Herr Stresemann fest weiter auseinander, eine gewisse Besorgnis sei berechtigt gewesen, als im Oktober 1925 die Deutschnationalen wegen der Locarno - Politik aus der Regierung austraten. Aber, wie anders, fuhr er fort, lägen die Dinge heute:
Wenn jetzt die deutschnationale Partei die Opposition aufgibt und wieder in die Regierung eintritt, und wenn dies, wie unzweifelhaft feststeht, unter Festhaltung des bisherigen Kurses der Außenpolitik geschieht, so bedeutet dies doch in außenpolitischer Hinsicht nichts anderes, als daß sich seit dem Oftober 1925 in Deutschland ein bedeutsamer Wandel vollzogen hat. Es ist ein Beweis dafür, daß auch in weiten Kreisen, die hinter der deutschnationalen Partei stehen, inzwischen das Verständnis für die Locarnopolitif lebendig geworden ist, und daß sich diese Politik in Zukunft sowohl im Parlament als auch in der Deffent lichkeit auf eine ganz überwiegende Mehrheit stüßen kann.
Wie ich persönlich oder in meiner Eigenschaft als Barteiführer über diese oder jene Regierungsfombination dente, steht hier nicht zur Erörterung. Worauf es ankommt, ist, daß das in Locarno perheißungsvoll begonnene Werf der europäischen Befriedung nur gedeihen kann, wenn es unabhängig bleibt vom Wechsel der Parteikonstellationen, immer vorausgefeht natürlich, daß sich in jedem Vertragsstaat die an der Regierung befindliche Gruppierung unzweideutig zum Cocarnowerk und feiner Fortführung bekennt. Die Schwierigkeiten, die sich dieser Fortführung natürlicher und erwarteterweise entgegenstellen, sind, meine ich, groß und zahlreich genug; man sollte sie nicht noch fünstlich vermehren.
Wir erfahren damit eine große Neuigkeit: Die Deutschnationalen betennen sich unzweideutig zum Locarnowert und seiner Fortführung! Die Deutschnationalen verzichten unzweideutig und für alle Zeit auf Elsaß- Lothringen ! Sie bekennen sich unzweideutig und für alle Zeit zu einer Politik des Friedens und der internationalen Verständigung! Welche Wendung durch Stresemanns Fügung!
Schade, daß diese Erklärung von Herrn Stresemann abgegeben wird und nicht von der Deutschnationalen Partei. Leider haben sie bisher weder aus dem Munde eines deutschnationalen Führers noch aus den Spalten einer deutschnationalen Zeitung auch nur ein Wort vernommen, das uns diese plögliche Belehrung wahrscheinlich machen könnte. Aber mer
fann zweifeln, wenn Herr Stresemann es verkündet? Hier
ist ein Wunder, glaubt es nur!
Wird das Ausland glauben? Wir fürchten nein! Bu nächst wird es warten, ob die Deutsch nationalen die Erklärung Stresemanns bestätigen werden. Und da wird es vergeblich warten! Das einzig Wahre an der ganzen Wundergeschichte ist, daß die Deutschnationalen aus innerpolitisch- taktischen Gründen von ihrer un zweideutigen Gegner schaft gegen die Locarnopolitik zu einer gewissen zweideutigen Haltung übergegangen sind. Darum werden sie auch über die Erklärung Stresemanns ebenso hinwegsehen, wie sie über das Zentrumsmanifest hinweggesehen haben. Kein Hindernis für praktisches Zusammenarbeiten," lautet die höchst zweideutige Formel. Kein Hindernis für die Deutschnationalen, in die Regierung einzutreten. Alles andere findet sich ſpäter.
Darum ist der Verfuch Stresemanns, sich selber und infolgedessen auch andere über die Bedeutung des Kurswechsels in Deutschland zu täuschen, ganz aussichtslos. Richtig ist nur jopiel, daß die Motive dieses Kurswechsels innen politische, nicht außenpolitische sind. Es ist ein Stück Klaffenfampf, das sich da abspielt. Aber es ist nicht zu vermeiden, daß der innere Wechsel seine Wirkungen auch auf die Außenpolitik haben wird. Beruhigend kann babei nur eines wirken: daß die Außenpolitik des Herrn Stresemann unter der Kontrolle der sozialdemokratischen Opposition stehen wird. Sie wird die Augen offen halten und es wird feinem etwas geschenkt werden!'
Was man im Lande denkt.... Hoffnungen, Versprechungen und Wirklichkeit.
