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Die noch strittigen Restpunkte. Interessen der Wirtschaft und der Landes.

verteidigung.

Der Demokratische Zeitungsdienst" berichtet zusammenfassend: Die Verhandlungen mit der interalliierten Militärkontrollkommission über die strittigen Fragen des Kriegsgerätes werden, wie angekündigt, in Berlin geführt. Es ist in Aussicht genommen, die Berliner Ver­handlungen Mitte Januar zu beenden. Ob das gelingen wird, ist aber noch nicht zu übersehen. Falls man in Berlin nicht zu einer Einigung fommen sollte, wird der Schwerpunkt der weiteren Ber handlungen wohl bei der Botschaftertonferenz liegen, in diesem Falle in Paris meiter verhandelt merden.

Die neuen Instruktionen, die die interalliierte Militärkontroll­fommission von ihren Pariser Auftraggebern erhalten hat, scheinen bisher nicht geeignet zu sein, die Berhandlungen über das

Kriegsgerätegefeh

schnell zum Abschluß zu bringen. Es tommen in der Hauptfache vier Streitpunkte in Frage. Bei den Schiffsmaschinen fordert die Gegenseite, daß keine deutsche Fabrit Schiffsmaschinen an Ausländer liefern darf für den Fall, daß diese Maschinen zum Einbau auf Kriegsschiffen bestimmt sind. Die deutsche Regierung steht auf dem Standpunkt, daß diefe Maschinen ein Kriegsgerät sind, damit nicht der deutschen Wirtschaft die Möglichkeit genommen wird, derartige Aufträge zu übernehmen und auszuführen. Eine zweite Streitfrage ist die der Kriegsspezialmaschinen, die eben­falls nicht unter den Begriff Kriegsgerät" fallen, mit denen aber Kriegsgerät hergestellt werden fann, z. B. Maschinen zur Herstellung von Patronen und Patronenhülsen. Die Gegenseite ver­langt, daß nicht nur die Herstellung dieser Maschinen, sondern auch die Herstellung von Hilfswerkzeugen zur Herstellung dieser Maschinen, wie Schablonen und Matrizen verboten sein soll. Auch diese Streitfrage ist für die deutsche Wirtschaft von erheblicher Be­deutung, denn von ihrer Regelung hängt unter Umständen die Schließung von Spezialfabriken ab, die mehrere tausend Arbeiter beschäftigen.

Im Hinblick auf die Halbfabitate fordert die Botschafter­fonferenz schon dann ein Verbot, wenn diese Halbfabrikate vom Be­steller zu Kriegsgerät ausersehen sind. Die Begriffsbestimmung Halbfabrikat" ist sehr auslegungsfähig und fann, wenn nicht eine flare Regelung erfolgt, ebenfalls für Deutschland schädigend wirken. Falls es nicht gelingen sollte, in dieser Frage zu einer Einigung zu kommen, wird wegen dieser Frage das Schiedsgericht angerufen

werden müssen.

Beim vierten Streitpunkt über Einzelteile der Optit verlangt die Botschafterkonferenz, daß der deutschen Industrie die Herstellung von Einzelteilen als Hilfstriegsgerät, wie z. B. Entfernungsmesser usw., verboten sein soll. Der Versailler Vertrag verbietet aber lediglich die Herstellung aktiver Waffen, und bei diesem Verbot handelt es sich um eine rein wirtschaftliche An= gelegenheit, das vor allem wohl englischen Bestrebungen ent­sprungen sein dürfte, da englische Wirtschaftskreise die zurückgebliebene englische optische Industrie tonkurrenzfähig gegenüber der deutschen Industrie machen wollen. Die deutsche Regierung dürfte zu einer Regelung bereit sein insofern, als alle Sicherungen und Vor­richtungen getroffen werden sollen, die ein Berbleiben von Maschinen, die unter Umständen zu Kriegsgerät verwandelt und auf Kriegsgerät montiert werden fönnen, in Deutschland un möglich zu machen. Was die Verhandlunger über

