Die Unterstützung der Arbeitslosen. Vorschriften für die Prüfung der Bedürftigkeit.
In dem Gesetz über Arbeitslosenunterstützung vom Dezember vorigen Jahres ist eine Bestimmung enthalten, monach der Reichsarbeitsminifter ermächtigt ist, mit Zustimmung des Reichsrats Vorschriften zu erlassen, wodurch eine gleichmäßige Prü fung der Bedürftigkeit sichergestellt und Härten ausgeschlossen werden; der Minister kann insbesondere den Kreis der Familienangehörigen einschränken, beren Einkommen bei Gewährung ber Unterſtügung zu berücksichtigen ist.
Der Arbeitsminister hat dem Reichsrat nunmehr eine Berord nung vorgelegt, wonach der Kreis der Familienangehörigen, deren Einnahmen bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen find, auf diejenigen beschränkt wird, die nach dem Bürgerlichen Gesezbuch unterhaltspflichtig sind Ferner mildert die Berordnung die Bedürftigkeitsprüfung in manchen Beziehungen.
Die Reichsratsausschüsse, die die Verordnung geprüft haben, waren nicht ganz frei von Bedenken, es war ihnen tlar, daß voraussichtlich durch die Berordnungen sehr erhebliche Mehr ausgaben für Reich und Länder entstehen würden. Die Reichsregierung gab aber die Erklärung ab:
Sofern ein Land nachweist, daß ihm durch die Abänderung der Ausführungsvorschriften erhebliche Mehrtoften entstehen, ist das Reich bereit, diese zu ersehen. Dabei wird das Reich die Schwierigkeiten einen solchen Nachweises in billiger Weise berücksichtigen."
Mit Rücksicht auf diese Erklärung beschlossen die Ausschüsse der Bollversammlung die Annahme der Verordnung zu empfehlen und die Vollversammlung beschloß demgemäß.
Ueberlastung der Finanzamter. Industriebetriebe können nicht nachgeprüft werden. Der Protest der Reichssteuerbeamten geçen die Ueberlastung der Finanzämter hat interessante Tatsachen aufgedeckt, die es erklärlich machen, weshalb das Großlapital heute so wenig Steuern zahlt. Der Bund der Reichssteuerbeamten hat dem Staatsjefretär Popiz im Reichsfinanzministerium seine Wünsche auch mündlich
vortragen lassen und dabei betont, daß etwa 3000 Beamte not sichern, und zwar jei insbesondere die Heranziehung geeigneten Nachwuchses junger Anwärter notwendig.
wendig feien, um einen geregelten Betrieb in den Aemtern zu
Wie sehr die Finanzämter heute überlastet sind und wie sehr
Diese Ueberlastung gerade dem Großbesig zugute fommt, dafür wurden in einer Eingabe an den Reichsfinanzminister nähere Mitteilungen gemacht. Von den rund 1000 Finanzämtern entfallen rund 200 auf Bayern , wo zuviele Finanzämter bestehen. In den übrigen Bezirken kommen heute auf den einzelnen, mittleren und oberen Beamten 1800 bis 2000 Steuerpflichtige, wo. früher ein Beamter nur 600 bis 800 Benfiten zu bearbeiten hatte! In einem Berliner Finanzamt hat ein Beamter nicht weniger als 2400 Attiengesellschaften zu fontrollieren, deren Bilan. zen er sogar prüfen soll. Den Beamten ist es jedoch kaum möglich, auch nur Stichproben in ben Betrieben vorzunehmen. Mit Recht schließt man daraus, daß diese Zustände der Steuermoral feineswegs zuträglich seien. Denn wo die Bilanzen nicht nachgeprüft merden fönnen, muß natürlich die Veranlagung eine willkürliche sein, und wenn die Aussicht auf eine Bestrafung zu gering ist, so wird fich die systematische Steuerhinterziehung breit machen. Den Vorteil daraus werden immer die veranlagungspflich tigen Steuerzahler, also die Besitzenden, ziehen, da ja die Berbrauchssteuern und die Lohnsteuer nach einheitlichem Schema und chne Mitwirtung des Steuerpflichtigen erhoben werden.