Die Verteidigung der Haltung des Zentrums vor seinen Wählern ist gewiß feine leichte Aufgabe. Es wird dabei im Geiste des Zentrumsmanifeftes viel geredet werden- obgleich dies Manifest durch den Gang der Ereignisse schon überholt ist. In Gleimik sprach der Parteivorsitzende des Zentrums für Oberschlesien , Prälat Ulika, über die Bedingungen des Regierungseintritts der Deutschnationalen:
,, Können wir es verantworten, auch unter einem Bentrumsfanzler mit den Deutschnationalen zusammen zu regieren? Wenn wir die Frage bejahen sollen, dann muß eine vollständige grundlegende Aenderung der politischen Gelinnung und politischen Einstellung der Deutschnatio. nalen Partei erfolgen. Es handelt sich nicht darum, daß eine Aenderung in der Formulierung ihrer politischen Einstellung emtritt, sondern daß sie ihre politische Einstellung Selbst ändert."
Zwischen dieser Bedingung, daß die Deutschnationalen ihr innerstes Wesen preisgeben sollten, und der Tatsache, daß das Zentrum in den Bürgerblod auf Grund von Alenderungen von Formulierungen eintritt, flafft ein gewaltiger Unterschied derselbe Unterschied, wie zwischen den Hoffnungen der Zentrumswähler im Lande und dem Handeln der Zentrumsführung in Berlin .
Die ,, Germania " überschreibt die Rede Uligtas: Was man im Lande denkt. Es wird mancher unwillkürlich hinzufügen: und was in Berlin gespielt wird.
Der Maulkorb gegen die Opposition.
Aus der Partei" bringt die Rote Fahne " die folgende Notiz: Die Bezirksleitung Berlin- Brandenburg- Lausitz beschloß in ihrer Sigung vom 20. Januar, daß den Genossen, denen wegen parteiSchädigenden Verhaltens oder aus anderen Gründen für eine bestimmte Frist die Fähigkeit zur Bekleidung von Parteifunktionen aberkannt wurde, für diese Frist auch nicht das Recht zusteht, an Funktionärtonferenzen teilzunehmen, Referate oder Rorreferate zu halten und als Delegierte gewählt zu werden.
nistischen Partei geht noch über das Maß an geistiger Bevormundung
Diese Aberkennung aller Rechte der Opposition in der Kommu
hinaus, was in der KPD. noch üblich ist. Wie weit muß die Zerfegung bei den Kommunisten schon fortgeschritten sein, daß das Recht der freien Meinungsäußerung innerhalb der eigenen Organisation einem Teil der Parteiangehörigen entzogen wird!
Adelige Bezirksregierung.
Unter 10 Regierungsreferendaren 9 Adlige.
Die Regierung in Potsdam hat schon in der wilhelminischen Zeit größten Wert auf Exklusivität gelegt, denn nur Angehörige alter Adelsgeschlechter hatten Aussicht, als Regierungsreferendare in Potsdam angenommen zu werden. Leider hat sich der neueste Berwaltungskalender ausweist, befinden sich unter den 10 gegenwärtig bei der Potsdamer Regierung beschäftigten Regierungsreferendaren 9( 1) 2blige, obgleich der Regierungspräsident unseres Wissens ein Bürgerlicher ist. Nur naive Gemüter tönnen der Meinung sein, daß diese Adelsföhne später, wenn sie Landräte, Regierungspräsidenten oder sonstiges sind, der Republik besonders wertvolle Dienste leisten würden.
Glaubte der preußische Innenminister der demokratischen Gedankenrichtung ein Zugeständnis machen zu müssen, als er die An nahme der Regierungsreferendare aus der Hand gab und sie den Regierungspräsidenten übertrug? Man wird aus dem Botsdamer Beispiel in Hannover herrscht ein ähnlicher Zustanderkennen, wohin das führt und wie notwendig es ist, für eine radikale Aenderung zu sorgen.
Erste Begegnung mit dem Tode.öftet? Woher fommt es, daß beine Lippen, die foeben noch zudten,
Noch vor zwei Tagen hatte unser Wellensittich, dem eine halb jährige Witwenschaft auffallend gut zu bekommen schien, die unerwarteten winterlichen Sonnenstrahlen mit ohrenzerreißendem Gepiepse begrüßt. Heute morgen aber saß er zusammengefauert in einer Ede des Käfigs, mit schwerem, hastigem Atem und verschlossenen Augen, hilf und kraftlos. Auch der tierärztliche Laie mußte auf den ersten Blick erkennen, daß das Tier nahe am Berenden war.