die Ostfestungen

anlangt, so wird darauf hingewiesen, daß der deutsche Haupt feftungsgürtel früher in folgender Linie bestand: Königsberg , Majurische Seenplatte( Lößen), Beichfellinie von Danzig bis Thorn, mit den Hauptstützpunkten Graudez und Thorn und den fleineren Werken Marienwerder und Kulm. Daran schloß sich die Festung Bosen und die Oberlinie, die aus strategischen Gründen nicht so start ausgebaut war. Heute kommt von den Ostfestungen in Wirklichkeit nur noch Rönigsberg als Festung in Frage. Diese Festung befizt eine Artillerie in Stärte von 22 fchweren Geschügen. Außerdem kommen in Ditpreußen noch die befestigten Buntte özen und in Schlesien Glaz, Glogau und Oppeln in Frage. Aber alle diese Bunfte sind einem modernen Angriff überhaupt nicht gewachsen und verfügen weder über schwere noch leichte Artillerie, und sind also als Festungen im Sinne des Wortes überhaupt nicht anzusprechen. Die Weichsellinie ist durch Schaffung des Korridors und des Freistaates Danzig völlig in Fortfall gekommen. Der nächste befestigte Bunft auf deutschem Boden ist süstrin, das 90 Kilo meter Luftlinie von Berlin entfernt ist. Die Polen haben auf der anderen Seite ihre Westgrenze in außerordentlicher Weise und mit modernen Mitteln befestigt. Wenn die Gegenseite auf der stritten Erfüllung ihrer Forderung beharren sollte, so würden die deutschen befestigten Buntte an der Dstgrenze lediglich den Wert von Naturschutzparts besitzen.

Krach in Weimar .

OR

Der Finanzminister verdächtigt ein sozialdemokra tisches Blatt.- Entrüstungssturm. Die Sigung muß geschlossen werden.

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Weimar , 5. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Anläßlich der Beratung einer 12 millionen Anleihe im Thüringer Landtag kam es am Mittwoch zu Aeußerungen parlamentarischer Geschäftsführung, die selbst in diesem Parlament als unerhört da­stehen. Der Finanzminister von Klüchner hatte bei anderer Gelegenheit dem früheren Staatsbankpräsidium den Vorwurf ge­macht, daß es bei seinen Notgeldemissionen im Inflations­herbst 1923 beträchtliche Summen in der Redaktion des Jenaer Barteiblattes ohne genügende Kontrolle habe drucken laffen. Die auch für den junkerlichen Ordnungsminister bemer fenswerte Unwiffenheit über die Tätigkeit in Schriftleitungen er­reicht bald ihren sicher nicht ungewollten 3wed; denn ein Nationalsozialist folportierte sofort, selbstverständlich ohne jeden Anhalt, daß die Arbeiter und Angestellten der das Bolt" im Drudauftrag herstellenden Thüringer Berlagsanstalt in Jena seiner zeit mit ganzen Baketen Notgeld den Betrieb verlassen hätten. Der ehemalige fozialdemokratische Finanzminister Emil Hartmann und der sozialdemokratische Abgeordnete Dr. Rieß Jena ent­Rieß- Jena hüllten die beleidigenden Aeußerungen des deutschnationalen Finanzministers als ich mußige Wahlmache". Bei dem bescheidenen Besten Notgeld, das 1923 in der Thüringer Berlags­anstalt gedruckt worden ist, ist nachweisbar nichts unterschlagen worden, während in einer gleichzeitig beschäftigten bürgerlichen Druderei Unterschleifen vorgenommen wurden. Der Finanz­minister suchte nunmehr seine haltlose Position dadurch zu retten, daß er trotz des flaren Gegenbeweises auf immerhin denkbare Möglichkeiten der Defraudation hinwies.

Am Rande des Defizits.

Der Reichsetat für 1927.