Poincaré über die Finanzlage. Kein Wort über die Zukunft. - Unruhe in Wirtschaftskreisen.
Paris , 26. Januar. ( Eig. Drahtber.) Poincaré hat am Dienstag vor der Finanzkommission der Kammer feine Erklärungen über die Finanzlage und die Lage des Schazamtes abgegeben, die so ausgefallen find, wie man befürchten fonnte. Er hat sich mit feinem Wort darüber geäußert, ob er eine Stabilisierung in absehbarer Zeit ins Auge faffe und was er überhaupt in bezug auf die weitere Entwicklung seiner Sanierungsaktion beabsichtigt. Seine Erklärungen hatten im Gegenteil rein rüdschauenden Charakter und erschöpften sich in einem langatmigen Exposé über das, was man in seinem Ministerium ber nationalen Einheit" seit seinem Regierungsantritt in finanzieller Beziehung geleistet habe. Er betonte mit Genugtung, daß heute im Gegensatz zum Vorjahre das franzöfifche Schabamt über Ellbogenfreiheit verfüge, die sich darin äußere, daß am 31. Dezember der Kredit des Schaamtes bei der Bank von Frankreich kaum eine Milliarde, heute aber über 3½ Milliarden betrage. Außerdem sei eine Devisen reserve, die höher sei als der Morganfonds, geschaffen worden, mit dem die Bank von Frankreich den Devisenmarkt beherrsche und seit längerer Zeit erfolgreich dem englischen Pfund eine gewisse Stabilität um 122 Franten herum fichere. Zum erstenmal habe auch der Staat am 1. Januar der Bant von Frankreich einen Borschuß in Höhe von 2 Milliarden zurückzahlen können.
Poincaré verhehlte nicht, daß diese Erfolge zum Teil nur dant mehreren fleinen inneren und äußeren 2n leihen, so in Holland und der Schweiz , erzielt worden feien, hat aber darin feinen Grund gesehen, seinen Bericht in weniger optimistischer Weise als bisher abzuschließen, obwohl er damit zugab, daß im Grunde genommen teine Berminderung der französischen Staatsschuld stattgefunden hat.
Es ist kaum nötig, zu betonen, daß das Exposé Poincarés die Finanzkommission start enttäuscht hat, da man dort in Anbetracht der Wirtschaftstrise vor allen Dingen wissen wollte, wie Poincaré fich die weitere Entwicklung denkt, und wie er der Unsicherheit in Handel und Industrie ein Ende zu machen gedenke. Diese Diskretion Poincarés beginnt felbft reaktionäre Blätter zu beunruhigen und die Liberté" gibt am Dienstagabend in einem scharfen Artikel der Befürchtung Ausdruck, daß Poincaré den gegenwärtigen Stand zur Stabilisierung des Franken ver ftreichen laffe. Frankreich hätte dann, dem Blatt zufolge, um= sonst eine schwere Wirtschaftskrise durchgemacht. Denselben Vorwurf findet man in dem schwerindustriellen„ Avenir", das ebenfalls verlangt, Poincaré möge möglichst schnell die Vorteile der gegenwärtigen Finanzlage fonfolibieren, um so mehr, als das Bar lament ihn heute oder morgen stürzen und seine ganze Sanie, rungsaktion wieder in Frage stellen könne.
Das Genfer Urteil gegen Jufth zur Sühne seiner Ohrfeigen gabe an Bethlen, ist genau fo ausgefallen, wie die Bormeldung unferes Dienstag- Abendblattes angekündigt hat.
„ Die Seele in der Garderobe abzugeben."
Ein Vortrag Werner Sombarts.