Als ich nach einer halben Stunde wieder nach ihm sah, war es schon so weit. Trocken teilte ich den Tatbestand mit. Unsere Kleine hat das Wort ,, tot" aufgeschnappt. Es ist zwar nicht das erstemal, daß sie es hört. Aber was mag man mit 3½ Jahren für Begriffe mit einem Baut verbinden, den man bisher nur in Verbindung mit der Mahnung gehört hat, immer schön das Händchen zu geben, wenn man über den Damm geht und die Elektrische naht; oder im 3u sammenhang mit den Bildern von Menschen, die man nicht fennt? Jetzt aber galt das Wort dem Bogel, dessen seltsames Gebaren die Kleine mit ahnungsvoll- ängstlichen Blicken vorhin betrachtet hatte. Die Neugier treibt das Kind in das Nebenzimmer. Vor dem Käfig bleibt es stehen. Es sieht das leblose Tier auf dem Boden liegen, die schönen grüngelben Flügel weit ausgebreitet wie noch nie, den Kopf halb in den Leib eingezogen. Die Augen des Kindes weiten sich. Die Wangen erröten der Mund öffnet sich mit dem Ausdruck maßlosen Staunens.
Erste Begegnung mit dem Tode!
Und plöblich ein Aufschrei:„ Mutti, der Piepa ist tot!" Die Kleine läuft zu ihrer Mutter. Sie zittert und schluchzt und meint. Dicke Tränen gleiten an den roten Wangen herunter und fallen in den Schoß der Mutter, die sie zu trösten versucht: Brauchst nicht zu weinen, mein Kind, es ist ja nur ein Vogel..
Doch, weine, mein Kind, weine nur! Denn diefer Augenblick zählt in deinem Leben. Es war zwar nur ein Vogel- aber er hat dir einen Begriff vermittelt, um den du manchesmal noch wirst weinen müssen: Gestern noch luftig piepfend, vorhin noch bei aller Schwerfälligkeit sich bewegend und jetzt still, ganz still, unendlich still. Das ist der Tod. Jetzt weißt du darüber, im Grunde genommen, genau so viel wie wir, die Erwachsenen. Drei Rätsel gibt es auf dieser Welt, die wir nie 3ründen werden: Das Mysterium des Werdens, der Liebe und des Lides. Alle Wissenschaft, durch die wir wähnen, diesen Rätseln immer näher zu kommen, vermag uns doch nicht ihr Letztes zu vermitteln. Beine, mein Kind, über die Mangelhaftigkeit der Welt, die es fo fügt, daß alles vergeht und daß man schon mit dreieinhalb Jahren den greiftaren Beweis dafür erhält! Weine, mein Kind, weine dich aus, denn es sind die heiligsten Tränen, die das Mysterium bes Todes zum ersten Male dem Menschen entlockt...
Aber du weinst ja gar nicht mehr? So schnell hast du dich gefich zu einem Lächeln formen, zu jenem Lächeln, das jeden Kummer verscheucht und jeden Zorn entwaffnet?
wendet sich an mich mit der Frage, die fast Befehl ist: Schon hat sich die Kleine den Armen der Mutter entwunden und
Neuen faufen?"
Zum Schmutz- und Schundgeseh.
Die Besetzung der Prüffammern.
"
Uns liegt eine Liste der Organisationen vor, die bei Belegung der Prüffammern berücksichtigt werden. Bezeichnend ist, welchen Streifen die Sachverständigen" der Jugendwohlfahrt und follen. Da sind sie alle vertreten, die sich in muckerischer Gesinnung Bolksbildung in ihrer überwiegenden Mehrzahl entnommen werden nicht genug tun können, die sogenannten christlichen Wohlfahrts vereine und dann, was noch mehr Verwunderung erregen muß, nicht weniger als sechs Frauenvereine, darunter selbstverständlich alle fonfeffionellen Spielarten. Nur die sozialistische Frauenbewegung fehlt. Unter den nicht weniger als 14 dieser Wohlfahrts- und Frauenorganisationen ist die sozialistische Arbeiterschaft einzig durch den Hauptausschuß für Arbeiterwohlfahrt vertreten. Unter den Volksbildungs- und sonstigen Berbänden befinden sich noch der Reichsausschuß für Sozialistische Bildungsarbeit, die Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde sowie der Verband der Deutschen Bolfsbildungsvereine. Go daß 3 sozialistische 26 anders gerichteten Berbänden gegenüberstehen. Skandalös ist auch, daß die Lehrerverbände der verschiedenen Richtungen und Konfessionen berücksichtigt sind, daß man aber die Arbeitsgemeinschaft jozialistischer Lehrer ebenso wie die Freie Lehrerschaft ausgelassen hat. Als vor einigen Wochen im Reichsministerium des Innern angefragt wurde, mitgeteilt, daß nicht beabsichtigt jei, die einzelnen Lehrerorganisationen heranzuziehen, daß vielmehr der Allgemeine Deutsche Lehrerverein, in dem alle Richtungen vereinigt seien, die einzige Lehrerorganisation sei, die in Betracht komme.