Der Reichsetat für 1927 liegt jegt vor. Neben der Bildung der| Es ist nicht mahrscheinlich, daß weitere Ersparnisse in wesentlichem neuen Regierung ist seine rechtzeitige Erledigung die Umfange möglich sein werden. Bergegenwärtigt man sich die Er. wichtigste Aufgabe des Reichstages. fahrungen der vergangenen Jahre, dann wird man selbst bei An­halten der Besserung des Wirtschaftslebens mit neuen Ausgaben rechnen müssen. Jede derartige Anforderung aber zerstört das Gleichgewicht des Haushalts, da Reserven zu ihrer Deckung nicht vorhanden sind und auch nur schwer beschafft werden können.

Der Entwurf des Etats balanciert mit 8,5 milliarden Mt. an Einnahmen und Ausgaben. Hiervon entfallen 7,9 Milliarden Mark auf den ordentlichen Haushalt; sie sind durch Steuern, Zölle, Berbrauchsabgaben und Verwaltungseinnahmen gedeckt. Der außerordentliche Haushalt meist einen Ausgabebedarf von rund 0,5 Milliarden Mr. auf, die durch eine Anleihe gedeckt werden sollen. Der Haushaltsentwurf für 1927 schließt also im wesent lichen in der gleichen Höhe ab wie der Etat des Jahres 1926. Da im Rechnungsjahr 1927 die Reparationszahlungen aus dem Haushalt um 348,5 Millionen Mart steigen, so müssen bei einer nicht erhöhten Gesamtausgabe an anderer Stelle erhebliche Er sparnisse gemacht worden sein.

Besteht ein Gleichgewicht?

Gleichwohl ist es erheblich größeren Schmierigkeiten begegnet, den Haushaltsplan ins Gleichgewicht zu bringen als im Borjahr. Die Finanzsituation Deutschlands wird von Jahr zu Jahr ge­spannter, da die Reparationslasten dauernd und start steigen. Es fehlen jetzt auch die Ueberschüsse aus den Jahren 1924 und 1925, mit denen die Mehrausgaben im Jahre 1926 gedeckt wurden. Außerdem vermindern sich die Gewinne aus den Münz­prägungen, und es sind schließlich auch die verschleierten Reserven aufgebraucht, die in der Zeit der Luther- Schlieben angesammelt worden waren. Trotzdem weist der Haushaltsentwurf äußerlich ein Gleichgewicht auf. Es entsteht jedoch die Frage, ob dieses Gleich gewicht auch in Wirklichkeit vorhanden ist oder ob nicht vielmehr, um das äußere Gleichgewicht herzustellen, die Ein­nahmen zu hoch und die Ausgaben zu niedrig angefekt worden sind. Bei Beurteilung der Einnahmen ist zunächst zu be­rücksichtigen, daß ein Betrag von 400 Millionen aus Ueberschüssen früherer Jahre vollständig weggefallen ist, daß aus der Münz­prägung 100 Millionen weniger zur Verfügung stehen und daß die Gesamtausgaben des ordentlichen Haushalts um 400 Millionen Mt. höher find als 1926. Das ist ein Gesamtmehrbedarf von 900 Mil­lionen. Diese Summe wird durch Mehreinnahmen aus Steuern um 900 Millionen zu decken gesucht. Und zwar erwartet man bei den Besitz- und Verkehrssteuern einen Mehrertrag von 519, bei den Zöllen und Verbrauchsabgaben einen Mehrertrag von 381 Millionen Mark.

Die Schähung der Steuererträge.