leber Wirtschaft und Menfch" sprach Profeffor| bei dem ber Betrieb als ein System von Zahlen aufgefaß ist. Jeder Berner Sombart im Großen Hörsaal der Berliner Universität Mensch wird als Zahl eingeordnet. Buchhaltung und Statistik sind im Rahmen eines Kurjus, der von der Bereinigung für ihre Mittel. Die dritte Gruppe bezeichnete Sombart als Instru staatswissenschaftliche Fortbildung zu Berlin " mentalsystem, bei dem durch Maschinen und Apparate ein veranstaltet wurde. zwangsläufiger Ablauf der Produktion bewirkt wird. Hier hat Ford die Entwicklung auf die Spize getrieben. Ford braucht nicht die Vorschriften Taylors, sondern erzwingt das Tempo der Produktion durch die Geschwindigkeit des laufenden Bandes. Hier ist die Seelenlosigkeit und damit die Bergeistung auf die Spike getrieben. Hier ist Taylor weit übertroffen. Bei Ford würde Taylor gar feinen Sinn haben. Sombart fennzeichnete die verheerenden Wirkungen dieser Bergeiftung des modernen Großbetriebes. Er leitete auch ganz richtig das Streben nach Berkürzung der Arbeitszeit aus dieser Seelenlosigkeit der Arbeit ab. Bei Ford braucht man für acht Lage, d. h. 79 Prozent der Arbeit fann von völlig ungelernten 43 Prozent der Produktion nur einen Tag Anlernzeit, für 36 Prozent Arbeitern ausgeführt werden. Der Redner nannte ähnliche Zahlen von dem deutschen Löwe- Konzern. Sombart fam zu der Schlußfolgerung, daß es gegen diese Bergeistungsbestrebungen fein Alheilmittel gäbe. Er bezeichnete es u. a. als Utopie, daß die Bergesellfchaftung, die Sozialisierung der Betriebe ein Aequivalent gegen die Seelenlosigkeit der Arbeit sein könnte. Aber er vergißt, daß niemand, der die Sozialisierung der Betriebe fordert, daran denkt, moderne Arbeitsmethoden auszuschalten. Das Gefühl, nicht für einen Privatfapitalisten, sondern für die Allgemeinheit und damit für sich selbst zu arbeiten, vermag sehr wohl im Arbeiter andere feelische Kräfte auszulösen, als es die heutige fapitalistische Wirtschaftsform tönnte. Sombart glaubt, daß es möglich fei, die landwirtschaftlichen und handwerflichen Betriebe, also feelfame" Betriebe, zu vermehren, um dadurch einen gewiffen Ausgleich gegen die Entfeelung zu schaffen. Das allerdings scheint uns, soweit nicht die Siedlung in Frage tommt, eine Utopie zu fein.
Er behandelte in seinem Vortrag die Rationalisierung, die Bergeistung, und die dadurch bedingte Entfeelung der modernen Betriebe und stellte sie als eine schicksalsgebundene Erscheinungsform bar Rationalisierung heiße nichts anderes als Anpassung an die Bedürfnisse des Kapitalismus . Sie entspreche durchaus seinen Interessen. Unsere Beit sei auf allen Gebieten geradezu zu einem Primat des Geistes gelangt. Professor Sombart zeigte, wie durch diese Rationalisierungsund Normungsbestrebungen zwangsläufige Abhängigkeiten für Her ein durchaus„ seelsamer Betrieb sei, bei dem die Einzelpersönlichkeit steller und Verbraucher geschaffen werden. Während der Bauernhof in jedem Augenblid anders geartete und durchaus individuelle Entfchlüffe faffen müsse, sind die modernen Großbetriebe das Ergebnis ungeheurer Geistesarbeit, deren Wesen es ist, die Seele d. h. die Persönlichkeit, soweit es nur irgend möglich ist, aus dem Produktionsablauf zu verbannen. Ueber den modernen Betrieben prange ein großes Schild, auf dem geschrieben stehe: Die Seele ist in der Garderobe abzugeben". Der Arbeiter empfängt feine Nummer, durch die er kontrolliert wird, und nur als Nummer per mag er im Betriebe zu existieren. Er wird an irgendeinen Platz gestellt, um hier als seelenloses Ding zu funktionieren, als Teil einer ungeheuren Maschine.
Der Vortragende unterschied drei Systeme solcher vergeisteten Betriebe: zunächst das Berwaltungs- oder Normungs system, bei dem jede Einzelheit durch Bor- Schriften" geregelt ist. In diesem System hat Taylor das leßte Wort gesprochen, hat seine legten Möglichkeiten aufgezeigt. Dann das Rechnungssystem,
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Eine originelle„ Gefangenenbefreiung".