" 1
Bei einer solchen Besehung der Prüffammer fann man sich vorstellen, in welchem Geiste" diese ihre Aufgaben erfüllen wird. Auf das dringendste ist zu verlangen, daß nicht nur die sozialistischen Lehrer mit herangezogen werden, sondern daß auch angesichts der großen Bahl andersgerichteter Berbände den sozialistischen Organi. fationen wenigstens eine entsprechende Bahl von Sachverständigen eingeräumt wird, damit auf diese Weise bas standalöfe Unrecht, bas durch die vom Ministerium beliebte Art der Besetzung geschaffen wirb, ausgeglichen wird.
Museumsführungen. Am 30., 10 bis 11, Uhr porm., finden amifliche Führungen im Alten Museum ( Griechische Blaftit bes 6. Gabrb. b. Ger .) Dr. v. Masfoto und im se aifer Friedrich Museum( uge p. d. Goes und Rogier v. d. Wehden) Dr. Corn. Müller, flatt. Sulaßtarten zu 50 Pf. find vor Beginn am Eingang der genannten Museen erhältlich.
" Wegweiser durch die Polizei." Eine Denkschrift des preußischen Innenminifteriums.
Das preußische Ministerium des Innern hat dem Landtag eine Dentschrift über den Aufbau und die Berwaltung, teilweise auch über die Tätigkeit der Polizei zugehen lassen. Die Dentschrift enthält nähere Angaben über die Organisation, die Verteilung und die Stärke der einzelnen Polizeiorgane sowie über die dienstlichen und persönlichen Berhältnisse der Beamten und der für sie geschaffenen Einrichtungen. Obwohl das Innenministerium felbft betont, daß das dabei verwertete statistische Material nicht vollständig ist, gibt die Denkschrift dennoch ein anschauliches Bild von dem Aufbau und den Funktionen der staatlichen und der tommunalen Bolizei sowie der Landjägerei. Das Innenminifterium fündigt an, daß die Polizeistatistikt ausgebaut werden soll und erbittet dazu Anregungen aus dem Landtag.
Neuer Geist im Strafprozeß.
Die Ausführungsbestimmungen für Preußen.
Der Preußische Justizminister hat auf Grund des Gesetzes zur 13. Januar in Kraft getreten ist, Ausführungsvorschriften für die Aenderung der Strafprozeßordnung, das mit dem Handhabung der neuen Borschriften über die Untersuchungshaft her. Handhabung der neuen Vorschriften über die Untersuchungshaft herausgegeben. Danach trägt die Verantwortung dafür, daß die Fristen für die Nachprüfung der Haftvorausseßungen gewahrt minister betont, daß die neuen, zum Schutze der Verhafteten ge werden, neben dem Gericht die Staatsanwaltschaft. Der Justizschaffenen Bestimmungen in jebem einzelnen Falle genau befolgt werden müssen. Anregungen auf Durchführung des Entlastungsbeweises soll weitherzig und so schnell als möglich entsprochen werden. Dauernd habe die Staatsanwaltschaft ihr Augenmert darauf zu richten, ob die Voraussetzungen der Untersuchungshaft fortbestehen und Anträge des Verhafteten auf Beweiserhebun gen, die seine Freilaffung begründen sollen, möglichst weitgehend und beschleunigt zu berücksichtigen. In jedem Falle hat die Staatsanwaltschaft darauf zu achten, daß die Dauer der Untersuchungshaft in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung des Straffalles, insbesondere auch zur Höhe der zu erwartenden Strafe, bleibt.
Vertragsverhandlung
-
nicht Krieg.