Die Mehrerträge sind im allgemeinen vorsichtig ge­schätzt. Bei der Schäzung ist man von der Annahme ausgegangen, daß eine Besserung des Wirtschaftslebens andauern wird, die den bisherigen Steuerertrag um etwa 10 bis 15 Prozent steigert. Dem fann man zustimmen. Das bedeutet aber zugleich, daß in erster Linie der Ertrag der von der Konjunktur abhängigen Steuern, also der Lohnsteuer, der Umsatzsteuer und der Beförde­rungssteuer mindestens in diesem Ausmaß steigen muß. Aber gerade in dieser Hinsicht weichen die Schäßungen der Regierung vollkommen ab. Bei der Lohnsteuer rechnet man trotz des völlig unveränderten Steuersages nur mit einem Mehrertrag von 5 Prozent. Bei der Beförderungssteuer wird überhaupt fein Mehrertrag erwartet, bei der Umsatzsteuer ist der Mehr­ertrag ebenfalls zu niedrig geschäkt. Auch bei einigen Berbrauchs steuern scheint man zu niedrig geschäßt zu haben, 3. B. bei der 3udersteuer, die bei einer Besserung des Wirtschaftslebens zweifellos infolge Steigerung des Verbrauchs einen über die amt­liche Schäzung hinausgehenden Mehrertrag liefern wird. Auch bei den 3öllen fann man mit einer ähnlichen Entwicklung rechnen. Dagegen sind die Mehrerträge bei den eigentlichen Besitzsteuern zweifellos überschätzt. Bei der Einkommen- und Körperschafts­steuer z. B. rechnet man mit einem Mehrertrag von 40 Proz. gegen über 1926. Man muß bezweifeln, daß die sehr hohen Schätzungen des fünftigen Ertrages der Einkommen, der Körperschafts-, der Bermögens- und der Erbschaftssteuer berechtigt sind. Auf jeden Fall entsteht erneut der Eindruck, daß wie in früheren Jahren der Ertrag der Befihbelastung absichtlich überschätzt, der der Massen­belaffung absichtlich unterschäht wird. Sieht man aber von dieser Fehlerquelle ab, so wird man auch zu dem Ergebnis kommen, daß bei fortschreitender allmählicher Besserung des Wirtschaftslebens die Steigerung des Ertrages um 900 Millionen Mart eintreten wird.

Defizitgefahr auf der Ausgabenseite!

Wie aber steht es mit den Ausgaben? Gegenüber dem Etat von 1926 sind bereits etwa 400 millionen durch Kürzung fortdauernder und einmaliger Ausgaben eingespart worden.

der SPD . darauf die größte Empörung, zumal in der stundenlangen Sigung vorher unverhältnismäßig scharfe Wendun gen ungerügt geblieben waren, wenn sie von rechts her tamen. Der Fraktionsvorsitzende, Abg. Frölich( Goz.), rief: Abgeordneter Rieß perläßt den Saal nicht!" Der Präsident heb darauf bei großem Lärm des Hauses die Sigung auf. Im Aeltestenrat ver­mochte der Präsident von seinem völlig unhaltbaren Standpunkt nicht abzugehen. Die SPD. behielt sich darauf ihre weitere Stellungnahme vor,

Auch die Diktatur gibt nach!

Zur Gärung in der Roten Armee.

Die Gärung in der Roten Armee, über die wir berichtet haben, zwingt auch eine sonst allmächtige Diktatur zu weitgehenden Kon­geffionen. Was die Entlassung der 16 000 Offiziere anbetrifft, so hat sich die Sowjetregierung formell verpflichtet, fie alle in der 3ivilverwaltung in entsprechenden Stellungen unterzu. bringen. Ob ihr dies auch wirklich gelingen wird, das ist sehr zweifelhaft, da in den sämtlichen Zivilrefforts gerade in der letzten Beit ein umfargreicher Abbau durchgeführt wurde.

Neben der Unzufriedenheit wegen des Abbaus aber herrscht im Offizierforps noch die Unzufriedenheit wegen der geringen Ge­hälter. Die" Prawda"( Nr. 298) veröffentlicht auf einen Schlag drei Befehle des revolutionären Kriegsrats über die Gehalts­erhöhung für Offiziere und politische Kommissare der Roten Armee. Die Befehle tragen offenfundig alle Mertmale eines rapiden Rüd. zugs und verraten die große Unruhe und Verlegenheit der bolfche. wistischen Oligarchie.