Ein lustiger Nachmittag und seine Folgen. Der Kaufmann D. hatte bereits drei Jahre von seiner Gefängnis
strafe in Tegel verbüßt. Es blieb nur noch ein Rest von zehn Monaten. Da erhielt er eines Tages die Erlaubnis, in Begleitung eines Strafanstaltsbeamten außerhalb der Gefängnismauern mit seinem früheren Chef in irgendeiner geschäftlichen Angelegenheit Rücksprache
zu nehmen.
Die Rücksprache war bald erledigt, der Rückkehr ins Gefängnis stellten sich jedoch unerwartete Hindernisse in den Weg: Erstens hatte sich zum Mittagessen die Frau des Kaufmanns eingefunden, dann ging man, wie es sich gehört, ins Café. Von dort begab man sich in eine Gastwirtschaft in Moabit . Der Chef des Kaufmanns hatte versprochen, sich noch einmal mit D. zu treffen. Er tam jedoch nicht. Das hinderte nicht die drei, den Strafenstaltsbeamten, den Kaufmann und dessen Ehefrau, luftig zu fneipen. Nach der Uhr zu fehen, vergaß man. Im Gefängnis vermutete man schon Ge Im Gefängnis vermutete man schon Ge fangenenbefreiung. Indes rückte der Zeiger immer weiter vor, bie Stimmung wurde von Stunde zu Stunde eine gehobenere. Der Strafanstaltsbeamte hatte sich auch eine„ Dame" an seinen Tisch genommen; er hatte tüchtig getrunken. Jns Gefängnis zurüd zufehren, war zu spät. Da begann man sich den Kopf zu zerbrechen, was man anfangen solle. Erst dachte man baran, den Kaufmann als ertranft" in die Charité zu bringen, dann einigte man sich dahin, daß man am nächsten Morgen im Gefängnis fagen würde, der Kaufmann sei entwichen und erst am nächsten Tage wieder eingefangen worden. Nachdem man diesen beruhigenden Beschluß ge: faßt hatte, begab man sich in die Wohnung des Kaufmanns. Auf das eine Beti in dem Schlafzimmer des Ehepaares legte sich der Strafanftallsbeamte, der Raufmann und feine Chefrau auf das andere. Der Beamte schlief sofort ein. Vor Gericht erklärte er, er habe sich nur schnarchend gestellt", in Wirklichkeit habe er fein Auge von dem Schüßling gelaffen. Im Gefängnis schenkte man jedoch dem Märchen von der Entweichung des Gefangenen feinen Glauben, der Beamte wurde von seiner Tätigkeit suspendiert und Strafantrag wegen Gefangenenbefreiung gegen ihn gestellt. Nun hatte er sich vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte zu perantworten. Das Gericht beriet lange, ob in diesem Falle eine Be freiung des Gefangenen überhaupt stattgefunden hat. Schließlich verurteilte es den Angeklagten doch zu zwei Monaten Ge fängnis: eine jebe oderung der Gefangenschaft be deute schon eine Gefangenenbefreiung. Der Kaufmann Seite der Straße mit seiner„ Dame" unterhielt und als er auf dem hätte ruhig entweichen tönnen, als der Beamte sich auf der anderen urteilten eine Bewährungsfrist zugebilligt werden solle, wird das Bette im Schlafgemach des Ehepaares schnarchte. Ob dem VerGericht erst nach Ermittlung beim Strafvollzugsamt entscheiden. Daß der Beamte im höchsten Grade unzulässig gehandelt hat, unter liegt keinem Zweifel.
Der vorsichtige Hauswirt.