denten Coolidge bestehen wesentliche Unterschiede zwischen Washington , 25. Januar. ( WTB.) Nach Ansicht des Präsi den britischen und den amerikanischen Interessen in China , da Amerika m China teine Konzessionen habe. Aus diesem Grunde fönnten Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Regierungen über die Frage der allgemeinen Politif mit Bezug auf China eni stehen. Alles diefes wird eingehend in der von Kellogg vorbereiteten Erklärung dargelegt werden, die in der Art einer Antwort auf das britische Memorandum gehalten sein wird. In der 3wischenzeit wird die Washingtoner Regierung die Streitkräfte, welche sie in den chinesischen Gewäffern zur Verfügung hat, benugen, um ihren Untertanen nach besten Kräften Schuß zu gewähren. angenommenen Resolution wird die amerikanische Regierung ersucht, In der vom Auswärtigen Ausschusse des Repräsentantenhauses mit China über einen Bertrag zu verhandeln, der die jetzt hinsichtlich der Exterritorialität und der Jurisdiction in Kraft befinde lichen Ablommen ersetzen soll. Der Entschließung geht die Crflärung voran, daß die Bereinigten Staaten in ihren Beziehungen mit China stets versucht haben, im Geist gegenseitiger Billigkeit zu handeln, und daß die Entwicklung in China es wünschenswert gemacht hat, daß die amerikanische Regierung die Initiative ergreift.
Die Hängejustiz von Angora hat wieder acht Personen wegen Beteiligung an der Ermordung eines Deputierten in Anatolien zum Tode verurteilt. Fünf der Berurteilten wurden bereits um Mitternacht gehängt, die übrigen waren in contumaciam verurteilt worden.
Ein Reißer.
Nocières,„ Der Mann der Aline Léger" ist eine mit Das Trianon Theater hat nunmehr feinen Rassenerfolg. fabelhafter Bühnenroutine verfertigte Komödie, ein Reißer, spannend vom ersten bis zum letzten Auftritt, in seiner geschickten Bühnentechnik an Dumas Kameliendame " erinnernd, vom literarischen Wert eines aufregenden Kriminalromans.
Fernal, ein unscheinbarer Musiker, hat seiner Freundin Aline das Theater und damit die Tore zur großen Welt erschlossen. Sie feiert Bühnentriumphe und er fürchtet sie zu verlieren. Sie wird ihm, dem kleinen Komponisten, gerade wegen ihrer Erfolge eni gleiten. Aber sie wird ihm für ihre Karriere dankbar, auf ihr Art sogar zu dankbar. Einmal an Lurus gewöhnt, nimmt sie Freundschaft und Geschenke und noch mehr von einem jungen Induſtrietapitän gern an und läßt ihren Fernal am Wohlleben teil haben. Mann der Aline Léger, formell rechtmäßig angetrauter Gatte, in Aus dem Arbeitstier Fernal wird der im Ueberfluß schwimmende Wahrheit ausgehaltener Buhälter. Alle merken es, bloß er nicht. Auch er macht Karriere, wird Direktor eines Musikverlages, Kritiker. ist gesuchter Komponist und glaubt feine Erfolge auf, das Konto eigener Tüchtigkeit feßen zu dürfen. Bis ihm eines Tages das. Mißtrauen die Augen öffnet. Hier ist dem französischen Autor eine höchst wirksame Wendung gelungen. Alline selbst zweifelt plöglich daran, ob ihr Mann wirklich nicht mertt, aus was für einer trüben Quelle all der Lurus fommt. Um Frau und Liebhaber aufs Glatteis zu führen, spielt dann Fernal die Rolle des pfiffig verstehenden Buhälters. Die spannende Komödie endigt mit einer Bombenszene: die beiben Ehegatten werfen sich gegenseitig den Ekel voreinander por, der Mann fiegt und verläßt die trauernde Aline, die aber trog ihres Schmerzes um den verlorenen Gatten auf dem einmal begonnenen Pfad weiter geht.
Das Schauspiel, das weder auf Literatur noch auf Originalität im dramatischen Aufbau oder im Spiel Anspruch macht, ist äußer
liches, aber technisch gekonntes Theater und läßt an einigen Stellen haftigkeit des Ausdrucks. Wenn etwa Fernal seiner Schwiegermutter von Alines Bühnenerfolg berichtet, sehen wir die geschilderten Borgänge vor unseren Augen erſtehen.
Dieser Auftritt hat allerdings einen ausgezeichneten Interpreten gefunden. Erwin Ralfer erfüllt die papierne Rolle mit echtem Leben. Er ist vornehm zurückhaltend im Glück und im verhaltenen Schmerz. Selten haben wir ihn so gelöst, so selbstverständlich, so menschlich und innerlich gesehen. Unter der forschen Regie des Friedrich Lobe wurde auch sonst mit erstaunlicher Sicherheit in einem durchaus angemessenen Eilzugstempo gespielt. Blanche Dergan gibt eine vollendete Rototte, Mar Grünberg einen alaubhaften, moralisch angefaulten Lebenskünstler, Richard Duschinsky einen äußerlich zwar etwas unwahrscheinlichen, aber sonst echt empfundenen Industriefapitän. Das Publikum sparte nicht mit seinem Beifall für den spannenden Abend. Ernst Degner.