Mummehr bemächtigte sich der SPD. berechtigte Erregung. 1. a. In dem Befehl Nr. 736 wird darauf hingewiesen, daß die rief Abg. Rich( S03.) auf die junterliche Unterstellung hin: Sowjetregierung je nach der Finanzlage jährlich bestimmte Mittel Frechheit. Der Ordnungspräsident schloß ihn daraufhin ohne für die Erhöhurg der Offiziersgehälter aussette. Auch jetzt fei der jebe Rüge von der Sigung aus. Begreiflicherweise bemächtigte sich| Arbeitslohnfonds in der Roten Armee verhältnismäßig zu hoch

In dieser zu starten Anspannung des Etats ffect bereits die Gefahr eines Defizits. Es ist ausgeschlossen, daß der Etat mit seinen gegenwärtigen Ansätzen das ganze Etatsjahr hindurch unverändert bleiben kann. Schon gegenwärtig fann man erkennen, an welchen Stellen Aenderungen erforderlich sein werden. Es mag für heute genügen, die wichtigsten Aenderungen herauszugreifen.

Renderungen, die nötig sind.

Innerhalb der Reichsregierung trägt man sich mit der Absicht, die Mieten nach Ablauf des Sperrgesetzes am 31. März 1927 um 10 oder 20 Proz. zu erhöhen. Wird diese Absicht verwirklicht, so ist eine Erhöhung der Bezüge der Beamten, Angestellten und Arbeiter und der Renten der Kriegsversorgung unaus­bleiblich. Die hierdurch für das Reich neu eintretende Be­

laftung fann man bei einer Erhöhung der Bezüge um nur 10 Proz auf mindestens 200 Millionen schätzen. Muß das Reich aber auch

die den Ländern und Gemeinden aus der Besoldungs­erhöhung entstehenden Mehrlasten übernehmen, so erhöht sich dieser

Betrag auf etwa 400 millionen. Nur ein kleiner Teil dieser Mehrlast wird im Laufe des Etatsjahres durch höhere Steuer­einnahmen gedeckt werden,

Die zweite Aenderung betrifft die Ausgaben für die untera stüzende Erwerbslosenfürsorge. Sie sind im Etats­

Dom

entwurf mit 200 Millionen angefeßzt. Diese Summe beruht auf der Annahme, daß die Arbeitslosenversicherung 1. April 1927 ab in Kraft tritt. Infolgedessen find 50 Millionen als Grundstod für die Versicherung vorgesehen, ein weiterer Betrag von 50 Millionen ist der geschätzte Bedarf für die erste Uebergangszeit, in der die Mittel aus der Arbeitslosenver­ficherung den Bedarf voraussichtlich noch nicht voll decken werden. Ferner sollen 100 Millionen zur Finanzierung der Krisenunterstützung auf Grund des Gesetzes über die Ar­beitslosenversicherung dienen. Nun ist es aber sehr zweifelhaft, ob das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung, das bisher dem Reichstag überhaupt noch nicht zugegangen ist, so rechtzeitig verabschiedet werden tann, daß die jetzige Erwerbslosenfürsorge am 1. April durch die Era werbslosenversicherung abgelöst wird. Aber selbst wenn das wider Erwarten der Fall sein sollte, so ist taum anzu­nehmen, daß in der Uebergangszeit ein Reichszuschuß von 50 Mil­lionen ausreichend sein wird. Aus den Erläuterungen zu diesem Etatposten geht außerdem hervor, daß auch die Reichsregierung diesen Befrag nicht für ausreichend hält und meitere Beträge auf dem An le ihewege beschaffen will. Also auch hier find Mehr­ausgaben zu erwarten, die eine gewissenhafte Finanzpolitik durch ordentliche Einnahmen und nicht durch Anleihen zu decken suchen

würde.

Der Finanzausgleich ein Konfliktstoff.