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Der Wunsch ist der Bater bes Gedankens. Durch die fürzlich erfolgte Freigabe der großen Wohnungen und gewerblichen Räume träumen bekanntlich manche Hauswirte bereits von der gleichen Lösung der Kleinwohnungsfrage, verbunden mit einer großzügigen Erhöhung der Miete. Immer in Bereitschaft Jein," denkt auch Herr W., der Hauswirt des Hauses Friesenstraße 6 und übermittelte sämtlichen Parteien am 3. Weihrachtsfeiertag als be als be fonders zarte Aufmerksamkeit ben ominösen blauen Brief" ein geschrieben, enthaltend die Kündigung des Mietfontrakts zum 1. April 1927. Noch kann er ja nicht zum Schlage ausholen, denn der bekannte status quo ante ist noch nicht eingetreten. Und so fann er all die ängstlichen, besorgten Fragen einzelner Briefemp. fänger mit rubigem Gewissen dahin beantworten, daß das ganze eine bloße Formalität" fei urd weiter nichts zu bedeuten habe, Natürlich ist kein Mensch so dumm, das Manöver nicht zu durchschauen und zu wissen, was damit bezweckt wird. Im Moment des gekündigten Mietvertrags wären die Parteien dem Hauswirt gegenüber Freiwild, wenn nicht vorläufig noch die Wohnungszwangswirtschaft bestände, die jeden Kündigungsbrief wertlos macht. Das weiß natürlich der Hauswirt auch und seine Kündigungsbriefe dürf ten faum mehr als den Zweck verfolgen, den Wohnungsinhabern Angst einzujagen. Solche Schreckschüsse engros, noch dazu weit vor der Reit irgendwelcher Berechtigung zur Mieterhöhung, laffen auf das Bestreben vieler Hauswirte schließen, sobald als möglich wieder den Hauspafcha hervorzukehren.
Todessturz eines Motorradfahrers.
Ein schwerer Unfall trug sich gestern nacht furz vor% 1 Uhr an der Ede Grünauer und Fennstraße in Rieber Ichöneweibe zu. Der 22jährige Kaufmann Karl Haafe aus Heimweg. An der genannten Straßenkreuzung, die nicht sehr hell der Holzmarktstraße 5 befand sich mit seinem Motorrade auf dem erleuchtet sein soll, werden gegenwärtig Schachtarbelten porgenom. men. H., der in ziemlich schnellem Tempo daherkam, fuhr in eine etwa zwei Meter fiefe Baugrube hinein. Im Stürzen überschlug sich bas Rad mehrmals, S. selbst wurde schwer verletzt. Die Feuerwehr forgte für faine Ueberführung in das Elisabeth Hospital, wo ein doppelter Schädelbruch und innere Berlegungen festgestellt wurden. Sein 3uftanb verschlimmerte fid), und gegen 6 Uhr morgens ftarb Haase an den Folgen seiner schweren Berlegungen.
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Zwei Schulklassen geschlossen.
Nachdem die Grippeerkrankungen in Berlin nach den Mit
teilungen des Stadtmedizinalrates und des Hauptgesundheitsamtes fast erloschen sind, macht sich in der Nachbarschaft Berlins , in Pots dam, feit einigen Tagen eine 3unahme der Grippe und Erkältungsfrantheiten bemerkbar. Genaue Zahlen über den Umfang der Krankheit lassen sich nach der Auskunft der Bots. damer Gesundheitsbehörde nicht machen, da diese Erkrankungen nicht meldepflichtig sind. In den beiden Botsdamer Krantenhäusern haben etwa 50 Grippefrante in den lekten Tagen Aufnahme gefunden, und aus den Krankheitsziffern der Bureaus und Betriebe sowie der Krankenkassen geht aber hervor, daß die Zahl der Kranten nicht unbeträchtlich ist. Der Potsdamer Magistrat hat bereits Vorsichtsmaßregeln getroffen und zwei Baraden aufstellen laffen, um einem etwaigen Plazmangel in den Stranfenhäusern vorzubeugen, die zurzeit recht start belegt sind und auch noch etwa 10 Rekonvaleszenten der Typhuserfrankungen beherbergen. Neue Typhusfälle find in den letzten Wochen jedoch glücklicherweise nicht auf: getreten. Da die Grippeertrantungen besonders start unter den Schulkindern graffierten, hat man sich dazu entschließen müssen, zwei Schultlassen, in denen von 40 Kindern 25 erfranff waren, zum Teil auch an Masern, vorläufig auf acht Lage zu schließen, da sich ein geregelter Unterricht bei der verminderten Schülerzahl nicht durchführen ließ. Während der Stillegung werden die Schulräume auf das gründlichste gereinigt und desinfiziert werden. Sollte es sich als notwendig erweisen, daß noch weitere Schulen geschlossen werden müssen, so wird man auch zu dieser Maßnahme greifen, bisher sind aber feine Anzeichen dafür vorhanden, daß es sich um ein feuchenartiges Auftreten der Grippe hendelt.
