach den Mitteilungen des Ministeriums besteht das offizieren und 74 229 Mannschaften. Außerdem werden in der Heeresabteilung beschäftigt 3113 planmäßige Beamte, 322 Beamtenanwärter, 2257 nichtbeamtete Hilfskräfte, im ganzen 5692 Personen. Von diesen werden auf die nach dem Friedensvertrag zugestandenen 4000 Offiziere und 96 000 Mannschaften angerechnet auf die Offiziere 202, auf die Mannschaften 1100 Köpfe. Die Zahl der Beamten und der nichtbeamteten Hilfskräfte ist gegen den Etat von 1926( 5443 Mann) um 249 Beamte und Angestellte gestiegen. Ein Vergleich mit der Beamtenzahl des kaiserlichen Heeres in 1913( etwa 12 042 Personen), der hier aus Raummangel im einzelnen nicht ausgeführt werden tann, ergibt bei aller Anerkennung der Verschiedenheit zwischen einem Bolksheer und einem Söldnerheer eine geradezu riesengroße relative Mehrbeschäftigung Don Beamten in dem Hunderttausend- Mann- Heer. Eine ähnlich großzügige" Wirtschaft liegt beim Unteroffiziertorps por. 1913 tamen im faiferlichen Heer auf rund 540 000 Mannschaften rund 94 500 Unteroffiziere, 1927 in der Reichswehr auf 74 229 Mann 20 671 Unteroffiziere, d. h. es famen 1913 auf ungefähr 5,5 Mann, 1927 auf ungefähr 3,5 Mann 1 Unteroffizier. Demgegenüber spielt die kleine Verminderung in der Offiziersstärke der Reichswehr gegenüber der des alten Heeres feine Rolle. Dort waren vorhanden 27 985 Offiziere auf rund 636 000 Mannschaften und Unteroffiziere, hier 3798 Offiziere auf 94.900 Unteroffi ziere und Mannschaften. Bei der Reichswehr entfällt also auf etwa 25 Mann 1 Offizier, während in 1918 schon auf etwa 22.7 Mann 1 Offizier vorhanden war. Bei Beurteilung diefer kleinen Verminderung ist aber zu berücksichtigen, daß, Unteroffiziere in der Reichswehr und der dadurch bedingten neben der bedeutenden ziffernmäßigen Ueberlegenheit der größeren Entlastung der Offiziere, gewiffe Heereseinrichtun gen, bie früher einen starten Bedarf an Offizieren hatten, wie