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Sowohl die Erhöhung der Besoldung als auch der Renten und der Unterstützungen beeinflußt entscheidend den Finanzaus gleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Angesichts der heutigen Lage muß man damit rechnen, daß jede Erhöhung dieser Ausgabeposten vom Reich getragen werden muß, auch soweit Län­der- und Gemeindebefugnisse in Frage fommen. Außerdem besteht schon über den allgemeinen Finanzausgleich ein Konflikt zwischen Reich und Ländern. Der Reichsrat fordert die Aufrecht­erhaltung der besonderen Garantie für die Umsatzsteuer, durch die der Reichsetat mit 112% Millionen neu belastet wird. Da die Deckung dafür vom Reichsrat durch eine rein willkürliche Erhöhung der Steueransätze vorgenommen wurde, so ist hierin die dritte Aenderung des Etats zu erblicken, durch die das Gleich­gewicht in Frage gestellt wird.

Das Gesamtbild des Etats sieht also folgendermaßen aus: Die Einnahmen sind in ihrer Gesamthöhe zutreffend ein­gefeßt, sofern die Voraussetzung, Besserung des Wirtschaftslebens, gestellt, weil die voraussichtlichen Ausgaben für die sich voll erfüllt. Trotzdem ist das Gleichgewicht des Etats nur her­persönlichen Bezüge der Reichsbediensteten und der Unterstüßungs­empfänger fomie die Ueberweisungen an Länder und Gemeinden zu niedrig eingesetzt worden sind, und weil ferner für einen Teil der ordentlichen Ausgaben( z. B. Erwerbslosenunterstüßung, Marineneubauten) der bedenkliche Weg der Deckung durch An­Ieihe begangen werden soll. Dr. Paul Herz.

im Vergleich zum Gesamtetat der Roten Armee. Diesen Weg weiter zu verfolgen, scheine der Sowjetregierung unmöglich. Der revolu tionäre Kriegsrat habe zurzeit teine Möglichkeit, eine all­gemeine Erhöhung der Gehälter in der Roten Armee durchzu­führen und sehe sich deshalb gezwungen, sich in erster Reihe mit der Erhöhung der Gehälter für die Frontoffiziere zu begnügen".

Allem Anschein nach hat das Offiziertorps auf die hohe Be­zahlung der Beamten und Fachleute in den Zivilrefforts hingewiesen. Denn in den erwährten Befehlen wird ausgeführt, daß die Ge­hälter des Kommandobestandes der Roten Armee im großen und ganzen das Durchschnittsniveau der Beamtengehälter in den anderen Staatsressorts erreicht haben und daß, mit der Ein­führung der neuen erhöhten Säße, die Gehälter der Frontoffiziere eine angemessene Höhe erreichen werde".

Es ist schwer vorauszusagen, ob das Offizierkorps sich mit der Erhöhung der Gehälter nur für einen Teil begnügen wird. Aber eins unterliegt feinem Zweifel: der Erfolg, den das Offizier­forps durch einen kollektiven Drud erzielt hat, wird auch poli­tische Folgen nach sich ziehen. Der Erfolg wird das Selbst­bewußtsein der Roten Armee und ihre durch Boroschilom bekannt­gewordenen Ansprüche auf eine entsprechende Stellung in dem Staate und in der Gesellschaft" erheblich stärken. Gleichzeitig mer­den auch andere Schichten der russischen Bevölkerung eine Lehre aus dem Erfolge des Roten Offiziertorps für sich ziehen: auch die allmächtige" Diftatur gibt nach, wenn man nur einen einmütigen Druck auszuüben wagt.

Das Geschäftsfabinett will noch Orden schaffen! Wie die Tele­graphen- Union erfährt, hat das Reichskabinett das Gesetz über die Verleihung von Orden und Titeln verabschiedet. Das Gefeß ist dem Reichsrat bereits zugeleitet worden. Der Erlaß der Ausführungsbestimmungen soll dem Reich und nicht ben Ländern obliegen.