Eine gestern im Reichsgesundheitsamt stattgehabte Sachver ständigenberatung befaßte fich mit den durch das Auftreten der Grippe gebotenen Maßnahmen. Nach den dem Reichsgesundheitsamt aus den einzelnen Ländern zugegangenen neuesten Mitteilungen hat die Grippe feit etwa mitte Dezember 1926 sich im Reiche bemerkbar gemacht. In Berlin ist sie seit Anfang Januar stärker hervorgetreten, doch scheint hier der Höhepunttbereits überschritten zu sein. Der Verlauf der Ertrantung ist als gutartig zu bezeichnen. Der gleiche gutartige Verlauf der Grippeertranfungen wird auch aus den übrigen Teilen des Reiches be= stätigt.
Ein Hauptwafferrohr geplatzt. Die Tempelhofer Feuerwehr wurde heute morgen nach der Berlärgerten Manteuffelstraße geGroße rufen, wo ein Hauptwafferrohr geplakt war. Wassermengen ergoffen sich auf die Straße und überfluteten einige Baugruben. Die Feuerwehr schloß die Sicherheitsschieber, so daß ein weiteres Abfließen des Wassers verhindert werden konnte, Eine Arbeiterkolonne der Wassermerte behob den Schaden nach mehrstündiger Arbeit. Der Rohrbruch ist vermutlich durch eine Erbsenkung hervorgerufen worden.
Die Eröffnung der„ Grünen Woche", der großen landwirtschaftlichen Messe, der Jagdausstellung und der zahlreichen Tierschauen in den Ausstellungshallen am Raiserdamm erfolgt am 29. Januar. Das Berliner Messeamt hat auch diesmal wieder mit den Verkehrsanstalten die Einrichtung getroffen, daß, falls die Eintrittskarten bei den Stationen der Hoch- und Untergrundbahn, bei den Stationen der Stadt- und Ringbahn sowie denen der ersten Zone der Vorortbahn und bei den Schaffnern der Straßenbahnlinien 53, 72, 75 und 93 zum Preise von 1,50 m. getauft werden, freie Hin- und Rüdfahrt gewährt wird. Die Grüne Woche Berlin " ist einschließlich ihrer zahlreichen Sonderausstellungen täglich von 9 bis 7 Uhr und Sonnabends und Sonntags von 9 bis 9 Uhr geöffnet.
Im städtischen Freibad Wannsee ist die Freibadeisbahn eröffnet. Der breite Strand ist eine 200 Meter lange und über 20 Meter breite Eislauffläche. 3mei gut angelegie Robeibahnen sind ebenfalls vorhanden. In der Garderobenhalle des Freibades kann der Sportler seine warme Ueberfleidung ablegen. Schlitten und Schlittschuhe werden gegen mäßige Gebühr aufbewahrt, so daß sie nicht mit nach Hause mitgenommen zu werden brauchen. Die Eintrittspreise betragen für Erwachsene 30 Bf. und für Kinder 10 Pf.
Für unsere Frühjahrsjugendweihe in Pankow werben noch Anmeldungen, unter gleichzeitiger Zahlung von 50 Pf. Einschreibegebühr, an folgenden Stellen entgegengenommen: Ronfumperaufsstellen in Bankow , Wollantstraße 102, Berliner Str. 47, Riffingenstr. und bei Mar Scharfstedt, Pantom- Süb, Spiefermannstr. 30. Konsumvertaufsstellen in Nieder schönhausen . Kaiser- Wilhelm- Str. 79 und Kaiferweg 60.
Erdruffch in Italien . Infolge der starten Regengüsse ber legten Woche hat sich bei Spezia ein Erbrutsch ereignet, der eine Fläche von etwa 1 Quadratkilometer umfaßt. Eine große Reibe von Baumerten wurde zerstört. Menschenleben sind nicht zu beklagen. In einem Dorfe in der Nähe von Cosenza wurden durch Ueberschwemmung eine große Anzahl von Häusern ich wer beschädigt und daher auf Befehl des Bräfetten geräumt werden mußte. In der Nähe biefes Dorfes follen Notbaraden errichtet werden.